INSUMED Insudiagnost
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
INSUDIAGNOST<br />
Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen<br />
Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
– Fachinformation –<br />
• Risikofaktoren erkennen und therapieren.<br />
• Abnehmbremsen erkennen und beseitigen.<br />
• Mikronährstoffdefizite erkennen und supplementieren.<br />
• Stoffwechsel aktivieren.<br />
Eine Kooperation des Labors Dr. Bayer und der Insumed GmbH<br />
Labor Dr. Bayer
Inhalt<br />
Einleitung 3<br />
Mikronährstoffe 4<br />
– Mineralstoffe 4<br />
– Vitamine 5<br />
– Fettsäuren 6<br />
Nahrungsmittelunverträglichkeiten 7<br />
Hormone 9<br />
Risikofaktoren 11<br />
Metabolisches Syndrom 13
<strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
1<br />
Einleitung<br />
Die Adipositas ist ein weltweites Problem, das keineswegs auf die Industrieländer begrenzt ist. Es sind alle Bevölkerungsschichten<br />
und Altersgruppen betroffen, wobei die Häufigkeit der Adipositas mit dem Alter ansteigt. Nach Erhebungen<br />
aus dem Jahr 2003 liegt in Deutschland der Anteil der Erwachsenen mit einem BMI > 30 kg/m 2 bei 17,1 % für<br />
Männer und 19 % für Frauen. Die Einteilung des Übergewichts erfolgt nach WHO-Kriterien (Tabelle 1).<br />
Tabelle 1<br />
BMI (kg/m 2 )<br />
Normalgewicht 18,5 – 24,9<br />
Übergewicht 25,0 –29,9<br />
Adipositas Grad I 30,0 – 34,9<br />
Adipositas Grad II 35,0 – 39,9<br />
Adipositas Grad III (Adipositas permagna) ≥ 40<br />
Die Adipositas stellt einen der wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung einer Vielzahl von chronischen Erkrankungen<br />
dar (Tabelle 2) und Gewichtsreduktion kombiniert mit individuell optimierter körperlicher Aktivität ist daher<br />
ein wesentlicher Baustein der Präventivmedizin.<br />
Tabelle 2<br />
Metabolisches Syndrom<br />
Diabetes mellitus<br />
Koronare Herzerkrankungen<br />
Arteriosklerose<br />
Schlaganfall<br />
Adipositas<br />
Lebererkrankungen<br />
Degenerative Skeletterkrankungen<br />
Lungenfunktionsstörungen<br />
Erhöhte Tumorinzidenz<br />
Erhöhte Mortalität<br />
Die Feststellung von Adipositas-assoziierten Risikofaktoren durch gezielte Laboranalysen (z. B. Mikronährstoffoder<br />
Hormon-Mangel, kardiovaskuläre Risikofaktoren) ist von großer Bedeutung, um in Ergänzung zu Lebensstilmaßnahmen<br />
mit Gewichtsreduktion und Bewegungsoptimierung weitere zusätzliche Therapiemaßnahmen (Optimierung<br />
der Mikronährstoff-Versorgung, Senkung erhöhter Homocystein-Konzentrationen etc.) einzuleiten. Auch kann<br />
der Patient durch Nachweis solcher Risikoindikatoren häufig besser motiviert werden, Konzepte zur Gewichtsreduktion<br />
anzunehmen und aktiv umzusetzen.<br />
Besonders wichtig ist es, durch Laboranalysen ungünstige Stoffwechsel-Gegebenheiten zu erkennen, die eine Gewichtsreduktion<br />
erschweren oder verhindern können. Zu diesen so genannten „Abnehmbremsen“ zählen u. a. hormonelle Dys regulatio<br />
nen, Mikronährstoff-Defizite, Störungen der Verdauung, Nahrungsmittel-Intoleranzen oder -Unverträglichkeiten.<br />
Im Rahmen ernährungsmedizinischer Konzepte zur Gewichtsreduktion muss man sich auch der Tatsache bewusst<br />
sein, dass jede Ernährungsweise mit einer Energiezufuhr von weniger als 1.800 kcal in aller Regel nicht mit einer ausreichenden<br />
Deckung des Bedarfs an essentiellen Mikronährstoffen einhergeht. Der adipöse Patient hat dabei häufig<br />
schon vor Beginn der Gewichtsreduktion Dysbalancen der Mikronährstoffe. So konnte für Vitamin D oder Zink, um<br />
nur zwei Beispiele zu nennen, gezeigt werden, dass Adipöse deutlich häufiger Defizite aufweisen als Normalgewichtige.<br />
Die nachfolgend vorgestellten präventiv-medizinisch orientierten Laboranforderungs-Profile sollen die Gewichtsreduktionsmaßnahmen<br />
nach dem <strong>INSUMED</strong>-Konzept auf folgenden Ebenen unterstützen:<br />
• Risikofaktoren erkennen und therapieren.<br />
• Abnehmbremsen erkennen und beseitigen.<br />
• Mikronährstoffdefizite erkennen und supplementieren. Optimierung des Mikronährstoffstatus.<br />
• Stoffwechseloptimierung durch gezielte Zufuhr von Vitalstoffen.
2 <strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
Profile I – III: Mikronährstoffe: Mineralstoffe, Vitamine, Fettsäuren<br />
Angesichts eines Überflusses an Nahrungsmitteln in den westlichen Industrieländern erscheinen zunächst rein nutritiv<br />
bedingte Mikronährstoffdefizite als wenig einleuchtend. Eine Reihe von Lebensstilfaktoren kann die Versorgungssituation<br />
jedoch negativ beeinträchtigen. Dazu gehören einseitige Ernährung (Fast Food), Genussgifte, Umweltbelas tungen,<br />
Stress, Medikamenteneinnahme etc. Besondere Risikogruppen bezüglich einer Unterversorgung sind z. B. Jugendliche<br />
in Phasen rascher körperlicher Entwicklung, Schwangere, Stillende und Ältere, vor allem institutionalisierte Menschen.<br />
Daneben können präexistierende Grunderkrankungen Aufnahme, Resorption, Verteilung, Speicherung und Ausscheidung<br />
von Mikronährstoffen negativ beeinflussen. Erkrankungen des Gastro-Intestinal-Trakts können zu gestörter<br />
Absorption und zu erhöhten enteralen Verlusten führen. Chronisch entzündliche, aber auch konsumierende Erkrankungen<br />
gehen praktisch durchgängig mit Veränderungen der Elemente Kupfer, Eisen, Zink und Selen einher. Endokrine<br />
Erkrankungen wie ein Diabetes mellitus sind mit erhöhten renalen Verlusten von Elementen wie Magnesium und<br />
Zink assoziiert und auch Defizite von Vitaminen, insbesondere der B-Vitamine sowie auch von Vitamin D treten bei<br />
dieser Erkrankung häufig auf.<br />
Auch Patienten mit metabolischem Syndrom als Vorstufe eines Diabetes mellitus sind meist von solchen Mangelsituationen<br />
betroffen. Bereits die Adipositas hat sich als großer Risikofaktor für Mikronährstoffdefizite herausgestellt. So<br />
können z. B. fettlösliche Vitamine wie das Vitamin D in Körperfett gespeichert werden und sind hieraus nur vermindert<br />
metabolisierbar. Eine erhöhte Anzahl von Fettzellen (Adipozyten) führt zu einer permanenten Ausschüttung proinflammatorischer<br />
Zytokine, was zu Rückwirkungen auf den Mikronährstoffstatus führt. Dies lässt sich an den häufig<br />
nachzuweisenden Defiziten von Zink bei Adipösen zeigen.<br />
Viele Menschen versuchen ihre Mikronährstoffsubstitution durch Einnahme von Kombinationspräparaten mit Mineralstoffen<br />
und Vitaminen zu verbessern. Dabei werden jedoch nicht nur diejenigen Mineralstoffe und Vitamine zugeführt,<br />
die wirklich benötigt werden, sondern auch Mikronährstoffe, die noch in normaler Menge vorliegen oder vielleicht sogar<br />
erhöht sein können. Die Zufuhr an den wirklich benötigten Substanzen ist jedoch über solche Kombinationspräparate<br />
meist zu gering. Es ist daher unerlässlich die entsprechenden Nährstoffe im Blut im Sinne eines „Ernährungs- und<br />
Vitaminchecks“ zu bestimmen und nachgewiesene Defizite gezielt durch ausreichend hohe Substitution auszugleichen.<br />
a) Mineralstoffe<br />
Die wesentlichen biochemischen Funktionsleistungen der Mengen- und Spurenelemente spielen sich überwiegend auf<br />
zellulärer Ebene ab, wobei Bestimmungen der Elementkonzentrationen im Serum nicht zwangsläufig Rückschlüsse auf<br />
zelluläre Kompartimente zulassen. Blutzellen, die überwiegend aus dem Stoffwechsel-aktiven Knochenmark stammen,<br />
können daher wichtige zusätzliche und wahrscheinlich besser geeignete Parameter sein, um die aktuelle Stoffwechsellage<br />
eines Mineralstoffs beziehungsweise Spurenelementes aufzuzeigen. Praktikabel ist dabei die Durchführung einer<br />
Vollblutanalyse, für die folgende Argumente sprechen:<br />
• Zahlreiche Elemente (siehe Abbildung 1) sind zellulär konzentriert.<br />
• Die wesentlichen biochemischen Funktionen der Mineralstoffe und Spurenelemente spielen sich<br />
auf zellulärer Ebene ab.<br />
• Normale Serumwerte schließen zelluläre Defizite nicht aus.<br />
Betrachtet man die Verteilung der einzelnen Spurenelemente zwischen Blutzellen und Plasma, so erkennt man, dass die<br />
Elemente Kalium, Magnesium, Eisen, Zink und Selen überwiegend in den Blutzellen angereichert sind. So entgehen<br />
bei der alleinigen Durchführung einer Serumanalyse z. B. im Falle des Zinks zirka 90 % des Gesamtzinks im Blut der<br />
Analyse, da nur etwa 10 % im Serum vorkommen.<br />
Vergleichende Untersuchungen haben hinsichtlich des Elements Magnesium gezeigt, dass z. B. bei Patienten mit<br />
Hypertonie im Vergleich zu Kontrollpersonen statistisch signifikant niedrigere Magnesiumkonzentrationen in den<br />
Blutzellen nachzuweisen sind, während beide Gruppen praktisch identische Plasmakonzentrationen aufweisen.
<strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
3<br />
Abbildung 1: Verteilung der Elemente zwischen Plasma und Blutzellen<br />
Eine gezielte Substitution von solchen Defiziten auf der Basis einer Vollblutanalyse stellt auch eine Maßnahme zur<br />
Stoffwechselaktivierung dar. So sind z. B. praktisch alle ATP-abhängigen Reaktionen an eine ausreichende Anwesenheit<br />
von Magnesium gebunden. Viele Enzyme benötigen Mikronährstoffe als Kofaktoren.<br />
Das Mikronährstoffprofil I umfasst die Bestimmung der Elemente Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Kupfer,<br />
Eisen, Zink und Selen im Vollblut sowie die Bestimmung von Ferritin im Serum. Ferritin ist ein zentraler Marker zur<br />
Abschätzung der Eisenspeicher.<br />
b) Vitamine<br />
Es existieren dreizehn Vitamine, die traditionell in die Gruppe der fettlöslichen und der wasserlöslichen Vitamine eingeteilt<br />
werden (Tabelle 3).<br />
Fettlösliche Vitamine<br />
Wasserlösliche Vitamine<br />
Vitamin A Vitamin B1 und B2 Folsäure<br />
Vitamin D Vitamin B6 Niacin<br />
Vitamin E Vitamin B12 Biotin<br />
Vitamin K Pantothensäure Vitamin C<br />
Tabelle 3: Wasserlösliche und fettlösliche Vitamine<br />
Manifeste Vitamindefizite, die zu schweren Erkrankungen führen können, sind seit langem bekannt. Beispielhaft kann<br />
auf die im Vitamin D-Mangel entstehende Rachitis oder die megaloblastäre Anämie unter einem Vitamin B12- und/<br />
oder Folsäuremangel hingewiesen werden. Solche Vitaminmangelerkrankungen können auch in den industrialisierten<br />
Ländern noch nachgewiesen werden.
4 <strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
Vor dem Auftreten einer klinischen Manifestation eines Vitaminmangels werden jedoch zunächst biochemische Funktions<br />
leistungen betroffen sein, die von diesen Vitaminen abhängig sind. Dies darf an zwei Beispielen verdeutlicht werden:<br />
1. Vitamin B12<br />
Für das Vitamin B12 sind Risikogruppen eindeutig definiert. So weisen Veganer in bis zu 80 % der Fälle schon lange vor<br />
dem Auftreten einer klinischen Manifestation des Vitamin B12-Mangels eine Verminderung des physiologisch aktiven<br />
Vitamin B12 auf, was dann zu biochemischen Veränderungen wie z. B. einer Homocysteinerhöhung führen kann.<br />
Diese wiederum stellt ein eindeutiges kardiovaskuläres Risiko dar. Eine andere Risikogruppe sind ältere Menschen, da<br />
mit zunehmendem Alter die Bildung des Intrinsicfaktors durch die Parietalzellen des Magens zurückgeht. Dieser Faktor<br />
ist jedoch für die Vitamin B12-Resorption unerlässlich und aus diesem Grund weisen Ältere mit hoher Häufigkeit<br />
Vitamin B12-Defizite auf. Ebenso wird durch die häufig vorgenommene Gabe von Protonenpumpen-Inhibitoren die<br />
Vitamin B12-Resorption (und die Eiweißverdauung) behindert.<br />
2. Vitamin D<br />
Wir wissen heute, dass Vitamin D nicht nur für den Calcium- und Phosphat-Stoffwechsel und damit für die Knochengesundheit<br />
von essentieller Bedeutung ist. Ein Vitamin D-Rezeptor wird nicht nur im Knochen gefunden, sondern<br />
auch in zahlreichen weiteren Organen und Zellen wie Immunzellen, Brustdrüse, Herzmuskel, Haut, Darm und Niere.<br />
Dadurch kommt es zu vielfältigen hormonellen Wirkungen von Vitamin D in den verschiedensten Zellen und Geweben,<br />
indem die Transkription zahlreicher Zielgene aktiviert oder inhibiert wird. Diese betreffen damit keinesfalls nur<br />
Erkrankungen, die mit einer gestörten Calcium- oder Phosphathomöostase zusammenhängen, sondern auch Autoimmunprozesse,<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Tumorerkrankungen und vieles mehr.<br />
Daten, die vom Robert-Koch-Institut erhoben wurden, zeigen, dass zirka 60 % der deutschen Bevölkerung einen<br />
Vitamin D-Mangel aufweisen. Da Vitamin D in der Haut unter dem Einfluss von UV-Licht gebildet werden kann, liegt<br />
die Vitamin D-Versorgung im Winter niedriger. In dieser Jahreszeit können in 80 % der untersuchten Personen Vitamin<br />
D-Defizite nachgewiesen werden. Auch hier sind ältere Personen eine besondere Risikogruppe, da die Konzentration der<br />
metabolischen Vorstufe von Vitamin D in der Haut (7-Dehydrocholesterin) mit dem Alter abnimmt. Vitamin D-Mangel<br />
geht einher mit einer erhöhten Gesamtmortalität, einer erhöhten Inzidenz von Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen<br />
sowie auch mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen mit autoimmuner Komponente wie z.B. rheumatoide Arthritis<br />
oder entzündliche Darmerkrankungen. Ein Ausgleich des Vitamin D-Mangels unter Berücksichtigung präventivmedizinisch<br />
wünschenswerter Blutspiegel ist daher von herausragender präventivmedizinischer Bedeutung.<br />
Im Mikronährstoffprofil II sind diejenigen Vitamine zusammengefasst, die eine besondere biomedizinische Bedeutung<br />
haben und bei denen Defizite erfahrungsgemäß häufig nachzuweisen sind. Im Einzelnen sind dies die Vitamine<br />
B6, B12, D, E und Folsäure. Ergänzt wird das Profil durch das Coenzym Q10, einem wichtigen mitochrondrialen<br />
Schutzfaktor, der auch eine hohe kardioprotektive Wirkung aufweist.<br />
c) Fettsäuren<br />
Fette haben in der Öffentlichkeit als Nährstoffe keinen<br />
besonders guten Ruf, sie gelten vielmehr als risikobehaftet<br />
im Hinblick auf Erkrankungen wie Arteriosklerose<br />
mit nachfolgendem Herzinfarkt oder Schlaganfall.<br />
Diese Betrachtungsweise ist jedoch undifferenziert, da<br />
Fette in Zellen und Geweben lebenswichtige Funktionen<br />
erfüllen. Metabolite der Fette wie Prostaglandine<br />
oder Leukotriene üben im Stoffwechsel lebenswichtige<br />
Steuerungsfunktionen auf. Im Hinblick auf ihre physiologischen<br />
Funktionen ist zu differenzieren zwischen<br />
gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, wobei ein<br />
besonderes Augenmerk auf die mehrfach ungesättigten<br />
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren zu legen ist.<br />
gesättigte<br />
Fettsäuren<br />
einfach ungesättigte<br />
Fettsäuren<br />
ungesättigte<br />
Fettsäuren<br />
ω-6-Fettsäuren<br />
mehrfach ungesättigte<br />
Fettsäuren<br />
ω-3-Fettsäuren<br />
Abbildung 2: Systematik der Fettsäuren
<strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
5<br />
Die Erhebung eines Fettsäurestatus ist ein hervorragendes Hilfsmittel, um die Ernährungsweise eines Patienten im<br />
Hinblick auf seinen Fettkonsum zu bewerten. Hoher Verzehr fettreicher Wurst- und Fleischprodukte führt zu hohen<br />
Werten gesättigter Fettsäuren. Gleiches gilt jedoch auch für eine sehr kohlenhydratlastige Ernährung, da die Leberzellen<br />
in der Lage sind, ausgehend von Glukose gesättigte Fettsäuren (und nur diese) selbst zu synthetisieren.<br />
Abbildung 3: Fettsäurestatus vor und nach dreimonatiger Einnahme von<br />
zwei Esslöffeln Leinöl täglich<br />
Die Grundsubstanzen der Omega-3- und<br />
Omega-6-Fettsäuren, alpha-Linolensäure und<br />
Linolsäure müssen hingegen über die Nahrung<br />
aufgenommen werden. Es handelt sich<br />
um essentielle Fettsäuren, die vom Menschen<br />
selbst nicht gebildet werden können. Von<br />
emi nenter Bedeutung ist das Gleichgewicht<br />
zwischen den Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren,<br />
da eine Verschiebung zugunsten der<br />
Omega-6-Fettsäuren (was häufig nachzuweisen<br />
ist) zu einer verstärkten Bildung proinflamma<br />
torischer Prostaglandine und Leukotriene<br />
führt. Eine ausreichende Zufuhr von Omega-<br />
3-Fettsäuren hat hingegen einen antiinflammato<br />
rischen Effekt, da aus diesen Fettsäuren<br />
anti in flammatorisch-wirk same Prostaglandine<br />
und Leu ko triene gebildet werden. Gerade bei<br />
chronisch-entzündlichen Erkrankungen ist das<br />
Verhältnis der Omega- 6- zu den Omega-3-<br />
Fettsäuren und die gezielte ernährungsmedizinische<br />
Beeinflussung dieses Verhältnisses von<br />
großer Wichtigkeit.<br />
Langkettige Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) haben eine ausgeprägt<br />
kardioprotektive Wirkung und eine niedrige Versorgungslage mit diesen Fettsäuren geht mit einer erhöhten Inzidenz<br />
kardiovaskulärer Erkrankungen bis hin zum plötzlichen Herztod einher und stellt daher einen Risikoindikator dar.<br />
Auch solche Risiken können durch eine Fettsäureanalyse erkannt und durch gezielte Ernährungsmaßnahmen beseitigt<br />
werden.<br />
Profil IV: Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
Nahrungsmittelunverträglichkeiten gehören zu den am häufigsten von Patienten beklagten Beschwerden und man geht<br />
nach verschiedenen Untersuchungen davon aus, dass bis zu 45 % der europäischen Bevölkerung mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
konfrontiert sind. Dabei können vielfältigste Ursachen zugrunde liegen. Nicht immunologisch vermittelte<br />
Reaktionen bestehen z. B. bei einer Laktoseintoleranz infolge eines Mangels des laktoseabbauenden Enzyms<br />
Laktase sowie bei Reaktionen auf biogene Amine. Immunologische Mechanismen basieren in aller Regel auf Interaktionen<br />
zwischen Proteinen des Nahrungsmittels und dem Immunsystem. Während man sich früher dabei auf Antikörperbestimmungen<br />
von Immunglobulinen des Typs IgE fokussiert hatte, zeigen zahlreiche neuere Studien besonders<br />
auch eine Bedeutung von Antikörpern der Immunglobulinklasse IgG, insbesondere der Subklasse IgG4. Im Gegensatz<br />
zu Inhalationsallergien, die meist IgE-vermittelt sind, kennt man bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten schon lange<br />
nicht-IgE-vermittelte Reaktionen. Bereits 2005 berichteten Zar und Mitarbeiter (Scand. J. Gastroenterol. 40, 800–807,<br />
2005) über die hohe Wertigkeit von IgG4-Tests zur Führung von Exklusionsdiäten bei Patienten mit Reizdarmsyndrom.<br />
Eine neue Arbeit von Bernardi und Mitarbeitern in der hoch angesehenen Zeitschrift Clinical Chemistry and<br />
Laboratory Medicine (Clin.Chem. Lab.Med. 46, 687– 690, 2008) zeigt eine Sensitivität des IgG4-Tests zur Erkennung<br />
von Nahrungsmittelunverträglichkeiten von 81%, d. h. 81 % der Patienten mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten wurden<br />
richtig erkannt, während die Spezifität des Tests 87 % betrug, d. h. 87 % der klinisch unauffälligen Kontrollpersonen<br />
hatten in der Tat ein negatives Testergebnis. Am Beispiel von Eiweiß und Kuhmilch zeigt Abbildung 4, dass zwischen<br />
Kontrollen und Probanden in dieser Studie hoch signifikante Unterschiede in den Titerhöhen gemessen wurden.
6 <strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
Dass eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die durch<br />
IgG-Antikörper angezeigt wird, mit einem erhöhten<br />
Risiko für Arteriosklerose und höheren CRP-Werten<br />
einhergeht und dies besonders bei Übergewichtigen eine<br />
Rolle spielt, sind weitere Aspekte der Nahrungsmittel-induzierten<br />
low-grade systemischen Entzündung<br />
(Wilders- Truschnig, Exp. Clin. Endocrinol. Diabetes<br />
116, 241–245, 2008). Nahrungsmittelunverträglichkei ten,<br />
die sich nicht selten auf dem Boden eines „Leaky-Gut“-<br />
Syndroms entwickeln und durch hohe Antikörpertiter<br />
gegen Nahrungsmittel angezeigt werden, münden daher<br />
in einer chronischen Immunaktivierung. Da nun bekannt<br />
ist, dass gerade bei Adipösen infolge des höheren<br />
Anteils an Fettgewebe vermehrt proinflamma torische<br />
Zytokine gebildet werden, ist der Ausschluss von Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
bei adipösen Patienten<br />
und insbesondere in der Adipositastherapie von<br />
besonderer Wichtigkeit.<br />
Eine an der medizinischen Polyklinik der Ludwig-<br />
Maximilians-Universität in München durchgeführte Dissertation<br />
(Mario Krause: Dissertation zum Erwerb des<br />
Doktorgrades der Medizin an der medizini schen Fakultät<br />
der Ludwig-Maximilians-Universität zu München,<br />
2005) zeigte bei der Untersuchung von 68 Pa tien ten, dass<br />
die meist übergewichtigen (41,2 %) oder adipösen (29,4 %)<br />
Patienten unter einer Eliminationsdiät, welche IgGspezifische<br />
Nahrungsmittelreaktionen berücksichtigte,<br />
innerhalb von acht Wochen eine Gewichtsreduktion von<br />
durchschnittlich 4,7 % erzielen konnten (Abbildung 5).<br />
Abbildung 4: Titer des spezifischen IgG4 (sIgG4) gegen Eiweiß und<br />
Kuhmilch bei Patienten (rot) und Kontrollen (grün).<br />
Jede Therapie des Übergewichtigen muss daher solche<br />
Unverträglichkeiten berücksichtigen. Dies bedeutet in<br />
besonderem Maße aber auch, dass hinsichtlich der in<br />
der Adipositastherapie verwendeten Ernährungskonzepte,<br />
die häufig auf Molkeprodukten, Milcheiweiß<br />
oder Soja beruhen, bei Auftreten von Unverträglichkeiten<br />
entsprechende Teste durchgeführt werden<br />
müssen.<br />
Zur Erkennung solcher Reaktionen und zur Prüfung auf<br />
andere häufig vorkommende Unverträglichkeiten haben<br />
wir acht besonders wichtige potentielle Allergene in<br />
einem Untersuchungspanel zusammengefasst. Dieses<br />
beinhaltet:<br />
Abbildung 5: Gewichtsreduktion unter Eliminationsdiät<br />
Casein, Alpha-Laktalbumin, beta-Lactoglobulin, Soja, Weizenmehl, Roggenmehl, Ei, Rindfleisch<br />
Zur weitergehenden Diagnostik stehen umfangreichere Untersuchungspanels mit zwanzig, vierzig und achtzig Nahrungsmitteln<br />
zur Verfügung.
<strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
7<br />
Tabelle 4: Untersuchungspanels für Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
Nahrungsmittelgruppe Panel 20 Panel 40 Panel 80<br />
Getreide Roggenmehl, Weizenmehl Buchweizen, Gerstenmehl, Reis,<br />
Roggenmehl, Weizenmehl<br />
Fische/Meeresfrüchte Dorsch/Kabeljau, Garnele Dorsch/Kabeljau, Lachs,<br />
Garnele, Makrele, Miesmuschel<br />
Buchweizen, Gerstenmehl,<br />
Hafermehl, Kolbenhirse, Maismehl,<br />
Reis, Roggenmehl, Weizenmehl<br />
Dorsch/Kabeljau, Forelle,<br />
Lachs, Garnele, Makrele, Sardine,<br />
Thunfisch, Miesmuschel<br />
Fleisch Rindfleisch Rindfleisch, Schweinefleisch Hühnerfleisch, Lammfleisch,<br />
Putenfleisch, Rindfleisch,<br />
Schweinefleisch<br />
Gemüse<br />
Avocado, Karotte, Kartoffel,<br />
Sellerie, Sojabohne, Tomate<br />
Avocado, Erbse, grüne Bohne,<br />
Karotte, Kartoffel, Paprika,<br />
Sellerie, Sojabohne, Tomate,<br />
Zwiebel<br />
Aubergine, Avocado, Blumenkohl,<br />
Broccoli, Champignon, Erbse,<br />
grüne Bohne, Gurke, Karotte,<br />
Kartoffel, Kidney-Bohne,<br />
Knoblauch, Kürbis, Linse, Paprika,<br />
Sellerie, Spargel, Sojabohne,<br />
Tomate, Weißkohl, weiße Bohne,<br />
Zwiebel<br />
Ei Hühnerei (ganz) Hühnerei (ganz) Hühnerei (ganz)<br />
Milch/Milchprodukte Kuhmilch (gekocht) Kuhmilch (gekocht), Casein Kuhmilch (gekocht), Casein,<br />
α-Lactalbumin, Cheddarkäse,<br />
Schimmelkäse, Ziegenmilch<br />
Nüsse Erdnuss, Haselnuss Erdnuss, Haselnuss, Mandel,<br />
Paranuss, Walnuss<br />
Cashewnuss, Erdnuss, Haselnuss,<br />
Kokosnuss, Mandel, Paranuss,<br />
Walnuss<br />
Obst<br />
Apfel, Banane, Kiwi, Orange,<br />
Zitrone<br />
Ananas, Apfel, Banane,<br />
Erdbeere, Grapefruit,<br />
Kiwi, Orange, Passionsfrucht,<br />
Pfirsich, Zitrone<br />
Ananas, Apfel, Aprikose,<br />
Banane, Birne, Erdbeere,<br />
Grapefruit, Kirsche, Kiwi, Mango,<br />
Orange, Passionsfrucht,<br />
Pfirsich, Weintraube, Zitrone<br />
Gewürze – – Curry, Ingwer, Petersilie, schwarzer<br />
Pfeffer, Senf, Thymian<br />
Sonstiges – – Bäckerhefe, Vanille<br />
Profil V und VI: Hormone<br />
Östradiol<br />
Östradiol (E2) ist neben Östron (E1) und Östriol (E3) eines der drei Hauptöstrogene des menschlichen Organismus.<br />
Während der fertilen Phase der Frau stellt Östradiol das mengenmäßig häufigste Östrogen dar, da die Ovarien vorwiegend<br />
Östradiol und nur zu einem geringen Teil Östron produzieren. Mit dem Erlöschen der Ovarialfunktion in der<br />
Menopause kommt es doch zu einem starken Rückgang der Östradiolbildung, so dass dann Östron, das unter dem Einfluss<br />
von Aromatasen in peripheren Geweben aus Androgenen gebildet werden kann, zum mengenmäßig häufigsten<br />
Östrogen wird. Da Östradiol im Verlauf des menstruellen Zyklus starke Schwankungen aufweist, ist es unerlässlich, für<br />
die Befundinterpretation zu wissen, in welcher Phase die Blutentnahme erfolgte.<br />
Testosteron<br />
Testosteron ist das Leithormon der androgenen Hormone des Mannes. Es wird in den Leydig-Zellen der Hoden unter<br />
dem stimulierenden Einfluss des hypophysären Hormons LH gebildet. Testosteron weist selbst hormonelle Aktivität<br />
auf und es kann zum biologisch aktiveren Dihydrotestosteron und unter dem Einfluss von Aromatasen auch zu Östradiol<br />
umgewandelt werden.
8 <strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
Im vierten Lebensjahrzehnt beginnt die Testosteronproduktion abzusinken und bis zum siebzigsten Lebensjahr verringern<br />
sich die Testosteronkonzentrationen im Blut um zirka 30 %. Als Grenzwerte können für das Testosteron<br />
12,0 nmol /l, entsprechend 3,5 µg/l genannt werden. Bei der Beurteilung der Testosteronkonzentrationen muss eine<br />
zirkadiane Rhythmik berücksichtigt werden. Morgendliche Werte sind um zirka 20 % höher als abendliche, so dass die<br />
Blutentnahme morgens erfolgen sollte.<br />
Im Fettgewebe kann Testosteron durch Aromatasen zu Östradiol umgewandelt werden, was das Verhältnis von<br />
Andro genen zu Östrogenen in Richtung der Östrogene verschiebt. Bereits das metabolische Syndrom ist häufig mit<br />
vermin derten Testosteronkonzentrationen assoziiert. Frühe Stadien suboptimaler bis niedriger Testosteronkonzentrationen<br />
sind durch unspezifische Symptome wie Leistungsverlust gekennzeichnet. In der weiteren Folge kommt es zu<br />
Libido- und Vitalitätsverlust sowie bei ausgeprägtem Testosteronmangel zu einer Abnahme der Muskelmasse, einer<br />
Testosteron mangel-assoziierten Zunahme des Fettgewebes (vorwiegend subkutan und viszeral), zu Osteoporose und<br />
erektiler Dysfunktion. Auch Depressivität und Schlafstörungen sowie nächtliches Schwitzen können auftreten.<br />
Praxistipp: Vor einer Testosteronsubstitution sollten alle anderen Möglichkeiten zur Stimulierung der<br />
endogenen Testo steronbiosynthese ausgeschöpft werden wie aerober und individuell angepasster Ausdauersport,<br />
Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung und Restriktion von Alkohol und Nikotin. Auch die Substitution<br />
von Kofaktoren der Testosteron biosynthese, vor allem von Zink ist wichtig. Auch Phytoandrogene wie Ginseng<br />
kommen in Frage.<br />
Schilddrüsenhormon<br />
Eine Schilddrüsenunterfunktion ist eine wesentliche Ursache für Übergewicht und kann zu einer diätresistenten<br />
Gewichtszunahme führen. Zentraler Laborparameter ist das von der Hypophyse gebildete Thyreoidea-stimulierende<br />
Hormon (TSH), das die Schilddrüse zur Bildung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 stimuliert. Während eine Schilddrüsenüberfunktion<br />
mit verminderten TSH-Konzentrationen einhergeht, ist ein erhöhtes TSH praktisch beweisend<br />
für eine Schilddrüsenunterfunktion.<br />
Schilddrüsenhormone regulieren eine Vielzahl von Stoffwechselfunktionen und unter den Zeichen einer Hypothyreose<br />
kommt es nicht nur zu Gewichtszunahme, sondern auch zu Müdigkeit, vermehrtem Frieren, Obstipation, Zyklusunregelmäßigkeiten,<br />
Haarausfall sowie zu Depressionen.<br />
Serotonin<br />
Ausgangspunkt für die endogene Synthese von Serotonin ist die essentielle Aminosäure Tryptophan, die über das<br />
Zwischenprodukt 5-Hydroxy-Tryptophan zu Serotonin umgewandelt wird. Für diese Umwandlung sind als Kofaktoren<br />
Vitamin B6, Niacin und Magnesium notwendig. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der im Gehirn, im<br />
zentralen Nervensystem und in der Darmschleimhaut gebildet wird. Serotonin wirkt antidepressiv, schlafregulierend,<br />
angstlösend und stimmungsaufhellend und reguliert das Sättigungsgefühl. Antagonisten des Serotonins im zentralen<br />
Nervensystem sind Dopamin und Noradrenalin.<br />
Übergewichtige Patienten weisen mit hoher Häufigkeit einen Serotoninmangel auf. Dies äußert sich in der Ernährungsberatung<br />
teilweise in einem scheinbar unstillbaren Verlangen nach Serotonin-haltigen bzw. -steigernden Lebensmitteln<br />
wie Schokolade (Craving). Für den Serotonin-Mangel ist zumindest teilweise ein vermehrter Tryptophanabbau<br />
ver antwortlich, wie dies bei Übergewichtigen nachgewiesen wurde. Die Adipositas geht auch einher mit einer<br />
vermehrten Bildung proinflammatorischer Zytokine, was wiederum zu einem verstärkten Abbau von Tryptophan mit<br />
erhöhtem Anfall des Abbauproduktes Kynurenin führt. Kynureninmetabolite wirken zudem als Neurotoxine.<br />
Die Serotoninbestimmung erfolgt im zweiten Morgenurin.<br />
Praxistipp: Wird Serotonin als vermindert nachgewiesen, kommen zusätzliche Gaben der Aminosäure<br />
L-Tryptophan beziehungsweise des Metaboliten 5-Hydroxy-Tryptophan infrage. Auch eine Gewichtsreduktion<br />
wirkt sich günstig auf das Serotonin aus.
<strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
9<br />
Wachstumshormon<br />
Die Bezeichnung Wachstumshormon (HGH – Human Growth Hormon) impliziert fälschlicherweise, dass dieses<br />
Hormon ausschließlich während Wachstumsphasen von Bedeutung ist. Dies ist nicht richtig. Auch nach Ende der<br />
Adoleszenz kommen dem Wachstumshormon wichtige physiologische Bedeutungen mit einer Wachstumswirkung auf<br />
Knochen, Knorpel, Haut und Bindegewebe zu. Die metabolische Wirkung beinhaltet eine Beeinflussung und Steuerung<br />
von Glukose-, Fett- und Proteinstoffwechsel mit Stimulierung der Proteinsynthese. Gleichzeitig, und dies ist besonders<br />
bei Adipösen wichtig, vermittelt Wachstumshormon eine Hemmung der Lipogenese und eine Stimulierung der<br />
Lipolyse. Es handelt sich um das stärkste lipolytische Hormon des Menschen und diese Wirkung ist besonders bei den<br />
subkutanen abdominellen Fettzellen wichtig.<br />
Die Wachstumshormon-Sekretion nimmt mit zunehmendem Alter ab, wobei die Konzentrationen bei 60jährigen<br />
nur noch etwa 25% der Konzentrationen von 20jährigen ausmachen. In der Folge kommt es zu einer Veränderung<br />
der Körperkomposition (lean/fat-Ratio), einer Reduktion von Muskulatur und Kraftentwicklung, einer Minderung des<br />
Kollagens (z. B. verminderte Hautdicke) sowie zu einem Verlust von ZNS-Funktionen.<br />
Eine direkte Bestimmung von Wachstumshormon ist nicht sinnvoll, da aufgrund der pulsatilen Sekretion sehr kurze<br />
Peaks auftreten. Die Bildung von Wachstumshormon erfolgt überwiegend in den Nachtstunden. Die physiologischen<br />
Wirkungen von Wachstumshormon werden vermittelt durch Insulin-Like-Growth-Factors (IGF‘s), die vor allem in<br />
der Leber gebildet werden. IGF-I reflektiert das im Tagesmittel verfügbare HGH und eignet sich zur Erhebung des<br />
Wachstumshormon-Status.<br />
Übergewicht ist eine wesentliche Ursache für Wachstumshormonmangel. So weisen 40jährige Adipöse nur etwa 50 %<br />
der Wachstumshormonproduktion auf wie 40jährige Nicht-Adipöse.<br />
Praxistipp: Wird niedriges Wachstumshormon nachgewiesen, so bieten sich vor der Gabe von Wachstumshormonen<br />
folgende Ansatzpunkte zur Verbesserung der endogenen Bildung von Wachstumshormon an:<br />
• Ausdauersport<br />
• Gewichtsnormalisierung bei Übergewicht<br />
• „Dinner-Cancelling“ zur Maximierung der nächtlichen HGH-Sekretion<br />
• Schlafoptimierung<br />
• Stimulierung der endogenen Reserven durch abendliche Gabe von 1 bis 3 g Arginin (+ Antioxidatien<br />
zum Schutz vor Nitrostress).<br />
Profil VII: Risikofaktoren<br />
Profil VII umfasst folgende Laborparameter:<br />
• Cholesterin mit HDL- und LDL-Cholesterin sowie Triglyceride<br />
• Lp (a)<br />
• CRP hoch sensitiv (CRP hs)<br />
• Homocystein<br />
• Nitrotyrosin<br />
Cholesterin mit HDL- und LDL-Cholesterin, Triglyeride<br />
Diese Laborparameter stellen das Basis-Screening des Lipidstatus dar und geben bereits wichtige Hinweise auf eine<br />
Dyslipidämie. Während das Gesamt-Cholesterin hinsichtlich seiner Aussagekraft sehr eingeschränkt ist, stellt hohes<br />
LDL- und insbesondere auch niedriges HDL-Cholesterin einen atherogenen Risikofaktor dar. Ein hohes Verhältnis<br />
von Cholesterin zu HDL-Cholesterin (> 3,5) ist auch ein wesentlicher Risikoindikator für ein metabolisches Syndrom.<br />
Hohes LDL- und niedriges HDL-Cholesterin sind nach verschiedenen prospektiven Studien mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko<br />
assoziiert.
10 <strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
Wenngleich die Bedeutung hoher Triglycerid-Konzentrationen als eigenständiger kardiovaskulärer Risikofaktor weiter hin<br />
umstritten ist, so hat sich doch eine Triglycerid-Erhöhung als wesentlicher Indikator für ein metabolisches Syndrom mit<br />
späterem Übergang in eine diabetische Stoffwechsellage herausgestellt. Hypertriglyceridämien sind durch ernährungsmedi<br />
zi ni sche Maßnahmen sowie z.B. auch durch eine gezielte Substitution mit Omega-3-Fettsäuren relativ gut therapierbar.<br />
Lp (a)<br />
Lipoprotein (a) [Lp (a)] ist ein vom LDL-Cholesterin unabhängiger und genetisch determinierter Risikofaktor für<br />
kardio vaskuläre Erkrankungen. Absenkungen von Lp (a) können z. B. durch Gabe von Nikotinsäure beziehungsweise<br />
N-Acetyl-Cystein erreicht werden.<br />
CRP hs<br />
Entzündliche Prozesse spielen eine zentrale Rolle bei dem Beginn arteriosklerotischer Gefäßveränderungen sowie<br />
generell bei Schädigungen am Gefäßendothel. Diese entzündlichen Prozesse werden vermittelt durch proinflammatorische<br />
Zytokine und finden eine charakteristische Veränderung in einem Anstieg des Akut-Phase-Proteins CRP<br />
(C-reaktives Protein). Während CRP früher primär zur Labordiagnostik einer bakteriellen Infektion eingesetzt wurde,<br />
haben zahlreiche Studien der letzten Jahre gezeigt, dass bereits moderate Erhöhungen von CRP als Risikofaktor für<br />
eine beginnende Arteriosklerose eingestuft werden müssen. Moderne labordiagnostische Methoden erlauben eine hoch<br />
sensitive Messung von CRP bis zu einer unteren Konzentrationsgrenze von 0,1mg/l. Erst diese neuen Labormethoden<br />
haben den Einsatz von CRP als Marker für das kardiovaskuläre Risiko ermöglicht. Es muss jedoch immer berücksichtigt<br />
werden, dass auch akute bakterielle Entzündungsprozesse zu einer Erhöhung von CRP führen können, so dass eine<br />
entsprechende Messung bei einem akuten Infekt nicht sinnvoll ist, um kardiovaskuläre Risiken zu erkennen. Auf die<br />
Bedeutung von Verlaufskontrollen darf hier hingewiesen werden.<br />
Die Bewertung des CRP hs für die Erkennung von kardiovaskulären Risiken kann wie folgt klassifiziert werden:<br />
• CRP hs < 1 mg/l: niedriges kardiovaskuläres Risiko<br />
• CRP hs 1 bis 3 mg/l: leicht erhöhtes kardiovaskuläres Risiko<br />
• CRP hs 3 bis 10 mg/l: hohes kardiovaskuläres Risiko<br />
• CRP hs > 10 mg/l sind meist durch akute Infekte beziehungsweise chronisch inflammatorische Aktivierungen<br />
(z. B. rheumatoide Arthritis, M. Crohn etc.) verursacht.<br />
Homocystein<br />
Homocystein ist eine nicht-essentielle und nicht-proteinogene Aminosäure, die als Abbauprodukt des Methionin-Stoffwechsels<br />
entsteht. Homocystein ist ein anerkannter Risikofaktor, nicht nur für kardiovaskuläre Erkrankungen,<br />
sondern auch für degenerative Skeletterkrankungen sowie für das Risiko abnehmender kognitiver Leistungen mit<br />
zunehmendem Alter. Umfangreiche Metaanalysen haben das Homocystein als Risikofaktor für frühzeitige Arteriosklerose,<br />
schwere koronare Herzerkrankungen und Schlaganfall bestätigt. Wichtig ist dabei, dass eine zunehmende<br />
Erhöhung der Homocysteinkonzentration mit einem praktisch linearen Anstieg des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
einhergeht.<br />
Praxistipp: Die Vitamine B6, B12 und insbesondere Folsäure spielen eine wichtige Rolle im Homocysteinstoffwechsel<br />
und eine Gabe dieser Vitamine führt in zirka 80 bis 85% der Fälle zu einer zuverlässigen Absenkung<br />
erhöhter Homocysteinkonzentrationen mit nachfolgend vermindertem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
einschließlich Schlaganfall.<br />
Studien wie die HOPE-2-Studie und die NORVIT-Studie haben in den letzten Jahren zu einer Verunsicherung bezüglich<br />
der klinischen Relevanz der Homocysteinsenkung geführt. Allerdings wurde in der NORVIT-Studie eine Homocysteinerhöhung<br />
überhaupt nicht als Eingangskriterium für die Aufnahme in die Studie definiert, d. h. in die Studie<br />
gingen auch solche Patienten ein, die überhaupt keine Homocysteinerhöhung aufwiesen. Eine Nachauswertung der
<strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
11<br />
HOPE-2 Studie (Saposnik et al.: Stroke 40, 1366 –1372, 2009) ergab nun eine Absenkung des Schlaganfall-Risikos um<br />
25% in der B-Vitamin-supplementierten Gruppe. Eine neue Studie (Mager et al.: Am.J.Cardiol. 104, 745 –749, 2009)<br />
ergab bei Patienten mit koronarer Herzerkrankungen und Homocysteinerhöhung unter Gabe von B-Vitaminen eine<br />
Risikosenkung um den Faktor 4 im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, während Patienten ohne Homocysteinerhöhung<br />
nicht von der Gabe der B-Vitamine profitierten.<br />
Nitrotyrosin<br />
1. NO + O 2<br />
. - ONOO -<br />
Peroxinitrit<br />
2. ONOO - NO 2<br />
L-Tyrosin Nitrotyrosin<br />
Abbildung 6: Bildung von Peroxinitrit und Nitrotyrosin aus NO<br />
Nitrotyrosin ist ein Marker für so genannten nitrosati ven<br />
Stress, der eine Sonderform des oxida ti ven Stresses ist. Nitrosativer<br />
Stress geht zurück auf eine vermehrte Bildung von<br />
Stickstoffmonoxid (NO) mit nachfolgender Oxida tion des<br />
NO-Moleküls, wobei hoch reaktive Verbindungen wie z.B.<br />
Peroxinitrit entstehen. Peroxinitrit wiederum kann zu vielfältigen<br />
Folgereaktionen führen, wobei u.a. eine Nitrosylierung<br />
von aromatischen Aminosäuren wie Tyrosin erfolgt, was zu<br />
einer vermehrten Bildung von Nitrotyrosin führt. Nitrotyrosin<br />
ist daher eine Indikatorsubstanz für nitro sativen Stress.<br />
Ursachen für nitrosativen Stress sind chronische Stresssituationen<br />
mit erhöhter Cortisolbildung, Umweltgifte wie Pestizide<br />
und Schwermetalle sowie nitratreiche Nahrungsmittel<br />
sowie auch iatrogene Faktoren wie Langzeitnitrate, Statine,<br />
verschiedene Antidiabetika sowie auch Antibiotika.<br />
Nitrosativer Stress hat insbesondere eine schädigende Wirkung auf die Mitochondrien und damit auf die Energiegewinnung.<br />
Muskuläre Schwäche und schnelle Ermüdbarkeit sowie Heißhunger auf Zucker und einfache Kohlenhydrate<br />
sind häufige Folgen. Unter nitrosativem Stress kommt es auch zur Blockierung verschiedener eisenhaltiger Enzyme<br />
mit nachfolgender Beeinträchtigung der ATP-Synthese und damit der Energiegewinnung. Auch eine Hemmung der<br />
7-alpha-Hydroxylase (im Übrigen ein Magnesium-abhängiges Enzym) durch nitrosativen Stress ist beschrieben worden,<br />
was zu einer Cholesterinerhöhung beitragen kann.<br />
Praxistipp: Die therapeutischen Möglichkeiten zur Absenkung erhöhter Nitrotyrosin-Konzentrationen<br />
beinhalten vor allem die Gabe von Antioxidantien (Vitamine C und E, N-Acetylcystein), Coenzym Q10 und<br />
Vitamin B12. Ursächliche Faktoren, die zur Nitrotyrosin-Erhöhung führen können, sollten vermieden werden.<br />
Profil VIII: Metabolisches Syndrom<br />
Die Adipositas ist der primäre Risikofaktor<br />
für die Entwicklung eines<br />
meta bolischen Syndroms, aus dem<br />
sich dann meist eine Insulinresistenz<br />
und in der weiteren Folge ein Typ 2-<br />
Diabetes entwickelt. Auch das Risiko<br />
für kardiovaskuläre Erkrankungen ist<br />
beim metabolischen Syndrom deutlich<br />
erhöht.<br />
Abbildung 7: Zusammenhänge zwischen<br />
Adi pogenese, Insulinresistenz, Beta-Zell-Dysfunktion<br />
und kardio vas kulärem Risiko (nach<br />
Pfützner, 2005, modifiziert)
12 <strong>Insudiagnost</strong> Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
Die Kriterien eines metabolischen Syndroms können wie folgt definiert werden:<br />
Bauchumfang bei Männern > 94 cm, bei Frauen > 80 cm<br />
sowie zwei der folgenden Kriterien<br />
• Nüchternglukose > 100 mg/dl<br />
• Blutdruckwerte systolisch > 130 mmHg und/oder diastolisch > 85mmHg<br />
• HDL-Cholesterin bei Männern unter 40mg/dl, bei Frauen unter 50 mg/dl<br />
• Triglyceride über 150 mg/dl.<br />
HbA1c<br />
Das Glykohämoglobin HbA1c spiegelt die mittleren Blutglukosekonzentrationen der vergangenen sechs bis acht<br />
Wochen wieder. Dieser Wert ist insbesondere beim Diabetiker zur Prüfung der Stoffwechseleinstellung unerlässlich.<br />
Wird erhöhtes HbA1c beim „Gesunden“ nachgewiesen, so ergibt sich immer der Verdacht auf einen bis dahin nicht<br />
erkannten Diabetes mellitus.<br />
Proinsulin intakt<br />
Bei der Produktion von Insulin entsteht zunächst ein Vorläufermolekül, das Proinsulin. Dieses wird in der beta-Zelle<br />
über mehrere Reaktionsschritte in zwei Dipeptide sowie die Hormone C-Peptid und aktives Insulin gespalten. Erhöhte<br />
Plasmakonzentrationen von intaktem Proinsulin sind Zeichen einer funktionell beeinträchtigten beta-Zelle.<br />
Seine Nüchternspiegel im Plasma steigen erst bei Vorliegen einer klinisch signifikanten Insulinresistenz an.<br />
Proinsulin fördert die Lipogenese und damit das Übergewicht und stellt daher einen hemmenden Faktor bei allen<br />
Maßnahmen zur Gewichts reduktion dar.<br />
Adiponektin<br />
Adiponektin wird praktisch ausschließlich im weißen Fettgewebe gebildet. Niedrige Konzentrationen von Adiponektin<br />
sind nachzuweisen bei Übergewicht, metabolischem Syndrom, Insulinresistenz und bei Patienten mit manifestem Typ-2-<br />
Diabetes. Erniedrigte Werte sind dabei mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert.<br />
Adiponektin eignet sich sehr gut zur Therapiekontrolle. Ein Anstieg des Wertes unter Therapie zeigt eine Verbesserung<br />
der Risikosituation an. Ansteigendes Adiponektin geht einher mit einer Stimulierung der Fettsäureoxidation, einer<br />
Erhöhung der Insulinsensitivität, einer Verminderung der Triglyceride und einer Reduktion der Ausschüttung von<br />
athero gen wirkenden Adhäsionsmolekülen.<br />
Praxistipp: Bereits durch Lebensstilveränderungen im Sinne von Gewichtsabnahme und erhöhter körperlicher<br />
Aktivität können nicht selten beeindruckende Verbesserungen des Adiponektins erreicht werden.
INSUDIAGNOST<br />
Laborkonzept zur Optimierung der medizinischen<br />
Ernährungs- und Adipositastherapie<br />
– Fachinformation –<br />
1. Auflage 2010<br />
Autoren:<br />
Dr. Wolfgang Bayer<br />
Niels Schulz-Ruhtenberg, Facharzt für Allgemeinmedizin,<br />
Ernährungsmedizin, Sportmedizin<br />
Gestaltung und Satz:<br />
Himbeerrot GmbH, Ludwigsburg<br />
www.himbeerrot-design.de
Eine Kooperation zwischen<br />
Laboratorium für spektralanalytische<br />
und biologische Untersuchungen<br />
Dr. Bayer GmbH<br />
Bopserwaldstraße 26<br />
D-70184 Stuttgart<br />
Telefon +49-(0)711-16418-0<br />
Telefax +49-(0)711-16418-18<br />
info@labor-bayer.de<br />
www.labor-bayer.de<br />
und<br />
Insumed GmbH<br />
Jean-Pierre-Jungels-Straße 6<br />
D-55126 Mainz-Finthen<br />
Telefon +49-(0)6131-240 53-0<br />
Telefax +49-(0)6131-240 53-24<br />
info@insumed.de<br />
www.insumed.de