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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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93<br />

riss und Altan konkret auf Goethes Gartenhaus bezogene Version vor. 121<br />

2.5. Heinrich Tessenow<br />

Heinrich Tessenow, der mit dem Festspielhaus und weiteren Bauten der Gartenstadt<br />

Hellerau berühmt gewordene mecklenburgische Architekturasket 122 , zeichnete im<br />

Jahr von Schultze-Naumburgs Würfelhausdebut ein kleines zweistöckiges Haus mit<br />

Zeltdach, das wie organisch gewachsen in eine Stützmauer am Steilhang eingebunden<br />

ist. <strong>Die</strong> Radikalität dieser Etude liegt in der nun puren, vollkommen ungegliederten<br />

Wand, die nur durch die Löcher der Fenster und der Tür strukturiert ist. <strong>Die</strong><br />

quadratisch gesprossten Fenster erhalten nur durch die Klappläden einen leichten<br />

Breitenzug, der durch die Vertikaltendenz der Fensterachsen und der Läden in ein<br />

subtiles Gleichgewicht versetzt ist. Der konische, die Dachneigung aufnehmende<br />

Kamin und die die Dachhaut nur dezent aufwellende Fledermausgaube nehmen sich<br />

als kompositorische Bauteile bewusst zurück. Nur die unprätentiöse Tür setzt einen<br />

asymmetrischen Akzent. Als romantisches Bild scheint sie mit Treppenpo<strong>des</strong>t, Bank<br />

und Baum eine Motiveinheit <strong>des</strong> kontemplativ nutzbaren Außenraums zu bilden.<br />

Tessenows Zeichenstil mit leeren Flächen und dichten Strukturen aus Linien und<br />

Punkten sowie die Darstellung <strong>des</strong> wilden Wandbewuchses vermitteln eine ebenso<br />

zarte, poetische wie programmatische Architekturauffassung. Gerade in diesem Jahr<br />

1904 rückte Goethes Gartenhaus in Tessenows Blickfeld. Er besuchte es und fertigte<br />

eine Zeichnung an, in der er es bezeichnenderweise von der Schmalseite mit dem<br />

betont zur Geltung kommenden Spitzdach als Dreieck darstellte: Nur sein Obergeschoss<br />

ragt mit seinem Rankgerüst hinter der hohen Hecke hervor und ist von einer<br />

expressiven Wildnis winterlich-unbelaubter Baumkronen umgeben.<br />

87 Heinrich Tessenow: Hausentwurf 88 Heinrich Tessenow: Goethes Gartenhaus. Zeichnung<br />

Eine Variation dieses Entwurfs für ein Pfarrhaus von 1907 mit einem lisenenhaft<br />

vor die glatte Wand gesetzten Rankgerüst untermauert die Wiederentdeckung der<br />

nackten Wand. Sie ist überhaupt die Voraussetzung, Holzspaliere für Kletterpflanzen

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