TOURTIPP GRIECHENLAND GRIECHENLAND Wandern auf Poseidons Dreizack Kassandra, Sithonia und Athos – klingende Namen, faszinierende Natur. Die drei „Finger“ ragen von der Halbinsel Chalkidiki weit ins Meer hinein, locken mit Strand und Steilküsten, Wäldern und türkisblauem Meer. 32 <strong>Clever</strong> <strong>reisen</strong>! 1/14
TOURTIPP GRIECHENLAND Der Wanderpfad ist gerade einmal 30 Zentimeter breit, Pinien und Kiefern stechen meterhoch in den blauen Himmel. Sonnenlicht fällt wie in einzelnen Strahlen durch die Wipfel auf den von Moos und Farnen bedeckten Waldboden, die Mittagshitze ist schweißtreibend. Es duftet intensiv nach Nadelwald und erinnert an einen Saunaaufguss. Die kurzen Anstiege auf dem weichen Boden jagen den Puls in die Höhe, ein angenehmer, warmer Luftzug weht durch die Bäume. In den Geruch nach Wald und feuchtem Boden mischen sich Kräuterdüfte von Salbei, Rosmarin und Kamille. Doch plötzlich ist jede Anstrengung vergessen: Der Wald lichtet sich, nur wenige Meter sind es bis zur Felskante. Senkrecht fällt der Steilhang hinab ins Meer. An bizarr geformte Steine klammern sich kleine Sträucher und Aleppo-Kiefern, schief gewachsen und scheinbar dem Absturz nah. Immer wieder lösen sich kleine Steinchen, purzeln wie Mini-Lawinen die Hänge hinunter. stammt aus Thessaloniki und führt Wandergruppen durch die schönsten Gebiete Chalkidikis. Poseidons Dreizack weist den Weg der Bedeutung Chalkidikis in der griechischen Mythologie entspricht –, dann verirrt sich niemand auf der Tour durch eines der schönsten Naturgebiete des Landes. Das gesamte Gebiet ist zwar in privatem Besitz, dennoch öffentlich zugänglich. „Diese Landschaft soll jeder genießen können“, lautet die einfache Erklärung. War nämlich in den 1960er- Jahren dieser rund 500 Hektar große Landstrich noch Sumpfgebiet, haben die Geschäftsführer der heutigen Sani AG bereits das Potenzial für den Tourismus erkannt. Sie kauften den Mönchen des Klosters Stavronikita das Gelände ab und verschrieben sich sanftem Tourismus und Umweltschutz. Ein Barfußpfad zum Strand Irgendwann geht es nur noch bergab. Die Schritte werden beschwingt dadurch, dass am Ende des Weges heller Sandstrand auftaucht. „Schuhe aus! Wir machen einen Barfuß-Pfad daraus“, ruft Heidi vergnügt und hält ihre beiden Turnschuhe bereits in den Händen. Chalkidiki ist ein Paradies für Wanderer: Die Wege gehen durch Wälder entlang der Küste mit traumhaften Ausblicken Ihr Klackern ist noch lange zu hören, so still ist es im Wald – Chalkidiki ist ein Paradies für Wanderer. Auf Kassandra, dem westlichsten der drei „Finger“, geht es an der Westküste entlang durch das Naturschutzgebiet rund um die Kypsa Bucht. Die Pfade führen durch den meist lichtdurchfluteten Wald immer wieder zu imposanten Klippen, denn die Berge steigen Richtung Süden bis auf etwa 400 Meter Höhe an. Traumhafte Ausblicke begleiten die Naturfreunde auf ihrem rund zehn Kilometer langen Weg von Sani in das Dorf Siviri – immer an der Steilküste entlang. Nachdem ein Brand im Jahr 2006 einen großen Teil des Waldes zerstört hatte, wird er seit 2009 sukzessive wieder aufgeforstet. Vor allem die Mitarbeiter des Sani Beach Resorts, das direkt am Naturpark liegt, pflanzten eigenhändig bereits rund 3500 Bäume. „Sie haben auch die Wege markiert“, erzählt Heidi. Die 27-Jährige Heidi steht mit ihrer kleinen Wandergruppe nur noch einen Schritt vom Abgrund entfernt. Frischer Wind strömt in die Lungen, tief einatmen. Weit unten dümpelt ein winziges weißes Bötchen in der Bucht, ein Fischer steht auf einer Mini-Sandbank bis zum Bauch im Meer und schlägt mit einem Stock aufs Wasser. Er fängt Oktopusse, die er in einem beigefarbenen Leinensack verstaut, der über seiner Schulter hängt. Die harten Schläge auf die Wasseroberfläche ziehen hunderte Kreise auf der sonst ruhigen, in der Sonne glitzernden Fläche. „Von hieraus seht ihr das Festland und die Küste“, Heidi ist in ihrem Element und begeistert von dem Ausblick. Drei Finger zählt die Halbinsel Chalkidiki, die lang ausgestreckt in die Ägäis ragen: Kassandra im Westen, in der Mitte Sithonia und im Osten Athos. Alle locken mit Wäldern, zerklüfteten Küsten und strahlend türkisfarbenem Meer. Das Rauschen der Brandung, die weit entfernt gegen ein paar dunkle Felsen schlägt, ist bis in den Wald hinein zu hören. Ansonsten durchbricht nur das Zwitschern der Vögel die Stille – und die eigene Atmung, die sich langsam beruhigt. „Immer genug Wasser dabei zu haben, ist ein Muss“, warnt Heidi. Denn ein Spaziergang, gerade bei feuchter Wärme, ist nicht zu unterschätzen. Nach einer kurzen Pause geht es weiter. Denn es stehen noch einige Kilometer durch die Berge bevor. Die Wanderführerin gibt mit strammem Schritt das Tempo an. „Die Markierung des Weges haben die Mitarbeiter von Sani angebracht“, zeigt sie auf das kleine Blechschild an einem Baumstamm. Also immer Poseidons Dreizack nach – was auch Niemand zögert, schließlich ist es noch immer derselbe federnd weiche Waldboden ohne Steine. Die nackten Füße berühren den warmen Boden, testen, wie sich der Untergrund ohne dickes Profil anfühlt. Kiefernnadeln pieken in die Fußsohlen, vorsichtig geht es über dicke Wurzeln. Ein Gefühl von Achtsamkeit gegenüber der Natur breitet sich aus. Plötzlich lassen sich Dinge wahrnehmen, die niemand mit Schuhen je bemerkt hätte: Dass sich ein vertrocknetes Blatt unter den Zehen rau anfühlt, der Boden unter der Oberfläche feucht und kühl ist. Die etwa 200 Meter hinunter in die Bucht legt die Wandergruppe im Schneckentempo zurück. Der kleine Strand ist umgeben von Wald, Wellen plätschern leise ans Ufer. Klamotten aus und rein in das glasklare, flache Wasser! Planschen in einer großen Badewanne, deren vorgelagerte Felsen sie vor der kalten Strömung schützen. <strong>Clever</strong> <strong>reisen</strong>! 1/14 33