Essay als PDF
Essay als PDF
Essay als PDF
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2<br />
Mithilfe medizinischen Person<strong>als</strong> bedürfen. In Quebec, wo ich lebe, geht die<br />
Patientenautonomie so weit, dass jedem Patienten, der älter <strong>als</strong> 14 Jahre ist,<br />
Vertraulichkeit garantiert wird, sodass schon Teenager alleine über sämtliche<br />
sie betreffenden gesundheitlichen Angelegenheiten entscheiden dürfen, egal,<br />
ob es sich dabei um Mittel zur Empfängnisverhütung handelt oder um die Wahl<br />
einer Krebstherapie.<br />
Entscheidungen, die mit der Sexualität zusammenhängen, sind dabei<br />
besonders heikel. Bei dieser schwierigen Materie kann es leicht geschehen,<br />
dass der Grundsatz der Autonomie des Patienten mit kulturellen Werten und<br />
mit den gesellschaftlich akzeptierten Verhaltensregeln in Konflikt gerät, sei es<br />
im Hinblick auf die Geschlechterrollen, die sexuelle Aktivität, Ehe,<br />
Schwangerschaft, den Entwicklungsstand des Embryos oder was auch immer.<br />
In vielen Ländern sind diese Probleme noch nicht zufriedenstellend gelöst; dort<br />
sind Frauen nach wie vor Opfer von Genitalverstümmelung,<br />
Zwangsverheiratung oder ungewollter Schwangerschaft und werden für<br />
Verhaltensweisen bestraft, die Männern erlaubt sind. In solchen Fällen sind<br />
Ärzte keine Retter. Oft sind sie sogar an dem Missbrauch beteiligt. Selbst in<br />
den entwickelten Ländern gehörten die Ärzte noch bis vor wenigen<br />
Jahrzehnten zu den striktesten Gegnern der sexuellen Selbstbestimmung der<br />
Frau. Und warum? Weil die meisten Ärzte Männer waren.<br />
Die Männer waren schon immer gegen die Selbstbestimmung der Frau im<br />
Hinblick auf die Fortpflanzung, denn wir sind nun einmal biologische<br />
Organismen. Und darum sind wir primär von zwei Trieben gesteuert: dem, zu<br />
überleben, und dem, uns fortzupflanzen. Genauso, wie wir um die<br />
lebenswichtigen Ressourcen konkurrieren, konkurrieren wir auch um<br />
Partnerinnen und Gelegenheiten zur Fortpflanzung, und die<br />
Fortpflanzungsstrategien der Frauen kollidieren nun einmal mit denen der<br />
Männer. Wie es der Zufall will, legt bei allen Arten mit biologischer<br />
Geschlechterdifferenz dasjenige Individuum, das bei der Fortpflanzung die<br />
größte Last zu tragen hat, das entschieden wählerische Verhalten an den Tag.<br />
Darum suchen Frauen sich, sofern sie die Möglichkeit dazu haben, sehr genau<br />
aus, wessen Gene sie mit ihren eigenen vermischen, wessen Baby sie<br />
austragen und in seine Aufzucht investieren wollen. Dies führt auch zu einer