Der Bierstaedter Januar 2011
Bierstaedter Januar 2011
Bierstaedter Januar 2011
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Januar</strong> <strong>2011</strong> <br />
Seite 6<br />
Seit 1983 ist er, aus Köln kommend, in<br />
Kulmbach. Schon bald stellte sich heraus,<br />
dass das Dekanat Kulmbach eine gute Wahl<br />
getroffen hat mit Stadt- und Dekanatskantor<br />
Ingo Hahn, der 2001 zum Kirchenmusikdirektor<br />
ernannt wurde. Nach dem Studium an<br />
den Hochschulen in Bayreuth, Herford/Westfalen<br />
und Köln machte er die Staatsexamina<br />
für Kirchenmusik (A) und Musikpädagogik<br />
und absolvierte dabei Meisterkurse bei<br />
Szigmund Szathmary, Günter Kaunzinger,<br />
Gaston Litaize (Orgel) und Helmuth Rilling<br />
Interview Ingo Hahn<br />
Von Wolfram Gittel<br />
(Dirigieren). Es folgten Konzerte im In- und<br />
Ausland. 1986-1995 hatte Hahn einen<br />
Lehrauftrag für Orgelspiel an der jetzigen<br />
Hochschule für Evangelische Kirchenmusik<br />
Bayreuth, 2003 erhielt er den Kulmbacher<br />
WGK Kulturpreis, dem 2008 der Kulturpreis<br />
der Stiftung Bücher-Dieckmeyer München<br />
folgte. 2007 wurde er zum Kirchenkreisbeauftragten<br />
für Kirchenmusik im Evangelisch-Lutherischen<br />
Kirchenkreis Bayreuth berufen,<br />
der Prüfungstätigkeit mit umfasst.<br />
Grund genug für den Bierstädter, sich mit<br />
Ingo Hahn zu unterhalten.<br />
<strong>Der</strong> Bierstädter: Herr Hahn, als Sie nach<br />
Kulmbach kamen, lösten Sie den Kirchenmusikdirektor<br />
Gottfried Sanke ab. – War es<br />
ein schweres Erbe, das Sie antraten?<br />
Ingo Hahn: Nein, es war nicht schwer. Ich<br />
kam frisch von der Hochschule, bestens ausgebildet,<br />
bereit, die Welt musikalisch aus den<br />
Angeln zu heben. Jeder Kirchenmusiker hat<br />
die Möglichkeit, Schwerpunkte in seiner<br />
Arbeit zu setzen. Dies hat Herr Sanke getan,<br />
indem er sich hauptsächlich der Barockmusik<br />
widmete. Ich kam vor allem deswegen nach<br />
Kulmbach, weil hier zum einen Dekan Kern<br />
wirkte und mit der Petrikirche, der Nikolaikirche<br />
und der Spitalkirche drei sakrale<br />
Räume vorhanden sind, die unterschiedliche<br />
kirchenmusikalische Projekte ermöglichen. So<br />
eignet sich die Petrikirche für die großen<br />
Produktionen wie Händels Messias, während<br />
man in den beiden anderen kammermusikalische<br />
Sachen machen kann, für die die<br />
Petrikirche schlichtweg zu groß ist.<br />
Was war Ihr Konzept, als Sie Ihre<br />
Tätigkeit in Kulmbach aufnahmen und hat<br />
sich dieses im Laufe der Zeit verändert?<br />
Vielseitigkeit. Ich wollte die ganze Breite<br />
kirchenmusikalischen Schaffens den Kulmbachern<br />
näherbringen und damit die breite<br />
Öffentlichkeit ansprechen. Es zeigte sich<br />
jedoch rasch, dass sich das Publikum erst an<br />
andere kirchenmusikalische Stile gewöhnen<br />
musste. So führte ein Stück von Olivier<br />
Messian zu einer Spaltung der Zuhörerschaft.<br />
Mittlerweile ist das Publikum aber offener<br />
geworden. Es ist mein Anliegen, auch weniger<br />
bekannte Komponisten zur Aufführung<br />
zu bringen, was ich etwa mit Pergolesi,<br />
Graun oder Keiser getan habe. Ich habe festgestellt,<br />
dass das, was dem Chor gefällt auch<br />
beim Publikum ankommt.<br />
Sie arbeiten mit vielen Laien im Chor.<br />
Wechselt das von Produktion zu Produktion<br />
oder haben Sie einen Stamm, auf den Sie<br />
immer zählen können?<br />
Die Arbeit mit Laien ist eine Herausforderung.<br />
Sie erfordert intensive Probenarbeit.<br />
Im Laufe der Jahre hat sich ein Stamm<br />
von Sängerinnen und Sängern herausgebildet,<br />
der immer da ist. Bei großen Projekten<br />
haben aber auch Menschen die Möglichkeit,<br />
sich zu beteiligen, die sich nicht an einen<br />
Chor binden wollen. Wir machen zwei Oratorien<br />
im Jahr. Im Frühjahr ist es meist eine<br />
Passion. Mittlerweile können wir Chorarbeit<br />
anbieten, die ein ganzes Leben begleitet.<br />
Das beginnt mit den zwei Kinderchören, geht<br />
mit dem Jugendchor weiter. Dann gibt es für<br />
die Erwachsenen die Kantorei und für die<br />
Senioren die speziell auf ihre Möglichkeiten<br />
und Bedürfnisse zugeschnittene Senioren-<br />
Kantorei. Jeder Chor singt Literatur, die auf<br />
ihn abgestimmt ist. Zu den Oratorien werden<br />
die Chöre dann zusammengefügt.<br />
Wenn jemand bei Ihren großen Veranstaltungen<br />
singen will, welche Kriterien muss<br />
er erfüllen?<br />
Er muss Freude am Singen haben und<br />
die Lust, neue Lieder und neue Musik kennenzulernen.<br />
Es ist zwar für einen Chorleiter<br />
am schönsten, wenn die Sängerinnen und<br />
Sänger musikalische Vorbildung mitbringen.<br />
Aber da ich in den Proben Stimmbildung<br />
mache ist dies keine Voraussetzung. Eine<br />
Ausnahme bildet das von mir 1998 gegründete<br />
„TonART-Vokalensemble Kulmbach".<br />
Dieses verlangt eine musikalische Vorbildung.<br />
Laien und Profis, fügt sich das zu einem<br />
Ensemble zusammen?<br />
Da gibt es überhaupt keine Probleme.<br />
Sowohl das Weimarer Barockorchester, die<br />
Hofer Symphoniker, die Bamberger Symphoniker<br />
und die Musica Juventa aus Halle, mit<br />
denen ich zusammenarbeite, als auch die<br />
Solisten sind in der Lage auf die Möglichkeiten<br />
der Laien einzugehen. Meine Aufgabe<br />
als Dirigent ist es, die einzelnen Klangkörper<br />
zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen.<br />
Mit der Akkordzither zu Kaffee und Kuchen<br />
Von Roland Schaller<br />
Die alpenländische Zither oder auch Akkordzither<br />
ist ja hinlänglich bekannt. Sie ist ein<br />
Musikinstrument, das ein intensives und über<br />
Jahre hinweg dauerndes Üben erfordert um<br />
zu einem wohlklingenden Spiel zu führen.<br />
So ein Instrument erlernt man am besten<br />
schon im Kindesalter, wo man die Noten und<br />
Techniken auf spielerische Weise vermittelt<br />
bekommt. Leider ist es vielen älteren Menschen<br />
aus verschiedensten Gründen, Krieg,<br />
Geldmangel, Beruf, versagt geblieben, sich<br />
mit dem Erlernen eines Musikinstruments<br />
einen Lebenstraum zu erfüllen. Nur die wenigsten<br />
trauen sich im fortgeschrittenen Alter<br />
zu dies jetzt noch zu tun. An dieser Stelle<br />
kommt die Akkordzither ins Spiel. Ein Instrument,<br />
das schon seit dem 19. Jahrhundert<br />
existiert, erlebt im Moment einen wahren<br />
Boom. Gerade in unserer Region sprießen<br />
immer mehr Gruppen, meist bestehend aus<br />
Senioren, wahrlich aus dem Boden. Insbesondere<br />
eine Akkordzithergruppe um den<br />
Harsdorfer Dieter Lindner ist seit längerer Zeit<br />
mit ihren Auftritten beim Wirtshaus zum<br />
Rangabauern in Tennach bekannt. <strong>Der</strong> Harsdorfer,<br />
der die Noten für die vor eineinhalb<br />
Jahren gegründete und aus zehn Personen<br />
bestehende Gruppe zum größten Teil selbst<br />
arrangiert oder komponiert, hat es geschafft<br />
sehr engagierte musikalische Laien an den<br />
Zauber des miteinander Musizierens heranzuführen.<br />
Sein selbst entwickeltes System<br />
hat den Vorteil, dass sich das instrumentale<br />
Erfolgserlebnis sofort einstellt und ohne<br />
Anzeigen<br />
Vorbildung, mit einer kurzen Einweisungsphase,<br />
mit dem Spielen begonnen werden<br />
kann. Die Akkordzither ist ein mit Begleitakkorden<br />
ausgestattetes Instrument, welches<br />
in einfacher Form als Veeh-Harfe bekannt,<br />
im Behindertenbereich bereits seit<br />
mehreren Jahren Verwendung findet.<br />
Die Saiten sind in zwei Gruppen unterteilt:<br />
Rechts die Melodie- und links die<br />
Begleitsaiten. Die Melodiesaiten sind, mit<br />
Ausnahme von drei- und fünfakkordigen,<br />
chromatisch angeordnet, im Umfang von normalerweise<br />
zwei, seltener zweieinhalb bis<br />
drei Oktaven. Die Begleitsaiten gliedern sich<br />
in Bündel zu je vier bis sieben Saiten. Jedes<br />
Bündel ergibt einen Akkord und sind einfach<br />
(Gitarrenbesaitung) oder doppelt (Mandolinbesaitung)<br />
aufgezogen. Zum Spielen wird<br />
das Notenblatt unter die Melodiesaiten gezogen.<br />
Auf dem vorgeschriebenen Weg (Zickzacklinie)<br />
sind die Melodietöne aufgezeichnet,<br />
die mit dem Daumen der rechten Hand<br />
gezupft werden. Dazu wird ein Zitherring<br />
oder ein Plektrum verwendet. Man braucht<br />
keine Notenkenntnisse oder sonstige musikalische<br />
Ausbildung, nur den Spaß, den<br />
Willen und die Begeisterung miteinander<br />
Musik zu machen. Die Anschaffungskosten<br />
für ein solches Instrument belaufen sich, je<br />
nach Ausstattung, zwischen 200 und 300<br />
Euro und sind somit, auch für den kleinen<br />
Geldbeutel, eine lohnenswerte Investition.<br />
Gerade für Senioren ist die musikalische<br />
Betätigung für Körper und Geist nicht zu<br />
unterschätzen. Aber auch die gemeinsamen<br />
Proben, die im zweiwöchentlichen Rhythmus<br />
stattfinden sind für alle Mitglieder ein kommunikatives<br />
Erlebnis. Hier geht es nicht nur<br />
um die Musik, sondern es wird zu Kaffee und<br />
So eine Produktion kostet Geld, unter<br />
Umständen. Viel Geld. Dieses wird aber<br />
immer knapper. Ist es schwerer geworden,<br />
große Produktionen zu finanzieren?<br />
Man muss halt haushalten und gutes<br />
Management machen. Unterstützt werden<br />
wir durch die „Freunde der Kirchenmusik",<br />
das Landeskirchenamt München und private<br />
Geldgeber. Das wichtigste Großprojekt war<br />
die neue Orgel. Als ich herkam sah ich sofort,<br />
dass die vorhandene Orgel verheerend war.<br />
Es musste eine neue her, die allen Anforderungen<br />
anspruchsvoller Kirchenmusik auf<br />
viele Jahrezehnte hinaus genügt. Dafür waren<br />
1,5 Millionen DM nötig. Eine großzügige<br />
Spende des früheren OB Dr. Stammberger<br />
anlässlich eines runden Geburtstages bildete<br />
den Grundstock, dem noch viele große und<br />
kleine Spenden folgten. Im Jahr 2000 konnte<br />
die Rieger-Orgel gebaut und geweiht werden.<br />
Was planen Sie für das nächste Jahr?<br />
Unter anderem ist folgendes geplant: Die<br />
Petite Messe Solennelle von Rossini als Gemeinschaftsproduktion<br />
mit der Kantorei Selb<br />
am 9. und 10. April; dann die Kirchenmusiktage;<br />
das Weihnachtsoratorium und die<br />
Bach-Kantaten 1 und 4-6.<br />
Was würden Sie gerne noch aufführen,<br />
was Sie noch nie in Kulmbach aufgeführt<br />
haben?<br />
Werke von Leroy David, Arthur Honegger,<br />
den Lobgesang von Mendelssohn. Es<br />
gibt noch eine Menge.<br />
Vielen Dank für das Gespräch<br />
Kuchen über Gott und die Welt philosophiert.<br />
Interessenten können sich gerne, am besten<br />
als Gruppe, unter der Telefonnummer<br />
09203/686311, an Dieter Lindner wenden,<br />
der Tipps, Tricks und Unterricht für die Akkordzither<br />
anbietet.<br />
Für bestimmte Gebiete Austräger gesucht: Tel.: 09221 - 67495