Ausgabe 5- 2013 - jot wd
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Blick zum Nachbarn<br />
Hohenschönhausen – Am 15.<br />
April pflanzten Jugendliche der<br />
beiden Jugendfreizeiteinrichtungen<br />
„Welseclub“ und „Leo’s Hütte“ im<br />
Quartierspark Warnitzer Bogen insgesamt<br />
sieben junge Birken aus<br />
Birkenau gemeinsam mit den beiden<br />
Stadträten Christina Emmrich<br />
und Wilfried Nünthel. Damit setzten<br />
sie zum zweiten Mal Bäume,<br />
die rund um die Gedenkstätte<br />
Auschwitz-Birkenau (Polen) gewachsen<br />
sind, in die Erde. Bereits<br />
vor einem Jahr pflanzten sie gemeinsam<br />
mit dem polnischen<br />
Künstler Lukasz Surowiec im<br />
Quartierspark Seehausener Straße<br />
zehn solcher jungen Birken. Der<br />
Gedenkort war im Rahmen der 7.<br />
Berlin Biennale für zeitgenössische<br />
Kunst unter dem Titel „Birken aus<br />
Birkenau“ entstanden. Die Jugendlichen<br />
beider Jugendklubs hatten<br />
sich im Vorfeld mit dem historischen<br />
Kontext intensiv beschäftigt.<br />
So wurde unter anderem auch eine<br />
eigene Fotoausstellung erarbeitet<br />
und gestaltet.<br />
Doch bereits wenige Wochen nach<br />
der Pflanzung wurden die Birken<br />
Schöneweide – Wie bei allen Veranstaltungen<br />
ging es im Atelier des<br />
Malers und Grafikers Siegfried<br />
Schütze auch diesmal eng zu. An<br />
dem kalten Aprilabend passte beim<br />
besten Willen kein Besucher mehr<br />
in die Künstlerwerkstatt.<br />
Immerhin knapp 50 Interessierte<br />
hatten es geschafft, einen Platz in<br />
Schützes Atelier-Theater zu ergattern.<br />
Und der Gast des Abends, ohne<br />
jegliche Starallüren, erschien pünktlich:<br />
Friedrich Schorlemmer. Was<br />
führt den bekannten Wittenberger<br />
Pfarrer in das Schöneweider Atelier<br />
von Siegfried Schütze? Irgendwie<br />
schien es auf den ersten Blick eher<br />
ein Insider-Treffen, ein Wiedersehen<br />
eines Freundeskreises. Indes, bei<br />
aller Sympathie für den Gast, hier<br />
handelte es sich um eine öffentliche<br />
Lesung. Friedrich Schorlemmer<br />
las aus seinem Buch „Klar sehen<br />
und doch hoffen“. Unterstützt wurde<br />
die Lesung von der Mittelpunktbibliothek<br />
Treptow-Köpenick. Siegfried<br />
Schütze stellte liebend gern das<br />
künstlerisch-kreative Ambiente seiner<br />
Werkstatt als anregenden Rahmen<br />
zur Verfügung. Gleichwohl<br />
möchte der Gastgeber diese Adres-<br />
Birken aus Birkenau<br />
Jugendliche erneuerten zerstörtes Kunstwerk im Quartierspark<br />
Klar sehen und doch hoffen!<br />
Friedrich Schorlemmer las im Atelier Schütze<br />
Friedrich Schorlemmer (re.) las im Atelier Schütze.<br />
<strong>jot</strong> w.d. 5/<strong>2013</strong> 7<br />
durch Unbekannte verschleppt und<br />
der Gedenkort geschändet. Das<br />
Entsetzen und der Zorn bei den<br />
Jugendlichen waren groß und wurden<br />
auch durch das Bezirksamt und<br />
die Bezirksverordneten geteilt.<br />
Die Jugendlichen brachten ihren<br />
Protest mit Plakaten am Gedenkort<br />
und einem Zeitungsartikel zum<br />
Ausdruck. Mit dem festen Willen,<br />
die Kunstaktion zu erneuern, starteten<br />
sie einen Aufruf unter den<br />
Bürgern zur Einreichung von<br />
Standortvorschlägen für einen neuen<br />
zentralen Gedenkort der Kunstaktion<br />
„Birken aus Birkenau“.<br />
Hierbei wurde der Quartierspark<br />
Warnitzer Bogen ausgewählt, in<br />
dem jährlich das Bürgerfest „Bunte<br />
Platte“ zum 1. Mai stattfindet.<br />
Die Jugendlichen aus „Leo’s Hütte“<br />
hatten von ihrer Bildungsreise<br />
Wilfried Nünthel und Christina Emmrich halfen den Jugendlichen und<br />
ihren Betreuern beim Pflanzen der Birken aus Birkenau. Foto: Teßmann<br />
Jetzt laufen sie wieder<br />
Nach langem Winter startete die Rennbahn Hoppegarten mit Verspätung<br />
Hoppegarten – War der geplante<br />
erste Renntag am Ostersonntag noch<br />
dem Winter zum Opfer gefallen,<br />
tummelten sich bei sonnigem Wetter<br />
zur Saisoneröffnung am 21. April<br />
schon wieder fast 9000 Turffans auf<br />
der „Rennbahn im Grünen“. Die<br />
Rennen selbst waren noch nicht so<br />
hoch angebunden, im Spitzenlauf<br />
um den Preis von Dahlwitz siegte<br />
erwartungsgemäß „Technokrat“ unter<br />
dem aus Frankreich angereisten<br />
Jockey Johan Victoire (Foto: Sorge).<br />
Besitzer des Siegerpferdes<br />
ist mit Albrecht<br />
Woeste kein<br />
Geringerer als der<br />
Präsident des Direktoriums<br />
für Vollblutzucht<br />
und Rennen,<br />
Deutschlands oberster<br />
Verantwortlicher<br />
se nicht allein als inspirierenden<br />
Rahmen verstanden wissen.<br />
„Hier, wo sich wenige Schritte entfernt<br />
Vertreter ganz anderer Couleur<br />
in der berüchtigten Kneipe Zum<br />
Henker treffen, ist es so wichtig, etwas<br />
zu tun für den Standort, nicht<br />
zuletzt mit den Mitteln von Kunst<br />
und Kultur!“, betonte Gastgeber<br />
Schütze. Seit 30 Jahren hat der bekannte<br />
Künstler in Schöneweide<br />
sein Atelier und engagiert sich gemeinsam<br />
mit Freunden nach Kräften.<br />
Gern öffnet er sein Atelier-Theater<br />
einem interessierten Publikum.<br />
Schöneweide war einst das industrielle<br />
Herz der deutschen Hauptstadt.<br />
Die eindrucksvollen AEG-Industriebauten<br />
entlang der Wilhelminenhofstraße<br />
zeugen noch immer davon.<br />
Nach der Wiedervereinigung hat<br />
Schöneweide wie kaum ein anderer<br />
Industriestandort einen dramatischen<br />
Strukturwandel erlebt. Tausende<br />
Arbeitsplätze gingen verloren.<br />
Wer über Schöneweide spricht,<br />
Foto: Zeise<br />
nach Auschwitz im Herbst 2012<br />
etwas Erde mitgebracht, die in einem<br />
symbolischen Akt zur Pflanzung<br />
beitrug. Eine Infotafel wird<br />
künftig vor Ort die Quartiersparkbesucher<br />
über das Kunstprojekt<br />
informieren. R. Nachtmann<br />
Die Berlin Biennale für zeitgenössische<br />
Kunst ist ein alle zwei Jahre<br />
stattfindendes Ausstellungsformat,<br />
das an verschiedenen Orten<br />
in Berlin internationale Künstlerinnen<br />
und Künstler vorstellt.<br />
Das Projekt „Berlin-Birkenau“<br />
brachte 2012 einige Hundert junge<br />
Birken aus der Umgebung des<br />
ehemaligen Konzentrationslagers<br />
Auschwitz-Birkenau nach Berlin,<br />
wo sie an neuen Plätzen über das<br />
Stadtgebiet verteilt Wurzeln schlagen<br />
können. Sie wurden zu einem<br />
„lebendigen Archiv“, das etwas<br />
Wachsendes und Atmendes in Berlin<br />
bewahrt und bilden nun ein leises<br />
Netz des Erinnerns. Surowiecs<br />
Projekt ist eine symbolische Geste,<br />
die etwas nach Deutschland<br />
zurückbringt, was zum nationalen<br />
Erbe des Landes gehört.<br />
für den Galoppsport. Auch die Wettschalter<br />
konnten gute Umsätze von<br />
mehr als 210 000<br />
Euro melden. Das<br />
lag auch an der<br />
Wettschule, die in<br />
Hoppegarten Station<br />
machte. „Die<br />
Wettschule von<br />
German Tote hat<br />
uns toll unterstützt.<br />
Viele Besucher haben sich<br />
mit dem Thema Wetten beschäftigt<br />
und konnten so die Spannung bei<br />
den Rennen noch erhöhen“, freute<br />
sich Andreas Neue, Geschäftsführer<br />
der Rennbahn.<br />
Die nächsten Renntage finden am<br />
5. und 19. Mai statt, letzterer mit<br />
dem Diana Trial, einem Gruppe-III-<br />
Rennen um 70 000 Euro Preisgeld.<br />
R. Nachtmann<br />
spricht noch immer zunächst über<br />
Leerstand, soziale Probleme,<br />
Rechtsradikalismus. Wenngleich<br />
sich schon viel tut: Die Hochschule<br />
für Technik und Wirtschaft mit über<br />
8000 Studenten hat hier ihren neuen<br />
Campus aufgeschlagen. Innovative<br />
Unternehmen siedeln sich im<br />
Umfeld an. Seit September 2011 engagiert<br />
sich ein Regionalmanagement<br />
gemeinsam mit dem Bezirk,<br />
Wirtschaftsförderern, Unternehmern<br />
und Bürgern für Schöneweides<br />
Zukunft. Wichtige Schritte sind gemacht.<br />
Wie gut tat es, an einem solchen<br />
Ort voller Widersprüche und Probleme<br />
den durch und durch humanistischen<br />
Gedanken eines Friedrich<br />
Schorlemmer zu lauschen und<br />
seiner Lebensmaxime zu folgen:<br />
„Klar sehen und doch hoffen!“ Eine<br />
seiner Widmungen in dem viel gefragten<br />
Buch an diesem Abend lautete<br />
„Mut macht Mut!“. Eine Ermutigung<br />
auch für so manchen Schöneweider<br />
und das Atelier-Theater von<br />
Siegfried Schütze. Katja Zeise<br />
Atelier Siegfried Schütze, Spreestraße<br />
24, Tel. 63 224 333, Öffnungszeiten<br />
nach Vereinbarung<br />
Ländliche<br />
Mobilität im<br />
Alter sichern<br />
Dokumentation des<br />
Verkehrsministeriums<br />
Trotz S-Bahn-Anschluss und<br />
direkter Nachbarschaft zur<br />
„großen Stadt“ – in vielen Fällen<br />
ist man in den Brandenburger<br />
Nachbargemeinden auf ein<br />
Auto angewiesen. Wer beispielsweise<br />
zu einer abendlichen<br />
Veranstaltung nach Altlandsberg<br />
möchte, kommt vom<br />
S-Bahnhof Hoppegarten mit<br />
dem Bus zwar hin, zurück ist<br />
aber Schluss mit öffentlichem<br />
Nahverkehr. Also doch mit dem<br />
Auto, trotz gelegentlicher Debatten<br />
um „ältere Fahrzeugführer“<br />
und deren Fähigkeiten.<br />
Das Bundesverkehrsministerium<br />
hat nun eine Dokumentation<br />
„Mobilitätssicherung in Zeiten<br />
des demografischen Wandels“<br />
veröffentlicht, in der Erfolg<br />
versprechende Beispiele<br />
vorgestellt werden, wie Mobilität<br />
in dem vom demografischen<br />
Wandel besonders betroffenen<br />
Regionen erhalten<br />
werden kann. Die Publikation<br />
thematisiert die Abwanderung<br />
und gleichzeitige Alterung der<br />
Bevölkerung im von Großstädten<br />
weiter entfernten ländlichen<br />
Raum und zeigt, welche<br />
Konzepte erfolgreich sind, um<br />
mit den strukturellen Folgen<br />
umzugehen.<br />
Die Lösungen sind vielfältig –<br />
ob Mobilitätsagentur, Servicestation,<br />
Dorfladen, fahrende<br />
Bibliothek, Bürgerzentrum,<br />
Bürger- oder Rufbus: Anhand<br />
von Fach-Interviews und konkreten<br />
Beispielen erfahren die<br />
Leserinnen und Leser, welche<br />
Dienstleistungen angeboten<br />
werden, welche Kosten diese<br />
mit sich bringen und vor allem,<br />
wie sich solche Vorhaben selbständig<br />
organisieren lassen.<br />
Aber auch „Zuzugsgebiete“ wie<br />
die Berlin nahen Gemeinden stehen<br />
vor diesen Herausforderungen.<br />
Weil nämlich dort vordringlich<br />
die Infrastruktur für junge<br />
Menschen errichtet werden muss<br />
(Kitas, Schulen, Jugendklubs),<br />
haben Ältere mit ihren Bedürfnissen<br />
eher das Nachsehen. Unter<br />
dem Schlagwort, dass es „sich<br />
rechnen“ müsse, werden insbesondere<br />
privat betriebene öffentliche<br />
Dienstleistungen schmal<br />
gehalten. Die jüngsten Kürzungen<br />
im Busverkehr sind da nur<br />
ein Beispiel; die eklatanten<br />
Schwierigkeiten in der Koordination<br />
mit dem Berliner ÖPNV<br />
ein weiteres. Und selbst am Berliner<br />
Stadtrand, besonders in den<br />
Kleinsiedlungsgebieten, leiden<br />
gerade Ältere unter dem ausgedünnten<br />
Busangebot.<br />
Insofern könnte das Ziel des vom<br />
Ministerium gemeinsam mit<br />
dem VBB erstellten Ratgebers,<br />
eine erste Anleitung für verschiedene<br />
Mobilitätslösungen zu vermitteln,<br />
durchaus auch hier erreicht<br />
werden. Die Publikation<br />
steht unter www.vbb.de und<br />
www.bmvbs.de kostenlos zum<br />
Download zur Verfügung.<br />
R. Nachtmann