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10 UNSER BILD VOM ORIENT · ZENITH 04/2012 ZENITH 04/2012 · UNSER BILD VOM ORIENT<br />
11<br />
Rastan, Syrien<br />
In einem improvisierten Luftschutzraum in der syrischen<br />
Stadt Rastan nördlich der Rebellenhochburg<br />
Hama entstand dieses Bild einer jungen Mutter mit<br />
ihrem Säugling.<br />
Im Monat Juli stand Rastan wochenlang unter schwerem<br />
Beschuss durch Helikopter und Artillerie der syrischen<br />
Armee. Aus dieser Stadt im nördlichen Zentralsyrien<br />
stammen zahlreiche sunnitische Offiziere,<br />
unter ihnen der Clan des inzwischen zu den Rebellen<br />
übergelaufenen Generals Manaf Tlass und seines<br />
Verwandten Abderazzaq Tlass. Letzterer zählt zu<br />
den Kommandeuren der sogenannten Freien Syrischen<br />
Armee.<br />
»Rastan war eine Militärstadt, sozusagen das Potsdam<br />
Syriens«, sagt zenith-Bildchef Marcel Mettelsiefen,<br />
der die Angriffe auf die Stadt im Sommer erlebte.<br />
Als Strafaktion für die Fahnenflucht zahlreicher<br />
Offiziere sei Rastan von den Regime-Truppen<br />
besonders heftig bombardiert worden.<br />
Foto: Marcel Mettelsiefen<br />
Foto: dge<br />
»Die Iraner haben schon ihren Kandidaten«<br />
Der schiitische Geistliche<br />
und irakische Parteiführer<br />
Muqtada al-Sadr, 39,<br />
im zenith-Gespräch<br />
zenith: Sayyid Muqtada, in den letzten Sommerwochen<br />
hatten Sie mit den Stimmen Ihrer Partei im irakischen Parlament<br />
das politische Schicksal von Premier Al-Maliki immer<br />
wieder in der Hand. Werden Sie ihn stützen? Al-Sadr:<br />
Wenn er sich nicht wie ein Diktator benimmt, sondern<br />
als demokratischer Führer regiert und sich für das Wohl<br />
des irakischen Volkes einsetzt: Ja. Wenn nicht, nein.<br />
Tut er denn das Letztere? Er könnte mehr tun.<br />
Die Zahl der Attentate auf Schiiten im Irak nimmt zu. Raten<br />
Sie Ihren Anhängern zu kämpfen oder, wie etwa die hohen<br />
schiitischen Geistlichen in Najaf, friedlich zu bleiben und<br />
notfalls Leid zu erdulden? Es gibt die Geistlichkeit des<br />
Schweigens und der taqiyya, der »Verstellung« gegenüber<br />
der herrschenden Macht – um sich zu schützen. Wohin das<br />
führt, haben wir unter Saddam gesehen. Und es gibt die<br />
Geistlichkeit, die ihre Stimme erhebt und handelt, wenn die<br />
Lage es erfordert. Ich gehöre zur zweiten Gruppe.<br />
Der Krieg in Syrien hat Züge eines schiitisch-sunnitischen<br />
Konflikts. Stimmt es, dass Anhänger Ihrer Milizen dort auf<br />
Seiten Assads und der Hizbullah kämpfen? Nein.<br />
Sie halten sich oft und lange im<br />
iranischen Qom auf. Was tun Sie<br />
dort? Ich studiere.<br />
Sind Sie, wie oft gesagt wird, der<br />
Wunschkandidat Teherans für die<br />
Herrschaft im Irak? Der jetzige<br />
Premier wird, wie man hört, von<br />
Iranern und Amerikanern gleichzeitig<br />
unterstützt. Die Iraner haben<br />
also ihren Kandidaten, und Sie fragen<br />
mich wirklich, ob ich das bin?<br />
Gestatten Sie ein Foto? Die Kamera<br />
liegt noch bei Ihren Sicherheitsleuten<br />
am Eingang. Nur zu.<br />
Ich habe es ja nicht mit Terroristen<br />
zu tun! (Lacht) Man merkt den<br />
deutschen Orientalisten an, dass<br />
sie ihre Arbeit ernst nehmen und<br />
nicht für die CIA spionieren.<br />
Interview: Daniel Gerlach<br />
HINTER DEN SCHLAGZEILEN<br />
Tage später folgte eine unscheinbare Presseerklärung<br />
des zuständigen Militärgerichts. Zwei syrische<br />
Militärs werden ebenfalls angeklagt: Einer von ihnen<br />
ist Ali Mamlouk – Chef des Sicherheitsbüros und persönlicher<br />
Berater Baschar al-Assads. Der Unmut in<br />
den Reihen der antisyrischen Opposition im Libanon<br />
wächst beständig, schließlich wirft der syrische Bürgerkrieg<br />
dunkle Schatten auf den Zedernstaat.<br />
Gleichzeitig ist die Angst vor der Macht der Syrer<br />
groß – deren Geheimdienste beherrschten schließlich<br />
von 1990 bis 2005 den Libanon. Syriens Verbündete<br />
im Polit-Establishment nahmen die Anklagen<br />
überraschend geräuschlos hin – und gaben so ihr<br />
Einverständnis. Mamlouk wird der Vorladung wohl<br />
nicht folgen, dennoch geht von ihr eine bedeutsame<br />
Botschaft aus: Beirut plant für die Zeit nach Assad.<br />
Ausgerechnet in Sidi Bouzid?<br />
Der Schlachtruf »Das Volk will den Sturz des Regimes!«<br />
hallt durch die Straßen, ein Generalstreik<br />
wird in Sidi Bouzid ausgerufen, das Datum scheint<br />
indes nicht zu stimmen: 14. August 2012. Und doch<br />
erinnert so vieles an den Dezember 2010. Über Wochen<br />
fehlte die Wasserversorgung, wurde gegen Lebensmittelpreise<br />
und Arbeitslosigkeit mit tagelangen<br />
Sit-ins demonstriert, bis im heißen August das<br />
brodelnde Fass Sidi Bouzid überschwappte. Die Polizei<br />
ging teils gewaltsam gegen Demonstranten vor.<br />
Diese richten sich nun gegen die Regierung der islamistischen<br />
Ennahda-Partei, die sich daran erst gewöhnen<br />
muss. Sie stand lange auf der Seite der Entrechteten,<br />
nun ist sie plötzlich »das Regime«.<br />
Demokratie-Experiment vorbei?<br />
Wählen, auflösen, wiederwählen – ein eingespielter<br />
Rhythmus in Kuwait. Nach vier Wahlen seit 2006 hatten<br />
die Parlamentarier genug und boykottierten die<br />
Regierungsbildung. Auch dem Emir langte es: Mitte<br />
August rief Sabah al-Sabah das Verfassungsgericht<br />
an, um das Wahlgesetz zu ändern und sich die Volksvertretung<br />
wunschgerecht zurechtzuzimmern. Statt<br />
sich von renitenten Abgeordneten in Korruptionsausschüssen<br />
»grillen« zu lassen, darf sich die Herrscherfamilie<br />
wieder am Kabinettstisch sonnen. Eine<br />
Niederlage im doppelten Sinne: Denn Kuwait fällt seit<br />
Jahren immer weiter hinter die Nachbarn Katar und<br />
VAE zurück, Korruption und Regierungskrise lähmen<br />
die Wirtschaft. Noch ist Kuwait stolz auf die in der<br />
Region einzigartige Verfassung und sein streitlustiges<br />
Parlament. Das Experiment scheint nun aber vor<br />
dem Aus zu stehen.<br />
Jetzt sollen Afrikas Diktatoren schwitzen<br />
40.000 Tote und ein Land, reich an Folterknästen:<br />
Das hinterließ die Herrschaft des Hissène Habré im<br />
Tschad. Der »Pinochet Afrikas«, einst für einen nutzlosen<br />
Sieg im Wüstenkrieg gegen Gaddafi gefeiert,<br />
entzog sich im Senegal fast zwei Jahrzehnte lang der<br />
Strafverfolgung. Dessen Präsident Macky Sall lässt<br />
den 69-Jährigen nun vor Gericht stellen. Völkerrechtlich<br />
ein Novum, denn die Richter beruft die Afrikani-