LUZERN – EINE TOURISTENSTADT - Buch.de
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12<br />
Einleitung<br />
Die Hotels haben das kleine Provinzstädtchen Luzern zur internationalen Frem<strong>de</strong>nverkehrsmetropole<br />
gemacht. Sie verleihen ihr «<strong>de</strong>n Hauch einer Märchenstadt». 1<br />
Dazu reichen die wenigen, prominent gelegenen Grandhotels am See allein nicht aus.<br />
Es ist die Gesamtheit <strong>de</strong>r über hun<strong>de</strong>rt Hotelbauten, die Luzerns Strassen, Plätze und<br />
die guten Hanglagen am Vorabend <strong>de</strong>s Ersten Weltkriegs besetzten und die das Bild<br />
<strong>de</strong>r Stadt bis heute nachhaltig prägen. Dazu kommen die weiteren dominanten Bauten<br />
und Anlagen einer touristisch geprägten Infrastruktur, wie etwa <strong>de</strong>r Kursaal, die Uferpromena<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r die Dampfschiffe im Luzerner Seebecken.<br />
Ferienhotels dienen <strong>de</strong>r Erholung, <strong>de</strong>m vorübergehen<strong>de</strong>n Abstandnehmen, <strong>de</strong>r<br />
Lockerung von sozialen Normen. Sie ermöglichen <strong>de</strong>n Ausgleich von Defiziten <strong>de</strong>s<br />
Alltags. Damit wer<strong>de</strong>n sie zum Spiegel <strong>de</strong>r Wünsche und Projektionen <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Gesellschaft zum Zeitpunkt ihrer Entstehung.<br />
Hotels entstehen an <strong>de</strong>m zum jeweiligen Zeitpunkt bestmöglichen Standort. Sie<br />
reflektieren damit sowohl die momentane städtebauliche Situation und ihre erwartete<br />
Entwicklung als auch die jeweiligen Vorlieben <strong>de</strong>s Publikums. Sie tun dies in stärkerem<br />
Mass als etwa Wohnhäuser o<strong>de</strong>r Bürobauten, <strong>de</strong>ren äusseres Erscheinungsbild für ihren<br />
wirtschaftlichen Erfolg meist weniger ausschlaggebend ist. Die Betrachtung von Hotelarchitektur<br />
eignet sich daher beson<strong>de</strong>rs, um Zustän<strong>de</strong> und Befindlichkeiten ihrer<br />
Entstehungszeit zu rekonstruieren <strong>–</strong> kurz: um die Stadt zu ‹lesen›. Luzern mit seinen<br />
vielen Hotelbauten bietet sich für eine <strong>de</strong>rartige Lektüre beson<strong>de</strong>rs an.<br />
Dieses <strong>Buch</strong> befasst sich mit <strong>de</strong>n Hotelbauten in <strong>de</strong>r Stadt Luzern vor <strong>de</strong>m<br />
Ersten Weltkrieg. Beson<strong>de</strong>res Augenmerk gilt dabei <strong>de</strong>n zahlreichen, im Schatten <strong>de</strong>r<br />
Grandhotels stehen<strong>de</strong>n kleinen Hotels und Pensionen. Daneben wer<strong>de</strong>n das touristische<br />
Umfeld sowie das Verhältnis <strong>de</strong>r Bauten zur Stadt und zur Landschaft näher<br />
betrachtet.<br />
Die zeitliche Abgrenzung von Hotels zu <strong>de</strong>n Gasthäusern, wie sie als Beherbergungsbetriebe<br />
schon in früheren Jahrhun<strong>de</strong>rten bestan<strong>de</strong>n haben, erfolgt in diesem<br />
<strong>Buch</strong> über <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>r ersten baulichen Reaktion auf die neuen Bedürfnisse <strong>de</strong>r<br />
Touristen. Solche Aktivitäten sind in Luzern erstmals En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts aufgetreten,<br />
genauer 1782 beim Umbau <strong>de</strong>s Gasthaus Adler. Die Bedürfnisse <strong>de</strong>r neuen<br />
Lustreisen<strong>de</strong>n betreffen einerseits einen komfortableren und angenehmeren Aufenthalt<br />
in entsprechend aufwendig gestalteten Räumen, an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>n sichtbaren Bezug zur<br />
Landschaft, <strong>de</strong>m eigentlichen Grund <strong>de</strong>r Schweizerreise.<br />
Die obere Zeitgrenze bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Ausbruch <strong>de</strong>s Ersten Weltkriegs 1914. Sie ist<br />
durch das abrupte En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hotelbautätigkeit begrün<strong>de</strong>t, die in Luzern danach erst in<br />
<strong>de</strong>n 1950er-Jahren wie<strong>de</strong>r aufgenommen wur<strong>de</strong>, unter völlig verän<strong>de</strong>rten gesellschaftlichen<br />
und baulichen Rahmenbedingungen. 2<br />
Bei <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>r Luzerner Hotelarchitektur wird <strong>de</strong>utlich, welch grossen<br />
Einfluss <strong>de</strong>r Tourismus vor <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg auf das Erscheinungsbild <strong>de</strong>r Stadt<br />
und ihre bauliche Entwicklung hatte. Noch zu Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts war Luzern<br />
<strong>de</strong>r Hauptort eines Landwirtschaftskantons, war Markplatz für die umliegen<strong>de</strong>n ländlichen<br />
Gebiete und Umschlagplatz für <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lsweg über <strong>de</strong>n Gotthard. 3 Um die<br />
Mitte <strong>de</strong>r 1860er-Jahre entwickelte sich das Schlagwort <strong>de</strong>r «Frem<strong>de</strong>nindustrie» zu<br />
einem feststehen<strong>de</strong>n Begriff, <strong>de</strong>r gleichbe<strong>de</strong>utend mit <strong>de</strong>m Haupterwerb <strong>de</strong>r Stadt<br />
wur<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n Ruf nach einer staatlichen För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Frem<strong>de</strong>nverkehrs als Ersatz