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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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Baustils <strong>des</strong> Büros Bonatz und Scholer veranschaulichen. Besonders prägnant ist<br />

die Ensemblewirkung.<br />

<strong>Die</strong>se sich an einem Übergangsmoment befindlichen Häuser machen symptomatisch<br />

mehrere Tendenzen deutlich: Zum einen zeigen sie ihren Walm noch nicht von<br />

der charakteristischen Breitseite und haben den sich passend zu diesem Bautyp<br />

entwickelnden rationalen Wandaufbau noch nicht einheitlich umgesetzt. 126 Vielmehr<br />

simulieren sie an der Schauseite einen Zeltdachkubus, was durch den vorderen,<br />

direkt auf der Walmspitze sitzenden Schornstein <strong>des</strong> Hauses Bonatz bestärkt wird.<br />

Der die Breitenwirkung der Fensterreihen ausgleichende Sockel verleiht den<br />

Häusern einen deutlichen Höhenzug, was einen weiteren anstehenden Paradigmenwechsel<br />

der <strong>Wohnhaus</strong>entwicklung thematisiert: <strong>Die</strong> Villa <strong>des</strong> 19. <strong>Jahrhunderts</strong><br />

hatte eine ausgesprochene proportionale Höhentendenz, verstärkt durch die Vorliebe<br />

für hohe Räume, Turmbauteile, steile Dächer mit Firstspitzen etc. <strong>Die</strong> Wohnräume<br />

waren auf hohen Sockelgeschossen vom Erdboden abgehoben. Es bestand<br />

kein Interesse an direkten Verbindungen zum umgebenden Gartenareal. Eine<br />

wesentliche Leistung der frühen Moderne ist die von der englischen Landhausarchitektur<br />

ausgehende Breitenlagerung, die formale Hinwendung zur Horizont- und<br />

Bodenlinie und die Öffnung der ebenerdigen Wohnräume zum Garten. Genau aus<br />

diesem Grund wurde auch Wrights Haus Winslow wegen seiner unkonventionellen<br />

sockellosen Ebenerdigkeit gewürdigt. Ursächlich hängt damit der Wandel der<br />

Lebensgewohnheiten zusammen, der sich in assoziativen Oppositionen wie behaglich,<br />

natürlich und bodenständig gegen gestelzt, gekünstelt und zugeknöpft verbalisieren<br />

lässt. Hier wiederholt sich Goethes offenbar unerfüllt gebliebene Bemühung<br />

um eine bürgerlich-ungezwungene antiaristokratische Verhaltensweise. 127<br />

<strong>Das</strong> Würfelhaus mit Zeltdach stellt einen durch geometrisierende Ideale motivierten<br />

Übergang dar. Es entzieht sich noch der eindeutigen Entscheidung für breit oder<br />

hoch, sondern zentriert sich. Im weiteren Diskurs der Reformarchitekten wurde es<br />

daher mit dem Schmähbegriff "Kaffeemühle" belegt. Weil es sich einer entschiedenen<br />

Ausrichtung längs oder quer zu einer Straße oder Hanglinie entzog, befanden<br />

sie es als ungeeignet für die städtebaulichen Ziele landschaftsverträglicher verbundener<br />

Siedlungsstrukturen.<br />

<strong>Die</strong>ser erste Abschnitt unserer Einteilung, die Initialphase bis 1907, zugleich das<br />

Jahr der Gründung <strong>des</strong> Deutschen Werkbun<strong>des</strong>, von dem ab ein enger Kontakt der<br />

Gründungsmitglieder und ein gegenseitiges Verfolgen der Bauaktivitäten als sicher<br />

gelten kann, ist also gekennzeichnet durch erste Ideen zu schlichten kubischen

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