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Jugendhilfe statt Strafe – 50 Jahre Jugendgerichtsgesetz<br />

Brücke Köln e.V.<br />

von Waltraud Lier<br />

Seit 1980 bietet die Brücke Köln e.V.<br />

als freier Träger der Jugendhilfe die<br />

Durchführung ambulanter Maßnahmen<br />

nach dem Jugendgerichtsgesetz<br />

an. Sie entstand aufgrund einer unbefriedigenden<br />

Praxis der Organisation<br />

von Sozialdiensten und geht zurück auf<br />

die Initiative einer Jugendschöffin, Dr.<br />

Angela Kulenkampff und leistet seit<br />

dieser Zeit einen wichtigen Beitrag zur<br />

Kriminalprävention an der Schnittstelle<br />

von Jugendhilfe und Strafjustiz. Bei<br />

strafrechtlichen Verfehlungen Jugendlicher<br />

soll die Erteilung von Weisungen<br />

dazu beitragen, die mit dem Delikt<br />

des Jugendlichen möglicherweise in<br />

Zusammenhang stehenden Probleme<br />

aufzuarbeiten und eine problemorientierte<br />

Hilfe für besonders gefährdete<br />

Jugendliche anzubieten.<br />

Sozialdienst (Arbeitsweisungen)<br />

Die Brücke Köln sieht die Arbeitsauflage,<br />

im folgenden mit Sozialdienst genannt,<br />

als Sanktionsalternative zum<br />

Jugendarrest und zur Geldbuße. Die<br />

Verhängung von Sozialdienst kommt<br />

dem Sanktionsbedürfnis des Jugendrichters<br />

entgegen und eröffnet dem<br />

Jugendlichen die Chance, sinnvolle und<br />

für ihn nützliche Erfahrungen zu sammeln.<br />

Bei vielen Jugendlichen hat sich<br />

nach unserer Beobachtung der letzten<br />

Jahre gezeigt, dass die greifbare Konsequenz<br />

auf ihr Fehlverhalten in Form<br />

der Weisung durch das Gericht eine<br />

wertvolle Erfahrung war, da sie bisher<br />

selten oder nie eine Konsequenz auf<br />

ihr Verhalten erfahren haben. Der Sozialdienst<br />

wird in überwiegender Zahl<br />

Erst- und Wiederholungstätern im unteren<br />

und mittleren Bereich auferlegt.<br />

Aufgabe der Brücke ist es, den verhängten<br />

Sozialdienst zu organisieren<br />

und pädagogisch sinnvoll zu gestalten.<br />

Da sich in den letzten 20 Jahren eine<br />

vertrauensvolle Zusammenarbeit mit<br />

dem Jugendgericht, der Staatsanwaltschaft<br />

und der Jugendgerichtshilfe<br />

entwickelt hat, ist die inhaltliche Ausgestaltung<br />

des Sozialdienstes den Mitarbeiter/innen<br />

der Brücke Köln e.V.<br />

vorbehalten. Dem Vermittlungsgespräch<br />

innerhalb der Brücke kommt<br />

eine entscheidende Bedeutung zu. In-<br />

halte sind u.a. Reflexion der begangenen<br />

Tat und seiner Folgen, Reaktion<br />

von Eltern, Funktion des Sozialdienstes,<br />

persönliche Situation des Jugendlichen.<br />

Daraus wird deutlich, in<br />

welcher Form der Sozialdienst durchgeführt<br />

werden soll, ob eine begleitende<br />

Hilfe für den Jugendlichen erforderlich<br />

und erwünscht ist.<br />

In der praktischen Arbeit haben sich<br />

zwei Formen von Arbeitsweisungen<br />

herauskristallisiert, die sich an den Bedürfnissen<br />

der jungen Menschen orientieren:<br />

der Sozialdienst mit und ohne<br />

pädagogischer Betreuung.<br />

I. Sozialdienst ohne Betreuung<br />

In der Praxis bedeutet dies, dass nicht<br />

jeder, der eine Straftat begangen hat,<br />

notwendigerweise betreuungsbedürftig<br />

ist. Sozialdienste sind daher zumeist<br />

ohne Betreuung. Im Jahre 2004 erhielt<br />

die Brücke Köln e.V. fast 1900 Zuweisungen<br />

von Jugendrichtern und Staatsanwälten<br />

zur Ableistung von Sozialdiensten.<br />

Der größte Teil der uns zugewiesenen<br />

Jugendlichen wird in eine<br />

soziale Einrichtung weiter vermittelt.<br />

Es wird gemeinsam mit dem Jugendlichen<br />

der Erstkontakt zur gemeinnützigen<br />

Einrichtung hergestellt und eine<br />

Terminabsprache getroffen.<br />

Ein breit gefächertes Angebot von<br />

verschiedenartigen gemeinnützigen<br />

Einrichtungen, in Köln etwa 250 soziale<br />

Einrichtungen (Altenheim, Jugendzentren,<br />

Kindergärten, Initiativen) mit<br />

unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten<br />

und Einsatzzeiten ermöglicht es,<br />

dass eine passgenaue Vermittlung und<br />

Begleitung des Sozialdienste erfolgen<br />

kann, die den persönlichen und organisatorischen<br />

Besonderheiten des Jugendlichen<br />

gerecht werden. Eine weitergehende<br />

Betreuung durch die<br />

Brücke findet in der Regel nicht statt.<br />

Dieses Spektrum von differenzierten<br />

Einrichtungen zu erhalten bzw. auszuweiten<br />

wird immer schwieriger, da aufgrund<br />

von Sparmaßnahmen Einrichtungen<br />

schließen und immer mehr<br />

Erwachsene zu Arbeitsweisungen verurteilt<br />

werden und diese ihre Arbeit<br />

ebenfalls den sozialen Einrichtungen<br />

anbieten. Meist haben diese Erwachsenen<br />

Arbeitsweisungen in Höhe von<br />

einigen hundert Stunden und blockieren<br />

oder noch schlimmer verhindern<br />

oft den Einsatz der jungen Leute.<br />

II. Sozialdienst mit<br />

pädagogischer Betreuung<br />

Wird während des Vermittlungsgespräches<br />

deutlich, dass eine Sonderproblematik<br />

bei den Jugendlichen vorliegt<br />

oder dass der Jugendliche Schwierigkeiten<br />

hat, die Sozialstunden in herkömmlichen<br />

Einsatzstellen abzuleisten,<br />

wird ein sozialpädagogisch betreuter<br />

Sozialdienst angeboten.<br />

Arbeitskreise<br />

Neben den traditionellen Einsatzmöglichkeiten<br />

wurden durch die Brücke<br />

Arbeitskreise „in Gruppenform“ angeboten.<br />

Bei vielen Jugendlichen und<br />

Heranwachsenden ist es sinnvoll, die<br />

Ableistung von Sozialdiensten in „einer<br />

anderen Form“ zu ermöglichen.<br />

Hierbei handelt es sich um Jugendliche,<br />

aus deren Lebenssituation heraus<br />

sich die Notwendigkeit der begleitenden<br />

Betreuung aufdrängt, die bereits<br />

mehrfach strafrechtlich in Erscheinung<br />

getreten sind oder die mit der Ableistung<br />

der Stunden in einer normalen<br />

Einrichtung nicht zurechtkommen und<br />

immer wieder abbrechen. Sie arbeiten<br />

in Gruppen von 5-6 Klienten gemeinsam<br />

unter Anleitung eines/r Mitarbeiter/in<br />

der Brücke entweder in<br />

einer Einrichtung oder im Rahmen des<br />

Naturschutzes in einer stillgelegten<br />

Kiesgrube.<br />

Für diese Aktionen, die sich in aller<br />

Regel über mehrere Tage erstrecken,<br />

sind die Arbeitsziele so gefasst, dass<br />

das Ergebnis klar erkennbar und ohne<br />

große Leistungsansprüche erreichbar<br />

ist.<br />

Gruppenarbeit<br />

Durch die Vielzahl von Jugendlichen<br />

haben die Brücke-Mitarbeiter/innen<br />

einen Überblick über die besondere<br />

Problemlage von Jugendlichen und<br />

Heranwachsenden und versuchen, die<br />

Hilfsangebote an den jeweiligen Bedarf<br />

des Jugendlichen anzupassen. Um den<br />

Jugendlichen mit einer Sonderproblematik<br />

gerecht zu werden, bieten wir<br />

zur Erfüllung der Auflage den „Sozial-<br />

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