Ehrenmitglieder - Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
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Arbeits- und Lebenswelt Heime<br />
19<br />
Veronika Kurt und Josef Reiseder<br />
am Friedhof St. Peter<br />
Erinnerungsbuch der Verstorbenen gedacht.<br />
Hier finden Trauergottesdienste<br />
statt und Gedenkgottesdienste, um an<br />
die Verstorbenen zu erinnern. Es sind vor<br />
allem die Mitglieder der Wohngruppen<br />
und Kollegen aus den Arbeitsgruppen,<br />
die diese Gottesdienste besuchen. Wie<br />
alle Menschen reagieren auch Menschen<br />
mit Behinderung ganz unterschiedlich<br />
auf seelisches Leid. Und doch fällt es ihnen<br />
oft besonders schwer, mit Abschied<br />
und Trauer zurechtzukommen.<br />
Was hilft mir,<br />
wenn ich traurig bin?<br />
Abschied nehmen<br />
Eindrücke von einem Trauerseminar mit Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern der <strong>Barmherzige</strong>n <strong>Brüder</strong> Straubing<br />
Behinderten Frauen und Männern wurde lang die Fähigkeit zu trauern abgesprochen,<br />
falsche Fürsorge verhinderte ihre Teilnahme an Beerdigungen.<br />
Aber wenn die Trauer fehlt, können Ängste, Panikstörungen und Depressionen<br />
entstehen.<br />
Bei der ersten Begegnung wird mir klar,<br />
wie regelmäßig Menschen mit Behinderung,<br />
ob geistig oder körperlich,<br />
Abschied nehmen müssen. Viele leben,<br />
umsponnen von einem Kokon der Behütung,<br />
in ihrem Elternhaus oder in Wohngruppen.<br />
Als Mitarbeiter der Werkstätten<br />
führen sie ein intimes Leben mit an<br />
sich fremden Personen: Praktikanten,<br />
Pädagogen und Gruppenleiter erhalten<br />
Familienstatus. Verlässt einer von ihnen<br />
die Stelle, heißt es Abschied nehmen.<br />
Im Rahmen eines Seminars reden Menschen<br />
mit geistiger Behinderung bei den<br />
<strong>Barmherzige</strong>n <strong>Brüder</strong>n Straubing über<br />
all diese Abschiede – und über ihre Vorstellung<br />
zu einem Leben nach dem Tod.<br />
Das letzte Geheimnis<br />
Veronika Kurth ist überzeugte Christin.<br />
Sie glaubt, dass gute Menschen in den<br />
Himmel, zu Gott, Jesus und Maria kom-<br />
men, und Adolf Hitler („so als Beispiel“)<br />
wähnt sie in der Hölle. Wenn sie sterben<br />
muss, wird auch ihre Seele „nach oben<br />
wandern“. Ralf Kolar lächelt sie an und<br />
mit der bestechenden Rationalität und<br />
Würde, die Menschen mit Beeinträchtigungen<br />
oft eigen ist, schüttelt er den<br />
Kopf. „Das kann man doch gar nicht<br />
wissen, wie es im Jenseits ist. Uns wird<br />
doch ein Bär aufgebunden.“<br />
Veronika Kurth und Ralf Kolar haben<br />
ihre Eltern nie kennengelernt. Ralf Kolar<br />
sagt, dass er über den Tod seiner Mutter<br />
trotzdem geweint hat. Heute leben beide<br />
in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen<br />
in Straubing. Die Einrichtung<br />
der <strong>Barmherzige</strong>n <strong>Brüder</strong> gleicht<br />
einem kleinen Stadtteil mit Wohnhäusern,<br />
einem Café und einer Fachschule<br />
für Heilerziehungspflege, Produktionsbetrieben<br />
und einer Kirche. Es gibt<br />
auch einen eigenen Bewohnerfriedhof.<br />
Am Eingang zur Kirche wird in einem<br />
Zurück zu Ralf Kolar und Veronika<br />
Kurth: Die beiden sitzen mit zehn weiteren<br />
Beschäftigten der <strong>Barmherzige</strong>n<br />
<strong>Brüder</strong>, Männern und Frauen im Alter<br />
von 22 bis 58 Jahren, in einem Kreis.<br />
Alle haben versprochen, einander nicht<br />
auszulachen. Keiner wird verspottet,<br />
keiner unterbrochen, wenn er erzählt.<br />
Sie erinnern sich, was die Menschen,<br />
von denen sie sich verabschieden mussten,<br />
die sie verloren haben, durch Tod<br />
oder nur durch einen Umzug, mit ihnen<br />
gemacht haben. Robert Uhrmann hat<br />
von seinem Opa Fahrrad fahren gelernt<br />
und eine Betreuerin im Kinderheim<br />
brachte ihm bei, Mühle zu spielen. Ralf<br />
Kolar hat von einem Betreuer gelernt,<br />
freihändig Fahrrad zu fahren. Klaus Maier<br />
lernte von seiner Mama die Uhr zu lesen<br />
und die Schuhbänder zu binden.<br />
Dutzende von Fotos liegen auf Tischen,<br />
jeder greift sich die Bilder heraus, die<br />
ihn ansprechen. Ein Motorroller ohne<br />
Hinterrad. „Das Bild macht mich traurig“,<br />
sagt einer, „der Roller ist so hilflos“.<br />
Einem anderen gefällt eine Aufnahme<br />
von Fußspuren im Sand. „Nur die Spuren<br />
sind noch da, der Mensch ist weg.“<br />
Schließlich das Bild eines Papierschiffchens:<br />
„Es kann nur schwimmen, wenn<br />
man es ins Wasser legt und loslässt.“<br />
„Als meine Mutter und meine Schwester<br />
gestorben sind, wollte ich auch nicht<br />
mehr leben und habe einen Suizidversuch<br />
gemacht“, gesteht einer, der seinen<br />
Namen nicht veröffentlicht sehen will.<br />
Und Klaus Maier erzählt, dass er beide<br />
Eltern verloren hat, und deshalb ein Bild