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Wie wollen wir leben und arbeiten? - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...

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<strong>Wie</strong> <strong>wollen</strong> <strong>wir</strong> <strong>leben</strong> <strong>und</strong> <strong>arbeiten</strong>? – Vereinbarkeiten <strong>und</strong> Übergänge diskontinuierlicher Lebens- <strong>und</strong><br />

Erwerbsverläufe optimaler gestalten <strong>und</strong> nachhaltiger absichern<br />

mein- <strong>und</strong> Berufsbildung begründet. Es gilt daher, die<br />

dauerhafte wechselseitige Abschottung <strong>der</strong> Bildungsbereiche<br />

aufzubrechen. Denn bislang folgen die höhere<br />

Allgemeinbildung sowie die Berufsbildung jeweils eigenen<br />

institutionellen Ordnungen, <strong>der</strong>en Wurzeln in <strong>der</strong><br />

vorindustriellen Gesellschaft liegen <strong>und</strong> die sich nach<br />

Lernzielen, Finanzierung <strong>und</strong> Organisation f<strong>und</strong>amental<br />

voneinan<strong>der</strong> unterscheiden. Neben dem Ausbau<br />

<strong>der</strong> Gleichwertigkeit zwischen beruflicher <strong>und</strong> akademischer<br />

Bildung muss die Berufs(aus)bildung deshalb<br />

deutlich breiter angelegt werden <strong>und</strong> die Integration von<br />

Allgemein- <strong>und</strong> Berufsbildung ver<strong>wir</strong>klicht werden. Dies<br />

kann nur erfolgreich geschehen, wenn auch eine konsequente<br />

Umsetzung in den Teilbereichen des Berufs- <strong>und</strong><br />

Beschäftigungssystems, etwa in <strong>der</strong> Lehrplangestaltung<br />

in den Schulen sowie in den Tarifverdienstordnungen,<br />

erfolgt. 15 So sollten einerseits beruflich Qualifizierte<br />

durch spezielle Angebote <strong>und</strong> Leistungen (z. B. Brückenkurse,<br />

BaföG o<strong>der</strong> z. B. Mentoringprogramme) noch<br />

stärker unterstützt werden, ein Studium aufzunehmen.<br />

An<strong>der</strong>erseits gilt es aber auch, Menschen mit außerhochschulischen<br />

Bildungszertifikaten (wie etwa einer<br />

Ausbildung zur/m Mechatroniker/-in) wie Menschen<br />

mit vergleichbaren Hochschulabschlüssen zu vergüten.<br />

• In Bezug auf den Bereich Familie/Pflege/Betreuung<br />

dürfen die Phasen <strong>der</strong> Sorgearbeit nicht zu biografischen<br />

Sackgassen o<strong>der</strong> dauerhaften Abhängigkeiten<br />

führen <strong>und</strong> so die Alterssicherung gefährden.<br />

Vielmehr sollen unterschiedliche Arbeitszeitmodelle<br />

möglich sein, Wi<strong>der</strong>einstiege unterstützt <strong>und</strong> mögliche<br />

Einkommensausfälle abgefe<strong>der</strong>t werden. So sollte<br />

etwa bei Menschen, die vor <strong>der</strong> Elternzeit arbeitslos<br />

gewesen sind, auch <strong>der</strong> frühere Verdienst <strong>und</strong><br />

nicht eine oft wesentlich niedrigere „fiktive Bemessung“<br />

des Arbeitslosengeldes zugr<strong>und</strong>e gelegt werden.<br />

Dies könnte das Ziel unterstützen, dass Männer<br />

gleichberechtigt in die Kin<strong>der</strong>betreuung- <strong>und</strong> Pflege<br />

einbezogen werden. Zudem sollten Weiterbildungsmaßnahmen<br />

auch berufsbegleitend o<strong>der</strong> in Teilzeit<br />

verstärkt angeboten werden, sodass Menschen mit<br />

familiären Verpflichtungen besser geför<strong>der</strong>t werden.<br />

Im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von<br />

Erwerbstätigkeit <strong>und</strong> Betreuung von (Klein-)Kin<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> pflegebedürftigen Angehörigen stellt <strong>der</strong> in<br />

Deutschland verbreitete Präsentismus, also die ausgeprägte<br />

Anwesenheitskultur, eine <strong>der</strong> größten Hürden<br />

dar. Schließlich müssen flexible Instrumente geschaffen<br />

werden, die es Beschäftigten ermöglichen, akute<br />

Betreuungssituationen zu überbrücken, bzw. ihnen<br />

helfen, sie mit ihrer Erwerbstätigkeit zu vereinbaren.<br />

Insgesamt hat bei <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Vereinbarkeit<br />

von Familie/Pflege <strong>und</strong> Beruf <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuungsinfrastruktur<br />

für Klein- <strong>und</strong> Schulkin<strong>der</strong><br />

weiterhin oberste Priorität. Dabei gewinnt das Thema<br />

flexible Arbeitszeiten insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf<br />

den Bereich Pflege (vgl. BMFSFJ 2010: 47ff.) an Bedeutung.<br />

Ein Ansatz wäre zum Beispiel eine „Große<br />

Familienteilzeit“ o<strong>der</strong> auch „Kleine Familienvollzeit“.<br />

Im Rahmen eines solchen Modells könnten Eltern mit<br />

kleinen Kin<strong>der</strong>n beide gleichzeitig ihre Arbeitszeit<br />

auf bis zu 30 St<strong>und</strong>en reduzieren, wobei ein Teil <strong>der</strong><br />

Einkommensverluste über die Solidargemeinschaft<br />

(Arbeitsagentur o<strong>der</strong> steuerfinanziert) ausgeglichen<br />

würde. Mütter würden so z. B. nach <strong>der</strong> Elterngeldphase<br />

nicht wie bisher in eine kleine Teilzeit gezwungen;<br />

Väter nicht in überlange Arbeitszeiten. Genauso<br />

wichtig ist es, Modelle zur Vereinbarkeit von Beruf<br />

<strong>und</strong> Pflege älterer Angehöriger zu entwickeln. Bislang<br />

<strong>wir</strong>d die Pflege älterer Menschen zu einem großen<br />

Teil privat <strong>und</strong> unbezahlt von Frauen geleistet,<br />

die dafür oft ihren Beruf aufgeben <strong>und</strong> sich in die<br />

Gefahr begeben, im Alter in Armut zu <strong>leben</strong> (vgl.<br />

dazu BMFSFJ 2012: 122ff.). Ein nachhaltiges Sozial-<br />

15 Ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn kann für weitere Anregungen sorgen: Österreich begegnet dem Problem <strong>der</strong> starken Spezialisierung <strong>der</strong><br />

Erstausbildung mit „Doppellehren“, beispielsweise eine kombinierte Bäcker/innen- <strong>und</strong> Konditor/innenausbildung. In den Nie<strong>der</strong>landen wurde parallel<br />

zur dualen Ausbildung eine vorberuflich-schulische Ausbildung eingeführt. Auf diese Weise erhalten Auszubildende neben einem hohen Praxisanteil in<br />

den Betrieben eine im Vergleich mit Deutschland höhere formale Schulbildung.<br />

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