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Foto: GPP/Aeternitas. - Memoriamgärten sind kleine<br />
Naturlandschaften, die zumeist thematisch...<br />
Auch im 3. Jahrtausend:<br />
Der Friedhof bleibt – aber an<strong>de</strong>rs<br />
28<br />
Die Diskussion um die Vielfalt <strong>de</strong>r Bestattungsformen ist heute so kontrovers wie nie zuvor, und <strong>de</strong>r Friedhof verliert als klassischer<br />
Ort <strong>de</strong>r Trauer zunehmend seine Monopolfunktion. Dennoch: „Der Friedhof geht nicht unter, er wan<strong>de</strong>lt sich“, das ist das Resümee, das<br />
Christoph Kel<strong>de</strong>nich, Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V., am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 1. Friedhofsgipfels zog, <strong>de</strong>r<br />
unter <strong>de</strong>m Motto „Trauer und Trost im 3. Jahrtausend“ stattfand. Vertreter <strong>de</strong>r Branchen, die mit <strong>de</strong>m Friedhof zu tun haben, Wissenschaftler,<br />
die das Thema erforschen, sowie Journalisten, Buchautoren und Verleger, die diesem Thema offen gegenüber stehen, hatten<br />
sich im neuen Bestattungsforum <strong>de</strong>s Ohlsdorfer Friedhofs einen Tag lang zusammengesetzt, um zu erörtern, wie sich die Bestattungskultur<br />
in Deutschland verän<strong>de</strong>rt und wie die Friedhöfe von morgen aussehen könnten.<br />
Überhang<br />
Die Stadtplanerin Prof. Dr. Gerlin<strong>de</strong> Krause von <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />
Erfurt zeigte bei <strong>de</strong>r Veranstaltung auf, dass es <strong>de</strong>rzeit in<br />
Deutschland auf 32.000 Friedhöfen etwa 15.000 Hektar so genannter<br />
Überhangflächen gibt. Das sind Friedhofsflächen, die<br />
<strong>de</strong>rzeit nicht belegt sind, aber für Pflege und Instandhaltung im<br />
Jahr Kosten von rund 300 bis 500 Mio. Euro verursachen. Das große<br />
Überangebot an Flächen habe verschie<strong>de</strong>ne Grün<strong>de</strong>: Zum einen<br />
gab es aufgrund <strong>de</strong>r höheren Lebenserwartung in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahrzehnten <strong>de</strong>utlich weniger Sterbefälle, zum an<strong>de</strong>ren ist die<br />
Zahl <strong>de</strong>r Feuerbestattungen mit anschließen<strong>de</strong>r flächensparen<strong>de</strong>r<br />
Urnenbeisetzung erheblich angestiegen. Insgesamt liegt <strong>de</strong>r<br />
Anteil <strong>de</strong>r Urnenbeisetzungen in Deutschland <strong>de</strong>rzeit bei knapp<br />
über 50 Prozent; Ten<strong>de</strong>nz steigend: In einzelnen Regionen in Ost<strong>de</strong>utschland<br />
ist er bereits bei 90 Prozent. Auch alternative Bestattungsorte<br />
wie Friedwäl<strong>de</strong>r, Kolumbarien o<strong>de</strong>r die Seebestattung<br />
nehmen zu, spielen aber insgesamt noch keine so be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />
Rolle. Nicht nur in Deutschland, son<strong>de</strong>rn in vielen an<strong>de</strong>ren europäischen<br />
Län<strong>de</strong>rn haben sich die Friedhofsbetreiber <strong>de</strong>m Problem<br />
<strong>de</strong>r Überhangsflächen zu stellen. Derzeit wird überall intensiv<br />
nach wirtschaftlichen Umnutzungsmöglichkeiten dieser Flächen<br />
gesucht. Die I<strong>de</strong>en sind vielfältig: Über die Nutzung als öffentliche<br />
Parks, Sportstätten, Tierfriedhöfe, Kleingartenanlagen, Kleinwindanlagen<br />
und sogar die Freigabe zur Bebauung wird nachgedacht.<br />
Aeternitas hat bereits 2009 dazu die I<strong>de</strong>ensammlung „Inwertsetzung<br />
von Friedhofsüberhangsflächen – Beispiele für Folgenutzungen“<br />
<strong>de</strong>s Landschaftsplaners Andreas Morgenroth veröffentlicht.<br />
... älter, bunter und einsamer ...<br />
Unsere Gesellschaft und die Art wie wir zusammen leben wird sich<br />
in <strong>de</strong>n nächsten Jahren weiter verän<strong>de</strong>rn und das hat auch Folgen<br />
für die Friedhofskultur. Wir wer<strong>de</strong>n „weniger, älter, vielfältiger,<br />
bunter und einsamer“, lautet die Prognose von Krause. Da immer<br />
weniger Kin<strong>de</strong>r geboren wer<strong>de</strong>n, nimmt die Anzahl <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />
insgesamt ab. Durch diesen <strong>de</strong>mographischen Wan<strong>de</strong>l gibt<br />
es mehr Alte. Was be<strong>de</strong>utet, dass die Sterbefälle in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n<br />
Jahren wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich zunehmen wer<strong>de</strong>n. „Das Sterben wird<br />
bis ins Jahr 2050 allgegenwärtig sein“, so Krause. Dennoch wer<strong>de</strong>n<br />
nicht zwangsläufig mehr Friedhofsflächen benötigt, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r<br />
Trend zur Feuerbestattung wird anhalten. Die Abkehr von <strong>de</strong>n Religionen,<br />
verän<strong>de</strong>rte Familienstrukturen, die zunehmen<strong>de</strong> Mobilität<br />
und die Kosten für die Beisetzungen sind nur einige Faktoren,<br />
die für diese These sprechen. Krause prognostiziert, dass aufgrund<br />
all dieser Entwicklungen vor allem die Friedhöfe im ländlichen<br />
Raum Probleme haben wer<strong>de</strong>n.<br />
Neue Strukturen<br />
Der Hamburger Sozial- und Wirtschaftshistoriker Prof. Dr. Norbert<br />
Fischer erforscht seit langem, wie sich das Erscheinungsbild <strong>de</strong>r<br />
Friedhöfe wan<strong>de</strong>lt. Er geht davon aus, dass es durch die geringer<br />
wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Zahl <strong>de</strong>r klassischen Familien- und Einzelgrabstätten<br />
zukünftig zu einer Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r gesamten Struktur vieler<br />
Anlagen kommen wird. Deutliche Anzeichen dafür gäbe es <strong>de</strong>rzeit<br />
überall zu beobachten. Vor allem so genannte Memoriamgärten<br />
wür<strong>de</strong>n vielerorts bald das Bild bestimmen. Diese Gärten sind<br />
Image | November 2013