Falkenseer Stadtjournal
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Ausflüge<br />
Solequellen<br />
und Wehrmauern<br />
Seit dem Jahr 2010 schmückt sich die<br />
altehrwürdige, über tausendjährige Stadt Belzig<br />
mit dem Namenszusatz „Bad“ und ist seitdem der<br />
jüngste offizielle Kurort Deutschlands.<br />
Die staatliche Anerkennung als Thermal-Soleheilbad<br />
verdankt die Kreisstadt<br />
von Potsdam-Mittelmark, gelegen<br />
im Naturpark Hoher Fläming, einem<br />
Glückstag: Im Oktober 1996 stieß<br />
man bei Probebohrungen im sandigen<br />
Untergrund des märkischen Städtchens<br />
in 775 Metern Tiefe auf ein Reservoir<br />
von 34 Grad warmen Thermalwasser.<br />
Rund 160 Millionen Jahre alt ist<br />
die Belziger Sole, die einen knapp<br />
20prozentigen Salzgehalt und Anteile<br />
von Jod, Magnesium, Kalium, Kalzium<br />
und Schwefel aufweist und damit therapeutische<br />
Erfolge bei rheumatischen<br />
Beschwerden und Erkrankungen der<br />
Haut, von Herz und Kreislauf sowie der<br />
Atemwege verspricht. 2002 eröffnete<br />
die SteinTherme Belzig, ein Thermal-<br />
Solebad, das nicht nur Kuranwendungen<br />
anbietet, sondern mit seinen verschiedenen<br />
Solebecken auch zu einem<br />
der beliebtesten Wellness-Tempel im<br />
Land Brandenburg geworden ist.<br />
Das Heilbad kann aber auch auf eine<br />
lange Tradition als Luftkurort verweisen.<br />
Vor über 100 Jahren hatten Berliner<br />
Jäger dem Berlin-Brandenburgischen<br />
Heilstättenverein dieses idyllische,<br />
quellenreiche Fleckchen mit der<br />
gesunden Luft zum Bau einer Lungenheilstätte<br />
empfohlen. Im Jahre 1900<br />
eröffnete die Belziger Heilstätte für<br />
Lungenkranke, die hier für drei oder<br />
mehr Monate Heilung suchten. Die Anlage,<br />
die heute ein Reha-Klinikum beherbergt,<br />
beeindruckt in ihrem Landhausstil<br />
mit viel Fachwerk und verspielten<br />
Türmchen.<br />
.<br />
Weit weniger idyllisch präsentiert sich<br />
die ältere Geschichte Belzigs, von der<br />
die trutzigen Mauern der Burg Eisenhardt<br />
am Stadtrand künden. Im Jahre<br />
997 vermachte Kaiser Otto III. das<br />
„burgwardium belizi“ dem Erzbischof<br />
Giselher von Magdeburg, doch nach<br />
jahrhundertelangen Auseinandersetzungen<br />
gelangte der Burgwall unter Albrecht<br />
dem Bären in den Besitz der Askanier,<br />
die als Gründerväter der Mark<br />
Brandenburg gelten. Die Erzbischöfe<br />
von Magdeburg, die zeitweise das Gebot<br />
der Nächstenliebe vergaßen, belagerten<br />
und zerstörten die Burg im Jah-<br />
22 FALKENSEER STADT - JOURNAL 03/2011<br />
re 1406 und noch schlimmer trieben es<br />
die wüsten Schweden, die während des<br />
Dreißigjährigen Krieges die Stadt vollständig<br />
zerstörten. Den einzigen Lichtblick<br />
zwischendurch spendete der getreue<br />
Martin Luther, der 1530 zur Kirchenvisitation<br />
nach Belzig kam und in<br />
der Marienkirche predigte.<br />
Aus brandenburgisch-preußischer<br />
Sicht besteht die größte Schmach in<br />
der Stadtgeschichte allerdings darin,<br />
dass Belzig über die beachtliche Zeitspanne<br />
von mehr als 500 Jahren zum<br />
Kurfürstentum Sachsen zählte. Zähneknirschend<br />
muss den Sachsen allerdings<br />
auch einiger historischer Glanz<br />
zugestanden werden, denn die wunderschöne<br />
kursächsische Postmeilendistanzsäule<br />
an der Belziger Bahnhofstraße<br />
kündet noch heute von der Effizienz<br />
der damaligen Reiseverkehrsorganisation.<br />
Im denkwürdigen Jahr<br />
Bad Belzig<br />
1815 fiel Belzig schließlich an Brandenburg<br />
zurück, da die Sachsen während<br />
der Napoleonischen Kriege bekanntlich<br />
auf der falschen Seite gestanden hatten<br />
und deren territorialer Besitzstand<br />
deshalb in den Tanzpausen des Wiener<br />
Kongresses arg gerupft wurde.<br />
So kommt es, dass der märkische Ausflügler<br />
heute wieder stolz erhobenen<br />
Hauptes seinen Wochenend-Ausflug in<br />
die wehrhafte Grenzfeste Belzig planen<br />
kann. Zunächst sollte die Burg Eisenhardt<br />
touristisch erobert werden, auch<br />
wenn deren Name „Hart gegen Eisen“<br />
die Uneinnehmbarkeit des Gemäuers<br />
verkündet. Ein Spaziergang über die<br />
imposante Burganlage gerät zur spannenden<br />
Entdeckungsreise in die Geschichte.<br />
Schon das Torhaus präsentiert<br />
sich mit einem beeindruckenden<br />
Zellengewölbe, in den Wehrtürmen auf<br />
der Ringmauer werden dicke Mauern<br />
durchschritten und der 24 Meter hohe<br />
Bergfried bietet einen weiten Blick über<br />
Die Burg Eisenhardt.<br />
den Fläming. Im Heimatmuseum können<br />
Teile der alten Holzwasserleitung,<br />
original Pferdeschuhe oder ein Zinnfiguren-Diorama<br />
zur Schlacht bei Hagelberg<br />
bewundert werden. Zu den ältesten<br />
steinernen Zeugnissen zählt eine<br />
romanische Kapelle im Innenhof als<br />
Teil der Kernburg aus dem 13. Jahrhundert.<br />
Der besonders mutige Besucher<br />
bucht während der Sommermonate<br />
eine Erlebnisführung und geht<br />
den finsteren Geheimnissen zwischen<br />
der alten Latrine auf dem Burghof und<br />
der düsteren Zisterne auf die Spur. Dabei<br />
wird er Zeuge von Enthüllungen<br />
über das Treiben dreier Riesen, hört<br />
die Hymne auf den Butterturm und<br />
lauscht dem Geraune vom ungetreuen<br />
Burgherrn und dem Besenweib.<br />
Nach der Burgbesteigung empfiehlt<br />
sich ein Spaziergang durch die historische<br />
Altstadt. Deren Kleinode sind die<br />
spätromanische Stadtkirche St. Marien,<br />
ein Feldsteinbau aus dem 13. Jahrhundert,<br />
das benachbarte Geburtshaus<br />
von Carl Gottlieb Reissiger, der<br />
am Dresdner Hof Musikgeschichte geschrieben<br />
hat, und das Renaissance-<br />
Rathaus, das nach einem Brand originalgetreu<br />
wieder aufgebaut wurde. UG<br />
Die Postmeilensäule und das Reissiger<br />
Haus (unten). Fotos: UG