Wie wollen wir leben und arbeiten? - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
Wie wollen wir leben und arbeiten? - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
Wie wollen wir leben und arbeiten? - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Leitbil<strong>der</strong> auf dem Weg zu einer<br />
fortschrittlichen Arbeitsgesellschaft –<br />
Überblick <strong>und</strong> Einordnung<br />
Christian Ebner<br />
1. Die deutsche Erwerbsgesellschaft<br />
im Wandel<br />
Schon vor r<strong>und</strong> 80 Jahren wurde auf die hohe Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Erwerbsarbeit für Individuen in <strong>der</strong> berühmten Marienthalstudie<br />
hingewiesen: Neben dem finanziellen Aspekt<br />
führt Erwerbsarbeit zu Erfahrungen <strong>und</strong> Kontakten<br />
außerhalb <strong>der</strong> Kernfamilie, sie schafft gemeinschaftliche<br />
Ziele, strukturiert Lebenszeit, bestimmt Status <strong>und</strong> Identität<br />
(Jahoda 1986). Der hohe Stellenwert <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />
<strong>wir</strong>d auch aktuell in zahlreichen nationalen <strong>und</strong><br />
international angelegten Studien wie dem International<br />
Social Survey Programme (ISSP) o<strong>der</strong> dem World Values<br />
Survey wie<strong>der</strong>kehrend bestätigt. Gleichzeitig ist Erwerbsarbeit<br />
aber auch deutlichem Wandel unterworfen. Mindestens<br />
fünf Megatrends können als „Markenzeichen“<br />
<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Arbeitsgesellschaft identifiziert werden.<br />
Erstens <strong>wir</strong>d Bildung auf dem Arbeitsmarkt zu einer immer<br />
bedeutsameren Ressource. Die Expansion wissensbasierter<br />
Berufe vor allem im Dienstleistungssektor <strong>und</strong><br />
die voranschreitende technologische Entwicklung führen<br />
dazu, dass Personen ohne abgeschlossene Ausbildung<br />
seit Beginn <strong>der</strong> 1980er Jahre ein immer höheres Arbeitslosigkeitsrisiko<br />
tragen (Weber/Weber 2013). Die demografische<br />
Entwicklung for<strong>der</strong>t eine längere Lebensarbeitszeit<br />
<strong>und</strong> die sinkende Halbwertszeit von Wissen lässt (kontinuierliche)<br />
Weiterbildungen notwendig werden. Zweitens<br />
verän<strong>der</strong>n sich die Arbeitsbeziehungen. Betriebe <strong>und</strong> Beschäftigte<br />
sind seltener tarifgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Regulierung<br />
findet verstärkt auf Betriebsebene statt. Drittens zeichnet<br />
sich eine Destandardisierung <strong>der</strong> Erwerbstypen <strong>und</strong> Prekarisierung<br />
von Erwerbsarbeit ab. Seit Mitte <strong>der</strong> 1990er<br />
8