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START-Preisträgerin 2013<br />
NOTBURGA GIERLINGER<br />
OBERFLÄCHEN UND GRENZFLÄCHEN IN PFLANZEN:<br />
LIGNIN, SUBERIN UND CUTIN<br />
Beim Übergang der Pflanzen vom Wasser zum Land spielten komplexe phenolische Verbindungen<br />
(Lignin, Extraktstoffe) und natürliche Polyester (Cutin, Suberin) eine wichtige Rolle, da sie neue<br />
Grenzflächen und Oberflächen mit hydrophobisierenden Eigenschaften ermöglichten. Um in den<br />
sehr vielfältigen Lebensräumen zu überleben entwickelten sich durch Adaptionen<br />
verschiedenartigste Pflanzenkörper mit hoch spezialisierten Gewebe- und Zelltypen, die<br />
unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und verschiedene Funktionen erfüllen. Das wird erreicht<br />
durch eine sich ändernde Zusammensetzung und Struktur auf den verschiedenen hierarchischen<br />
Ebenen (mm-µm-nm Bereich). Trotz prinzipieller Kenntnisse besteht immer noch eine große<br />
Wissenslücke bezüglich Polymerisation der hydrophobisierenden Inhaltsstoffe, sowie deren<br />
Verteilung, Zusammensetzung und Struktur auf Mikro- und Nanoebene.<br />
Daher soll in diesem Projekt mit Hilfe von Raman-Mikroskopie (Raman-Imaging) die chemische<br />
Zusammensetzung auf Mikroebene untersucht werden. Dabei wird mit einem Laserstrahl ein<br />
Mikrotomschnitt abgerastert und die Frequenzunterschiede zum eingestrahlten Licht aufgezeichnet.<br />
Diese charakteristischen Energien von Molekülschwingungen des Materials erlauben daher<br />
Rückschlüsse auf die molekulare Struktur (chemische Zusammensetzung) auch in Abhängigkeit von<br />
der Position. Jedes Raman-Image basiert auf Tausenden von Spektren, wovon jedes ein<br />
molekularer Fingerabdruck auf Mikroebene ist. Derzeit gelingt es nur einen Teil der chemischen und<br />
strukturellen Informationen aus den Raman-Spektren zu extrahieren. Durch das im Projekt<br />
erworbene Wissen über die Raman-Signatur der Pflanzen sowie ihrer Einzelkomponenten und die<br />
Anwendung neuer multivariater Datenanalyse-Methoden werden mehr Informationen zugänglich<br />
gemacht werden. Chemische und strukturelle Unterschiede können so mit einer räumlichen<br />
Auflösung von ≈ 0.3µm (Beugungsbegrenzung der mikroskopischen Auflösung) werden. Um<br />
gleichzeitig die Nanostruktur und –mechanik aufzuklären wird dieselbe Region mit einer scharfen<br />
Spitze(tip) eines Rasterkraftmikroskops (AFM) abgescannt. Eine Kombination beider Methoden (Tip<br />
enhanced Raman-Spektroskopie) soll die Entschlüsselung der chemischen Zusammensetzung auf<br />
der Nano-Ebene ermöglichen.<br />
Mit diesen anspruchsvollen Methoden werden wir 1) die Lignifizierung innerhalb der nativen<br />
Zellwand verfolgen und ungelöste Fragen rund um die Lignin Polymerisation angehen, 2) die<br />
Chemie und Struktur der Tracheiden und Gefäßwände auf Mikro-und Nano-Ebene und etwaige<br />
Auswirkungen auf die hydraulischen und mechanischen Eigenschaften aufklären, 3) die<br />
Mikrochemie und Nanostruktur von Cuticula und Periderm und ihren Einfluss auf die<br />
Barriereeigenschaften entschlüsseln und 4) beantworten ob und wenn ja wie sich Trockenstress auf<br />
der Mikro- und Nanoebene widerspiegelt. Neue Einblicke in die Variabilität, Verteilung und<br />
Zusammensetzung der Pflanzenpolymere und den Einfluss von Trockenstress werden gewonnen<br />
und wichtige Struktur-Funktions-Beziehungen aufgeklärt. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
sind gewinnbringend für die Botanik, Pflanzenbau, Forstwirtschaft und Holzwirtschaft sowie eine<br />
optimierte Nutzung der pflanzlichen Rohstoffe und können neue biomimetische Ansätze (Lernen von<br />
der Natur) inspirieren.