Rechtsnatur des Verfahrens mit der vorgesetzten Stelle nach § 18 ...
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Baurecht (Zeitschrift) Seite 8 von 13<br />
Baurecht (Zeitschrift) > Jahr 2009 > Heft 11 > Aufsätze > Ziviles Baurecht > Lembcke: <strong>Rechtsnatur</strong> <strong>des</strong> <strong>Verfahrens</strong> <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>vorgesetzten</strong><br />
<strong>Stelle</strong> <strong>nach</strong> § <strong>18</strong> Nr. 2 VOB/B (Seite 1666 - 1674) ><br />
Dieser rechtsvergleichende Blick schärft aber beim Rückblick auf das deutsche Recht tatsächlich das<br />
Bewusstsein für selbiges und erlaubt es, sich von festgefahrenen Denkrillen zu lösen und ausgetretende<br />
Pfade zu verlassen. Der Engineer soll auch <strong>nach</strong> den FIDIC-Bedingungen als Dritter die Streitbeilegung<br />
vornehmen, obwohl er vom Auftraggeber beauftragt und bezahlt wird. Dieses Verfahren ist als eine<br />
Kategorie <strong>der</strong> Expert Determination zu verorten, dem deutschen Schiedsgutachtenrecht 1 . Konkret ist<br />
das Engineer-Verfahren als Leistungsbestimmung <strong>nach</strong> § 315 BGB zu verorten 2 . Insoweit handelt es<br />
sich bei § <strong>18</strong> Nr. 2 VOB/B um ein dem Schiedsgutachten ähnliches 3 Rechtsinstitut: § 315 BGB eröffnet<br />
diese umfassende Schlichtungsmöglichkeit 4 .<br />
(2) § 315 BGB<br />
(a) Leistungsbestimmung durch Partei<br />
Betrachtet man den Parteiwillen, <strong>der</strong> eine Entscheidung <strong>nach</strong> billigem Ermessen von <strong>der</strong> Behörde abverlangt,<br />
so fällt <strong>der</strong> Blick auf das materielle Prozessrecht <strong>des</strong> BGB. Die §§ 317 ff. BGB bestimmen,<br />
dass die Leistung durch einen Dritten bestimmt wird. Dieser hat bei <strong>der</strong> Leistungsbestimmung billiges<br />
Ermessen zu beachten (§ 319 Abs. 1 Satz 1 BGB). Allerdings steht die vorgesetzte <strong>Stelle</strong> im Lager <strong>des</strong><br />
Auftraggebers. Soll die Leistung "durch einen <strong>der</strong> Vertragschließenden bestimmt" werden, so ist diese<br />
in § 315 Abs. 1 BGB geregelt. Unproblematisch ist, dass die vorgesetzte <strong>Stelle</strong> nicht Partei <strong>des</strong> Vertrages<br />
ist 1 . Die unilaterale Leistungsbestimmung ist "nur verbindlich, wenn sie <strong>der</strong> Billigkeit entspricht" (§ 315<br />
Abs. 3 Satz 1 BGB); die Drittleistungsbestimmung "wenn sie offenbar unbillig ist" (§ 319 Abs. 1 Satz 1<br />
BGB). Es wird deutlich, dass das Gesetz die Drittleistungsbestimmung an<strong>der</strong>s behandelt als die unilaterale<br />
Leistungsbestimmung 2 . Wegen <strong>der</strong> fehlenden Unabhängigkeit werden an die unilaterale Leistungsbestimmung<br />
höhere Anfor<strong>der</strong>ungen an die Bindungswirkung gestellt, als an eine Drittentscheidung.<br />
Dieses gilt umso mehr, als <strong>der</strong> Gesetzgeber die Parteileistungsbestimmung vor <strong>der</strong><br />
Drittleistungsbestimmung vermutet 3 . Das Verfahren <strong>nach</strong> § <strong>18</strong> Nr. 2 VOB/B ist da<strong>mit</strong> als Leistungsbestimmung<br />
i. S. von § 315 BGB zu verorten 4 , wobei gewisse Modifikationen auf Grund <strong>des</strong> dispositiven<br />
Charakters 5 unschädlich sind. Unschädlich ist auch, dass eine Behörde die Leistungsbestimmung vor-<br />
3 Hök, ZAP 5/2007, 191, 191. Ferner Quack, BauR 2008, 1204, 1204 ff.<br />
1 Vgl. insoweit grundlegend, Borowsky, Schiedsgutachten.<br />
2 Lembcke, WiRO 2006, 321, 323.<br />
3 A. A. Joussen, in: Ingenstau/Korbion, B, § <strong>18</strong> Nr. 2 Rdnr. 3; Zanner/Franke, in: Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB/B, § <strong>18</strong><br />
Rdnr. 27.<br />
4 Rieble, in: Staudinger (2004), § 315 Rdnr. 94.<br />
1 BGH, Urteil v. 30. 2003 – V ZR 216/02 –, Juris Rdnr. 17 = NJW-RR 2003, 1355, 1355 ff.<br />
2 Symptomatisch insoweit "dem DAB ein vorübergehen<strong>des</strong> Leistungsbestimmungsrecht i. S. <strong>des</strong> § 315 BGB" beizumessen, vgl. Boldt,<br />
Vorläufige baubegleitende Streitentscheidung, Rdnr. 855.<br />
3 Rieble, in: Staudinger (2004), § 315 Rdnr. 245.<br />
4 Lembcke, IBR 2008, 1223; wohl auch Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, Rdnr. 53, <strong>18</strong>3 u. 249; Jansen, in: Ganten/Jagenburg, Motzke,<br />
VOB/B, § 2 Nr. 3 Rdnr. 22.<br />
5 BGH, Urteil v. 6.3.1985 – IVa ZR 171/83 –, NJW-RR 1986, 164, 164 f.; Rieble, in: Staudinger (2004), § 315 Rdnr. 62.<br />
Baurecht (Zeitschrift)<br />
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