Trödler Alte Reklame - Fayence - Plüschtiere (Vorschau)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
REKLAME<br />
31<br />
le Geschäftsgrundlage erwiesen:<br />
Neben den erwähnten<br />
Werner & Mertz tummelten<br />
sich dort nämlich noch andere<br />
Hochkaräter wie die 1893 gegründete<br />
Chemische Fabrik<br />
Urban & Lemm aus Berlin-<br />
Charlottenburg mit ihrer Marke<br />
Urbin, die Göppinger Firma Dr.<br />
Carl Gentner mit der bereits<br />
1896 etablierten Marke Nigrin,<br />
Rudolf Starckes Unternehmen<br />
aus dem hannover’schen Melle<br />
mit seiner Dachmarke Diamantine<br />
oder die 1882 ins<br />
Leben gerufene „Vereinigte<br />
Zündholz- und Wichse-Fabriken<br />
Augsburg", kurz: „Union",<br />
mit der Marke Kavalier.<br />
Zwar soll Adolf Krebs laut einer<br />
von seinem Sohn Hans 1947<br />
maschinenschriftlich verfassten<br />
Hauschronik in die notwendige<br />
<strong>Reklame</strong> beträchtliche<br />
Beträge investiert haben, doch<br />
dürften die Anstrengungen im<br />
Vergleich zu denen der Konkurrenten<br />
eher bescheiden<br />
ausgefallen sein. Als prägnantes<br />
Beispiel lässt sich hier die<br />
Nutzung der <strong>Reklame</strong>marke<br />
als kundenbindendes Werbemittel<br />
anführen. Während die<br />
Wettbewerber mit immer neuen<br />
Großserien oder gar speziellen<br />
Einklebe-Alben die Kinder<br />
zum eifrigen Sammeln anzuhalten<br />
suchten, beschränkte<br />
sich der Mannheimer Fabrikant<br />
bei dieser eigentlich billigen<br />
Zugabe nur auf die Ausgabe<br />
von gerade sechs Stück.<br />
Beworben wurde auf ihnen der<br />
„beste Lederputz des Deutschen<br />
Reiches", nämlich ausschließlich<br />
die Galop-Crême<br />
Pilo, die in ihrer charakteristischen<br />
dunkelgelben Dose und<br />
versehen mit dem Firmenzeichen<br />
Krebs, das auch andere<br />
Verpackungen des Hauses<br />
zierte, seit 1907 am Markt<br />
war. Das Wortzeichen Galop<br />
hatte der Unternehmer 1903<br />
parallel zu Pilo schützen lassen.<br />
Die flügellahme Werbemaßnahme<br />
dürfte sich weder<br />
als originell – viele Konkurrenten<br />
beförderten ihre Creme<br />
nämlich gleich zur „besten der<br />
Welt" –, noch als effektiv erwiesen<br />
haben, mussten die paar<br />
Pilo-Exemplare im Ozean der<br />
millionenfach edierten <strong>Reklame</strong>marken<br />
doch schlicht untergehen.<br />
Die werbliche Zurückhaltung<br />
lag wohl in erster<br />
Linie an der Person Adolf<br />
Krebs selbst, der sich mehr als<br />
seriös-tüftelnder Experimentator<br />
denn als Werbetreibender<br />
verstand. Als der noch nicht<br />
50-jährige Fabrikant im August<br />
1911 starb, stand das Unternehmen<br />
mit 75 Angestellten,<br />
30 Reisenden und rund 100 Arbeitern<br />
allerdings gesund da.<br />
Bis zum Ersten Weltkrieg baute<br />
seine Witwe Emma zusammen<br />
mit dem langjährigen Prokuristen<br />
Friedrich Naser den<br />
Werbe- und Verkaufsapparat<br />
weiter aus. Man erschloss<br />
neue Absatzgebiete in Belgien,<br />
den Niederlanden, Frankreich<br />
und Russland. Noch bis<br />
etwa Mitte 1915 war es der Firma<br />
vergönnt, die Schuhcreme<br />
Pilo in „Friedensqualität" zu<br />
produzieren, doch wurde sie<br />
von den dann vorgenommenen<br />
Beschlagnahmungen und<br />
Kontingentierungen der Rohstoffe<br />
empfindlich getroffen,<br />
insbesondere, als kein Terpentinöl<br />
mehr zur Verfügung<br />
stand. Durch umfangreiche<br />
Heereslieferungen des nach<br />
wie vor hergestellten Krebs-<br />
Fetts ließen sich die Verluste<br />
zumindest finanziell einigermaßen<br />
in Grenzen halten, das<br />
Spitzenprodukt Pilo hatte jedoch<br />
vorerst ausgespielt.<br />
Nach dem I. Weltkrieg<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg<br />
dauerte es geraume Zeit, bis<br />
sich die Wirtschaft wieder erholen<br />
konnte. Für das Krebs’ -<br />
sche Familienunternehmen –<br />
Prokurist Naser war noch während<br />
des Krieges ausgeschieden<br />
und hatte 1916 Wilhelm<br />
Hermann, dem Schwager des<br />
alten Firmenchefs, Platz gemacht<br />
– bedeutete dies nicht<br />
nur, die wirtschaftlichen Folgelasten<br />
des Krieges mit Rohstoffmangel,<br />
Währungsverfall<br />
und Kaufkraftschwund schultern<br />
zu müssen, sondern weit<br />
mehr: Nach Bildung des französisch<br />
besetzten Rheinlands<br />
avancierte Mannheim 1919 unversehens<br />
zur Grenzstadt; die<br />
Zu- und Ausgänge des Hafens<br />
wurden von alliiertem Militär<br />
kontrolliert und – sozusagen<br />
als alliierte Antwort auf den so<br />
genannten Ruhrkampf 1923 –<br />
besetzten schließlich die Franzosen<br />
den Hafen. Laut Firmenchronik<br />
konnten in dieser Zeit<br />
die dringend benötigten Rohstoffe<br />
und Emballagen nur unter<br />
größten Schwierigkeiten auf<br />
das Firmengelände verbracht<br />
werden. Kompliziert gestaltete<br />
sich auch der Abtransport der<br />
Fertigware, die nächtens unter<br />
konspirativen Umständen auf<br />
unbeleuchteten Frachtkähnen<br />
in das unbesetzte rechtsrheinische<br />
Gebiet verschifft werden<br />
musste. Als äußerst hilfreich<br />
Konkurrent im Straßeneinsatz:<br />
Postkarte mit einem Schornsteinfeger,<br />
Firmensignet wie Werbefigur<br />
der Nigrin-Firma Dr. Gentner. Solche<br />
Stelzenmänner waren typisch<br />
für die Außenwerbung in den<br />
1920er-Jahren<br />
Nur schmale Kost für Sammelhungrige:<br />
Die von Adolf Krebs herausgegebenen<br />
<strong>Reklame</strong>marken, um 1910<br />
erwies sich in diesem Zusammenhang<br />
der noch im Krieg erfolgte<br />
Bau einer kleinen Mineralölraffinerie<br />
auf Firmengelände,<br />
die den Betrieb in die Lage<br />
versetzte, selbst Mineralöl zu<br />
destillieren und für die Schuhcreme-Produktion<br />
aufzuberei-<br />
06 / 11