BISCH DU SCHWUL ODER WAS? - HAZ
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Daniel (rechts)<br />
Daniel<br />
man sehr früh anfangen“, sagt er. Daher sei es<br />
nur logisch, dass sich nicht per se Schwule für<br />
diesen Beruf entscheiden. „Damals wusste ich<br />
noch nicht mal, was Homosexualität ist. Die<br />
Freude an Bewegung und Musik stand im Vordergrund“,<br />
erklärt Daniel mit seinem schwungvollen<br />
britischen Akzent.<br />
Wenn Heteros zum Coming-out ermutigen<br />
Mit elf nahm er das Studium an der Royal<br />
Ballet School auf, was auch den Wegzug aus<br />
der mütterlichen Wohnung bedeutete. „Zuerst<br />
traute ich mich nicht, meinen Klassenkameraden<br />
zu erzählen, dass ich bald Tanz studieren<br />
würde. Doch als ich mich dann überwunden<br />
hatte, stellte sich heraus, dass niemand damit<br />
ein Problem hatte“. Jugend und Adoleszenz<br />
in einer Ballettschule zu verbringen, brachte<br />
Daniel – neben einem perfekten Plié – auch die<br />
frühe Erkenntnis ein, dass er nicht schwul ist.<br />
„Schon damals wusste oder ahnte man, wer von<br />
den Klassenkameraden später auf Männer stehen<br />
könnte“, erklärt er. Einige Heteros hätten<br />
ihre schwulen Tanzkollegen gar zum Comingout<br />
ermutigt.<br />
Sein Leben in Zürich gefällt ihm. Fünf Tage die<br />
Woche trainiert er. An manchen Tagen kommen<br />
dann am Abend noch Aufführungen hinzu.<br />
Keine Belastung für Daniel. „Ich fühle mich<br />
enorm privilegiert diesen Beruf ausüben zu<br />
dürfen“, erklärt er fast demütig. Trotz seines<br />
grossen Pensums bleibt er dem Nachtleben<br />
nicht gänzlich fern – auch nicht dem einschlägig<br />
schwulen: „Meine Freundin und ich gehen<br />
manchmal mit Kollegen in Gaybars. Dort werde<br />
ich schon ab und zu angemacht, was mich aber<br />
nicht stört.“ Er könne aber schon verstehen,<br />
dass manche heterosexuellen Männer nicht<br />
gerne in Schwulenklubs gehen. Für einen<br />
Hetero sei es halt schon ungewohnt, von einem<br />
Mann angetanzt zu werden, meint er grinsend.<br />
Schwulsein hilft nicht weiter<br />
Dass er sich zum weiblichen Geschlecht hingezogen<br />
fühlt, hat Daniel weder Vor- noch Nachteile<br />
eingebracht. Bei der Entscheidung, einen<br />
Balletttänzer einzustellen oder nicht, komme<br />
es auf sehr viele Faktoren an, wie Technik und<br />
artistische Umsetzung der Choreografie. „Dass<br />
es jemand wegen seines Schwulseins leichter<br />
oder schwerer bei der Suche nach einem Tanzjob<br />
hat, davon habe ich noch nie gehört“, meint<br />
er. Beim Balletttanzen gehe es um Individualität.<br />
„Jeder wird als das genommen, was er ist“.<br />
Wäre er als Hetero auch so unkompliziert und<br />
offen im Umgang mit Schwulen, wenn er nicht<br />
Balletttänzer wäre? Er nickt langsam, überlegt<br />
dabei: „Als Kind spielte ich Cello und Klavier.<br />
Ich musste mich also schon sehr früh zwischen<br />
einer Tanz- und einer Musikkarriere entscheiden.<br />
Daher denke ich, dass ich so oder so in<br />
einem musischen Beruf gelandet wäre – und<br />
diese sind ja bekannterweise sehr gayfriendly.“<br />
In der Kantine ist es ruhig geworden. Alle scheinen<br />
auf der Bühne, oder wo auch immer sie der<br />
Lautsprecher hinbeordert hat, zu sein. Daniel<br />
zupft seinen beigen Strickpullover zurecht, streift<br />
sich die Jacke über und verabschiedet sich. Er<br />
muss an den Flughafen. Das Wochenende verbringt<br />
er bei seiner Familie in England.<br />
l Tänzer: ein Beruf für Freigeister l<br />
Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 11 l