regjo Südostniedersachsen - Heft I 2012 - Glück

TITEL // 01.2012 // 25 29
Psychologie des Glücks
Was ist Glück? Was macht einen
Menschen glücklich bzw. wann kann ein
Mensch von sich behaupten, glücklich zu
sein? Ist Glück für jeden das Gleiche?
Gibt es verschiedene Arten des Glücks?
Autor: Dagmar Kischer
Fotografie: Frank Bierstedt
Die Frage nach dem Glück bzw.
die Suche nach dem Glück ist
wahrscheinlich so alt wie die
Menschheit selbst. Zumindest beschäftigen
sich Philosophen seit der Antike
mit dieser Frage, also seit mindestens
2.000 Jahren und seit etwa 40 Jahren
versuchen andere wissenschaftliche
Disziplinen, wie die Soziologie, die Psychologie
und die Ökonomie, ebenfalls
Antworten auf diese Frage zu finden.
So verschieden die Antworten auf die
Frage nach dem Glück je nach kulturellem
und historischem Hintergrund
auch ausfallen mögen, eins ist allen
Menschen zu allen Zeiten und in allen
Kulturen auf dieser Welt gemeinsam:
das Streben nach Glück!
Nebenbei gesagt ist das nicht nur
der Titel eines gleichnamigen Films,
sondern dieser nimmt vielmehr Anlehnung
an die Unabhängigkeitserklärung
der Vereinigten Staaten von Amerika,
wonach das Streben nach Glück zu
den Grundrechten eines Menschen gehört.
Was jeder Einzelne unter Glück
versteht, ist letztendlich so individuell,
wie die Menschen selbst. Was für den
Einen Glück bedeutet, kann für einen
Anderen völlig belanglos sein. Die Auffassungen
des Glücks können nicht
nur zwischen den Menschen sehr unterschiedlich
sein, sondern sie können
sich auch innerhalb der Lebensspanne
eines einzelnen Menschen erheblich
verändern. Je nach Alter, Lebensabschnitt
und Erfahrungshorizont gewinnen
verschiedene Glücksvorstellungen
an Bedeutung. Übereinstimmend zeigen
psychologische und soziologische
Studien, dass für Menschen jedes Lebensalters
soziale Kontakte eine wichtige
Glücksquelle darstellen.
Eine weltweite Studie zu dem Thema
Glück ergab, dass sich die meisten
Menschen als glücklich einschätzten.
Auffallend ist hierbei, dass sich viele
Menschen als glücklich bezeichnen,
deren objektive Lebensumstände nicht
darauf schließen lassen. In der Psychologie
ist dieser Umstand als ‚Paradox
des Wohlbefindens‘ bekannt geworden.
Studien ergaben, dass das Glück des
Menschen kaum von materiellen Bedingungen
abhängt; Voraussetzung
ist allerdings, dass Grundbedürfnisse
erfüllt sind und kein existenzieller
Mangel vorliegt, dann wird das Glück
eher von Faktoren wie den Genen, dem
sozialen Umfeld und der Einstellung
zum Leben bestimmt. Denn, was Menschen
zumindest längerfristig glücklich
macht, hängt nicht so sehr vom Zufallsglück
– im Sinne von Glück haben
– ab, sondern vielmehr von der Bedeutung,
die man bestimmten Ereignissen
und Begebenheiten in seinem Leben
zuschreibt. Die Suche nach dem Glück
führt daher unweigerlich zu der Frage
nach dem glücklichen bzw. geglückten
Leben. Und, da kaum ein Leben nur
aus Höhen, sondern auch aus Tiefen
besteht, ist die Frage nach dem Glück
eher eine Frage nach dem Sinn, den jeder
einzelne Mensch seinem Leben zuschreibt.
Das Gegenteil von Glück ist
demnach nicht Unglück, sondern das
Gefühl der Sinnlosigkeit.
Fazit: Glück, soll es länger andauern,
ist letztlich abhängig von
der Fähigkeit des Menschen, sein
Leben als sinn- und bedeutungsvoll zu
erleben. :::
::: Dagmar Kischer schrieb ihre Diplomarbeit
bei Prof. Wolfgang Schulz
vom Institut für Psychologie der TU
Braunschweig zum Thema ‚Glück und
Sinn im Alter‘. :::