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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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übergehen sowie über Terrassen und Parterres vielfach miteinander verknüpft sind,<br />

so deutlich sind sie in orthogonale Raumandeutungen gefasst, um ein undifferenziertes<br />

Zerfließen zu verhindern (Abb. 180-181). <strong>Die</strong>ses komplexe System von Raumbildungen<br />

bedingt zur Vermeidung undurchschaubarer Kompliziertheit eine einfache<br />

geschlossene Hausform. Schmitthenner hat nach Bedarf viele andersartige Häuser<br />

gebaut, doch seine Gestaltungsabsichten kommen bei den kubisch geschlossenen<br />

Walmdachhäusern tatsächlich am besten zum Ausdruck.<br />

Eine entscheidende gesellschaftliche Dimension verbindet sich mit Schmitthenners<br />

Häusern: Bauherren verschiedenster Schichten werden auf den gleichen <strong>bürgerliche</strong>n<br />

Haustyp eingeschworen. Vom Hausmeister einer Schule bis zum Industriellen<br />

oder Bankier wird ein gesamtgesellschaftlicher Konsens hergestellt, der den "Armeleutegeruch"<br />

der Hellerauer Bauten oder <strong>des</strong> Zeppelindorfs in Friedrichshafen überwindet.<br />

Ein ausdrückliches Anliegen Schmitthenners ist die Erziehung zur Bescheidenheit<br />

und dazu, nicht mehr scheinen zu wollen, als es dem Sein entspricht. In<br />

seinem Lehrbuch lehnt er bei der Beschreibung seiner gebauten Häuser wiederholt<br />

das Ansinnen nach Repräsentation ab 165 und betont mehrfach, keine "Villen" zu<br />

bauen, sondern "deutsche Landhäuser" 166 . <strong>Die</strong> Begriffe mit denen er seine humanistische<br />

Bauabsicht charakterisiert sind dagegen "Bodenständigkeit", "Bürgersinn",<br />

"Behaglichkeit", "heitere Liebenswürdigkeit", "Gastlichkeit", "Unaufdringlichkeit",<br />

"Zurückhaltung" und allenfalls "kühle Vornehmheit".<br />

5.3. Stuttgarter Schule<br />

Schmitthenners Person und Werk stellen in der Geschichte <strong>des</strong> Walmdachhauses in<br />

der Moderne ein Phänomen dar, welches angesichts der uns nun geläufigen Vorgeschichte<br />

<strong>des</strong> Bautyps aus der Hand anderer Architekten mit einer selektiven<br />

Wahrnehmung der Öffentlichkeit und von Teilen der Fachwelt erklärt werden muss.<br />

Schmitthenner setzte konsequenter auf diese bildhafte Hausform als alle ihre anderen<br />

Protagonisten und unterlegte sie mit einer systematischen gestaltungstheoretischen<br />

Basis. <strong>Die</strong> Gefahr eines im Ideal der Vereinheitlichung liegenden trockenen<br />

Schematismus, die die anderen Protagonisten möglicherweise wieder vom Bautyp<br />

abbrachte, umging er durch einen kreativen Einsatz individueller Bestandteile und<br />

durch die Fähigkeit zur spontanen improvisatorischen Anpassung an die jeweiligen<br />

Eigenheiten der Aufgabe und der Bauherren, welche sich in diesem Schöpfungsprozess<br />

wiederfanden. <strong>Die</strong>s war sogar fester Bestandteil der Entwurfsmethode.<br />

Im Verweis auf Goethes Gartenhaus belegte er den Bautyp, wie gesagt, öffentlichkeitswirksam<br />

mit positiven Werten: deutsche Geisteskultur, nationale Tradition und

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