HERZBLATT - Elternvereinigung für das herzkranke Kind
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Ernährung<br />
Magensonde<br />
Unser Filipp kam vor zwei Jahren im<br />
Kantonsspital Baden zur Welt. Ein paar<br />
Stunden nach der Geburt wurde bei<br />
ihm ein Herzfehler (DORV) diagnostiziert<br />
und so wurde er ins <strong>Kind</strong>erspital Zürich<br />
überführt.<br />
Da Filipp zu schwach zum Trinken war,<br />
wurde er von Anfang an mit einer Magensonde<br />
ernährt. In den ersten Lebenswochen<br />
wurden zwei Herzkatheter-Eingriff<br />
vorgenommen und anschliessend ging<br />
es ihm wesentlich besser. Er hatte mehr<br />
Kraft, jedoch konnte er nur eine kleine<br />
Menge Milch mit dem Schoppen zu sich<br />
nehmen. Im Alter von zwei Monaten<br />
durfte Filipp endlich nach Hause.<br />
Die verordneten Trinkmahlzeiten umzusetzen,<br />
war eine grosse Herausforderung.<br />
Filipp trank zwar am Schoppen,<br />
benötigte dafür aber eine gute Stunde.<br />
Meistens schaffte er nicht die ganze<br />
Menge und wir mussten ihm den Rest<br />
per Sonde verabreichen. Die fixen Essenszeiten,<br />
die speziell angereicherte<br />
Nahrung und natürlich die lange Trinkzeit<br />
von Filipp, waren eine grosse Belastung.<br />
Er musste richtig „gemästet“ werden,<br />
damit er <strong>das</strong> Operationsgewicht<br />
von 5 Kilo erreicht. Hinzu kam, <strong>das</strong>s<br />
sich Filipp immer häufiger die Magensonde<br />
zog - vorzugsweise in der Nacht.<br />
Nach drei Wochen zu Hause verschlechterte<br />
sich Filipp’s Zustand und<br />
er musste wieder hospitalisiert werden.<br />
Die notwendige Operation wurde vorgeschoben<br />
und verlief zum Glück ohne<br />
Komplikationen. Anschliessend hatte er<br />
endlich die notwendige Kraft um seinen<br />
Schoppen in einer „normalen“ Zeit zu<br />
trinken. Zu dieser Zeit pendelte ich von<br />
zu Hause und dem Kispi. War ich nicht<br />
bei ihm, trank er nur gerade so viel, <strong>das</strong>s<br />
der grösste Hunger gestillt wurde. Ausserdem<br />
war er auch wählerisch, welche<br />
Pflegefachfrau ihm den Schoppen gab.<br />
Nach drei Wochen Erholung auf der<br />
Säuglingsstation wurde Filipp entlassen.<br />
Jedoch mussten wir erneut mit Magensonde<br />
nach Hause.<br />
Kaum zu Hause angekommen, zog sich<br />
Filipp die Sonde gleich selber raus. Es<br />
kam mir so vor, als wollte er uns sagen:<br />
„Ich bin jetzt zu Hause und brauche <strong>das</strong><br />
Ding nicht mehr“. So versuchten wir es<br />
ohne Sonde und siehe da, er trank alleine<br />
und wir freuten uns, endlich dieses<br />
leidige Kapitel Magensonde abschliessen<br />
zu können.<br />
Doch zwei Monate später gab es erneut<br />
Probleme mit dem Herzen. Filipp trank<br />
schlechter und musste wieder ins <strong>Kind</strong>erspital<br />
eingeliefert werden. So wurde<br />
ihm erneut eine Magensonde gesteckt<br />
und ein weiterer Herzkatheter-Eingriff<br />
durchgeführt. Anschliessend ging es<br />
ihm wesentlich besser, jedoch standen<br />
wir mit dem Trinken wieder am Anfang.<br />
Er wollte einfach den Schoppen nicht<br />
mehr. Manchmal trank er bei mir, dann<br />
wieder überhaupt nicht. Ich bekam immer<br />
mehr den Eindruck, <strong>das</strong>s ihm die<br />
Umgebung - <strong>das</strong> Spital - in seinem<br />
Trinkverhalten blockierte. Nach ein paar<br />
Wochen konnten wir erneut nach Hause,<br />
jedoch wieder mit Magensonde. Es<br />
wollte einfach nicht mehr aufhören….<br />
Zu Hause probierten wir den Schoppen<br />
immer wieder aus, aber es wollte nicht<br />
klappen. Ich wusste, <strong>das</strong>s Filipp es kann,<br />
aber irgendwie nicht wollte. So stellte ich<br />
mein eigenes Entwöhnungsprogramm<br />
zusammen. Die <strong>Kind</strong>erspitex war zuerst<br />
kritisch eingestellt und empfahl, dies zuerst<br />
mit der <strong>Kind</strong>erärztin abzusprechen.<br />
Diese gab mir zum Glück grünes Licht<br />
und so konnte ich mit meinem Programm<br />
beginnen. Sobald Filipp Hunger hatte,<br />
bekam er immer zuerst den Schoppen<br />
angeboten. Verweigerte er ihn, bot ich<br />
ihm nach 5 Minuten den Schoppen erneut<br />
an und liess ihn auch mal weinen.<br />
Das Ganze wiederholte ich bis zu 45 Minuten.<br />
Dann gab ich ihm die Restmilch<br />
per Sonde. So lief <strong>das</strong> den ganzen Tag<br />
über und siehe da, am Abend klappte<br />
es. Filipp nahm wieder den Schoppen.<br />
Am nächsten Morgen probierte er es<br />
gleich wieder mit der Verweigerung und<br />
ich machte <strong>das</strong> gleiche Vorgehen nochmals<br />
und bereits nach der ersten Mahlzeit<br />
hat er es verstanden und ich musste<br />
nichts mehr sondieren.<br />
Im letzten Sommer musste Filipp erneut<br />
operiert werden und hatte dann für<br />
ca. 10 Tage wieder eine Sonde. Vorher<br />
ass er zu Hause Brei, trank alleine vom<br />
Schoppen und knabberte an Babykeksen<br />
herum.<br />
Doch nach der Operation zeigte sich<br />
sein bekanntes Muster: Er ass und<br />
trank nur bei mir. Man hat ihm dann versuchsweise<br />
die Sonde gezogen, er kam<br />
aber nicht auf die notwendige tägliche<br />
Flüssigkeitszufuhr. So wurde ihm wieder<br />
eine Magensonde gesteckt. Eine Logopädin<br />
wurde hinzugezogen, die bestätigte,<br />
<strong>das</strong>s bei Filipp soweit alles in Ordnung<br />
sei. Die Logopädin klärte ab, ob<br />
Filipp ein Schluckproblem hat. Sie sah<br />
ihm beim Essen zu. In einem Gespräch<br />
konnte ich ihr von Filipp’s bisherigen Erfahrung<br />
mit der Magensonde berichten<br />
und sie teilte anschliessend meine Ansicht,<br />
<strong>das</strong>s sich sein Essverhalten in der<br />
gewohnten Umgebung wieder normalisieren<br />
wird. Nach 11 Tagen konnten<br />
wir <strong>das</strong> Kispi verlassen und zwar ohne<br />
Sonde! Seither ist fast ein Jahr vergangen<br />
und <strong>das</strong> Thema Magensonde war<br />
glücklicherweise nie wieder ein Thema.<br />
Letizia Zollinger-Feurer<br />
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