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atp edition Modellgestütztes Engineering (Vorschau)

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3 / 2014

56. Jahrgang B3654

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH

Automatisierungstechnische Praxis

Modellgestütztes

Engineering | 18

Einsatz leitsystemintegrierter

Prädiktivregler | 28

Nichtlineare modellprädiktive

Regelung auf SPS | 38

Advanced Process Control in

der industriellen Praxis | 48

Regelgütemanagement | 56


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EDITORIAL

Liebe Leser,

Die Zusammenstellung der Artikel in diesem Heft, mit Beiträgen aus Industrie

und Hochschule, zeigt sehr schön, dass Advanced Process Control

schon lange nicht mehr nur ein Thema der Academia ist. Der Sprung vom

Elfenbeinturm in die chemische Industrie ist schon vor Jahren gelungen und

die Anwendungen leisten in Hinsicht auf Energie- und Ressourceneffizienz

einen großen Wertbeitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer

Unternehmen.

Ein Erfolgsfaktor war dabei sicherlich, dass Advanced Process Control schon

seit langem in der petrochemischen Industrie eingesetzt wird und Methoden

und Vorgehensweisen auf die chemische Industrie so leicht übertragen werden

konnten.

Umso interessanter ist es, dass mit den Virtual-Plant-Simulatoren eine weitere

Technologie, welche im Raffineriebereich schon lange etabliert ist, nun

auch in der Spezialchemie an Bedeutung gewinnt.

Ein Virtual-Plant-Simulator ist ein rigoroses dynamisches Modell einer Chemieanlage

oder eines ganzen Verbundes, welches das Verhalten in Echtzeit

oder schneller abbilden kann. Das Bedienen und Beobachten erfolgt dabei

entweder über eine Stimulation oder eine Emulation eines Prozessleitsystems.

Bei Evonik Industries starteten wir vor rund zehn Jahren damit Virtual-

Plant-Simulatoren ausschließlich zum Training von Anlagenfahrern einzusetzen,

um diese auf das Anfahren von Neuanlagen vorzubereiten. In den

letzten Jahren hat sich das Anwendungsspektrum erweitert, um die rigorosen

aber auch kostenintensiven Modelle besser nutzen zu können.

Zum einen werden sie nun auch während des Planungsprozesses bei Investmentprojekten

eingesetzt, um zum Beispiel Betriebsvorschriften oder Regelungskonzepte

zu entwickeln und zu überprüfen. Selbstverständlich haben

die Virtual-Plant-Simulatoren auch einen großen Nutzen beim Reglertuning

und bei der Überprüfung der Prozessleitsystemkonfiguration vor dem Start-Up

der Neuanlagen.

Aber auch für den Betrieb von bestehenden Anlagen wächst das Einsatzfeld

der Virtual-Plant-Simulatoren. Der höhere Automatisierungsgrad unserer Anlagen

durch Advanced Process Control oder automatische An- und Abfahrprozeduren

führt dazu, dass die Anlagenfahrer zunehmend entlastet werden

und seltener situativ eingreifen müssen. Virtual-Plant-Simulatoren bieten hier

eine exzellente Umgebung für die Anlagenfahrer, um den Betrieb bei ungewohnten

und schwierigen Anlagenzuständen zu trainieren.

Schließlich können sie auch eingesetzt werden, um lineare Mehrgrößenregler

zu konfigurieren und so die Aufnahme von Sprungantworten an realen

Anlagen zu reduzieren.

Ich bin gespannt, wie die beiden Technologien, Advanced Process Control

und Virtual-Plant-Simulatoren sich in Zukunft entwickeln werden – voneinander

profitieren werden sie auf jeden Fall.

DR. HANS-ROLF

LAUSCH,

Head of Computer Aided

Process Engineering

& Automation

Process Technology

& Engineering,

Evonik Industries AG

atp edition

3 / 2014

3


INHALT 3 / 2014

FORSCHUNG

6 | Plug and Work: Interaktion von Komponenten

soll in Zukunft so einfach werden wie USB

Call for atp experts: Energie- und Ressourceneffizienz

7 | Roboter lernt mit Umgebungsreizen

VERBAND

8 | Industrie 4.0 stellt Forderungen bei Ausbildung,

Arbeitsplatz und Informationssicherheit

AALE-Konferenz vergibt zum 11. Mal den

Student Award für Beste Abschlussarbeiten

Nominierungen für Max-Buchner-Preis einreichen

BRANCHE

9 | Ingenieurmangel steigt um 10,6 Prozent

NSA-Skandal lässt IT-Start-ups wachsen

PRAXIS

10 | System zur Erfassung von Maschinendaten

erfolgreich bei Autozulieferer eingesetzt

12 | Kamerasystem Safety Eye überwacht Abläufe

im Überseeversand bei Opel Wien

14 | Industrielle Differenztemperaturregelung

ermöglicht Betriebsmittel einzusparen

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atp edition

3 / 2014


HAUPTBEITRÄGE

18 | Modellgestütztes Engineering

L. CHRISTIANSEN, M. HOERNICKE UND A. FAY

Produkte,

Systeme

und Service

für die

Prozessindustrie?

Natürlich.

28 | Einsatz leitsystemintegrierter

Prädiktivregler

B.-M. PFEIFFER, H. GRIEB, O. LORENZ,

D. LOSERT UND D. SACK

38 | Nichtlineare modellprädiktive

Regelung auf SPS

B. KÄPERNICK UND K. GRAICHEN

48 | Advanced Process Control

in der industriellen Praxis

A. BRUNBERG, B. SCHRAMM, M. KAWOHL

UND U. PIECHOTTKA

56 | Regelgütemanagement

RUBRIKEN

F. WOLFF UND S. KRÄMER

3 | Editorial

66 | Impressum, Vorschau

Der PostionMaster EDP300 überzeugt

durch hohe Luftleistung von 50 kg/h bei

10 bar, Diagnosefähigkeit nach Namur

und Überdruckfestigkeit. Mit den

Zulassungen für den Betrieb in Ex-Zone 1

und SIL2 ermöglicht der EDP300 eine

hohe Anlagensicherheit. Durch die

mechanische Stellungsanzeige ist

die Erfassung der Ventilstellung auch

ohne Stromversorgung möglich.

Zuverlässiges Regelverhalten, Flexibilität

und seine kompakte Bauform zeichnen

den EDP300 aus.

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FORSCHUNG

Plug and Work: Interaktion von Komponenten

soll in Zukunft so einfach werden wie USB

Die Idee hinter cyber-physischen System ist die automatische

Interaktion von einzelnen Komponenten

in Maschinen und Anlagen, ohne dass ein Ingenieur

eingreift. Aber sicher, flexibel und zuverlässig müssen

die Systeme sein. Mit einem Invest von rund 6 Millionen

Euro ist nun das Projekt „Secure Plug and Work“ unter

Beteiligung von mehr als zehn Projektpartnern gestartet.

Eine Herausforderung der Industrie-4.0-IT-Architektur

ist die Fähigkeit, sich an Änderungen anzupassen. Sei es,

dass neue Anlagen oder Produktionsprozesse in das System

eingebracht werden oder bestehende Produktionssysteme

verändert werden, etwa weil eine Produktvariante zusätzlich

gefertigt werden soll. Die Partner des Konsortiums

bezeichnen diese Fähigkeit in Anlehnung an Wiendahl als

Wandlungsfähige Informationstechnik, bezogen auf die

physikalische Ebene und auf Software. Ähnlich dem USB-

Standard bei PCs sollen Mechanismen der Selbstbeschreibung

in Bezug auf Funktionalität, Identifizierung, Selbstaufbau

der Kommunikation und geregeltem Datenaus-

DAS ZIEL VON

„PLUG AND WORK“

ist die nahtlose

Integration von

Komponenten in den

Maschinen- und Anlagenapparat,

ähnlich wie

mit der USB-Technik.

Bild: Fraunhofer IOSB

tausch genutzt werden, wenn neue Komponenten, Maschinen

oder Anlagen in ein Produktionssystem eingebracht

werden oder sich softwarerelevante Änderungen ergeben.

Heutige IKT-Architekturen können darauf kaum reagieren:

proprietäre Schnittstellen, nicht integrierte Einzelsysteme

oder firmenspezifische Speziallösungen verhindern,

dass mit IKT-Kapazität ausgerüstete Komponenten

und Maschinen Mechanismen der Selbstkonfiguration

und durchgängiges Datenmanagement nutzen.

Hauptziel des Projekts „Plug and Work“ ist es, auf existierenden

Standards basierende Methoden und Werkzeuge

sowie Konzepte für Informations- und Softwarearchitekturen

zu entwickeln, die eine durchgängige, konsistente

und gesicherte Datenverarbeitung bei Änderungen

in einer der beteiligten Hierarchieebenen der Fertigung

an die anderen Teilnehmer der Fabrik ermöglichen. Der

Zeitbedarf soll reduziert werden, in dem die Eigenschaften

direkt auf der Komponente gespeichert werden und

damit benötigte Information, parallel zur physischen Integration,

über eine Schnittstelle direkt in der Steuerung

zur Verfügung steht. Die Komponentenhersteller ermitteln

vorab die hierzu benötigten Informationen und hinterlegen

sie auf den Bauteilen. Durch die physische und informelle

Integration wird eine Zeitersparnis von rund 20

Prozent bei Erstinbetriebnahme, Instandhaltungstätigkeiten

und Änderungen der Produktion möglich. (ahü)

FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR OPTRONIK,

SYSTEMTECHNIK UND BILDAUSWERTUNG IOSB,

Fraunhoferstraße 1, D-76131 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 609 10,

Internet: www.secureplugandwork.de

Call for atp experts: Energie- und Ressourceneffizienz

AUFRUF ZUR BEITRAGSEINREICHUNG

ATP EDITION 56(9) Energie- und Ressourceneffizienz

in und durch Automatisierungstechnik

ist ein vieldiskutiertes

Thema – im Produktionsprozess, im Gebäude,

bei Antrieben oder prozessnahen

Komponenten. Wir laden Sie ein, Ihre

praktischen Erfahrungen und Erfolge in

aktuellen Effizienzprojekten und Ihre wissenschaftlich-technischen

Lösungsansätze

und Forschungsergebnisse in der Ausgabe

56(9) der atp edition vorzustellen und

zur Diskussion zu veröffentlichen.

Idealerweise können wir durch Ihre Beiträge

die gesamte Bandbreite des Themas

darstellen – von der effektiven Potenzialanalyse,

über innovative Lösungsansätze,

Methoden und Technologien, bis zum nachhaltigen

Betrieb von Ressourcenmanagementsystemen.

Wir bitten Sie bis zum

31.4.2014 zu diesem Themenschwerpunkt

einen gemäß Autorenrichtlinien der atp edition

ausgearbeiteten Hauptbeitrag per E-

Mail an urbas@di-verlag.de einzureichen.

Die atp edition ist die hochwertige Monatspublikation

für Fach- und Führungskräfte

der Automatisierungsbranche. In

den Hauptbeiträgen werden Themen mit

hohem wissenschaftlichen und technischen

Anspruch vergleichsweise abstrakt

dargestellt. Der Journalteil präsentiert

praxisnahe Erfahrungen von Anwendern

mit neuen Technologien, Prozessen

oder Produkten. Alle Hauptbeiträge begutachtet

das atp-Fachgremium. Sollten

Sie sich selbst aktiv an dem Begutachtungsprozess

beteiligen wollen, bitten wir

um kurze Rückmeldung. Für weitere

Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich

gerne zur Verfügung.

Redaktion atp edition

Leon Urbas, Anne Purschwitz,

Aljona Hartstock

CALL FOR

Aufruf zur Beitragseinreichung

Thema: Energie- und Ressourceneffizienz

in und durch

Automatisierungstechnik

Kontakt: urbas@di-verlag.de

Termin: 31. April 2014

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atp edition

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Roboter lernt mit

Umgebungsreizen

WIE DIE HONIGBIENE lernt der Roboter, sich

auf bestimmte Farben hin- und sich von anderen

wegzubewegen. Bild: Freie Universität Berlin

Forscher haben einen Roboter entwickelt, der Umgebungsreize

wahrnehmen und lernen kann, auf

sie zu reagieren. An dem Projekt beteiligt waren

Wissenschaftler der Freien Universität Berlin, des

Bernstein Fokus „Neuronale Grundlagen des Lernens“

und des Bernstein Zentrums Berlin.

Als Vorbild seines Funktionsprinzips diente den

Forschern das Nervensystem von Honigbienen.

Dazu installierten sie eine Kamera auf ein kleines

Roboterfahrzeug und schlossen es an einen Computer

an. Das Computerprogramm bildete vereinfacht

das sensomotorische Netzwerk des Insektengehirns

nach. Seine Eingangsdaten erhielt es von

der Kamera, die – ähnlich einem Auge – visuelle

Informationen aufnehmen und weiterleiten konnte.

Das neuronale Netzwerk selbst trieb wiederum die

Motoren der Roboterräder an und steuerte so seine

Bewegungsrichtung.

In dem Lernexperiment setzten die Wissenschaftler

den netzwerkgesteuerten Roboter in die Mitte

einer kleinen Arena. An deren Wänden waren rote

und blaue Objekte angebracht. Sobald der Roboter

mit seiner Kamera ein Objekt mit der gewünschten

Farbe anvisiert hatte, lösten die Wissenschaftler ein

Lichtsignal aus. Dieses Signal aktivierte eine sogenannte

Belohnungs-Nervenzelle im künstlichen

Netzwerk. Die Verarbeitung der roten Farbe mit der

zeitgleichen Belohnung führte nun zu gezielten Veränderungen

in dem Teil des Netzwerks, das die

Kontrolle über die Roboterräder ausübte. Die Folge:

„Sah“ der Roboter ein weiteres rotes Objekt, so bewegte

er sich darauf zu. Blaue Gegenstände führten

zu einem Rückzug.

(aha)

FREIE UNIVERSITÄT BERLIN,

Kaiserswerther Str. 16-18,

D-14195 Berlin,

Tel. +49 (0) 30 83 81,

Internet: www.fu-berlin.de


VERBAND

Industrie 4.0 stellt Forderungen bei Ausbildung,

Arbeitsplatz und Informationssicherheit

Was Industrie 4.0 für den Standort Deutschland bedeutet,

erläuterten unlängst Dipl.-Wirtsch.-Ing.

Ralph Appel, VDI-Direktor, und Dr.-Ing. Kurt D. Bettenhausen,

Vorsitzender der VDI/VDE-Gesellschaft

Mess- und Automatisierungstechnik auf der VDI-Tagung

„Industrie 4.0“. „Das Neue: Die Ideen und Ziele

zum Erfolg des Standorts Deutschland gemeinsam

umzusetzen. Perspektiven für die Produktion in

Deutschland und für heimische Ausrüster und Dienstleistungsanbieter

werden sich ergeben“, so Bettenhausen.

Aus Sicht des VDI wird die industrielle Welt mit

der Umsetzung von „Industrie 4.0“ zunächst nicht

einfacher. Im Gegenteil, meint Bettenhausen: „Die Vernetzung

von Geräten und Systemen sowie die ansteigende

Informationsdichte machen industrielle Anlagen

komplexer.“

Dementsprechend steigen die Herausforderungen

hinsichtlich Informationssicherheit, Arbeitsplatzbeschreibungen

und Ausbildungsszenarien. Aber: „Wir

benötigen keine neuen Studiengänge. Die Ausbildung

jedoch muss auf die Erfordernisse von Industrie 4.0

abgestimmt sein. Ein solides Studium des Maschinenbaus

oder der Elektrotechnik muss und wird ausreichen,

um nach entsprechender Einarbeitung in den

Fabriken der ‚vierten industriellen Generation‘ zu bestehen“,

stellt Appel klar.

(ahü)

VDI VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,

VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,

Tel. +49 (0) 211 621 40,

Internet: www.vdi.de

AALE-Konferenz vergibt zum 11. Mal den

Student Award für Beste Abschlussarbeiten

Der Verein der Angewandten Automatisierungstechnik

in Lehre und Entwicklung an Hochschulen

(VFAALE e.V.) richtet am 8. und 9. Mai 2014 zum elften

Mal die AALE-Konferenz aus. Veranstalter ist in diesem

Jahr die Fakultät für Maschinenbau und das Zentrum

DIE AALE-KONFERENZ

versammelt Lehre und

Praxis der Automatisierungstechnik

an Hochschulen

für angewandte

Wissenschaften, wie

hier im vergangenen

Jahr in Stralsund.

Bild: Archiv/Purschwitz

für Weiterbildung und Wissensmanagement (ZWW) an

der Ostbayerisch Technischen Hochschule Regensburg.

Dort werden erneut die beste Master- und Bachelor-

Arbeit an Hochschulen für angewandte Wissenschaften

(University of Applied Sciences) mit dem AALE Student

Award ausgezeichnet. Eine Jury aus Industrieexperten

und Hochschulfachleuten bewertet die eingereichten

Beiträge. Dem Erstplatzierten unter den Mater-Absolventen

winkt ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro, die

beste Bachelor-Arbeit ist mit 500 Euro dotiert. Gesponsert

sind die Preise von der BASF Ludwigshafen und

Phoenix Contact in Blomberg.

(ahü)

OTH REGENSBURG, FAKULTÄT MASCHINENBAU,

Galgenbergstr. 30, D-93053 Regensburg,

Herrn Prof. Dr.-Ing. Ralph Schneider,

Tel. +49 (0) 941 943 51 66,

E-Mail: ralph.schneider@oth-regensburg.de

Nominierungen für Max-Buchner-Preis einreichen

Kandidaten für den Max-Buchner-Forschungspreis können

ab sofort bis zum 25. April 2014 nominiert werden.

Die mit 20 000 Euro dotierte Auszeichnung der Dechema

würdigt herausragende Forschungsarbeiten in Technischer

Chemie, Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Chemischer

Apparatetechnik. Besonders Arbeiten jüngerer

Forscher werden berücksichtigt. Sie sollen von grundsätzlicher

Bedeutung sein und eine enge Verflechtung von

Forschung und Praxis zeigen. Besonders willkommen sind

auch Kandidatenvorschläge aus dem Bereich der industriellen

Forschung. Die Arbeiten sollen vorzugsweise von

Europäern an Hochschul-Instituten, wissenschaftlichen

Forschungseinrichtungen oder in industrieller Tätigkeit

ausgeführt worden sein. Der Preis wird im Rahmen eines

Festkolloquiums am 28. November 2014 im Dechema-

Haus in Frankfurt am Main verliehen. Er wird seit 1951

jährlich vergeben.

(ahü)

MAX-BUCHNER-FORSCHUNGSSTIFTUNG,

Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 756 40,

Internet: www.dechema.de/ehrungen

8

atp edition

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BRANCHE

Ingenieurmangel steigt

um 10,6 Prozent

VDI-/IW-INGENIEUR-

MONITOR:

Neue Arbeitsmarktdaten

für Ingenieurberufe

erscheinen

jeden Monat

Bild: Ernsting/LAIF

Unser

Know-how

für Sie

Besuchen Sie uns:

MEORGA

26.03.2014

Jahrhunderthalle

Frankfurt am Main

Stand A6

Laut VDI-Ingenieurmonitor sind im Dezember 2013

insgesamt 63 700 Stellen für Ingenieure in

Deutschland offen geblieben. Damit stieg der Fachkräftemangel

in den Ingenieurberufen um 10,6 Prozent

an. Doch wuchs auch die Zahl derjenigen, die

einen Job in der Ingenieursbranche suchen. Insgesamt

27 208 Personen, die eine Laufbahn als Ingenieur

anstreben, meldeten sich arbeitslos.

“Die zum Jahresausklang positivere Grundstimmung

in der deutschen Wirtschaft schlägt sich deutlich

in der Nachfrage nach Ingenieuren nieder“, kommentiert

VDI-Direktor Ralph Appel die Daten des

neuen VDI-/IW-Ingenieurmonitor. „Die offenen Ingenieurstellen

sind ein Frühindikator für die wirtschaftliche

Entwicklung. Nachdem das Jahr 2013 nahezu

durchweg von einer Seitwärtsbewegung dieses Indikators

gekennzeichnet war, deutet dessen aktuelle

Entwicklung auf eine anziehende Konjunktur hin“, so

IW-Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Klös. (ahü)

VDI VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,

VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,

Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de/monitoring

NSA-Skandal lässt

IT-Start-ups wachsen

Kleine und mittelständische Unternehmen und Startups,

profitieren jetzt vom Skandal um den Datenklau

durch die Amerikanische National Security Agency

(NSA). Das Portal www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de

hat dazu verschiedene IT-Schutzsoftware-

Anbieter befragt. Das Geschäftsfeld wächst. Mitarbeiter

werden eingestellt. „Der NSA-Skandal hat für uns einiges

in Bewegung gesetzt“, sagt Philipp Baumgärtel von

Protonet, einem Hamburger Start-up, das Mittelständlern

selbst entwickelte Server verkauft. Das Unternehmen

wächst. Baumgärtel spricht von dreistelligen Prozentzahlen,

Details will er aber nicht verraten. (ahü)

Mit über 50 weitgehend selbstständigen

Tochtergesellschaften

und über 220 Ingenieur- und Verkaufsbüros

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SAMSON GROUP gebildet.

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Internet: www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de

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PRAXIS

System zur Erfassung von Maschinendaten

erfolgreich bei Autozulieferer eingesetzt

TRW Automotive GmbH spürt mit Signaltechnik Stillstandszeiten auf

ZUR VISUALISIERUNG

von Maschinendaten

hat der Automobilkonzern

Großbildschirme

an unterschiedlichen

Stationen

im Unternehmen

anbringen lassen.

SIGNAL SÄULE

zur Maschinendatenüberwachung

in der TRW-

Niederlassung

Blumberg.

DAS ROUTINGMODUL der Software zeigt mit Hilfe einer Baumstruktur Qualität

und Aufbau der Funkverbindungen zwischen den einzelnen Elementen an.

Um ungeplanten Stillstandzeiten entgegenzusteuern,

sowie latente Kapazitätsreserven aufzuspüren,

nutzt die TRW Automotive aus Blumberg das Maschinendaten-Erfassungssystem

von Werma. Der schwäbische

Signalgerätehersteller hat bereits vor einigen

Jahren das TRW-Werk mit dem „Wireless Information

Network“ (WIN) ausgestattet und weitet die Zusammenarbeit

stetig aus.

„Als ich hier angefangen habe“, erklärt Fertigungsentwickler

Bernd Müller „fehlte es oft an Transparenz

in der Produktion, denn das TRW-Werk in Blumberg

wurde immerzu erweitert“.

Unterschiedliche Gebäude kamen im Laufe der Jahre

hinzu, es wurde immer schwieriger den Überblick über

zahlreiche Maschinenzustände zu behalten. Ein Problem

stellte auch der große Umfang an verschiedenen Maschinensteuerungen,

bedingt durch die Baujahre, dar.

Anfang 2010 wurde Bernd Müller dann auf Werma

aufmerksam. Der Signalgerätehersteller aus Rietheim-

Weilheim hat sich auf ein einfaches Maschinendaten-

Erfassungssystem spezialisiert: Das „Wireless Information

Network“.

KABELLOSE INTEGRATION IN ÄLTEREM

FABRIKGEBÄUDE

Bernd Müller kennt sich mit Maschinenüberwachung

aus und weiß auch, dass es viele kostspielige und komplizierte

Systeme auf dem Markt gibt. Hinzu kam die

Herausforderung, eine kabellose Überwachung zu finden,

da es in den älteren Gebäuden oft nur mit großem

Aufwand möglich ist, nachträglich Kabelleitungen zu

verlegen. Mit dieser Anforderung hatte es Werma Signaltechnik

in die Zielgerade bei TRW geschafft.

Angefangen hat der Automobilanbieter mit der Überwachung

von zehn Schwerpunktmaschinen mit zehn

Sendern zur Zustandsüberwachung. Mit WIN konnte sich

TRW innerhalb weniger Minuten genauen Überblick über

deren Zustände verschaffen. Das funkbasierte System war

ohne Vorkenntnisse schnell per „Plug & Play“ installiert

und konnte sofort in Betrieb genommen werden.

In kurzer Zeit kristallisierte sich heraus, dass WIN alle

Anforderungen an Flexibilität, Modularität und Erweiterbarkeit

von TRW erfüllte. Per Funk wurden Signale

an einen zentralen PC übermittelt – eine komplexe

Schnittstelle zu den Maschinen selber war nicht notwendig,

da als Basis die vorhandene Signalsäule diente.

INSTALLATION OHNE PROGRAMMIERKENNTNISSE

„Positiv aufgefallen ist mir die mitgelieferte WIN-Software,

die sicher durch die einzelnen Schritte zum eigenen

Wireless-Netzwerk führt“, erzählt Elmar Giner.

Der Datenbank-Experte ist bei der Firma TRW in der

IT-Abteilung beschäftigt und von dem Routingmodul

der Software überzeugt. Sie zeigt mit einer Baumstruktur

die Qualität und den Aufbau der Funkverbindungen

zwischen den einzelnen Komponenten an.

Diese Ansicht visualisiert dem Nutzer auch, wo er

Funkverbindungen verstärken sollte, damit das WIN-

Netzwerk sicher funktioniert und Daten problemlos

übertragen kann.

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Als IT-Hersteller legt Giner großen Wert auf Transparenz

in der Fertigung. Die WIN-Software erlaubt es, auf

einen Blick alles am PC zu überwachen. Kinderleicht

kann man Fehler suchen, Produktivität analysieren und

somit die Effizienz steigern. Die einfache, übersichtlich

gestaltete Menüführung in der Software erleichtert die

Bedienung und Maschinenüberwachung.

SCHNELLE NACHRÜSTUNG PER FUNK

80 Slaves mit WIN-überwachten Maschinen statten nun

den Automobilzulieferer aus. Dieser weitet sein WIN-

Netzwerk ständig aus. Dank Funk steht einer schnellen

und einfachen Nachrüstung nichts im Wege. Ganz im

Gegenteil: Die einfache Infrastruktur ermöglicht es,

ohne spezielle Verkabelung weitere WIN-Elemente in

das Netzwerk zu integrieren.

Insgesamt fünf Großbildschirme visualisieren bei

TRW die Produktion. Der Wartungsbereich, die Linienproduktion,

die Elektroabteilung sowie die Instandhaltung

(Mechanik und Elektrik) profitieren tagtäglich

davon. Probleme werden schichtübergreifend und zeitnah

erkannt.

Mittels der in WIN integrierten E-Mail-Funktion werden

Störungen sofort und an jeden Ort an die angebundenen

Smartphone-User übermittelt. So können sie

schnell reagieren und längere Stillstände sowie Produktionsausfälle

vermeiden. Kein Wunder, dass der

IT-Spezialist Elmar Giner „mehr will“ – er weiß wie

flexibel das WIN-System ist und schätzt daran, dass die

Einführungszeit neuer Funktionen kurz und keine zusätzliche

Konfiguration notwendig ist.

AUSWERTUNGEN VON STILLSTANDSURSACHEN

Transparenz erhöhen, Produktivität steigern, Flexibilität

verstärken, Stillstandzeiten reduzieren sowie Kosten

und Zeit sparen sind nur ein paar Vorteile des

WIN-Systems. Im Handumdrehen hatte TRW einen

Überblick über kostenintensive Abläufe und verborgene

Kapazitäten. Fertigungsentwickler Bernd Müller

hatte sich besonders der Lean-Production-Ausrichtung

gewidmet und damit die Wettbewerbsfähigkeit des

Blumberger Unternehmens gesteigert.

Mit WIN stehen ihm allzeit sämtliche Kennzahlen

zum laufenden Auftrag, wie produzierte Stückzahlen,

Ausschuss oder die detaillierte Aufstellung von Stillstandzeiten

zur Verfügung. Mit diesen Auswertungen

gelang es ihm, die Stillstandsursachen über einen definierten

Zeitraum nach Häufigkeit auszuwerten. Dadurch

konnten Maßnahmen entwickelt werden, um die

Produktivität der Maschinen nachhaltig zu steigern.

KOOPERATION ENTWICKELTE SIGNALTECHNIK WEITER

Auch Werma Signaltechnik profitierte von der Kooperation.

Ohne TRW wären viele Funktionen des WIN-

Systems heute noch nicht ausgereift. So gab das Werk

aus Blumberg den Anstoß für die Entwicklung der Zu-

satzfunktion „Stückzahlermittlung“. Der in eine modulare

Signalsäule integrierte WIN slave performance

überwacht dabei bis zu sechs unterschiedliche Maschinenzustände

und erfasst den Zählimpuls. Diese Daten

werden an einen zentralen Empfänger gesendet und in

einer Datenbank gespeichert.

Doch auch darüber hinaus gilt TRW als gutes Beispiel

für das WIN-System in der Praxis: Der Automobilzulieferer

liefert nützliches Feedback an das Werma-Entwicklungsteam.

So können zeitnah neue Ideen

im Soft- und Hardwarebereich ausgearbeitet und umgesetzt

werden. „Es ist ein Geben und Nehmen“, erklärt

Bernd Müller. „Wir sind froh, in Sachen Signalisierung,

einen Partner zu haben, mit dem wir gemeinsam

Herausforderungen angehen können. Davon

profitieren beide Seiten.“

NAHTLOSE INTEGRATION BESONDERS REIZVOLL

Neben WIN setzt der Automobilzulieferer auch weitere

Werma-Produkte ein. Als zukunftsweisend haben sich die

„Andon“-Produkte des Signalgeräteherstellers erwiesen.

Bei Lean-Management-Experten ist der japanische Begriff

„Andon“ schon lange bekannt. Dieser steht für eine gut

sichtbar angebrachte Leuchte, die ein auftretendes Problem

signalisiert und somit zum Handeln auffordert.

Dieses Prinzip gibt es nun auch für Signalsäulen – ein

ganz neuer Ansatz, der unter anderem Materialnachschub

oder Qualitätsmangel signalisieren kann. Der

Mitarbeiter, der das Signal auslöst, braucht also nicht

lange nach einem Ansprechpartner zu suchen. Wege

und Zeit können eingespart, Prozesse schlanker und

effizienter gestaltet werden.

Für die Zukunft plant der Automobilzulieferer, das

WIN-System weiter auszubauen. „Gerade die nahtlose

Integration ist für uns besonders reizvoll“, schließt der

Fertigungsspezialist ab.

AUTOR

CHRISTOPH MÜLLER ist

Gebietsverkaufsleiter bei

der Werma Signaltechnik

GmbH & Co. KG.

Werma Signaltechnik GmbH & Co. KG,

Dürbheimer Str. 15, D-78604 Rietheim-Weilheim,

Tel. +49 (0) 7424 955 70,

E-Mail: info@werma.com

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PRAXIS

Kamerasystem Safety Eye überwacht Abläufe

im Überseeversand bei Opel Wien

Schutzräume lassen sich definieren und mit verschiedenen Sicherheitsfunktionen hinterlegen

BEI DER SEHENDEN SICHERHEITS-

TECHNOLOGIE SAFETY EYE von Pilz

umgibt ein dreidimensionaler Schutzkokon

den Gefahrenbereich oder

ein zu überwachendes Objekt.

AUSGEHEND

VON DER

KAMERAEINHEIT

an der Hallendecke

erzeugt

das System einen

pyramidenförmigen

Schutzschirm,

innerhalb

dessen sich

beliebige Schutz-

(rot) und Warnräume

(gelb) frei

definieren lassen.

Grün zeigt einen

ausgenommen

Bereich.

BEI OPEL

kommen das

dreidimensionale

Kamerasystem

Safety Eye

und das programmierbare

Steuerungssystem

PSS 3000

(links unten)

zusammen.

Bilder: Pilz

Mehr als 500 000 Motoren und an die 750 000 Getriebe

pro Jahr fertigt Opel aktuell in Wien-Aspern.

Rund 70 % davon gehen per LKW und Bahn an die europäischen

Fahrzeug-Produktionsstätten, die restlichen

30 % gelangen per Schiff zu den weltweiten

Standorten des General Motors-Konzerns. Für die Überseetransporte

werden diese Aggregate in spezielle Kartons

verpackt, damit sie geschützt sind. Am Ende des

dafür notwendigen Verpackungsprozesses verschließt

eine Umreifungsanlage die Transportkisten vollautomatisiert.

Das Besondere dabei: Die normgerechte Absicherung

dieses Arbeitsbereiches realisiert Opel nicht

klassisch mit Schutzzäunen, -türen oder Lichtvorhängen,

sondern barrierefrei mit dem weltweit ersten kamerabasierten

Sicherheitssystem Safety Eye.

GRÖSSTES GM-MOTORENWERK

Seit 1982 fertigt General Motors (GM) am Standort Wien

Getriebe und Motoren. Insgesamt 21 Millionen Fünfund

Sechsganggetriebe sowie zirka 12 Millionen Dreizylinder-

und Vierzylinder-Benzinmotoren verließen

in zahlreichen Varianten bis Ende 2012 das weltweit

größte Motoren- und Getriebewerk innerhalb des GM-

Konzerns. Pro Minute produziert Opel Wien zwei Motoren

und vier Getriebe. Beliefert werden Produktionsstätten

rund um den Globus, 80 % aller in Europa neu

zugelassenen Opel-Modelle, darunter auch das neue

Modell Adam, sind mit Antriebseinheiten aus Wien-

Aspern ausgestattet.

SPEZIELLER SCHUTZ FÜR ÜBERSEEVERSAND

Knapp ein Drittel der in Wien produzierten Getriebe

und Motoren erhält für den Versand in die Produktionsstätten

von GM außerhalb Europas einen speziellen

Transportschutz. In einer so genannten Überseeverpackung

– eine holzverstärkte Kartonage – werden jeweils

mehrere Aggregate stoß-, rutsch- und vor allem

wasserfest zusammengepackt. „Früher erledigte diese

aufwendige Verpackung ein externer Partner für uns“,

erzählt Peter Czetina, Safety Engineer bei Opel Wien.

„Heute machen wir das selbst – wir beladen die Container

direkt hier im Werk. Dadurch konnten wir nicht

nur die Flexibilität und letztendlich die Produktivität,

sondern vor allem die Qualität der Verpackung steigern

– die entsprechende Qualitätskontrolle erfolgt nun im

Haus.“ An Spitzentagen sind es bis zu zehn Container.

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Geschwindigkeit spielt hier eine große Rolle, dabei war

in der Vergangenheit die Bänderung der bis zu knapp

2,7 Kubikmetern großen Transportkisten ein verhältnismäßig

zeit- sowie arbeitsintensiver Verpackungsschritt,

der per Hand erfolgte. Die Idee, diesen Prozess

zu automatisieren, lag nahe. „Wir entschieden uns,

eine vollautomatisierte Umreifungsmaschine einzusetzen“,

berichtet Peter Czetina weiter. Dafür wurde im

Vorfeld eine Risikoanalyse durchgeführt und anhand

dieser die zu treffenden sicherheitsrelevanten Vorkehrungen

definiert.

Die Sicherheit der Mitarbeiter war ein wichtiges Thema

vor der Inbetriebnahme der Maschine. „Sicherheit

braucht aber die Akzeptanz der Mitarbeiter“, weiß Peter

Czetina. Ein Schutzzaun beispielsweise birgt generell die

Gefahr in sich, unter Umständen umgangen zu werden.

Bei der neuen Umreifungsmaschine für die Überseeverpackung

war klar: Es müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen

getroffen werden, sodass kein Mitarbeiter

während des Umreifungsvorgangs gefährdet ist.

Deshalb sollte eine effiziente und kostengünstige, dabei

aber auch flexible und kompakte Lösung, die den laufenden

Betrieb nicht behindert, zum Einsatz kommen.

DREIDIMENSIONAL AUS DER VOGELPERSPEKTIVE

Die Transportkisten werden mit Hilfe eines Gabelstaplers

der Anlage zu- und wieder abgeführt. Mehrere Absicherungsvarianten

standen zur Diskussion, von klassischen

Schutzzäunen und -türen über eine komplette

Einhausung mit Rolltoren bis hin zu Lichtschranken

mit Mutingfunktion. Was den Platzaufwand als auch

die Alltagstauglichkeit betrifft, waren diese Lösungen

jedoch nicht optimal. Entschieden hat sich Opel

schließlich für das dreidimensionale Kamerasystem

Safety Eye des Automatisierungsunternehmens Pilz.

Ausschlaggebend war, dass das System eine wartungsarme

und sichere Lösung darstellt.

Das Kamerasystem besteht aus den Komponenten

Sensoreinheit, Hochleistungsrechner sowie Sicherheitssteuerung.

Die aus drei Kameras bestehende Sensoreinheit

ist einige Meter über den zu überwachenden

Raum, bei Opel der Versandanlage, montiert und liefert

permanent Bilddaten. Der Hochleistungsrechner dient

als Auswerteeinheit. Diese berechnet auf Basis der erfassten

Bilddaten und anhand komplexer Algorithmen

ein räumliches Bild. Somit ist es möglich, Objekte

räumlich wahrzunehmen und ihre Position exakt zu

bestimmen. Die so gewonnenen Daten werden mit den

konfigurierten Schutzräumen überlagert. Das System

erkennt dadurch, wenn eine Verletzung des Schutzraumes

vorliegt. Ist das der Fall, meldet der Rechner

ohne Verzug dem programmierbaren Steuerungssystem

PSS 3000, ebenfalls von Pilz, die entsprechende Information.

Über die Ein- und Ausgänge als Schnittstelle

zur Maschinensteuerung würde dann eine definierte

Sicherheitsfunktion – etwa Not-Halt oder sichere Ge-

schwindigkeit – ausgelöst. Die komplette Installation,

Programmierung und Justierung des Systems führte

Pilz im Auftrag von Opel Wien durch. Für die Schutzraumüberwachung

wurden insgesamt acht Schutz- und

Warnräume geschaffen, sodass der Zugang von allen

Seiten – auch von oben – gesichert und ein Übersteigen

des Schutzraums ausgeschlossen ist. Das sichere 3-D

Kamerasystem kann in bis zu 7,5 m Höhe installiert

werden, daraus resultiert auch der erfassbare, pyramidenförmige

Bereich, dessen Grundfläche bei maximaler

Einbauhöhe der Sensoreinheit rund neun auf acht Meter

beträgt. Innerhalb dieser Pyramide lassen sich beliebige

Schutzräume frei definieren beziehungsweise

mit unterschiedlichen Sicherheitsfunktionen hinterlegen.

Bei Opel sind die äußeren vier Räume als Warnräume

eingerichtet – betritt ein Mitarbeiter einen dieser

Räume, so ertönen ein akustisches sowie zeitgleich ein

optisches Warnsignal. Erst wenn diese Warnzone überschritten

und einer der vier eigentlichen Schutzräume

betreten wird, erfolgt der sofortige Stopp der Maschine.

Dabei sind es lediglich 150 Lux Beleuchtungsstärke, die

für den zuverlässigen Betrieb des sicheren Kamerasystems

notwendig sind.

PRODUKTIONSABLAUF WIRD NICHT GESTÖRT

Der Einsatz des Kamerasystems erhöht die Sicherheit

und die Produktivität der Anlage: Denn für das Wechseln

der Bandrolle muss nun keine Schutztür mehr

geöffnet werden und im Störfall kann der Fehler

schneller behoben werden. Das Kamerasystem ist wartungsfrei,

der Produktionsablauf wird nicht gestört.

Die zu umreifenden Verpackungskisten, die über

Transportrollen durch das eigentliche Bandportal geführt

werden, werden von Safety Eye als solche erkannt

und durchgelassen ohne, dass eine Sicherheitsabschaltung

ausgelöst wird.

Auf Basis der Erfahrungen mit dem Kamerasystem

erwägt der Automobilhersteller den Einsatz im deutschen

Opel-Stammhaus in Rüsselsheim.

AUTOR

STEPHAN MARBAN

Pilz GmbH Sichere Automation,

Modecenterstraße 14,

A-Wien,

Tel. +43 (0) 1 798 62 63 13,

E-Mail: s.marban@pilz.at

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PRAXIS

Industrielle Differenztemperaturregelung

ermöglicht Betriebsmittel einzusparen

Mit Bluetooth-Modul werden Geräteeinstellungen drahtlos vorgenommen

Der Begriff Energieeffizienz ist das Schlagwort der

Gegenwart, jedoch erweist sich die technische Umsetzung

oft als schwer realisierbar. Viele Produktionsstätten

haben noch ungeregelte Prozesse, bei denen

Energieeinsparungen effizient möglich wären.

Samson bietet hierzu Lösungen an. Eine der jüngsten

Projekte des Herstellers von Mess- und Regeltechnik

war die Umsetzung einer industriellen Differenztemperaturregelung

für Kühlwalzen. Aus der gestellten

Anforderung wurde mit einer Kombination aus Ventil,

elektrischem Antrieb mit integriertem Prozessregler

sowie fertig konfektionierter Sensorik ein gutes Ergebnis

erzielt.

EINSPARPOTENZIALE IN BETRIEBEN

Ansätze für Optimierungsmöglichkeiten gibt es bei

der Materialbeschaffung, im Produktionsprozess und

bei den Betriebsmitteln. Während die erst genannten

traditionell stark im Fokus stehen, sind die Möglichkeiten

bei den Betriebsmitteln oft nicht voll ausgeschöpft.

Gerade in Produktionsbetrieben sind viele

Temperaturprozesse im Einsatz, die ungeregelt und

unbemerkt ihren Dienst verrichten. Hier stellt sich bei

genauerem Betrachten die Frage: sind diese Prozesse

hinreichend effizient?

In vielen Fällen muss geheizt oder gekühlt werden.

Häufig sind ungeregelte oder sehr einfach geregelte

Temperaturprozesse vorzufinden. Bei näherer Untersuchung

ergeben sich hier Verbesserungsmöglichkeiten

durch eine Regelung oder durch Steigerung der Regelgüte

und damit zu Einsparungen von Betriebsmitteln

und deren Transport.

SCHNELLE AMORTISIERUNG

Im Idealfall für die Betriebe amortisieren sich die Anschaffungskosten

in ein bis zwei Jahren. Ausgehend

von der ungeregelten Kühlung wurde das durchschnittliche

Einsparungspotenzial gegenüber einer geregelten

Kühlung auf 50 % geschätzt.

Bei Einsatz der Regelkomponente von Samson werden

Einsparungen im Schnitt von knapp 60 % erzielt.

So amortisiert sich die Investition bereits nach etwa

einem Jahr. Die Zielvorstellungen der Betriebe sind damit

erfüllt.

EINSPARUNGEN ZWISCHEN 30 UND 80 %

Eine effektive Methode zur Umsetzung der Temperaturregelung

ist die Integration eines Motorventils in

die bestehende Rohrleitung des Heiz- beziehungsweise

Kühlmediums. Im elektrischen Antrieb des Motorventils

wiederum befindet sich neben dem prozessorgesteuerten

Zweikanalregler auch ein Bedienfeld,

um im laufenden Betrieb vor Ort Einfluss nehmen zu

können.

Die Anwendung in diesem Fall beschreibt eine Kühlwalzenregelung,

dessen Kühlwasser ursprünglich zu

0 oder 100 % zugeführt wurde. Durch Regelung des

benötigten Volumens sind gemäß praktischer Tests Einsparungen

zwischen 30 und 80 % möglich. Dazu dient

eine Differenztemperaturregelung zwischen Eintrittsund

Austrittstemperatur, gemessen jeweils an den

Rohrleitungen zu und von den Kühlwalzen. Die konfektionierte

Kabelsensorik erlaubt den Einsatz als Anlege-

oder Tauchsensoren durch entsprechendes Zubehör.

Zusätzlich zur Differenztemperaturregelung des

ersten Reglerkanals wird eine Rücklauftemperaturregelung

des zweiten Reglerkanals als Begrenzungsregelung

mit Minimalauswahl gefahren. Damit sind zwei

Regelfunktionen mit nur einem Motorventil sehr kompakt

realisiert.

EINFACHE KOMPONENTE MIT HOHEM NUTZEN

Die Regelkomponente hat eine kompakte Bauform, eine

bereits konfektionierte Anschlussleitung sowie konfektionierte

Kabelsensoren. Damit entfällt ein sonst üblicher

Schaltschrank mit seiner gesamten Regelelektronik

inklusive Verdrahtung. Diese Einheit aus Ventil

und elektrischem Prozessregelantrieb ist universell

einsetzbar: Sie kann mit unterschiedlichen Ventilen

für Industrie oder Gebäudeautomation kombiniert werden,

die Kabelsensoren lassen sich auch als Tauch- oder

Anlegesensoren einsetzen und es ist eine einfache Auswahl

vorkonfektionierter Anlagenkennziffern für Heizoder

Kühlapplikationen möglich.

PARAMETRIEREN VIA BLUETOOTH

Das integrierte Bluetooth Modul schafft erhöhten Inbetriebnahme-

und Bedienkomfort durch die drahtlose

Verbindung zur Konfigurier- und Bediensoftware

Trovis-View.

Alle Geräteeinstellungen zur Regelfunktion, Geräte-

und Anlagendokumentation, Aufzeichnung und

Protokollierung der Prozessdaten sowie Konvertierung

in das XLS-Datenformat werden mit dem PC-

Programm erfüllt. Der PC muss über Bluetooth ab

Version 2.1 verfügen. Für den Transfer der Daten zwischen

PC und Regeleinheit sind keine weiteren Hilfsmittel

erforderlich.

Das Bedienfeld weist nur die wichtigsten Funktionen

auf, um dem Anlagenfahrer die Bedienung für den laufenden

Prozessbetrieb zu erleichtern. Neben der Ist-

Wertanzeige und der Eingabe des Sollwertes ermöglicht

es, die Betriebsarten zu steuern. Sonderfunktionen

dienen zum Initialisierungslauf und zur elektrischen

Handverstellung. Bei Wegfall der elektrischen Speisung

ermöglicht das Handrad die mechanische Verstellung

des Ventilhubes.

UMSETZUNG WEITERER ANWENDUNGEN

Eine Sammlung von Anwendungen existiert bereits

und wird fortlaufend erweitert. Nachfolgend drei Beispiele

umgesetzter Industrieanwendungen:

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EINGEBAUTE REGELKOMPONENTE zur Kühlwasserregelung

für Kühlwalzen Bilder: Samson

REGELKOMPONENTE VENTIL mit elektrischem

Prozessregelantrieb im Einsatz

BEDIENFELD für

den Anlagenfahrer

PROZESS-

REGELEINHEIT

Typ 3222/5724-8

von SAMSON

FESTWERT-

REGELUNG mit

Mittelwertbildung

1 | Festwertregelung Heizen mit Mittelwertbildung

und Sollwertumschaltung

2 | Differenztemperaturregelung Kühlen mit Begrenzung

der Rücklauftemperatur

3 | Kaskadenregelung Heizen mit Sollwertbegrenzung

und Start/Stopp der Regelung

1. Heizen mit Mittelwertbildung

und Sollwertumschaltung

In der Grundeinstellung arbeitet das Gerät mit einem

Sensor (T1 mit roter Markierung) als Festwertregler

Heizen mit Sollwertumschaltung über die Tasten I und

O. Alternativ lässt sich die Sollwertumschaltung durch

einen Binäreingang steuern. Der Sollwert ist am Gerät

mit den Tasten Pfeil Auf und Pfeil Ab innerhalb des

Einstellbereiches verstellbar.

Durch Änderung der Anlagenkennziffer kann einfach

die Festwertregelung Heizen zur Festwertregelung

Kühlen umkonfiguriert werden.

Wird die Festwertregelung zum Beispiel mit dem blau

markierten Sensor (T2) ergänzt, so kann mit Hilfe beider

Sensoren (T1 und T2) ein Mittelwert gebildet werden. Ein

mögliches Anwendungsfeld ist die Regelung einer Flüssigkeit

in einem Reaktionskessel mit mehreren Temperaturschichtungen.

Zwei unterschiedlich lange Tauchhülsen

dienen zur Lokalisierung zweier Messpunkte. Im

besonderen Fall kann die Mittelwertbildung gleichwertig

und mit unterschiedlicher Bewertung gestaltet werden,

das heißt der eine Messpunkt wird zum Beispiel mit

5-facher und der andere mit 1-facher Wertung berechnet.

Regelgröße PV =

a · T1 + b · T2

z

Setzt man die Parameter wie oben erläutert

a = +5; b = +1 und z = +6

ergibt sich daraus

Regelgröße PV =

5 · T1 + 1 · T2

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PRAXIS

2. Kühlen mit Begrenzung der

Rücklauftemperatur

Diese Anwendung beschreibt die Regelung einer Differenztemperatur

zwischen Rücklauf- (T1) und Vorlauftemperatur

(T2) eines Kühlprozesses, die in der eingangs

beschriebenen Applikation zum Einsatz kommt.

In diesem Fall dient die Formel der Regelgröße PV zur

Bestimmung der Differenztemperatur.

Regelgröße PV =

a · T1 + b · T2

z

Setzt man a = +1; b= –1 und z = +1

ergibt sich die Regelgröße PV = T1 – T2.

DIFFERENZ-

TEMPERATUR-

REGELUNG

mit Begrenzung

der Rücklauftemperatur

KASKADEN-

REGELUNG

zur Pasteurisierung

von

Lebensmitteln

KASKADEN-

REGELUNG

zur Temperaturregelung

einer

Flüssigkeit

in einem

Reaktionskessel

Die gewünschte Temperaturdifferenz wird durch den

Sollwert vorgegeben. Die Kennlinie substituiert einen

mechanischen Bypass während des Regelprozesses. Bei

erhöhtem Kühlbedarf öffnet das Regelventil gemäß den

Einstellungen des integrierten Reglers.

3. Kaskadenregelung Heizen mit

Sollwertbegrenzung

Für die Kaskadenregelung stehen in der Regeleinheit

zwei Kanäle zur Verfügung, die jeweils als Führungsund

Folgeregler dienen. Hierbei wird ein Sensor (T1)

für die Erfassung der primär zu regelnden Größe im

Führungsregelkreis genutzt. Der zweite Sensor (T2)

hingegen dient zur Erfassung der Hilfsregelgröße im

Folgeregelkreis. Als Anwendungsbereich ist die Pasteurisierung

von Lebensmitteln denkbar. Dabei ist vor

allem darauf zu achten, dass die Führungsgröße des

Folgereglers begrenzt werden muss, damit das Produkt

nicht überhitzt. Die Begrenzungsfunktion ist im Regler

integriert.

Durch einfache Auswahl der vorkonfektionierten

Anlagenkennziffer wird die gewünschte und dokumentierte

Konfiguration aus der Sammlung der Kennziffern

aufgerufen und anschließend in den Prozessregelantrieb

übertragen. Mit diesen Voreinstellungen ist

die Regeleinheit zunächst betriebsbereit und kann bei

Bedarf individuell angepasst werden.

AUTOREN

Dipl.-Ing. RAINER SCHWAN

ist Leiter Industrieregler und

elektrische Antriebe.

Samson AG,

Weismüllerstraße 3,

D-60314 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 40 09 15 19,

E-Mail: rschwan@samson.de

Dipl.-Ing. GERT NAHLER

ist Zentralabteilungsleiter

Entwicklung Elektronik Gebäudeautomation

und Regler.

Samson AG,

Weismüllerstraße 3,

D-60314 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 40 09 13 38,

E-Mail: gnahler@samson.de

Dipl.-Ing. RUDOLF LÄSSLER

ist Zentralabteilungsleiter

Entwicklung Regler ohne Hilfsenergie

und Stellventile.

Samson AG,

Weismüllerstraße 3,

D-60314 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 40 09 13 10,

E-Mail: rlaessler@samson.de

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atp edition

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97091 Würzburg

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Branche / Wirtschaftszweig

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Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur

Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache an den Leserservice atp, Postfach

9161, 97091 Würzburg.


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dass ich vom DIV Deutscher Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über interessante, fachspezifische Medien und Informationsangebote informiert und beworben werde.

Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.


HAUPTBEITRAG

Modellgestütztes Engineering

Basis für die Automatisierung der Automatisierung

Über die Vorteile bei der Nutzung von Modellen im Engineering-Prozess herrscht

Konsens. Ein wesentlicher Ansatz ist die Unterstützung bei der Planung des Automations-Engineerings

durch Automatisierung der Automatisierung (automation of

automation, AoA). Die dazu benötigten Modelle werden zumeist manuell aus Planungsdaten

erzeugt, insbesondere dem R&I-Fließbild. Der Beitrag beschreibt, wie

auf Grundlage eines Vergleichs verschiedener Anwendungsfälle, die mittels geeigneter

Modelle unterstützt werden können, funktionale und nicht-funktionale Anforderungen

abgeleitet wurden, die an diese Modelle gestellt werden. Durch eine

Analyse dieser Anforderungen konnten Synergieeffekte in Form von einer sich überlappenden

Teilmenge an Modellinhalten innerhalb der für AoA-Aufgaben benötigten

Modelle ermittelt werden. Die Synergien lassen sich nutzen, indem diese Modellinhalte

in einem übergeordneten Modell gespeichert werden und dieses als Quelle zur

Erzeugung verschiedener spezifischer AoA-Modelle herangezogen wird.

SCHLAGWÖRTER Anforderungsdefinition / Engineering / Automatisierung der

Automatisierung

Model-based Engineering

Common Model as a Basis for ‘Automation of Automation’

There is consensus about the benefits offered by the use and application of models

in the engineering process. One promising approach relates to the support of planning

activities by “automation of automation” (AoA). Models are conventionally

generated manually using planning data, in particular the P&ID. Functional and

non-functional requirements are derived from a comparison of different applications

which can be supported by appropriate models. Through analysis and evaluation of

these requirements, synergies have been determined for AoA purposes. Synergies

may be exploited by storing them in a higher-level model, which is used as a source

for generating specific AoA models.

KEYWORDS automation of automation / requirements’ definition / model-based

engineering

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LARS CHRISTIANSEN, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg

MARIO HOERNICKE, ABB Forschungszentrum

ALEXANDER FAY, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg

Das Engineering verfahrens- und fertigungstechnischer

Automatisierungssysteme ist

durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher

Gewerke, Fachbereiche und Engineering-

Organisationen geprägt und unterliegt einer

phasenorientierten Bearbeitung. Das Ergebnis am Ende

einer Planungsphase dient als Informationsbasis für

die jeweils nachfolgenden Phasen und Gewerke. Planungstätigkeiten

werden mittels einer Vielzahl unterschiedlicher

und damit phasen- sowie gewerkspezifischer

CAE-Planungswerkzeuge durchgeführt. Diese

basieren meist auf proprietären Datenmodellen, die

eine durchgängige Nutzung der darin enthaltenen Informationen

erschweren. Beispiele für Modelle, die ein

wesentliches Ergebnis einer Planungsphase darstellen,

sind das Anlagenlayout oder das Rohrleitungs- und

Instrumentenfließbild (R&I-Fließbild).

Der Einsatz von Modellen im Engineering-Prozess

wird mit den Begriffen Model Driven Engineering

(MDE) und Model Based Engineering (MBE) umschrieben

[1]. Dabei werden im Kontext des MDE Engineering-

Artefakte, wie Dokumente oder SW-Code, durch den

Einsatz von Modellen automatisch erzeugt, wohingegen

MBE den Umstand beschreibt, dass auf der Grundlage

eines Modells spezifische Tätigkeiten, wie Design, Lösungsauswahl,

Funktionstests oder Optimierungen,

durchgeführt werden. Der durchgängige Einsatz von

Modellen sowie die damit verbundene Möglichkeit zur

Wieder- beziehungsweise Weiterverwendung der Information

können einen wesentlichen Hebel darstellen,

den Engineering-Aufwand [2] und damit die Projektlaufzeiten

und -kosten [3, 4] zu reduzieren. Dieser

Schritt erfordert allerdings, neben den entsprechenden

Daten- und Informationsmodellen, geeignete Vorgehensweisen

innerhalb des Engineering-Prozesses, die

den Aspekt der Durchgängigkeit unterstützen können

[4]. Zur Reduzierung des Engineering-Aufwands in Verbindung

mit geeigneten Modellen spielt zum Beispiel

die Automatisierung von Tätigkeiten eine wesentliche

Rolle. Dies wird mit dem Begriff der Automatisierung

der Automatisierung [5] (automation of automation,

AoA) umschrieben.

1. STAND DER WISSENSCHAFT

Über die in der Einleitung genannten Vorteile hinaus versprechen

sich die Unternehmen durch den Einsatz von

MDE und MBE im Engineering-Prozess beispielsweise die

Möglichkeit der frühzeitigen Absicherung von Engineering-Ergebnissen

[1], die automatisierte Wiederholung von

Engineering-Tätigkeiten [2] sowie die Verringerung von

Übertragungsfehlern und damit Inkonsistenzen zwischen

den Modellen [6]. Dennoch stehen dem Einsatz von

MDE und MBE Probleme und Herausforderungen gegenüber,

die gelöst werden müssen, bevor diese Vorteile zum

Tragen kommen können. Im Folgenden wird ein Überblick

über die diesbezügliche Forschung gegeben.

1.1 Modelle für modellgestütztes Engineering

Im Kontext der digitalen Fabrik werden in [7] unterschiedliche

Modellansätze diskutiert und grundsätzliche

Anforderungen an Engineering-Modelle gestellt:

zum Beispiel der erforderliche Formalisierungsgrad, die

Ausdrucksstärke sowie die Möglichkeit zur Beschreibung

statischer und dynamischer Systemzusammenhänge.

Darauf aufbauend wird in [8] eine Bewertungsmethodik

vorgestellt, mit der unterschiedliche im Engineering

genutzte Modelle hinsichtlich der durchgängigen

Nutzung untersucht und bewertet werden können.

Ebenfalls im Kontext der digitalen Fabrik wird in [9],

basierend auf einem mechatronischen Domänen-Modell,

ein Konzept für die digitale Anlagenplanung vorgestellt.

Ein Domänen-Modell wird dabei als ein zentrales

Engineering-Modell definiert, welches sich innerhalb

des Engineering-Workflows oder bedingt durch

unterschiedliche CAE-Werkzeuge nicht verändert.

Dennoch soll dieses Modell eine Integration in die heterogene

Werkzeuglandschaft unterstützen, wodurch

es gleichzeitig alle am Engineering-Prozess beteiligten

Organisationen und Disziplinen auf sich vereinigt.

In [1] wird grundsätzlich zwischen zwei Arten von

Engineering-Modellen unterschieden: a) Modelle, die

sich zur Entwicklung der Automatisierungslösung nut-

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19


HAUPTBEITRAG

zen lassen und b) Modelle, die zur disziplinübergreifenden

Kommunikation zwischen Projektbeteiligten

geeignet sind, wie das R&I-Fließbild. Des Weiteren werden

Modelle c) hinsichtlich des Datenaustauschs zwischen

den CAE-Systemen der am Engineering beteiligten

Disziplinen definiert. Ziel ist es, aus Quellmodellen

entwicklungsbegleitend Zielmodelle zu erzeugen,

die die Lösungsfindung und damit die in den Phasen

durchzuführenden Aufgaben und Tätigkeiten unterstützen.

Dies deckt sich in der Intention mit der Definition

der Nutzenaspekte in [2]. Dazu sind verschiedene

Modelltransformationen erforderlich, die mit einer

Transformation der Modelle in eine domänenspezifische

Sprache abgeschlossen werden.

Hinsichtlich der Problematik, dass proprietäre Datenmodelle

auf Grund der gewerkespezifischen CAE-

Werkzeuge existieren, die eine durchgängige Nutzung

erschweren, gibt es zwei Lösungsmöglichkeiten: Zum

einen besteht die Möglichkeit der spezifischen Modelltransformation

zwischen proprietären Datenmodellen,

und zum anderen kann auf herstellerneutrale Datenformate

zurückgegriffen werden. Erstere erfordert geeignete

Transformationsmechanismen zwischen den

einzelnen, in der Regel domänenspezifischen Modellen

beziehungsweise deren Schnittstellen [3]. Der transformationsbasierte

Ansatz erfordert allerdings einen langfristigen

Einsatzhorizont, da die Entwicklung geeigneter

Mechanismen zur Transformation einen beträchtlichen

Aufwand sowie eine möglichst detaillierte Anforderungsdefinition

erfordern [10]. Aus dem geplanten

Einsatz des Modells innerhalb des Engineerings resultiert

der Detaillierungsgrad [10]. Die spezifischen, mit

hohem Aufwand erzeugten Transformationsmechanismen

sind daher nur für eine geringe Anzahl von Zielmodellen

geeignet. Dies gilt insbesondere hinsichtlich

der kontinuierlichen Pflege und Weiterentwicklung der

Mechanismen, die zum Beispiel durch Änderungen des

Quell- oder Zielformats notwendig werden. Weiterhin

führt die Nutzung von vielen unterschiedlichen Modellen

zu zwei wesentlichen Problemen: Es muss sichergestellt

werden, dass bei Änderungen innerhalb

eines Modells diese Änderungen in den abhängigen

Modellen übernommen werden, damit dies nicht zu

Inkonsistenzen innerhalb der Modelle führt, welche

sich direkt auf die Qualität des Engineering-Prozesses

auswirken würden. Das Problem der Pflege der spezifischen

Transformationsmechanismen zwischen domänenspezifischen

Modellen kann durch Nutzung eines

herstellerneutralen – das heißt nicht-proprietären – Datenformats

umgangen werden. Hier hat sich in den letzten

Jahren CAEX beziehungsweise AutomationML als

geeignet und vielversprechend herausgestellt. Dennoch

unterliegt die Nutzung von CAEX/AutomationML ebenfalls

Vor- und Nachteilen [11], die an dieser Stelle aber

nicht weiter betrachtet werden.

1.2 Modellgetriebene Ansätze im Kontext AoA

Die grundsätzliche Idee von AoA besteht darin, Aufgaben

und Tätigkeiten, die während des Engineerings der

Automatisierungstechnik, das heißt der Planung und

Realisierung, der Inbetriebnahme und der Wartung

anfallen, zu automatisieren und somit den Planungsingenieur

von Aufgaben, die häufig „gleichartigen, sich

wiederholend und monoton anmutenden Charakter

aufweisen“ [12], zu entlasten.

Als Informationsgrundlage und Ausgangsbasis wird

bei der Planung der Automatisierungstechnik verfahrenstechnischer

Anlagen in den meisten Fällen auf das

R&I-Fließbild zurückgegriffen. Dieses bildet ein zentrales

Modell für die Automatisierungstechnik und

weist bereits einen sehr hohen Informationsgehalt hinsichtlich

der zu projektierenden Anlage und ihres Automatisierungssystems

auf. Dazu zählt die topologische

Verknüpfung von Anlagenobjekten wie Behälter, Rohrleitungen

und Automatisierungskomponenten (AT-

Komponenten), zum Beispiel Sensoren und Aktoren

und teilweise zugehörigen AT-Funktionen.

Im Bereich der Erstellung von Bedienbildern (human

machine interface, HMI) existieren umfassende Untersuchungen

und Ansätze, die eine automatische Generierung

unterstützen [13-16]. Um den manuellen Aufwand

zur Erstellung der für die virtuelle Inbetriebnahme

automatisierter Systeme beziehungsweise zur

Durchführung des Integrationstests und der Werksabnahme

benötigten Simulationsmodelle zu reduzieren,

werden in [17-20] verschiedene Ansätze vorgestellt.

Neben der Unterstützung zur automatisierten Erstellung

von Modellen sind für die automatische Generierung

der Steuerungsfunktionen ebenfalls Methoden

entwickelt worden. In [21] wird ein wissensbasiertes

Konzept zur Erstellung von Steuerungscode für Fertigungsmaschinen

und -anlagen beschrieben, in [22] ein

Konzept zur Ableitung und Gewinnung von Verriegelungslogik

und in [23] eine Unterstützung zur Erstellung

von Asset-Management-Funktionen. In [24] wird

die Ableitung von Testszenarien zur frühzeitigen Überprüfung

der Steuerungslogik präsentiert.

Darüber hinaus gibt es vielversprechende Ansätze

auf Basis des Verfahrens- beziehungsweise R&I-Fließbilds,

um die Ursachenanalyse, also den Diagnoseprozess,

systematisch zu unterstützen [25, 26].

2. GEMEINSAMES TOPOLOGIEMODELL ALS GRUNDLAGE

Die innerhalb der Forschung entwickelten und vielversprechend

erscheinenden AoA-Ansätze werden im

industriellen Umfeld bisher kaum angewandt. Ein

wesentliches Hindernis für den ausgebliebenen

Transfer in die Industrie sehen die Autoren darin,

dass die benötigten Daten und die erforderliche Information

zumeist in Dokumenten wie Word, PDF oder

Excel-Tabellen gespeichert sind [27]. Auf Grund einer

fehlenden Formalisierung sowie nicht standardisierten

Datenformaten sind diese in der Regel nicht für

softwarebasierte Analysen und Auswertungen nutzbar

oder zur Erzeugung von Modellen geeignet. Um

dennoch die im vorherigen Abschnitt genannten AoA-

Ansätze zu ermöglichen, greifen diese auf XML-basierte

Datenformate und -modelle, wie CAEX [28],

20

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AutomationML [28] oder PandIX [30] zurück. Des

Weiteren wird davon ausgegangen, dass die benötigte

Information grundsätzlich in einer geeigneten Struktur

zur Verfügung steht.

Aus Sicht der Autoren besteht beim modellgetriebenen

und beim modellbasierten Engineering in der

Automatisierungstechnik und damit auch bei der AoA

das Problem, dass für jeden Ansatz eigene, neue und

sehr spezifische Modelle genutzt werden, die teilweise

mit hohem Aufwand und manchmal manuell erstellt

werden müssen. Dabei liegt die Vermutung nahe, dass

Teilmengen der spezifischen Modelle identisch sind,

insbesondere hinsichtlich der Komponenten- und

Strukturinformation, gegebenenfalls mit unterschiedlichem

Detaillierungsgrad. Deshalb müssen zunächst

die spezifischen Anforderungen geeigneter Anwendungsfälle

untersucht und anschließend deren Überlappung

überprüft werden. Im nächsten Schritt können

dann die übereinstimmenden Anforderungen mit

einem allgemeinen, übergeordneten Topologiemodell

(top level topology model, TLT-Modell) der zu projektierenden

Anlage erfüllt werden. Dieses TLT-Modell

dient anschließend als Ausgangsbasis, um die spezifischen,

für AoA-Ansätze erforderlichen und geeigneten

Teilmodelle zu erzeugen. Unter der Topologie einer

Anlage wird die physikalische Verbindung zwischen

Anlagenelementen, zum Beispiel zum Material- und

Energietransport, und die informationstechnische Verknüpfung,

beispielsweise zwischen Sensoren und

Aktoren, verstanden.

Diesem Konzept folgend werden, wie in Bild 1 (li.)

dargestellt, die spezifischen Teil-Modellinhalte (MI)

MI-1 (grün), MI-2 (gelb) und MI-3 (blau) aus dem TLT-

Modell (graues Rechteck) abgeleitet. Die Modellinhalte

repräsentieren daraufhin ein spezifisches Teilmodell

(M S , Rechteck). Da diese Teilmodelle domänenunabhängig

sind, werden diese in domänenspezifische Modelle

(M D , Sechseck) transformiert (re.), um in spezialisierten

CAE-Werkzeugen, wie zum Beispiel Simulationswerkzeugen,

verwendet werden zu können.

Eine Rücktransformation eines spezifischen Teilmodells

beziehungsweise domänenspezifischen Modells in

das TLT-Modell ist bei diesem Konzept nicht vorgesehen.

Das TLT-Modell fungiert als zentrales, umfassendes Modell,

aus dem sich bei Veränderungen und anlassbezogen

mehrfach neue Modelle generieren lassen.

Für diesen Ansatz wird im nächsten Schritt ermittelt,

für welche Engineering-Tätigkeiten ein TLT-Modell

grundsätzlich geeignet sein kann und dementsprechend

auch, welchen Detaillierungsgrad sowie Informationsgehalt

das TLT-Modell aufweisen muss. Hierfür

werden typische AoA-Anwendungsfälle und die zur

Nutzung erforderlichen spezifischen Modellinhalte

(wie Objekte, Attribute, Strukturen) untersucht und

abgeleitet (Bild 2). Diese repräsentieren nun die Anforderungen

an die Modellinhalte des TLT-Modells.

3. ANFORDERUNGEN DER ANWENDUNGSFÄLLE

AN EIN TLT-MODELL

Um die spezifischen Modellinhalte als konkrete Anforderungen

an ein gemeinsames Topologiemodell abzuleiten,

wurden in weltweiter Zusammenarbeit mit Experten

(unter anderem Projektierer, Entwickler, Projektleiter

AT-Engineering aus den Bereichen Öl, Gas, Petrochemie,

Mining, Marine und Power der ABB AG)

insgesamt zwölf Anwendungsfälle diskutiert, die

grundsätzlich ein großes Potenzial für AoA bieten. Im

Rahmen einer inhaltlichen sowie wirtschaftlichen Betrachtung

wurde vier Anwendungsfällen eine besonders

hohe Bedeutung zugesprochen. Diese Fälle wurden

vertieft analysiert. Im Rahmen dieses Beitrags

werden zwei Anwendungsfälle (use case, UC), die Generierung

von Prozesssimulationsmodellen und die

Validierung von Ursachenanalysen, vorgestellt. Diese

dienen im nächsten Schritt dazu, die einzelnen Anforderungen

aus Sicht des Anwendungsfalls an das gemeinsame,

übergeordnete TLT-Modell abzuleiten und

daraufhin potenzielle Synergieeffekte aufzuzeigen.

3.1 Betrachtete Anwendungsfälle der AoA

UC-1: Generierung von Prozesssimulationsmodellen

für denIntegrationstest und die Werksabnahme

Die finalen Tests eines Automatisierungssystems vor der

Inbetriebnahme gliedern sich in zwei Phasen: a) Integra-

TLT-Model der zu

projektierenden Anlage

Spezifische

Teilmodelle

Domänenspezifische

Modelle

MI-3

MI-1

MI-2

Ableitung

M S -1

M S -2

M S -3

Transformation

M D -1

M D -2

M D -3

Ableitung

Spezifische Modellinhalte:

- Daten

- Informationen

- Strukturen

- Sichtweisen

- Beziehungen

- …

Anforderung

Modellinhalte des

TLT-Models

BILD 1: Vorgehen zur Erzeugung domänenspezifischer

Modelle aus einem TLT-Modell

BILD 2: Ableitung von Anforderungen an das TLT-Modell

auf Basis spezifischer Modellinhalte

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21


HAUPTBEITRAG

tionstest, bei dem die Logik der Automatisierungstechnik

und deren Subsystem, inklusive der Interaktionen

zwischen den Subsystemen, gegen die Kundenspezifikation

getestet wird, um die Resultate des Engineering

zu verifizieren und b) die Werksabnahme, bei der der

Kunde anwesend ist und einige stichprobenartige Tests

am System durchführt, um das System zu validieren.

Während beider Phasen muss das Automatisierungssystem,

sei es real vorhanden oder emuliert, wie in [31]

beschrieben, stimuliert werden, um Reaktionen hervorzurufen

und damit die Logik des Systems zu testen.

Heute wird dies manuell oder mittels geeigneter, kostengünstiger

Methoden, wie in [19] beschrieben, durchgeführt.

Ein Prozesssimulationsmodell wird selten eingesetzt,

da der manuelle Entwicklungsaufwand hierfür

zu hoch ist. Mögliche Herangehensweisen, dieses automatisch

zu erstellen, werden in [19] beschrieben. Dazu

wird das R&I-Fließbild genutzt, um daraus ein domänenspezifisches

Simulationsmodell abzuleiten.

UC-2: Validierung von Ursachenanalysen

Während des Betriebs einer Anlage treten des Öfteren

auf Grund zunächst unbekannter Ursachen Fehler auf,

die im Verlauf eventuell zu größeren Problemen, wie

zum Beispiel Anlagenstillstand, führen. Um die zunächst

schwer erkennbaren Fehlerursachen zu finden,

können statistische Methoden zur Ursachenanalyse

eingesetzt werden, welche auf Analyse von Signalverläufen

basieren [32]. Signalbasierte Analysen sind jedoch

Blackbox-Verfahren, die die physikalischen Zusammenhänge

der Signale innerhalb der Anlage nicht

berücksichtigen. Deshalb bieten diese Verfahren oft

verschiedene Algorithmen an, die divergierende Ergebnisse

für die gleichen Messdaten liefern können. Jeder

der Algorithmen hat seine Daseinsberechtigung, da er

für spezielle Klassen von Signalverläufen aussagekräftige

Ergebnisse liefert.

Diese Vielfalt führt jedoch oft zu Missverständnissen

bei den Servicetechnikern, da diese üblicherweise verschiedene

Algorithmen ausprobieren und deren Ergebnisse

manuell analysieren. Um dies zu vermeiden, kann

ein Topologiemodell helfen [25], welches auf Basis der

Anlagentopologie fehlerhafte Ergebnisse, insbesondere

physikalisch nicht nachvollziehbare Verbreitungspfade,

analysiert und herausfiltert. Um die Ursachenanalyse

systematisch zu unterstützen, bietet es sich an,

den Fehlerverbreitungspfad entgegengesetzt der Ausbreitungsrichtung

physikalischer Wirkungen in der

Anlagentopologie zu analysieren. Um den Aufwand zur

Analyse und genauen Eingrenzung der Fehlerursache

zu reduzieren beziehungsweise zu optimieren, besteht

im ersten Schritt die Möglichkeit, den Fehler modulübergreifend

zu analysieren, um die Ursache grob einzugrenzen

und anschließend das Modul detailliert zu

betrachten, um die konkrete Ursache zu ermitteln.

3.2 Klassifikation von Anforderungen

Für eine strukturierte und konsistente Betrachtung der

einzelnen Anforderungen erfolgt eine Klassifikation in

technologisch (A-1), funktional/nicht-funktional (A-2)

und objekt-/prozess-/projektspezifisch (A-3). Basierend

auf dieser Klassifikation erfolgt im nächsten Schritt,

bezogen auf die betrachteten Anwendungsfälle, die Zuordnung

einer Priorität zu den technologischen Anforderungen.

Die Priorität einer Anforderung beschreibt

die Wichtigkeit der Existenz einer Information im TLT-

Modell für den jeweiligen Anwendungsfall. Darauf

aufbauend werden die technologischen Anforderungen

durch die Zuordnung zu A-2 und A-3 näher charakterisiert.

Dieses Sortierkriterium unterstützt einerseits

eine einfachere Verwaltung der Anforderungen, andererseits

ermöglicht es die Identifizierung der potenziellen

Informationsquellen sowie eine Abschätzung,

zu welchem Zeitpunkt im Engineering die Information

zur Verfügung steht. Weiterhin können Aussagen hinsichtlich

der Qualität der Anforderungen gemacht werden,

zum Beispiel ob Information syntaktisch oder

semantisch beschrieben ist oder ob sie direkt oder nur

indirekt aus einem Objekt ableitbar ist.

A-1: Technologische Anforderungen

Aus Sicht der Anwendungsfälle werden unterschiedliche

Anforderungen hinsichtlich Informationsgehalt

und -strukturen an das spezifische Modell gestellt. Die

Einzelanforderungen werden aus Gründen der besseren

Übersicht übergeordneten Klassen von technologischen

Anforderungen zugeordnet (Bild 3) und orientieren sich

unter anderem an der Klassifizierung des erforderlichen

Informationsgehaltes von Simulationsmodellen

für FAT-Testszenarien [33] .

Bild 4 zeigt einen Ausschnitt für die Anforderungsklassen

Strukturaspekt (li.) und Rohrleitung (re.). Die

Anlage beziehungsweise Anlagenobjekte können innerhalb

des Topologiemodells einem oder mehreren Systemaspekten/Sichtweisen

zugeordnet werden. Aus dieser

Zuordnung könnte im nächsten Schritt ein Teilmodell

abgeleitet werden, welches nur die Objekte und Verknüpfungen

enthält, die der spezifischen Sichtweise

zugeordnet sind. Beschreibt das Anlagenobjekt zum

Beispiel eine Rohrleitung, kann, je nach betrachtetem

Anwendungsfall, unterschiedliche spezifische Information,

wie geometrische oder physikalische Eigenschaften,

(= objektspezifisch) relevant sein. Des Weiteren

ist es möglich, dass ein Rohrleitungsobjekt zusätzliche

(projekt-/prozessspezifische) Information, wie

Druck oder Temperatur des Mediums, bereitstellt.

A-2: Funktionale und nicht-funktionale Anforderungen

Weiterhin werden die Anforderungen der Anwendungsfälle

hinsichtlich des Kriteriums der funktionalen

und nicht-funktionalen Anforderungen unterschieden.

Funktionale Anforderungen beschreiben,

was das Produkt beziehungsweise System leisten soll,

wohingegen nicht-funktionale Anforderungen definieren,

wie eine Funktion des Produktes oder des Systems

ausgeführt werden soll.

Im Kontext von Topologiemodellen kann eine funktionale

Anforderung eine konkrete Eigenschaft eines

Objekts beschreiben, zum Beispiel den Durchmesser

einer Rohrleitung oder eines Behälterstutzens. Der Wert

22

atp edition

3 / 2014


PLT-Funktion

Graphikelemente

Strukturaspekt

Anlageneinheit

BILD 3:

Klassifikation der

technologischen

Anforderungen

Funktionalität

Technologische

Anforderungen

Anlagenobjekt

Kommunikation

MSR-

Zusammenhang

Prozesswissen

Rohrleitung

BILD 4: Detaillierte Betrachtung der Klassen Strukturaspekt und Rohrleitung

DIN 81346: Funktion, Produkt, Ort

Geometrisch: Länge, Durchmesser,…

Strukturaspekt

VDI 4499: Produkt, Prozess, Ressource

Rohrleitung

Physikalisch: Material, Rauigkeit,…

DIN 61512-2: prozedurorientiert,

prozessorientiert, physikalisch-orientiert

Prozess: Druck, Temperatur,

Durchfluss,…



des Rohrdurchmessers kann in Form einer Wertangabe

erfolgen und explizit im Modell als Eigenschaft des

Objekts beschrieben werden. Die Anforderung, dass ein

Bedienbild dem Anlagenfahrer eine einfache Orientierung

ermöglicht beziehungsweise als mentales Modell

des Prozesses dient [34], ist eine nicht-funktionale Anforderung.

Im Vergleich zu einer funktionalen Anforderung

kann eine nicht-funktionale Anforderung nicht

explizit modelliert werden. Nicht-funktionale Anforderungen

müssen operationalisiert, das heißt soweit

konkretisiert werden, bis sie „in realisierbare, prüfbare

Anforderungen münden“ [35] und somit modelliert

werden können.

Demgegenüber steht die Problematik, dass nichtfunktionale

Anforderungen häufig eine personenabhängige

Forderung darstellen, die sich schwer operationalisieren

lässt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit,

dass nicht-funktionale Anforderungen durch eine

geeignete, das heißt auch intelligente Verknüpfung von

im Modell vorhandener Information umgesetzt werden

können. Was zu der Vermutung führt, dass nicht-funktionale

Anforderungen nicht unbedingt innerhalb des

TLT-Modells enthalten sein müssen, sondern erst bei

der Ableitung eines anwendungsfallbezogenen Modells

erzeugt werden können. Dies ist im besonderen Maße

bei strukturellen oder hierarchischen Modellaspekten

zu beobachten, wie der Zuordnung von einzelnen Anlagenobjekten

zu übergeordneten Anlageneinheiten.

Das TLT-Modell wird nicht in der Lage sein, die Vielzahl

an verschiedenen Sichtweisen des Systems und

der daraus resultierenden topologischen Strukturen

innerhalb dieses einen Modells zu repräsentieren. Es

besteht dennoch die Möglichkeit, einzelne Anlagenobjekte

einer oder mehreren Sichtweisen zuzuordnen.

A-3: Objekt-, prozess- und projektspezifische

Anforderungen

Neben den beiden genannten Kriterien erfolgt eine dritte

Klassifizierung in objekt-, prozess- und projektspezifische

Anforderungen. Diese Unterscheidung ermöglicht

die strukturierte und systematische Zuordnung

von einzelnen die Anwendungsfälle betreffenden Anforderungen

zu den im Modell enthaltenen Daten.

Objektspezifische Information kann mit geringem

Aufwand abgeleitet werden. Der Durchmesser oder die

Höhe des Behälters repräsentiert eine objektspezifische

Eigenschaft. Dieser Informationsgehalt ist zum Beispiel

grundsätzlich unabhängig vom auf der Anlage ablaufenden

Produktionsprozess.

Soll hingegen ein Behälter einer speziellen Anlageneinheit

beziehungsweise einem Modul zugeordnet werden,

so handelt es sich bei dieser Zuordnung um eine

prozess- oder projektspezifische Anforderung. Die Zuordnung

eines Objekts zu einer übergeordneten funktionalen

Einheit kann über einen zusätzlichen Verweis/

Zuordnung einer Sichtweise am Objekt erfolgen. Dies

ist besonders dann von Interesse, wenn es sich um eine

Mehrprodukt-/Mehrstrang-Anlage handelt. Bei diesem

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HAUPTBEITRAG

Anlagentyp kommt es vor, dass für verschiedene Prozesse

unterschiedliche Produktionswege möglich und

damit auch verschiedene Anlagenzusammenhänge/-

topologien relevant sind. Zur Projektierung solcher

Anlagen unterliegt der erforderliche Informationsgehalt

daher prozessspezifischen Anforderungen und

kann weiterhin von anderen Faktoren beeinflusst werden,

wie der Prozessstruktur des gewählten Automatisierungskonzepts.

Ein weiteres Beispiel für prozessspezifische Anforderungen

lässt sich insbesondere am Beispiel der Fließrichtung

des Prozesses aufzeigen. Dabei kann eine

Rohrleitung prinzipiell die Information der möglichen

Fließrichtung bereitstellen. Dennoch ist die tatsächliche

Fließrichtung in der Regel vom technischen Produktionsprozess

abhängig und gegebenenfalls auch

veränderlich, in Verbindung mit Automatisierungskomponenten

wie zum Beispiel Pumpen. Die Fließrichtung

stellt dementsprechend prozess- und nicht objekt-spezifisches

Wissen dar. Die Integration prozessspezifischen

Informationsgehalts erfordert daher die Erweiterung

hinsichtlich Elementen der Verfahrens- oder

Prozessbeschreibung, wie sie mittels der formalisierten

Prozessbeschreibung [36] bereitgestellt werden.

4.3 Priorisierung von Anforderungen

Grundsätzlich ist es erforderlich, dass Anforderungen

priorisiert werden müssen, um konkurrierende sowie

widersprüchliche Anforderungen in geeigneter Weise

berücksichtigen und umsetzen zu können. Die Priorisierung

kann quantiativ und qualitativ erfolgen. Dabei ist

zu beachten, dass sich die Priorisierung der Anforderung

auf das Vorhandensein der erforderlichen Modellinhalte

zur Erfüllung der spezifischen Anforderung im

TLT-Modell bezieht. Das TLT-Modell kann, hypothetisch

betrachtet, alle während des Engineerings entstehenden

Daten enthalten und innerhalb der Engineering-Phasen

zu bestimmten Zeitpunkten bereitstellen. Weil die Daten

nicht alle zur gleichen Zeit, sondern sukzessive während

des Engineerings erarbeitet werden, kann es vorkommen,

dass für einen Anwendungsfall bestimmte Information

benötigt wird, um diesen lösbar zu machen.

Hieraus lässt sich bereits erkennen, dass Information

existieren kann, die für die Anwendung zwingend erforderlich

ist und somit eine hohe Priorität hat und andere,

die informative Eigenschaften repräsentiert und

somit eine geringere Priorität erhält. Diese Eigenschaften

können zur Erhöhung der Ergebnisqualität beitragen,

sind aber nicht entscheidend für die grundsätzliche Anwendung

des Modells auf die Anwendungsfälle.

3.4 Zuordnung der Anforderungen

Basierend auf der Klassifikation der Anforderungen

zeigt Bild 5 einen Ausschnitt der Anforderungsdefinition.

Im linken Teil sind die technologischen Anforderungen

(A-1) am Beispiel der Klassen PLT-Funktion,

MSR-Zusammenhang, Anlagenobjekt und Rohrleitung

sowie die detaillierten Anforderungen dargestellt, daneben

die Anforderungen A-2 und A-3. Diese werden,

falls zutreffend, mit einem „x“ markiert. Die Zuordnung

der technologischen Anforderungen erfolgt direkt in

Kombination mit der Priorität (farblich markiert), wobei

diese den Wert 0 (= weniger wichtig, blau), 1 (= wichtig,

gelb) oder 2 (= sehr wichtig, grün) annehmen kann.

Die Priorisierung der technologischen Anforderungen

sowie die Zuordnung der Anforderungen A-2 und

A-3 basieren einerseits auf der Grundlage von Gesprächen

mit den Experten aus den Fach- und Industriebereichen,

andererseits auf der Analyse der vorgestellten

AoA-Ansätze.

Die Gegenüberstellung in Bild 5 zeigt, dass die beiden

betrachteten Anwendungsfälle UC-1 und UC-2 häufig

gleiche (Differenz = 0) oder ähnliche Prioritäten (Differenz

max. 1) hinsichtlich der technologischen Anforderungen

(A-1), das heißt an die erforderlichen Modellinhalte

der spezifischen Teilmodelle, aufweisen. Die

Auswertung ergibt für die Klassen PLT-Funktion und

MSR-Zusammenhang eine 55 %ige beziehungsweise

60 %ige Übereinstimmung hinsichtlich der Prioritäten.

Das bedeutet, dass in beiden Fällen die Art des benötigten

Informationsgehalts im spezifischen Modell übereinstimmt.

Dennoch können geringere Übereinstimmungen

auftreten, wie bei der Klasse Anlagenobjekt

(25 %) und Rohrleitung (33 %).

Grundsätzlich zeigt der Vergleich, dass ein gemeinsamer

Informationsbedarf innerhalb der Anwendungsfälle

und damit der Modelle besteht. Somit kann die in

Abschnitt 3 aufgestellte Vermutung, dass sich Teilmengen

des Informationsbedarfs überlappen, bestätigt werden.

Gleichzeitig bildet dies die Basis für die Aussage,

dass die Verwendung eines zentralen Topologiemodells

für verschiedene modellbasierte Anwendungen sinnvoll

erscheint. Hierdurch könnte der mit der Erstellung

unterschiedlicher, domänenspezifischer Modelle verbundene

Aufwand künftig reduziert werden. Das TLT-

Modell kann somit als Schritt verstanden werden, um

grundsätzlich Information zur Verfügung zu stellen,

und damit als Ausgangspunkt für einen durchgängigen

Einsatz in Engineering und Betrieb dienen – insbesondere

für Ansätze hinsichtlich der Automatisierung der

Automatisierung.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Wenn für jede modellbasierte oder modellgetriebene

Vorgehensweise im Engineering jeweils ein spezifisches

Modell genutzt wird, bedeutet dies einen hohen

vorbereitenden Aufwand zur Sammlung der notwendigen

Information und zur manuellen oder EDV-gestützten

Überführung in das jeweils benötigte Modell.

Dies stellt ein wesentliches Hemmnis für die weitere

industrielle Verbreitung modellbasierter und modellgetriebener

Methoden, insbesondere auch der Methoden

der Automatisierung der Automatisierung, dar.

Der Vergleich von Anwendungsfällen, basierend auf

der Formulierung von Anforderungen an die Modellinhalte,

konnte Synergieeffekte in Form von überlap-

24

atp edition

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BILD 5: Zuordnung der spezifischen

Modellinhalte als Anforderungen

der Anwendungsfälle

atp edition

3 / 2014

25


HAUPTBEITRAG

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penden Teilmengen zwischen für AoA-Aufgaben benötigten

Modellen aufdecken. Die Anforderungen fokussieren

hierbei im ersten Schritt auf strukturelle Systemaspekte,

können aber auf Basis einer Betrachtung geeigneter Anwendungsfälle

erweitert werden, zum Beispiel hinsichtlich

des zeitlichen Verhaltens von Modellobjekten zur

Berücksichtigung dynamischer Aspekte.

Mit einem übergeordneten Topologie-Modell (TLT-

Modell), welches als Basis für die Generierung spezifischer

AoA-Modelle verwendet werden kann, ließe

sich somit der aufgabenbezogene Modellierungsaufwand

für modellbasierte und modellgetriebene Engineering-Aufgaben

reduzieren.

Die weitere Forschung der Autoren fokussiert auf die

Datenquellen, die eine geeignete Basis für die Erstellung

des TLT-Modells darstellen – insbesondere Datenquellen,

die im Falle von Altanlagen, die noch nicht mit objektorientierten

CAE-Werkzeugen geplant wurden, verfügbar

und computergestützt auswertbar sind [37]. Die automatische

oder zumindest semiautomatische Erzeugung eines

TLT-Modells ist eine wesentliche Voraussetzung dafür,

dass das TLT-Modell, wie zum Beispiel in [1] und [9] disleittechnischer

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26

atp edition

3 / 2014


kutiert, als potenzielles Quellmodell innerhalb des Engineerings

dienen kann. Dementsprechend bedarf es für

die Ableitung spezifischer, aufgabenbezogener Modelle

aus dem TLT-Modell der Definition geeigneter Regeln, die

einerseits Ableitung und Erstellung des erforderlichen

spezifischen Modellinhaltes ermöglichen. Andererseits

wird ein Konzept benötigt, welches die Informationsdurchgängigkeit

an den entstehenden Modellschnittstellen

sicherstellt.

MANUSKRIPTEINGANG

26.10.2013

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AUTOREN

Dipl.-Ing. (FH) LARS

CHRISTIANSEN (geb. 1984) ist

wissenschaftlicher Mitarbeiter

an der Professur für Automatisierungstechnik

an der

Helmut-Schmidt-Universität/

Universität der Bundeswehr

Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt

ist die Unterstützung

der Anlagendiagnose mittels Modellen

aus dem Engineering-Prozess.

Institut für Automatisierungstechnik,

Helmut-Schmidt-Universität/

Universität der Bundeswehr Hamburg,

Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,

Tel. +49 (0) 40 65 41 23 26,

E-Mail: lars.christiansen@hsu-hh.de

Dipl.-Ing. (FH) MARIO

HOERNICKE (geb. 1984) ist

Principal Scientist am ABB

Forschungszentrum in Ladenburg.

Sein Arbeitsschwerpunkt

umfasst die Entwicklung neuer

und innovativer Engineering-

Konzepte im Bereich Emulation

von Leitsystemfunktionen und

Subsystemen, Simulation von Prozessen sowie der

Automation des Engineerings.

ABB AG Forschungszentrum,

Wallstadter Str. 59, D-68526 Ladenburg,

Tel. +49 (0) 6203 71 62 66,

E-Mail: mario.hoernicke@de.abb.com

Prof. Dr.-Ing. ALEXANDER FAY

Alexander Fay (geb. 1970) ist

Professor für Automatisierungstechnik

an der Fakultät

für Maschinenbau der Helmut-

Schmidt-Universität/Universität

der Bundeswehr Hamburg.

Sein Forschungsschwerpunkt

sind Beschreibungsmittel,

Methoden und Werkzeuge für einen effizienten

Entwurf von Automatisierungssystemen.

Institut für Automatisierungstechnik,

Helmut-Schmidt-Universität/

Universität der Bundeswehr Hamburg,

Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,

Tel. +49 (0) 40 654 27 19,

E-Mail: alexander.fay@hsu-hh.de

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HAUPTBEITRAG

Einsatz leitsystemintegrierter

Prädiktivregler

Unit Templates für die chemische Industrie

Ein in das Prozessleitsystem integrierter modellbasierter Prädiktivregler bietet hinsichtlich

Verfügbarkeit, Benutzerfreundlichkeit, Wartung und Kosten dieselben

Vorzüge wie ein konventioneller PID-Regler, hat aber das Potenzial zu deutlich höherer

Regelgüte. Dies ermöglicht die Erschließung neuer Einsatzmöglichkeiten, bei

denen ein separates full-blown MPC-Softwarepaket auf einem externen PC aus wirtschaftlichen

Gründen nicht zu rechtfertigen ist. Der Beitrag fasst Aspekte zusammen,

die bei der Auswahl von Einsatzmöglichkeiten für leitsystemintegrierte MPC-Lösungen

relevant sind. Durch die Einbindung von MPC-Funktionen in wiederverwendbare

Module auf der Ebene von Equipment Modules und auf der Ebene verfahrenstechnischer

Units (Unit Templates) kann APC-Know-how einfach angewendet

und der Engineering-Aufwand für MPC-Projekte reduziert werden.

SCHLAGWÖRTER Gehobene Regelungsverfahren / Prädiktivregelung / Einzelsteuerung

/ Automatisierungslösung

Applications of DCS embedded Model Predictive Control –

Solution Templates for Chemical Industry

DCS embedded Model Predictive Control offers the same degree of availability,

usability, ease of maintenance, and cost-efficiency as conventional PID controllers,

while offering a potential for better control performance. This opens up potential

new application fields where separate full-scale MPC software packages are not

profitable. This article summarizes general aspects related to the selection of attractive

applications for embedded MPC. By integrating MPC functionality in re-usable

software modules at the layer of equipment modules and at the layer of process units

(“unit templates”) APC expertise can easily be used in real world applications and

the engineering input required for MPC projects can be reduced.

KEYWORDS advanced process control / model predictive control / equipment

module / unit template

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BERND-MARKUS PFEIFFER, HERBERT GRIEB, OTMAR LORENZ, DIRK LOSERT, DÖRTE SACK,

Siemens

Advanced-Process-Control-Projekte (APC) im

Allgemeinen und Model-Predicitve-Control-

Projekte (MPC) im Speziellen können von

verschiedenen Seiten ihren Ausgangspunkt

nehmen:

In einer Anlage gibt es ein Regelungsproblem, das

sich mit konventionellen Mitteln nur schwer oder

gar nicht lösen lässt. Dies kann im Zusammenhang

mit einer Erhöhung des Automatisierungsgrades

stehen, das heißt mit der Reduktion manueller Eingriffe

in die Prozessführung.

Eine bestimmte verfahrenstechnische Teilanlage

soll ohne kostspielige mechanische/verfahrenstechnische

Umbaumaßnahmen optimiert werden,

beispielsweise hinsichtlich Durchsatz oder Ressourcenverbrauch.

Aus überlagerter Sicht wird geprüft, an welchen

Stellen einer Anlage durch den Einsatz gehobener

Regelungsverfahren, wie MPC, ein Optimierungspotenzial

besteht.

In allen Fällen wird vor der Durchführung eines Projektes

geprüft, ob die Chance besteht, den investierten

Aufwand zu amortisieren. Je geringer die geplante Investition,

desto geringer sind die Anforderungen an den

erwarteten wirtschaftlichen Nutzen, und desto geringer

ist der Aufwand, der in eine vorherige Abschätzung

des Nutzenpotenzials gesteckt werden muss.

1. AUSWAHL VON MPC-APPLIKATIONEN

Wenn aufgrund eines Problems mit Basisreglern oder

eines Optimierungsbedarfs ohnehin eine Teilanlage

oder ein Apparat im Fokus steht, stellt sich die Frage,

ob ein MPC-Projekt überhaupt gestartet werden soll.

Wenn ganze Standorte oder einzelne Anlagen nach

Einsatzmöglichkeiten durchsucht werden, werden zuerst

solche Unit-Typen betrachtet, zu denen es einschlägige

MPC-Referenzen in der betreffenden Branche gibt

beziehungsweise die als Einsatzfelder für Mehrgrößenregler

bekannt sind; zum Beispiel Destillationskolonnen,

Rührkesselreaktoren, Steam-Reformer, Mühlen

und Trockner in der Chemie oder Schmelzöfen und

Speiserinnen in der Glasindustrie. Full-blown MPC-

Software wird ebenso auf der Ebene der anlagenweiten

Automatisierung eingesetzt, beispielsweise bei Kolonnenverbünden,

Crackern oder Kreislaufprozessen.

1.1 Abschätzung des Nutzenpotenzials

Die Ziele, die im Hinblick auf Durchsatz, Ressourceneinsparung

und Produktqualität mit einer APC-Anwendung

(wie MPC) in verfahrenstechnischen Anlagen verfolgt

werden, sind in [9] ausführlich beschrieben. Oftmals

werden solche Ziele in zwei Schritten erreicht:

1 | Reduktion der Schwankungen (Streuung, Varianz)

von Prozessgrößen durch eine verbesserte Regelung.

2 | Durch die reduzierte Streuung wird es möglich,

bestimmte Sollwerte näher an kritische Nebenbedingungen

zu fahren, ohne Gefahr zu laufen, diese

Nebenbedingungen häufig zu verletzen. Durch

dieses Ausreizen der Anlage bis zum physikalischen

Limit (Kapazität, Sicherheit, Produktqualität)

kann zum Beispiel der Durchsatz erhöht

oder der Energieverbrauch reduziert werden.

Der wirtschaftliche Nutzen kann in verschiedenen Fahrweisen

oder Betriebszuständen des Prozesses erbracht

werden, die in einer vereinfachten Nutzen-Matrix entsprechend

Tabelle 1 dargestellt sind. Eine qualitative Nutzenabschätzung

lässt sich im Gespräch mit Anlagenfahrern,

Verfahrensingenieuren und Betriebsleitern meist sehr

leicht ermitteln, während eine quantitative Nutzenabschätzung,

siehe [2], [3], einen höheren Aufwand erfordert

und dennoch mit gewissen Unsicherheiten behaftet bleibt.

Bei leitsystemintegrierten MPC-Anwendungen sind die

Einstandskosten so gering, dass eine aufwendige, quantitative

Nutzenabschätzung vor Projektbeginn erfahrungsgemäß

einen vergleichbaren Aufwand wie eine

tatsächliche Probeimplementierung erfordern würde

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HAUPTBEITRAG

TABELLE 1:

Matrix zur Nutzenabschätzung

für kleine und

mittelgroße

APC-Projekte

und daher nicht zwingend erforderlich ist. Das ändert

nichts an der Tatsache, dass sich die Kosten der MPC-

Applikation aus Sicht des Anlagenbetreibers wirtschaftlich

amortisieren sollen.

1.2 Eingrößenregelung versus Mehrgrößenregelung

Wenn es an einer Teilanlage mehrere Stell- und Regelgrößen

gibt, die sich gegenseitig beeinflussen, haben wir

es mit der Aufgabenstellung einer Mehrgrößenregelung

zu tun. Trotzdem ist nicht in jedem Fall tatsächlich ein

Mehrgrößenregler erforderlich. Ziel der Regelung ist es

immer, jede Regelgröße auf ihren individuellen Sollwert

zu führen, unabhängig von den anderen Regelgrößen.

Dies wird dadurch erschwert, dass ein Eingriff an

einer Stellgröße (zum Beispiel MV1) nicht nur über die

Hauptstrecke (beispielsweise G(1,1)) auf eine Regelgröße

(wie CV1) wirkt, sondern auf alle Regelgrößen, über

alle Koppelstrecken (zum Beispiel G(i,1)).

Wenn die Wirkung der Koppelstrecken (im Beispiel

G(2,1) und G(1,2)) schwach gegenüber den Hauptstrecken

(im Beispiel G(1,1) und G(2,2)) ist, kann es gelingen,

das Mehrgrößenproblem mit einzelnen PID-Reglern

zu lösen (dezentrale Regelung). Eventuell können

einzelne Koppelstrecken mit Hilfe einer Störgrößenaufschaltung

kompensiert werden. Wenn die Wirkung

der Koppelstrecken jedoch zu stark ist (große Verstärkungen,

geringe Verzugszeiten), oder es um mehr als

zwei bis drei verkoppelte Größen geht, wird ein echter

Mehrgrößenregler erforderlich. Folgende Fragen können

bei der Entscheidung Eingrößen- oder Mehrgrößenregler

relevant sein:

Gibt es Auswirkungen an anderen Regelkreisen,

wenn an einem Regelkreis ein Sollwertsprung

durchgeführt wird? Entstehen Schwierigkeiten bei

der Einstellung der Einzelregelkreise, weil sich eine

veränderte Reglerparametrierung an einem einzigen

PID-Regler auf benachbarte Regelkreise auswirkt?

Werden die Variablen, die einen Einfluss auf benachbarte

Regelstrecken haben, im Betrieb der

Anlage tatsächlich verändert? Gegenbeispiel: einen

Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur

in einem Gasvolumen (in einem Reaktor oder Tank)

ist zu vernachlässigen, wenn entweder Druck oder

Temperatur im Betrieb konstant gehalten werden.

Sind die Regelgrößen, die stark gekoppelt sind, bezüglich

ihrer Regelgüte tatsächlich relevant für den

wirtschaftlichen Betrieb der Anlage? Gegenbeispiel:

Füllstandsregelungen, bei denen eine besonders

genaue Einhaltung des Füllstands prozesstechnisch

nicht erforderlich ist.

Sind in der Vergangenheit Versuche gescheitert,

Verkopplungsprobleme in der betrachteten Unit

mit Hilfe einer Störgrößenaufschaltung zu lösen,

beziehungsweise musste unverhältnismäßig viel

Aufwand in Entwurf und Projektierung spezieller

Entkopplungsmaßnahmen bei verwandten Problemstellungen

investiert werden?

Im Zweifelsfall lässt sich ein Mehrgrößen-Prozessmodell

mit Hilfe eines MPC- Werkzeugs identifizieren. In der Matrix

der Übertragungsfunktionen kann das Verhalten der

Koppelstrecken im Vergleich zu den Hauptstrecken auf der

Diagonalen der Matrix beurteilt werden. Obwohl es theoretisch

eine Reihe verschiedener Algorithmen für Mehrgrö-

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Softwarepaketen realisierbar (zum Beispiel Inca MPC-

4Batch von Ipcos und Pavilion8 von Rockwell).

DV1

ModPreCon

MV1

MV2

G(1,d)

G(1,1)

G(2,1)

G(1,2)

G(2,2)

G(2,d)

BILD 1: Mehrgrößenregelung.

CV: Regelgröße (controlled variable),

MV: Stellgröße (manipulated variable),

DV: Störgröße (disturbance variable).

Eine Teilübertragungsfunktion G(i,j) beschreibt die

Wirkung von Stellgröße j auf Regelgröße i. Das Bild

zeigt eine 2x2-Strecke; es können aber auch mehr

als zwei Stell- und Regelgrößen eine Rolle spielen.

+

+

+

+

+ +

ßenregler gibt, hat sich in der Prozessindustrie die modellbasierte

Prädiktivregelung als Standardlösung für Mehrgrößenprobleme

durchgesetzt, siehe zum Beispiel [15].

1.3 Batch- und Konti-Prozesse

Die meisten verfahrenstechnischen Prozesse sind bei

genauer Betrachtung von Thermodynamik oder Reaktionskinetik

nichtlineare Prozesse. Wenn sie im Konti-

Betrieb an einem festen Arbeitspunkt betrieben werden,

lässt sich das Prozessverhalten in der Umgebung

dieses Arbeitspunktes jedoch linearisieren, sodass

Regelalgorithmen einsetzbar sind, die auf linearen Prozessmodellen

beruhen. Die meisten MPC-Anwendungsfälle

finden sich daher in Konti-Prozessen.

Im Gegensatz dazu durchläuft ein Batch-Prozess im

Verlauf der Herstellung einer Charge verschiedene Arbeitspunkte,

sodass die Nichtlinearitäten des Prozessverhaltens

tatsächlich sichtbar werden. Der Einsatz

linearer Regelalgorithmen (PID oder MPC) erfordert in

diesem Fall zusätzliche Maßnahmen, wie

Automatikbetrieb nur in bestimmten Arbeitspunkten,

das heißt in bestimmten Phasen der Rezeptsteuerung.

Arbeitspunkt-abhängige oder rezeptgesteuerte PID-

Parametersätze oder MPC-Prozessmodelle.

Trajektorienregelung [6]

Das MPC-Konzept erlaubt es prinzipiell, nichtlineare

Modelle im Prädiktivregler zu verwenden. Solche Algorithmen

sind jedoch derzeit Gegenstand von Forschungsprojekten

und nur in wenigen kommerziellen

CV1

CV2

1.4 Online-Optimierung versus Offline-Optimierung

Einer der Erfolgsfaktoren von MPC ist, ein Regelungsproblem

als Optimierungsproblem aufzufassen. Die

Grundform des Gütekriteriums lautet:

(1)

w enthält die Zeitreihen der zukünftigen Sollwerte,

y enthält den Verlauf der Regelgrößen in der Zukunft

(innerhalb des Prädiktionshorizonts),

Δu enthält die zukünftigen Änderungen der Stellgröße

(innerhalb des Steuerhorizonts).

Q und R sind Gewichtungsmatrizen. Wenn die Gewichtung

in der Matrix Q vergrößert wird, muss der Regler

seine Stellgrößen vorsichtiger bewegen, sodass ein

langsameres, aber robusteres Regelverhalten entsteht.

Über die Gewichtsfaktoren in der Matrix R wird die

relative Bedeutung der einzelnen Regelgrößen vorgegeben.

Eine höhere Gewichtung (Priorität) für eine einzelne

Regelgröße bedeutet, dass diese sich schneller

zum Sollwert hinbewegt und im stationären Zustand

genauer am Sollwert bleibt, falls sich nicht alle Sollwerte

exakt erreichen lassen.

Als Nebenbedingungen für das Optimierungsproblem

sind in erster Linie die Begrenzungen der Stellgrößen

relevant; aber es können zusätzlich weitere

Nebenbedingungen berücksichtigt werden. Wird das

Optimierungsproblem zunächst gelöst, ohne Nebenbedingungen

zu berücksichtigen, und werden die

Stellgrößen erst nachträglich begrenzt, ergibt sich ein

MPC-Algorithmus, der mit relativ geringem Rechenaufwand

auskommt und sich daher zur Implementierung

in der prozessnahen Komponente eines Leitsystems

besonders anbietet. Ein Beispiel für eine solche

Implementierung ist der MPC-Funktionsbaustein

ModPreCon, der zum serienmäßigen Lieferumfang

des Prozessleitsystems Simatic PCS 7 gehört. Dieser

rechenzeitsparende Algorithmus kann jedoch in bestimmten

Fällen zu suboptimalen Lösungen führen.

Daher gibt es MPC-Algorithmen, die tatsächlich in

jedem Abtastschritt das dynamische Optimierungsproblem

iterativ unter Berücksichtigung aller Begrenzungen

lösen. Jede Auswertung des Gütekriteriums in

einem Iterationsschritt der Optimierung bedeutet dabei

eine Simulation des Mehrgrößen-Prozessmodells über

den kompletten Prädiktionshorizont. Daher erfordern

solche Algorithmen einen um Größenordnungen höheren

Rechenaufwand. Dieser Aufwand ist in folgenden

Fällen gerechtfertigt:

Regelungsprobleme mit einer Vielzahl von relativ

eng beschränkten Stellgrößen, bei denen damit zu

rechnen ist, dass die Begrenzungen im Regelbetrieb

eine entscheidende Rolle spielen.

Regelungsprobleme mit individuellen Formulierungen

des Optimierungsproblems, bei denen die

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HAUPTBEITRAG

Fähigkeit zur Online-Lösung komplexer Optimierungsprobleme

das wichtigste Argument für den

MPC-Einsatz ist.

2. IMPLEMENTIERUNGSVARIANTEN

Eine ausführliche Diskussion der Frage, welche Funktionen

generell und im Zusammenhang mit MPC in ein Prozessleitsystem

integriert werden sollen, findet sich in [1].

Im Beitrag werden nur die Gesichtspunkte Funktionsumfang,

Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit betrachtet.

2.3 Kosten

Der Einstandspreis für eine schlüsselfertige embedded

MPC-Applikation (Hardware, Software und Engineering)

ist um eine ganze Größenordnung geringer als für

ein separates MPC-System, sodass auch kleinere Anwendungen

lukrativ werden, bei denen es keine Möglichkeit

gibt, die Kosten für einen separaten full-blown

MPC zu amortisieren. Oft werden leitsystemintegrierte

MPC-Applikationen mit eigenem EMR-Personal aus der

Betriebsbetreuung (Elektro-, Mess- und Regelungstechnik)

durchgeführt.

2.1 Funktionsumfang

Full-blown MPC-Softwarepakete als separates System,

die auf einem externen PC installiert und an das Prozessleitsystem

angeschlossen werden, haben einen sehr

viel größeren Funktionsumfang als leitsystemintegrierte

(embedded) MPC-Bausteine:

Größere oder praktisch unbegrenzte Anzahl von

Stell- und Regelgrößen

Online-Optimierung unter Berücksichtigung von

Nebenbedingungen

Maximale Flexibilität bei der Formulierung des

Gütekriteriums für die dynamische Optimierung

von Übergangsvorgängen und die statische Arbeitspunktoptimierung

Hierarchisches Regelungskonzept mit Zielen verschiedener

Prioritätsklassen

2.2 Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit

Im Hinblick auf Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit

bietet ein embedded MPC wesentliche Vorteile:

Es sind keine separate Hardware und keine externe

Kommunikationsschnittstelle erforderlich.

Der MPC-Baustein entspricht von seiner Verfügbarkeit

her dem konventionellen PID-Regler. Es sind

daher keine Backup-Strategien und keine Maßnahmen

zur Überwachung der Kommunikation mit

externen PCs nötig. Die Möglichkeiten redundanter

Prozessrechensysteme (Automation Station, AS)

können voll genutzt werden, was die Verfügbarkeit

der APC-Funktionen erhöht.

Der MPC-Baustein kann im Rahmen des Engineerings

aufwandsarm verschaltet werden, genau wie

ein konventioneller PID-Regler, unter Verwendung

vorgefertigter Messstellen-Typen (Muster-Signalflusspläne

im Continuous Function Chart (CFC)).

Bedienen und Beobachten des MPC-Bausteins erfolgen

mit einem Standard-Bildbaustein (faceplate).

Weil das Look-and-feel dem eines konventionellen

PID-Reglers entspricht, reduziert sich der Einarbeitungsaufwand,

und meist entfällt der Bedarf, externe

Dienstleister als Experten für spezielle MPC-

Softwarepakete hinzuzuziehen.

2.4 Wartung

Leitsystemintegrierte MPC-Lösungen lassen sich in der

Regel wie konventionelle Regelungsanwendungen

durch das vorhandene betriebsnahe EMR-Personal vor

Ort warten und pflegen. Damit entfallen aufwendige

Vor-Ort-Einsätze externer APC-Experten von global

agierenden APC-Dienstleistern, zum Beispiel im Falle

von Störungen oder Leitsystem-Migrationen. Darüber

hinaus lässt sich die Gefahr der Abschaltung solcher

MPC-Lösungen aufgrund von reduzierter Regelgüte

mangels angemessener Wartung verringern, da sich das

Personal vor Ort darum kümmern kann.

2.5 Verfügbare MPC-Software

Separate MPC-Systeme

In [4] ist eine Marktübersicht zu MPC-Programmsystemen

von verschiedenen Anbietern zu finden. Die wesentlichen

Anbieter sind auch heute noch am Markt.

Neben spezialisierten und leitsystemunabhängigen

Software-Firmen wie AspenTech (Produkt DMCplus)

oder Ipcos (Produkt Inca MPC) bieten die meisten Hersteller

von Prozessleitsystemen zusätzliche MPC-Software-Pakete

an, zum Beispiel ABB Predict&Control,

Honeywell Profit Controller oder Yokogawa Exasmoc.

Veränderungen haben sich in den letzten Jahren durch

Firmenübernahmen ergeben: Pavilion gehört jetzt zu

Rockwell Automation, Matrikon zu Honeywell, Invensys

(einschließlich Simsci-Esscor und Produkt Connoisseur)

zu Schneider Electric.

Leitsystemintegrierte MPC

Für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 von Siemens

gibt es seit 2007 einen embedded MPC für bis zu 4x4

miteinander verkoppelte Stell- und Regelgrößen. Für

2014 (Version 8.1) ist darüber hinaus erstmals die Lieferung

eines embedded MPC für bis zu 10x10 Stell- und

Regelgrößen sowie dynamische Online-Optimierung

geplant. Dieses Produkt wird die Lücke zwischen fullblown

und embedded MPC schließen. Der MPC10x10-

Funktionsbaustein bietet bezüglich Verfügbarkeit und

Benutzerfreundlichkeit die Vorteile eines embedded

MPC, reicht von seinem Funktionsumfang her aber sehr

nahe an einen full-blown MPC heran. Ein ähnliches Produkt

wird von Emerson angeboten: DeltaV PredictPro.

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3. ENGINEERING-EFFIZIENZ BEI APC-APPLIKATIONEN

Bei den Gesamtkosten eines APC-Projekts spielen neben

den Kosten für die Aufnahme von Lerndaten am Prozess

die Engineering-Kosten meist eine dominierende Rolle.

Lassen sich die Engineering-Kosten spürbar reduzieren,

steigt die Zahl der wirtschaftlich attraktiven APC- beziehungsweise

MPC-Applikationen deutlich an. Ein Schlüssel

zur Reduktion von Engineering-Kosten ist die Wiederverwendung

von Software-Modulen. Dies scheint auf den

ersten Blick im Widerspruch zum individuellen Charakter

vieler verfahrenstechnischer Anlagen und vieler APC-

Applikationen zu stehen. Dennoch gibt es tatsächlich

wiederholbare Muster bei der Automatisierung verfahrenstechnischer

Anlagen. In solchen Anlagen gibt es neben

echten Package-Units eine Vielzahl weiterer Anlagenkomponenten,

die sich bestimmten Klassen zuordnen

lassen und immer wieder in ähnlicher Form vorkommen.

Die Grundidee einer Unit-oriented Automation besteht

darin, die gesamte Automatisierungslösung für solche

Units in Form von Vorlagen (Templates) zu vereinheitlichen

und als Musterlösung vorgefertigt auszuliefern, sodass

der Engineering-Aufwand und die Know-how-Anforderungen

für die konkrete Applikation auf die Instanz

einer Unit deutlich reduziert werden. Die Automatisierungslösung

für eine Unit kann als Software-Modul in

einem zentralen Prozessleitsystem untergebracht werden.

Sie ist daher nicht an eine dedizierte lokale Automatisierungshardware

wie bei einer Package-Unit gebunden.

Im Rahmen der Musterlösungen kann Erfahrungswissen

des Systemlieferanten an Kunden weitergegeben

und das zur Applikationsentwicklung erforderliche

Know-how reduziert werden. Darüber hinaus

reduziert sich der Wartungsaufwand bei einer späteren

Migration. Aus diesem Grund besteht ein besonderes

Interesse an Unit Templates für APC.

Wiederholbare Elemente gibt es auf mehreren Ebenen

einer Automatisierungslösung. Auf der untersten

Ebene werden schon lange wiederholbare Elemente

eingesetzt, nämlich vorgefertigte Funktionsbausteine

(zum Beispiel PID-Regler, Motor-Ansteuerung), die im

Rahmen von Bibliotheken geliefert werden. Messstellentypen

(Control Modules) als vorgefertigte Signalflusspläne

auf der Einzelsteuerebene, beispielsweise

für eine Analogwert-Erfassung oder einen PID-Regelkreis,

sind bereits in manchen Prozessleitsystemen

verfügbar (beispielsweise in der Simatic PCS 7 Advanced

Process Library). Unter der Bezeichnung Control

Module Type (CMT) gibt es jetzt Messstellentypen, die

die Konstruktion von Varianten mit optionalen Bausteinen

zulassen.

Ferner sind auf den darüberliegenden Ebenen wiederholbare

Elemente vorhanden. Auf der Ebene der Anlagenteile

(zum Beispiel Dosierung, Temperierung) gibt

es für Batch-Prozesse schon länger Equipment Modules

gemäß ISA-S88 (DIN EN 61512). Solche Equipment-Module-Typen

werden mit einem Software-Werkzeug wie

Sequential Function Chart (SFC) realisiert. Eine Beschreibung

mit Beispielen ist in [14] verfügbar. In ähnlicher

Form existieren für Konti-Prozesse technische

Funktionen als Kombination mehrerer CFC-Pläne, die

im Kommitee ISA 106 ebenfalls als Equipment Modules

bezeichnet werden. Noch eine Ebene höher finden sich

Musterlösungen (Unit Templates) für komplette Apparate

oder Teilanlagen (Units), wie Rührkesselreaktoren

oder Destillationskolonnen. Auf der Ebene der technischen

Funktionen und auf Unit-Ebene können auch

APC-Funktionen, wie MPC, in die Musterlösungen integriert

werden, wenn die betreffende technische Funktion

oder Unit dadurch einen höheren Nutzen erzielt.

Die vorgefertigten Musterlösungen lassen sich leicht auf

konkrete Anwendungen anpassen.

BILD 2: Beispiele für

wiederholbare

Elemente einer Automatisierungslösung,

Einzelsteuerebene:

Control Modules (CM),

Anlagenteile: Equipment

Modules (EM),

Teilanlage Rührkesselreaktor:

Unit Template

(gesamtes Bild)

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HAUPTBEITRAG

3.1 Equipment Modules

Eine technische Funktion im Sinne von DIN EN 61512

dient zur Steuerung eines Anlagenteils wie einer Dosierung,

einer Temperierung. Zum Anlagenteil Temperierung

können zum Beispiel folgende Komponenten (Feldgeräte)

gehören: Temperatur-Sensor, Temperatur-Regler,

Aktoren zur Betätigung der Ventile für die Verstellung

von Heizdampf- und Kühlwasserstrom. Die technische

Funktion setzt sich daher aus mehreren Einzelsteuereinheiten

(Control Modules) zusammen. Jede Einzelsteuereinheit

ist als Signalflussplan (CFC) realisiert, der von

einem generischen Messstellentyp abgeleitet sein kann.

Die logische Verbindung mehrerer Einzelsteuereinheiten

erfordert eine große Zahl von planübergreifenden

Signalverbindungen. Der Regler muss beispielsweise

seinen Stellwert an das Ventil weitergeben und eine

Rückmeldung bekommen, und zwar nicht nur zur aktuellen

Ventilstellung, sondern auch zur Betriebsart und

zum möglichen Stellbereich des Ventils. Der Analogwert-Eingangstreiber

gibt den Messwert und den zugehörigen

Signalstatus, die physikalische Einheit und den

Wertebereich an die folgenden Bausteine weiter.

Eine spürbare Erleichterung des Engineerings lässt

sich erreichen, indem definierte Schnittstellen zur Verbindung

der Einzelsteuereinheiten bereitgestellt werden.

Dadurch werden alle relevanten Variablen zusammengefasst,

sodass beispielsweise nur noch zwei planübergreifende

Verbindungen zwischen Regler-Plan und Ventil-

Plan gezogen werden müssen, um aus zwei Control-Modules

PID-Führungsregler und Stetigventil ein Equipment

Module Durchflussregelung zu kombinieren. Eine technische

Funktion kann eine einfache Simulation (basierend

auf Standard-Funktionsbausteinen des Leitsystems)

enthalten, damit bei einer virtuellen Inbetriebnahme

simulierte Prozesswerte zur Verfügung stehen.

Beispiele für Equipment-Modules

Für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 steht bereits

eine Reihe von Equipment-Modules zum kostenlosen

Download zur Verfügung [11]:

Durchflussregelung über Ventil

Verhältnisregelung

Füllstandsregelung

Druckregelung mit Split-Range

Temperaturregelung

Kaskadenregelung

pH-Wert-Regelung (gegebenenfalls mit MPC)

Weitere technische Funktionen sind in Vorbereitung:

Grob-/Feinstromregelung

Pumpenansteuerung mit Verrieglung und

Überwachung (PumpMon)

Durchflussregelung mit Ventilüberwachung

(ValveMon)

3.2 Unit Templates

Eine Unit ist eine Einheit in verfahrenstechnischen

Anlagen, bestehend aus Fluidik/Mechanik (Anlagenkomponente/Apparat/Maschine)

mitsamt der Sensorik,

Aktorik und zugeordneter Automatisierungs-Software,

die in dieser Zusammenstellung der Komponenten

häufig benötigt wird. Typische Beispiele sind

Rührkesselreaktoren oder Destillationskolonnen.

Dabei wird ein ganzheitlicher Automatisierungsansatz

verfolgt, der alle Facetten der Automatisierung

einbezieht. Ein Template für eine Unit umfasst mindestens

Basisautomatisierung und Human-Machine-

Interface. Dazu kommen gegebenenfalls Funktionen

für APC, Performance Monitoring, Diagnose und

Alarm-Management.

BILD 3: Schema einer

pH-Wert-Regelung als

Equipment Module.

Die inverse Titrationskennlinie

wird an drei

Stellen verwendet.

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Beispiele für Unit Templates

Für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 steht bereits

eine Reihe von Unit Templates zum kostenlosen Download

zur Verfügung. Diejenigen Unit Templates, bei

denen sich im Sinne von Abschnitt 2 ein Mehrgrößenregler

empfiehlt, sind mit einem MPC-Funktionsbaustein

ausgestattet.

Destillationskolonne inklusive MPC [12]

Rührkesselreaktor [13]

Fermenter

Wirbelschichttrockner einschließlich MPC

In Vorbereitung sind:

Polymerisationsreaktor mit MPC

Reverse-Osmosis-Unit (Meerwasserentsalzung)

inklusive MPC

4. AUSFÜHRUNGSBEISPIELE

4.1 Technische Funktion pH-Wert-Regelung

Bei einer pH-Wert-Regelung wird der pH-Wert eines Produktes

in einem kontinuierlich durchflossenen Behälter

eingestellt, indem die passende Menge an Neutralisationsmittel

hinzudosiert wird. Der pH-Wert ist ein Maß

für die Stärke der sauren beziehungsweise basischen

Wirkung einer wässrigen Lösung. Als logarithmische

Größe ist er durch den mit −1 multiplizierten dekadischen

Logarithmus der Oxoniumionenkonzentration

definiert. Die Titrationskurve beschreibt den Zusammenhang

zwischen dem pH-Wert und der Konzentrationsdifferenz

zwischen H+ (beziehungsweise H3O+)-Ionen

(Säure) und OH--Ionen (Lauge) in der Lösung. Aufgrund

der stark nichtlinearen Form der Titrationskurve

bedeutet dies, dass die Verstärkung der Regelstrecke je

nach Arbeitspunkt extrem unterschiedlich ist.

Nur bei Anwendungen, in denen der pH-Wert in

einem sehr engen Bereich konstant gehalten werden

soll und die Störeinflüsse begrenzt sind, ist eine pH-

Wert-Regelung mit einem fest parametrierten PID-Regler

möglich. Typische Beispiele sind Bio-Fermenter, in

denen die Bakterien nur in einem bestimmten pH-Wert-

Bereich überhaupt lebensfähig sind und beim Gärungsvorgang

in geringem Ausmaß Säure produzieren.

Schwieriger gestaltet sich dagegen die Neutralisiation

von Abwässern aus Chemieanlagen oder andere pH-

Wert-Regelungen in Chemie-Reaktoren. Die Besonderheit

der hier vorgestellten technischen Funktion liegt

in der Umwandlung des pH-Sollwerts und des pH-Prozesswerts

in Konzentrationsdifferenzen, um eine Linearisierung

der Regelstreckencharakteristik über den

gesamten relevanten pH-Wert-Bereich zu erreichen. Die

Umwandlung erfolgt anhand einer invertierten Titrationskurve,

die das Verhalten der chemischen Reaktion

des gegebenen Prozesses zumindest näherungsweise

beschreibt.

Bei Anwendungen mit großen Totzeiten, aufgrund der

Messtotzeit der pH-Sonde, Zeitbedarf für die Vermischung

und Reaktionszeit der Neutralisationsreaktion

und Bedarf für eine dynamische Störgrößenaufschaltung

auf Basis des pH-Werts im Zulauf, empfiehlt sich ein embedded

MPC. Anstelle der aufwendigen manuellen Projektierung

einer Kombination aus PID-Regler, Smith-

Prädiktor und Störgrößenaufschaltung. pH-Soll- und

-Istwert werden mit Hilfe der inversen Titrationskennlinie

näherungsweise auf Konzentrationsdifferenzen [10 –6

Mol/L] zwischen OH--und H+-Ionen umgerechnet.

(2)

BILD 4: Schema eines

Wirbelschichttrockners

als UnitTemplate

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HAUPTBEITRAG

Im Anwendungsfall sind zwei Parameter dieser

Kennlinie zu bestimmen:

Der zu durchlaufende Amplitudenbereich pH ampl auf

der pH-Wert-Skala, das heißt die maximal erreichbaren

Abweichungen vom neutralen pH-Wert 7

Der Pufferparameter α, als Maß für die Steilheit

der Kennlinie im neutralen Punkt

Bei einer gepufferten Flüssigkeit verläuft die Titrationskennlinie

im neutralen Punkt weniger steil als bei einer

wässrigen Lösung. Typische Werte für den Pufferparameter

α liegen zwischen 3 500 und 12 000. Die Ausgangsgröße

des Reglers (gedanklich eine Konzentration) wird mit

der normierten Zulaufmenge des Abwassers multipliziert,

um ein Maß für die erforderliche Menge an Neutralisationsmittel

zu berechnen.

4.2 Unit-Template-Wirbelschichttrockner

Trockner (beispielsweise Wirbelschichttrockner, Sprühtrockner)

sind häufig vorkommende Apparate in der verfahrenstechnischen

Industrie und gelten generell als

energieintensive Unit Operations. Daher sind sie lohnende

Anwendungsfälle für gehobene Regelungsverfahren

und Maßnahmen zur Optimierung der Prozessführung.

Es gibt zahlreiche unterschiedliche Arten von

Trocknern. Generell wird unterschieden zwischen Kontakttrocknern,

bei denen das Feuchtgut durch direkten

Kontakt mit einer Heizfläche erwärmt wird, und Konvektionstrocknern,

bei denen das Trockengut mit heißer Luft

erwärmt wird. Sehr weit verbreitet sind Konvektionstrockner

in Form von Wirbelschicht- oder Sprühtrocknern.

Bei einem Wirbelschichttrockner wird das Trockengut

von unten durchströmt, in Schwebe gehalten und

durchmischt. Durch die turbulente Vermischung werden

hohe Wärme- und Stoffübergangskoeffizienten erreicht.

Die Teilchen, die bereits trocken genug sind, werden mit

der Luft ausgetragen. Nach der Fahrweise wird unterschieden

in kontinuierliche und chargenweise Trocknung.

Das Unit Template fokussiert sich auf die Automatisierung

und Regelung kontinuierlicher Trockner.

Eine genaue Regelung der Produktfeuchte ist von großer

wirtschaftlicher Bedeutung. Bei ungenügender Trocknung

drohen Schwierigkeiten in nachgelagerten Prozessstufen,

bei der Lagerung oder Endanwendung (zum Beispiel

Verklumpungen, Fäulnis, Schimmel). Durch eine

Übertrocknung dagegen wird Energie verschwendet und

das Gewicht des Produkts reduziert, was sich gegebenenfalls

negativ auf den Verkaufserlös (nach Gewicht) auswirkt.

Es gilt der Grundsatz: so trocken wie nötig, nicht

so trocken wie möglich! Beim Trocknungsvorgang muss

die Erhaltung der Produktqualität gewährleistet werden,

was der thermischen Beanspruchung des Trockenguts,

das heißt den Temperaturen klare Grenzen setzt und daher

eine Regelung der Produkttemperatur erfordert.

Als Stelleingriffe stehen bei einem Konvektionstrockner

die Temperatur und der Massenstrom der Zuluft zur

Verfügung. Diese lassen sich durch unterlagerte PID-

Regelkreise problemlos einstellen, zum Beispiel durch

Stelleingriffe an der Heizdampfzufuhr und dem Heißluftgebläse.

In vielen Fällen stehen außerdem weitere

messbare Störgrößen für ein Regelungskonzept zur Verfügung,

wie die Edukt-Feuchte (MoistFeed) und/oder die

Feuchte der Zuluft (MoistFreshAir). Je nach Fahrweise

kann die Edukt-Zufuhr (Massenstrom, Durchsatz) als

messbare Störgröße oder sogar als aktive beeinflussbare

Stellgröße für ein Regelungskonzept betrachtet werden.

Aufgrund physikalischer Effekte ist offensichtlich, dass

eine Änderung des Heißluftmassenstroms die Produktfeuchte

und die Produkttemperatur beeinflusst;

dasselbe gilt für die Temperatur der zugeführten Heißluft.

Es ergibt sich also ein Mehrgrößen-Regelungsproblem

mit zwei Regelgrößen (CV: controlled variable):

CV1 Produktfeuchte (MoistProduct) und

CV2 Produkttemperatur (TI_Product)

sowie zwei bis drei Stellgrößen (MV: manipulated

variable, DV: disturbance variable)

MV1 Volumenstrom der Zuluft (FIC_HotAir),

MV2 Luft-Temperatur (TIC_HotAir) und

MV3 oder DV Edukt-Zufuhr (FIC_Feed).

Ein Benchmarking-Beispiel [10] zeigt die Vorteile einer

Mehrgrößenregelung per MPC gegenüber einer konventionellen

dezentralen PID-Regelung und die Bedeutung einer

dynamischen Störgrößenaufschaltung für die Regelgüte.

Durch eine höhere Regelgüte lässt sich der Prozess näher

an kritischen Nebenbedingungen (constraints) betreiben

und damit der Energieverbrauch signifikant senken. Eine

in den MPC integrierte Optimierung des stationären Arbeitspunktes

findet in jeder Situation automatisch die wirtschaftlich

optimale Kombination von Luftmassenstrom

und Lufttemperatur, um die Trocknungsaufgabe zu lösen.

ZUSAMMENFASSUNG

Seit Prozessleitsysteme wie Simatic PCS 7 integrierte

Funktionen für Advanced Process Control preiswert zur

Verfügung stellen, bietet sich der Einsatz gehobener Regelungsverfahren

bei energieintensiven oder aus anderen

Gründen für den Gesamtprozess besonders bedeutsamen

Unit Operations in verfahrenstechnischen Anlagen an.

Beispielsweise liefert ein MPC-Mehrgrößenregler mit

integrierter Störgrößenaufschaltung und Arbeitspunktoptimierung

bei Destillationskolonnen, Wirbelschichttrocknern

und Polymerisationsreaktoren erhebliches

wirtschaftliches Nutzenpotenzial. In speziellen Situationen,

beispielsweise bei schwierigen pH-Wert-Regelungen,

kann ein MPC-Funktionsbaustein auch im Eingrößenfall

hilfreich sein. Durch wiederverwendbare

Software-Module (equipment modules und unit templates)

lassen sich erfolgversprechende MPC-Einsatzfälle

aufzeigen und der Engineering-Aufwand für MPC-Applikationen

deutlich senken.

MANUSKRIPTEINGANG

18.10.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

36

atp edition

3 / 2014


REFERENZEN

AUTOREN

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die Performance Ihrer Anlage mit Hilfe der passenden

APC-Funktionen? Teil 2: Vorgehensweise zur Performance-Verbesserung

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[10] Pfeiffer, B-M.: Effizienter Betrieb von Wirbelschichttrocknern

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Applikationsbeschreibung. Siemens AG. Karlsruhe,

Juni 2013. http://support.automation.siemens.com/WW/

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– Technische Funktionen mit SFC-Typen.

[15] Maciejowski, J.M.: Predictive control with constraints.

Prentice Hall 2002

Dr.-Ing. BERND-MARKUS PFEIFFER (geb. 1966) ist Key

Expert Control & Automation Technologies – APC in der

Vorfeldentwicklung für Prozess-Automatisierung bei

Siemens Karlsruhe. Er ist Mitglied im GMA Fachausschuss

6.22 Prozessführung und gehobene Regelungsverfahren

und Lehrbeauftragter am Karlsruher Institut für Technologie

(KIT).

Siemens AG,

I IA ATS 3 2, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 595 59 73,

E-Mail: bernd-markus.pfeiffer@siemens.com

HERBERT GRIEB (geb. 1959) ist Gruppenleiter für Operation

& Optimization in der Vorfeldentwicklung für Prozess-

Automatisierung bei Siemens Karlsruhe. Er leitet darüber

hinaus den GMA Fachausschuss 6.23 Plant Asset Management

und den VDI Arbeitskreis Mess- und Automatisierungstechnik

(GMA).

Siemens AG,

I IA ATS 3 2, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 595 22 03,

E-Mail: herbert.grieb@siemens.com

Dr. OTMAR LORENZ (geb. 1961) ist seit 2006 Manager

Technical Concepts and Support für die chemische Industrie.

Arbeitsschwerpunkte bilden Konzepte und Anwendungen

in den Bereichen gehobene Regelungstechnik,

dynamische Simulation und modellbasierte Optimierung

verfahrenstechnischer Prozesse. Er ist Mitglied im Namur

Arbeitskreis 2.2 Prozessführung.

Siemens AG,

I IA AS PA CHEM 3, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 595 66 00, E-Mail: otmar.lorenz@siemens.com

DIRK LOSERT (geb. 1967) ist Manager für Business Development

in der chemischen Industrie und unter anderem für

das Thema Unit Templates verantwortlich.

Siemens AG,

I IA AS PA CHEM 1, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 595 69 98, E-Mail: dirk.losert@siemens.com

Dipl.-Phys. DÖRTE SACK (geb. 1963) ist Gruppenleiterin für

Technologie und Konzepte der Prozessautomatisierung in

der chemischen Industrie.

Siemens AG,

I IA AS PA CHEM 3, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 595 21 31, E-Mail: doerte.sack@siemens.com

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37


HAUPTBEITRAG

Nichtlineare modellprädiktive

Regelung auf SPS

Ein Ansatz zur MPC-Verwendung in der Automatisierung

Die modellprädiktive Regelung ist ein modellbasiertes Regelungsverfahren, das sich

gut für die Regelung nichtlinearer Systeme mit Beschränkungen eignet. Es basiert

auf der Lösung eines dynamischen Optimierungsproblems und ist in der Regel mit

einem erheblichen numerischen Aufwand verbunden. In diesem Beitrag wird ein

effizientes Verfahren diskutiert, das sich zur Regelung von nichtlinearen Systemen

mit Stellgrößenbeschränkungen und Abtastzeiten im Millisekundenbereich auf einer

speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) verwenden lässt. Ein experimenteller

Aufbau eines Laborkrans demonstriert die Leistungsfähigkeit des Verfahrens.

SCHLAGWÖRTER Nichtlineare modellprädiktive Regelung / Speicherprogrammierbare

Steuerung / Echtzeitfähigkeit

Nonlinear Model Predictive Control on a PLC –

An Approach for the Use of MPC in Automation

Model predictive control (MPC) is a model based method which is well suited for

controlling nonlinear systems with constraints. It relies on the solution of an underlying

optimal control problem (OCP) and typically requires considerable computational

effort. This paper discusses an efficient MPC approach for nonlinear input

constrained systems with sampling times in the millisecond range that is suitable

for implementation on a programmable logic controller (PLC). The efficiency of the

MPC scheme is demonstrated by means of a laboratory crane setup.

KEYWORDS nonlinear model predictive control / programmable logic controller /

real-time capability

38

atp edition

3 / 2014


BARTOSZ KÄPERNICK, KNUT GRAICHEN, Universität Ulm

Die nichtlineare modellprädiktive Regelung

(model predictive control, MPC) ist ein Regelungskonzept,

das sich sehr gut für die Regelung

von nichtlinearen Mehrgrößensystemen

mit Beschränkungen eignet. Es basiert auf der

Lösung eines dynamischen Optimierungsproblems,

welches zu festen Abstastzeiten wiederholt gelöst wird.

Der aktuelle Systemzustand dient dabei als Initialwert

für das Optimierungsproblem. Eine Herausforderung

in Zusammenhang mit MPC ist jedoch der hohe numerische

Aufwand, der den Einsatz eines MPC-Reglers

zur Regelung von nichtlinearen hochdynamischen Systemen

mit niedrigen Abtastzeiten und/oder einen Betrieb

auf Standard-Automatisierungshardware limitiert,

wie zum Beispiel einer speicherprogrammierbaren

Steuerung.

In den letzten Jahren wurden Verfahren und Algorithmen

im Bereich der nichtlinearen modellprädiktiven

Regelung entwickelt, die einen echtzeitfähigen

Betrieb erlauben [1-3]. Darüber hinaus wurden in den

Arbeiten [4, 5] Ansätze vorgestellt, die den Betrieb von

modellprädiktiven Reglern auf speicherprogrammierbaren

Steuerungen (SPS) aufzeigen. Die präsentierten

Ergebnisse [4, 5] waren jedoch beschränkt auf lineare

Systeme.

In diesem Beitrag wird ein echtzeitfähiges MPC-

Verfahren diskutiert, das für die Regelung von nichtlinearen

Systemen mit Stellgrößenbeschränkungen

und Abtastzeiten im Millisekundenbereich auf speicherprogrammierbaren

Steuerungen geeignet ist. Um

die Anwendbarkeit des Ansatzes zu demonstrieren,

wird der modellprädiktive Regler auf einer SPS implementiert

und für die Regelung einer experimentellen

Verladebrücke im Labormaßstab verwendet.

1. NICHTLINEARE MODELLPRÄDIKTIVE REGELUNG

Die wiederholte Lösung eines unterlagerten Optimierungsproblems

zu festen Abtastzeiten ist die Grundlage

eines nichtlinearen modellprädiktiven Reglers. Die

Nutzung eines gradientenbasierten Ansatzes ermöglicht

eine effektive Implementierung auf einer SPS mit

Rechenzeiten im Bereich von Millisekunden.

1.1 Allgemeine Funktionsweise

Bei der modellprädiktiven Regelung handelt es sich um

ein modellbasiertes Verfahren, bei dem ein dynamisches

Optimierungsproblem entlang eines bewegten

Horizonts gelöst wird [6, 7]. Das im Beitrag betrachtete

Optimierungsproblem hat die folgende Form:

minimiere bezüglich der Eingangsgrößen ,

unter Berücksichtung von

(1a)

(1b)

(1c)

wobei die Zustände beziehungsweise

die Stellgrößen (Eingangsgrößen) des zu regelnden Systems

bezeichnen. Gewünschte Optimalitätskriterien,

wie beispielsweise ein zeit- oder energieoptimales Regelverhalten,

können über das Kostenfunktional (1a)

formuliert werden, wobei die Endkostengewichtung

und der Integralanteil

positiv semi-definite und stetig differenzierbare Funktionen

sind. Die Dynamik des nichtlinearen Systems

(1b) wird durch die ebenfalls stetig differenzierbare

Systemfunktion

beschrieben. Dabei

stellt

den Systemzustand zum aktuellen

Abtastzeitpunkt

mit der Abtastzeit

dar. Der in der Praxis häufig auftretende Fall physikalischer

oder technischer Beschränkungen der Stellgrößen,

zum Beispiel die begrenzte Leistung von Aktoren,

wird durch die Bedingung (1c) berücksichtigt, wobei

vektorwertige Schranken darstellen. Der Prädiktionshorizont

wird mit bezeichnet. Auf Zustands-

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39


HAUPTBEITRAG

beschränkungen, die im Allgemeinen bei MPC mitberücksichtigt

werden können, wird an dieser Stelle im

Hinblick auf eine effektive Implementierung verzichtet.

Die Aufgabe zum Lösen des Optimierungsproblems

(1) besteht nun darin, aus den in der Regel unendlich

vielen Stellgrößen, die die Dynamik mit der Anfangsbedingung

(1b) erfüllen, eine optimale Steuerfunktion

zu finden, die das Kostenfunktional (1a) unter

Berücksichtung der Beschränkungen (1c) erfüllt. Die

entsprechend optimalen Zustände (impliziert durch

(1b)) sind dabei .

Im Allgemeinen wird bei MPC davon ausgegangen,

dass in jedem Abtastzeitpunkt die optimale Lösung

des dynamischen Optimierungsproblems

(1) berechnet wird. Anschließend wird der erste Teil der

optimalen Stellgröße

im Abtastintervall

auf das zu regelnde System geschaltet.

Im nächsten Abtastschritt

wird das dynamische

Optimierungsproblem (1) mit dem neuen Systemzustand

erneut gelöst (siehe Bild 1).

Diese generelle Funktionsweise eines MPC-Reglers ist

zusätzlich in Bild 1 veranschaulicht. Zum Abtastzeitpunkt

wird der aktuelle Zustand des Systems ermittelt

und als Initialwert für die Lösung von (1) verwendet.

Der erste Teil der optimalen Stellgröße wird dann als

Steuerung genutzt und bewirkt entsprechend eine Reaktion

des Systems. Zudem lässt sich mit Hilfe der gesamten

Stellgröße und in Bezug auf das verwendete

Systemmodell eine Prädiktion des zukünftigen Systemverhaltens

entlang des MPC-Horizonts durchführen.

Im nächsten Abtastschritt wird der Horizont entsprechend

verschoben und das Optimierungsproblem (1) mit

dem neuen Systemzustand gelöst. Aufgrund von Modellierungsfehlern

und/oder Unsicherheiten und Störungen

im realen System weichen die Trajektorien des

geschlossenen Regelkreises von den prädizierten Ergebnissen

ab, was die Notwendigkeit der Lösung von (1) in

jedem neuen Abtastschritt verdeutlicht.

Dem Verlauf der Stellgröße in Bild 1 kann entnommen

werden, dass die zeitkontinuierliche Lösung

in jedem Abstastintervall

verwendet

wird. In der Praxis werden häufig auch diskrete Implementierungen

verwendet, zum Beispiel in Form einer

stückweise konstanten Stellgröße im Abtastintervall.

Der Einsatz eines nichtlinearen MPC-Reglers für hochdynamische

Systeme mit entsprechend geringen Abtastzeiten

stellt eine große Herausforderung dar. Diese

Problematik wird weiter erschwert durch die Zielhardware,

auf der der MPC implementiert werden soll

und die gewissen Beschränkungen unterliegt, wie

beispielsweise einer geringen Rechenleistung und/

oder Speicherkapazität. Aus diesem Grund müssen

echtzeitfähige Verfahren für eine schnelle und effiziente

numerische Lösung des Optimierungsproblems

(1) angewandt werden. Das in diesem Beitrag verwendete

MPC-Verfahren basiert auf einem projizierten

Gradientenverfahren aus der Optimalsteuerungstheorie

[8,9]. Zunächst muss dazu die Hamilton-Funktion

(2)

definiert werden, wobei den zum Originalzustand

adjungierten Zustand bezeichnet. Gemäß

Pontryagin’s Maximumprinzip existieren adjungierte

Zustände

, sodass auf dem Prädiktionsintervall

die folgenden Optimalitätsbedingungen

erfüllt sind:

(3a)

(3b)

(3c)

wobei und die partiellen Ableitungen

der Endkostengewichtung und der Hamilton-Funktion

nach den Zuständen beschreiben. Die

Beziehungen (3) stellen notwendige Bedingungen dar,

die eine optimale Lösung

des Optimierungsproblems

(1) erfüllen muss, und die im weiteren

Verlauf als Grundlage für die Formulierung eines modellprädiktiven

Reglers genutzt werden.

Der im Beitrag verwendete MPC-Algorithmus ist in

Bild 2 dargestellt. Er nutzt die charakteristische Form

der Optimalitätsbedingungen (3). Dazu wird die

Systemdynamik (3a) (siehe auch (1b)), ausgehend von

einer initialen Trajektorie

für die

Stellgröße und dem aktuellen Systemzustand des

Systems vorwärts in der Zeit integriert. Anschließend

wird die ermittelte Lösung zum Endzeitpunkt

ausgewertet, um die entsprechende Endbedingung

für den adjungierten Zustand

zu berechnen. Dieses Ergebnis wird dann verwendet,

um die adjungierte Dynamik (3b) in Rückwärtzeit zu

integrieren. Im letzten Schritt einer Iteration wird dann

eine Aktualisierung der Stellgröße durchgeführt (siehe

Bild 2), wobei

den Gradienten der Hamilton-Funktion

bezüglich der Stellgröße darstellt.

Die Projektionsfunktion

1.2 Echtzeitfähiges Gradientenverfahren

(4)

dient zur Berücksichtigung der Stellgrößenbeschränkungen

(1c). Die Schrittweite für die Aktualisierung

der Steuerung wird mit Hilfe eines Liniensuchverfahrens

bestimmt, das im nächsten Abschnitt näher

erläutert wird. Anschließend wird mit der neuen Stellgröße

der Integrationsprozess von neuem gestartet

und somit eine neue Iteration begonnen. Der Algorithmus

besteht damit prinzipiell aus zwei Integrationen

und einer Stellgrößenaktualisierung pro Iteration

und lässt sich somit effizient implementieren. Zudem

40

atp edition

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BILD 1:

Veranschaulichung

der generellen

Funktionsweise eines

modellprädiktiven

Reglers

BILD 3: Veranschaulichung der Grundidee zur

Bestimmung einer geeigneten Schrittweite

BILD 2: Gradienten-Algorithmus des echtzeitfähigen MPC-Verfahrens

benötigt die sequenzielle Abarbeitungsfolge, vergleiche

Bild 2, einen geringen Speicherbedarf.

Um nun ein echtzeitfähiges Verhalten zu garantieren,

wird die Anzahl der maximalen Gradienteniterationen

fest vorgegeben. Damit wird anstelle der optimalen

Lösung die suboptimale Stellgröße

im Abtastintervall

zur Regelung des

Systems und zur Reinitialisierung des MPC-Reglers im

nächsten Abtastschritt verwendet. Eine Konvergenzund

Stabilitätsanalyse des projizierten Gradientenverfahrens

und des gradientenbasierten MPC-Reglers kann

in [8] beziehungsweise in [10] nachgelesen werden.

1.3 Verfahren zur Liniensuche

Um eine hinreichende Verbesserung der Stellgröße

und damit eine deutliche Reduktion der Kostenfunktion

(1a) in jeder neuen Gradienteniteration zu erzielen, muss

eine geeignete Schrittweite bestimmt werden, siehe Bild

2. Ein Verfahren, das dazu sehr gut geeignet ist, wurde

in [2] vorgestellt. Dabei wird zunächst eine Menge von

drei Stichproben für die Schrittweite gebildet und das

Kostenfunktional (1a) mittels der Strichproben durch ein

quadratisches Polynom approximiert. Anschließend

wird das Minimum der Approximation, und damit eine

geeignete Schrittweite, bestimmt und die Stichprobenmenge

zur Verfolgung des Minimums adaptiert.

Eine alternative Strategie zur Berechnung einer geeigneten

Schrittweite, die ursprünglich in [11] vorgestellt

und in [12] für dynamische Optimierungsprobleme

angepasst wurde, soll an dieser Stelle aufgezeigt

werden, um den Rechenaufwand weiter zu reduzieren.

Die Grundidee ist dabei die Distanz von zwei

aufeinanderfolgenden Aktualisierungen der Stellgröße

zu minimieren, um zwischen zwei Iterationen

der Stellgröße keine zu großen Differenzen zu erhalten.

In der Nähe einer optimalen Lösung soll die Aktualisierung

zudem einen geringeren Einfluss auf die

nächste Iteration ausüben. Das unterlagerte statische

Optimierungsproblem für die Bestimmung einer entsprechenden

Schrittweite ist somit gegeben durch

atp edition

3 / 2014

41


HAUPTBEITRAG

mit den Differenzen

(5a)

(5b)

Dabei wird angenommen, dass die gleiche Schrittweite

für beide Aktualisierungen verwendet wird, die Stellgrößenbeschränkungen

(1c) nicht berücksichtigt werden

und keine Störungen auf das System wirken. Die

Minimierung (5a) führt dann auf die folgende Lösung

.(6)

Dieser Lösungsansatz ist in Bild 3 angedeutet und

kann sehr effizient implementiert werden, da nur die

Eingangstrajektorie und der entsprechende Gradient

aus der vorherigen Iteration gespeichert und lediglich

zwei numerische Integrationen durchgeführt werden.

Weiteren ist ein Gewicht mit einer Masse von 0.5 kg

über ein Seil direkt mit der Laufkatze verbunden, das

sich über einen Motor entsprechend auf- und abrollen

lässt. Zur Bestimmung der Wagenposition und der Seillänge

werden Inkrementalgeber mit einer Auflösung

von 2500 Impulsen pro Umdrehung (Laufkatze) beziehungsweise

1000 Impulsen pro Umdrehung (Seil) verwendet.

Zusätzlich wird die Winkelauslenkung des

Seils mit Bezug zum Zentrum des Wagens über einen

weiteren Inkrementalgeber mit 1500 Impulsen pro Umdrehung

erfasst.

Die Zustände , welche die Dynamik der Verladebrücke

beschreiben, sind die Wagenposition und

-geschwindigkeit , die Seillänge und -geschwindigkeit

sowie die Auslenkung und

die zugehörige Winkelrate des Seils. Die Beschleunigung

des Wagens und des Seils dienen

als Stellgrößen für das System. Durch die Verwendung

von schnellen unterlagerten Geschwindigkeitsreglern

kann die Dynamik der Verladebrücke mit Hilfe des

Lagrange-Formalismus wie folgt angegeben werden:

2. SPS-IMPLEMENTIERUNG

In diesem Abschnitt wird die Implementierung des

echtzeitfähigen MPC-Verfahrens auf einer Standard-

SPS diskutiert und anhand eines experimentellen Aufbaus

einer Verladebrücke im Labormaßstab validiert.

2.1 Beschreibung der verwendeten SPS

Das gradientenbasierte MPC-Verfahren wird zusammen

mit der effizienten Schrittweitenbestimmung (6) auf

einer SPS vom Typ CECX-X-C1 von Festo implementiert,

welche über einen Power-PC-Prozessor mit 400 MHz

als CPU-Einheit verfügt. Darüber hinaus werden jeweils

zwei E/A-Module CECX-A-4A4E-V und CECX-C-

2G2 für die Ansteuerung der experimentellen Komponenten

und für die Erfassung von Sensordaten verwendet.

Die Kommunikation zwischen der SPS und einem

herkömmlichen PC erfolgt über einen Ethernet-Anschluss.

Bild 4 zeigt die verwendete SPS, die zur Kommunikation

an einen PC angeschlossen ist. Weitere

Informationen zur SPS und den verwendeten Modulen

können dem Handbuch beziehungsweise der Internet-

Seite von Festo entnommen werden.

2.2 Experimentelle Verladebrücke

Bild 5 zeigt ein Foto und eine schematische Skizze des

experimentellen Aufbaus einer Verladebrücke, die in

diesem Beispiel zur Validierung der modellprädiktiven

Regelung verwendet wird. Am Gerüst des Laborkrans

ist eine Laufkatze montiert, die sich entlang der dargestellten

Führungsschiene bewegen kann und über einen

Zahnriemen mit einem Motor verbunden ist. Des

(7),

wobei die Erdbeschleunigung darstellt. Die berechneten

Stellgrößen (Beschleunigung des Wagens und des

Seils) werden dann integriert und als Eingangsgrößen

an die Geschwindigkeitsregler übergeben.

2.3 Implementierungsdetails

Für die Implementierung des gradientenbasierten MPC-

Reglers auf der SPS wird der Simulink PLC Coder, der

in der verwendeten Matlab 2013a Version zur Verfügung

steht, genutzt. Dieses Werkzeug ermöglicht eine direkte

Generierung von separaten Funktionsbausteinen aus

Matlab/Simulink-Blöcken, wobei die Funktionsbausteine

als strukurierter Text zur Verfügung stehen.

Das in Bild 6 dargestellte Matlab/Simulink-Modell

zeigt die wichtigsten Komponenten der verwendeten

Regelung. Es besteht aus einem Block zur Zustandsrekonstruktion

und dem gradientenbasierten MPC. In

dem Block zur Zustandsrekonstruktion werden die

Signale der Inkrementalgeber verarbeitet und eine Zustandsschätzung

mittels eines erweiterten Kalman-

Filters (EKF) durchgeführt. Der MPC-Algorithmus

selbst ist in einer Matlab-Funktion implementiert. Wie

in Bild 6 zu sehen ist, erhält der Block den aktuellen

Systemzustand (Initialzustand für das Optimierungsproblem

(1)), gewünschte Arbeitspunkte und einen Satz

von Parametern als Eingabe-Argumente. Weitere notwendige

Funktionen für den Betrieb der Verladebrücke

wie eine Reglerfreigabe oder Überwachungsmodule,

werden ebenfalls in Matlab/Simulink-Modellen realisiert

und werden im Beitrag nicht näher behandelt.

42

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BILD 4: Verwendete SPS

mit PC-Ethernet-Anschluss

BILD 5: Foto und schematische Skizze

der experimentellen Verladebrücke

BILD 6: Matlab/Simulink-Modell des MPC-Funktionsblocks für die SPS

BILD 7:

SPS-Implementierung

des MPC-Reglers

Als Entwicklungsumgebung für die Programmierung der

SPS wurde eine von Festo modifizierte Version der Programmierumgebung

Codesys verwendet. Die generierten Funktionsbausteine

werden dann in einem Hauptprogramm

eingebunden, das einer Task zugeordnet und mit einer festen

Zykluszeit von

betrieben wird und somit einer

Abtastzeit von

entspricht. Bild 7 zeigt die

Implementierung des MPC-Reglers in einer Übersicht.

2.4 Experimentelle Ergebnisse

Für die experimentelle Validierung des modellprädiktiv

geregelten Laborkrans werden die Endkostengewichtung

und der Integralanteil des Kostenfunktionals

(1a) als quadratische Funktionen

(8)

atp edition

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43


HAUPTBEITRAG

mit den (positiv semi-definiten) Gewichtungsmatrizen

und

formuliert. Die Nutzung

quadratischer Funktionen (8) für die Formulierung

des Kostenfunktionals (1a) ist ein übliches Vorgehen

zur Forderung einer gewissen Regelgüte einzelner Zustände

und Stellgrößen, da auf diese durch eine geeignete

Gewichtung Einfluss genommen werden kann.

Die Variablen und beschreiben

dabei die Differenz zu einem gewünschten

Arbeitspunkt . Für die numerische Integration

wird ein Euler-Vorwärts-Verfahren mit 16 Diskretisierungspunkten

verwendet und der Prädiktionshorizont

wird zu gesetzt. Diese Wahl ergibt

sich dabei mit Blick auf eine effektive Implementierung

des MPC-Reglers, da so der Prädiktionshorizont

in Kombination mit der Anzahl der Diskretisierungspunkte

ein Vielfaches der Abtastzeit beschreibt. Die

Stellgrößenbeschränkungen (1c) werden zudem zu

gewählt und die Anzahl der Gradienteniterationen

ist .

Im Folgenden wird ein einfacher Arbeitspunktwechsel

des Krans von einem Anfangspunkt

in einen gewünschten Arbeitspunkt

, betrachtet.

In Bild 8 sind die experimentellen Ergebnisse für den

modellprädiktiv geregelten Laborkran dargestellt,

wobei vor dem Arbeitspunktwechsel das Auftreten

einer Störung durch manuelles Auslenken der Masse

demonstriert wird. Das Störszenario und der Arbeitspunktwechsel

sind zur besseren Kenntlichkeit durch

eine vertikal gestrichelte Linie getrennt. Es ist gut zu

erkennen, wie der Regler einer dauerhaften Auslenkung

der Masse entgegenwirkt, indem der Wagen in

Richtung der Störung bewegt und die Seillänge verändert

wird. Nach Freigabe der Masse (das heißt das

System wird nicht mehr gestört, nachdem der Wagen

etwa 40 cm in die jeweilige Richtung gefahren ist)

wird der Schwingung entgegengesteuert und die Verladebrücke

wieder zurück in die Ruhelage geregelt.

Des Weiteren verdeutlichen die Ergebnisse, dass die

zugehörigen Stellgrößen ihre Beschränkungen einhalten.

Die Ergebnisse des Arbeitspunktwechsels zeigen die

gute Regelgüte des verwendeten MPC-Reglers auf. Die

Laufkatze sowie die Seillänge erreichen die gewünschte

Position mit geringem Überschwingen und in knapp

drei Sekunden. Die Rechenzeit für einen MPC-Schritt

des verwendeten Verfahrens liegt im Bereich von einer

Millisekunde und ist damit deutlich unterhalb der Abtast-

beziehungsweise Zykluszeit der SPS.

2.5 Trajektorienplanung

In diesem Abschnitt soll abschließend demonstriert

weden, wie die Regelgüte des modellprädiktiv geregelten

Laborkrans weiter gesteigert werden kann. Dazu

soll vor einem Arbeitspunktwechsel zunächst

eine geeignete Trajektorienplanung durchgeführt und

der MPC-Regler dann zur Verfolgung dieser Trajektorie

genutzt werden. Die Trajektorienplanung hat den zusätzlichen

Vorteil, einen Arbeitspunktwechsel in

einem definierten und endlichen Zeitintervall

zu ermöglichen, anstatt ein asymptotisches Verhalten

zu realisieren, wie ihn ein PID-Regler beispielweise

aufweist.

Eine sehr elegante Methode für eine geeignete Trajektorienplanung

bietet die Theorie der differenziellen

Flachheit [13-15]. Besitzt ein System

einen

flachen Ausgang , so können alle Zustände und

Stellgrößen durch den flachen Ausgang und seinen

Zeitableitungen parametriert werden, das heißt

.

(9a)

.(9b)

Für eine Trajektorienplanung kann zunächst der

flache Ausgang herangezogen werden, um eine Referenztrajektorie

innerhalb eines Intervalls zu

konstruieren, zum Beispiel durch ein hinreichend oft

stetig differenzierbares Polynom. Anschließend können

die entsprechenden Referenztrajektorien für die

Zustände und die Stellgrößen mit Hilfe des flachen

Ausgangs und seiner Zeitableitungen via (9) bestimmt

werden.

Für den Laborkran mit der Dynamik (7) kann nun

gezeigt werden, dass die Position der Last, vergleiche

Bild 5,

(10a)

(10b)

einen flachen Ausgang darstellt, wobei und

in (9) gilt. Die genaue Parametrierung der Zustände

und Stellgrößen wird an dieser Stelle aufgrund

der Komplexität weggelassen. Mit (10) können nun geeignete

Referenztrajektorien und im

Intervall

bestimmt werden und für eine

Trajektorienverfolgung mit Hilfe des MPC-Reglers genutzt

werden.

Die Endkostengewichtung und der Integralanteil

werden für die Berücksichtung der Referenztrajektorien

wie folgt angepasst:

(11)

mit

und

, wobei die Zeitabhängigkeit aus Platzgründen

in (11) weggelassen wurde. Durch das Berücksichtigen

der Referenztrajektorien kann der Prädiktionshorizont

auf

verkürzt werden.

Die Ergebnisse des MPC-Reglers mit Trajektorienplanung

für einen Arbeitspunktwechsel, wie er im vorherigen

Abschnitt betrachtet wurde, und mit der Transitionszeit

sind in Bild 9 dargestellt. Die Referenztrajektorien

sind grau gestrichelt angegeben. Die

44

atp edition

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u

u

x

x

u

u

x

x

BILD 8: Experimentelle

Ergebnisse der modellprädiktiv

geregelten

Verladebrücke

t t

t

t

u

u

x

x

u

u

x

x

BILD 9: Experimentelle

Ergebnisse der modellprädiktiven

Regelung

mit flachheitsbasierter

Trajektorienplanung

t

t

t

t

Ergebnisse zeigen eine sehr gute Regelgüte und eine

signifikante Verbesserung im Vergleich zur Regelung

ohne Trajektorienplanung.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

In diesem Beitrag wurde ein echtzeitfähiges modellprädiktives

Regelungsverfahren behandelt, das auf einem

projizierten Gradientenverfahren basiert. Dabei wurde

die Form der Optimalitätsbedingungen der Problemformulierung

in Kombination mit einer festen Anzahl

an Gradienteniterationen für eine effiziente numerische

Berechnung ausgenutzt. Der modellprädiktive Regler

wurde anschließend auf einer Standard-SPS implementiert

und mit Hilfe einer experimentellen Verladebrücke

im Labormaßstab validiert. Um eine verbesserte

Regelgüte zu erreichen, wurde der MPC um eine flachheitsbasierte

Trajektorienplanung erweitert.

Das vorgestellte gradientenbasierte MPC-Verfahren

wurde von den Autoren in die Software GRAMPC integriert,

die unter http://sourceforge.net/projects/

grampc als Open Source Code heruntergeladen werden

kann. GRAMPC beinhaltet ebenfalls eine Matlab/Simulink-Schnittstelle

sowie eine Matlab-GUI zur komfortablen

MPC-Auslegung.

atp edition

3 / 2014

45


HAUPTBEITRAG

AUTOREN

Zukünftige Forschungsarbeiten befassen sich mit der

zusätzlichen Berücksichtigung von Zustandsbeschränkungen

im MPC-Entwurf. Außerdem soll mit Blick auf

eine schnellere und effizientere Berechnung der MPC-

Algorithmus weiter verbessert werden und geeignete

Strategien für einen einfachen Reglerentwurf erarbeitet

werden.

MANUSKRIPTEINGANG

18.10.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

DANKSAGUNG

Die präsentierten Ergebnisse wurden im Rahmen

eines Projekts des österreichischen Fonds zur

Förderung der wissenschaftlichen Forschung

(FWF) mit der Projektnummer P21253-N22

erarbeitet. Die Verfasser danken zudem der

Firma Festo Ag & Co. KGund insbesondere

Dr. Alexander Hildebrandt und Martin Ehrle für

die Bereit stellung der verwendeten SPS.

Dipl.-Ing. BARTOSZ KÄPERNICK

(geb. 1985) studierte Elektro- und Informationstechnik

an der Universität

Stuttgart (Diplom 2010) und ist seit Januar

2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter

am Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik

der Universität Ulm tätig. Sein

Haupt arbeitsgebiet ist die modellprädiktive

Regelung und optimale Trajektorienplanung

für nicht lineare Systeme.

Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik,

Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee 41, D-89081 Ulm,

Tel. +49 (0) 731 502 63 05, E-Mail: bartosz.kaepernick@uni-ulm.de

Prof. Dr.-Ing. KNUT GRAICHEN

(geb. 1977) ist Professor am

Institut für Mess-, Regel- und

Mikrotechnik der Universität

Ulm. Seine Hauptarbeits gebiete

sind die optimale und modellprädiktive

Regelung, nichtlineare

Steuerungs- und Regelungsverfahren

sowie schnelle

mechatronische Systeme.

Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik,

Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee 41, D-89081 Ulm,

Tel. +49 (0) 731 502 63 04, E-Mail: knut.graichen@uni-ulm.de

REFERENZEN

[1] Ohtsuka, T.: A continuation/GMRES method for fast computation

of nonlinear receding horizon control. Automatica 40(4),

S. 563-574, 2004

[2] Graichen, K., Egretzberger, M., Kugi, A.: Ein suboptimaler Ansatz

zur schnellen modellprädiktiven Regelung nichtlinearer Systeme.

at-Automatisierungstechnik 58(8), S. 447-456, 2010

[3] Houska, B., Ferreau, H.J., Diehl, M.: An auto-generated real-time

iteration algorithm for nonlinear MPC in the microsecond range.

Automatica 47(10), S. 2279-2285, 2011

[4] Valencia-Palomo, G., Rossiter, J.A.: Efficient suboptimal parametric

solutions to predictive control for PLC applications. Control Engineering

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[5] Huyck, B., Ferreau, H.J., Diehl, M., De Brabanter, J., Van Impe, J.F.M.,

De Moor, B., Logist, F.: Towards Online Model Predictive Control on a

Programmable Logic Controller: Practical Considerations.

Mathematical Problems in Engineering 2012, S. 1-20, 2012

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[7] Grüne, L., Pannek, J.: Nonlinear Model Predictive Control – Theory

and Algorithms. London, Springer-Verlag 2011

[8] Dunn, J.C.: On sufficient conditions and the gradient projection

method for optimal control problems. SIAM Journal on Control and

Optimization 34(4), S. 1270-1290, 1996

[9] Papageorgiou, M., Leibold, M., Buss, M.: Optimierung

– Statische, dynamische, stochastische Verfahren für die

Anwendung. Berlin. Springer-Verlag 2012

[10] Graichen, K., Kugi, A.: Stability and incremental improvement

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IEEE Transactions on Automatic Control 55(11),

S. 2576-2580, 2010

[11] Barzilai, J., Borwein, J.M.:Two-point step size gradient

method. IMA Journal of Numerical Analysis 8(1),

S. 141-148, 1988

[12] Käpernick, B., Graichen, K.: Model predictive control of

an overhead crane using constraint substitution.

Proceedings of the 2013 American Control Conference,

S. 3979-3984, 2013

[13] Fliess, M., Lévine, J., Martin, P., Rouchon, P.: Flatness

and defect of nonlinear systems: introductory theory and

examples. International Journal of Control 61(6),

S. 1327-1361, 1995

[14] Rothfuß, R., Rudolph, J., Zeitz, M.: Flachheit: Ein neuer

Zugang zur Steuerung und Regelung nichtlinearer Systeme.

at-Automatisierungstechnik 45(11), S. 517-525, 1997

[15] Hagenmeyer, V., Zeitz, M.: Flachheitsbasierter Entwurf

von linearen und nichtlinearen Vorsteuerungen.

at-Automatisierungstechnik 52(1), S. 3-12, 2004

46

atp edition

3 / 2014


atp Kompaktwissen

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Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.

PAATPK2014


HAUPTBEITRAG

Advanced Process Control

in der industriellen Praxis

Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Lösung

Kontinuierliche Prozesse in der chemischen Industrie werden so betrieben, dass ein

Anlagenfahrer einschleifige Regelkreise durch Sollwertvorgaben aufeinander abstimmt.

Ein konstanter Betrieb an einem optimalen Punkt ist so nicht möglich, lässt

sich aber durch gehobene Regelungsverfahren (advanced process control/APC) erreichen.

Der Beitrag beschreibt die erfolgreiche Durchführung eines APC-Projektes

und stellt die Ergebnisse dar. Die Erfahrungen zeigen, dass die Amortisierungszeit

eines APC-Projektes zum Teil bei deutlich unter einem Jahr liegt.

SCHLAGWÖRTER Prozessführung / Advanced Process Control / modellprädiktive

Regelung

Advanced Process Control in Industrial Applications –

Key Aspects for a Sustainable Solution

Continuous processes in the chemicals industry are typically controlled by an operator,

who adjusts set values for various single-loop control systems. However, constant

operation at an optimum point cannot be achieved in this way. Methods of

advanced process control (APC) can offer a solution. A successful APC project is

described and the results are presented. The experience shows that APC projects

can in some cases pay off within one year.

KEYWORDS process operation and control / advanced process control / model

predictive control

48

atp edition

3 / 2014


ANJA BRUNBERG, BENJAMIN SCHRAMM, MICHAEL KAWOHL, UWE PIECHOTTKA,

Evonik Industries

Verfahrenstechnische Produktionsanlagen in

der chemischen Industrie unterliegen vielen

Einflussfaktoren. Hohe Anforderungen

an Prozessverfügbarkeit und Flexibilität,

ebenso steigende Qualitäts-, Umweltverträglichkeits-

und Rentabilitätsanforderungen sind

nur einige Beispiele hierfür. Folglich müssen die

Prozesse kontinuierlich verbessert werden. Dabei

sind intelligente Verfahren in der Automatisierungstechnik,

wie gehobene Regelungs- und Prozessführungsstrategien,

essenzielle Werkzeuge. Diese Methoden

werden als Advanced Process Control (APC)

bezeichnet [1‐4].

Die APC-Verfahren sind insbesondere dort zu bevorzugen,

wo größere Apparate, zum Beispiel Kolonnen

oder Teilanlagen mit vielen Stell- und Regelgrößen

sowie systeminternen Kopplungen mit Hilfe

mehrerer einschleifiger Regelungen im Wesentlichen

über eine manuelle Sollwertvorgabe durch Anlagenfahrer

betrieben werden [2].

Die erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung entsprechender

Projekte zur Implementierung gehobener

regelungstechnischer Methoden hängt von

verschiedenen Einflussfaktoren ab, elementar ist

jedoch die frühzeitige und kontinuierliche Beteiligung

der Betriebsmannschaft. Das bei Anlagenfahrern,

Meistern und der Betriebsleitung vorhandene

Wissen über den Prozess und seinen Betrieb wird

in allen Stufen der Projektdurchführung benötigt.

Es muss unter anderem bei der Planung und Durchführung

von Anlagenversuchen, der Entwicklung

einer Regelungsstruktur und dem Einstellen von

Parametern an der fertigen Anwendung genutzt

werden. Gleichzeitig können eventuelle Ängste

und Vorbehalte frühzeitig erkannt und abgebaut

werden [2‐5].

In diesem Beitrag wird ein typisches APC-Projekt

mit Hilfe kommerzieller Software (APC-State-

Space-Controller der Firma AspenTech [6]) erläutert.

Anhand dieses Beispiels werden die technischen

und die betrieblichen Einflussfaktoren herausgearbeitet.

1. MOTIVATION

1.1 Typische Regelungsaufgabe der chemischen

Industrie

Destillationskolonnen sind häufig vorkommende Apparate

eines Prozesses in der chemischen Industrie. Bild 1

zeigt einen typischen Aufbau einer solchen Kolonne.

Prozesse dieser Art werden meist manuell von den Anlagenfahrern

betrieben. Dies bedeutet, dass viele einschleifige

Durchflussregelkreise aufgebaut sind; im Beispiel

von Bild 1 für den Zulauf in die Kolonne, die Destillatmenge,

den Rücklauf, den Sumpfabgang und die

Dampfmenge. Der Anlagenfahrer gibt auf Basis der Betriebsanweisung

sowie seiner Erfahrung und Prozesskenntnis

Sollwerte für diese Durchflussregelkreise vor.

Dabei wird der Anlagenfahrer oft durch weitere einschleifige

Regelkreise unterstützt. In Bild 1 werden der

Füllstand der Kolonne und des Destillatbehälters in

Füllstand-Durchfluss-Kaskaden geregelt. Zudem wird

der Sollwert der Rücklaufmenge im Verhältnis zum Zulauf

automatisch angepasst.

Ziel der in Bild 1 gezeigten Anlage ist die Reinigung

des Zulaufs. Das gereinigte Produkt befindet sich im

Sumpf. Dadurch ergeben sich folgende Rahmenbedingungen

für eine Regelung:

Die Verunreinigung in Sumpf darf ein vorgegebenes

Maximum nicht überschreiten,

der Anteil des Produkts im Destillat soll minimal

sein,

die Füllstände im Kolonnensumpf und im Destillatbehälter

müssen sich in vorgegebenen Bereichen

bewegen.

Die Sumpftemperatur darf ein Maximum nicht

überschreiten (Möglicher Zerfall beziehungsweise

Bildung von Nebenkomponenten aus dem Produkt).

Der maximale Kolonnendifferenzdruck darf nicht

überschritten werden (Maß für die Kolonnenlast).

Menge und Zusammensetzung des Zulaufs wirken als

Störgrößen für diesen Prozess: Die Zulaufmenge wird

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49


HAUPTBEITRAG

entsprechend den aktuellen Erfordernissen im vorangehenden

Anlagenteil vorgegeben; gleichzeitig können

kontinuierlich Schwankungen in der Zulaufkonzentration

auftreten.

2. REGELUNGSTECHNISCHE BETRACHTUNG

2.1 Konventioneller Betrieb des Beispielprozesses

Systemtheoretisch stellt der betrachtete Prozess ein

Mehrgrößensystem mit mehreren Eingangsgrößen

(Stell- und Störgrößen) sowie mehreren Ausgangsoder

Regelgrößen dar [3]. Der Anlagenfahrer erfüllt

durch die Vorgabe von Sollwerten für die unterlagerten

Regelkreise die Aufgaben eines übergeordneten

Reglers. Allerdings sind die Aufgabenstellung und die

verschiedenen Kopplungen zwischen Ein- und Ausgangsgrößen

des Systems zu komplex, um von einem

Menschen dauerhaft in einem optimalen Punkt betrieben

zu werden.

Im Beispiel haben die Füllstände im Kolonnensumpf

und im Destillatbehälter für die Anlagenfahrer eine

höhere Relevanz als die Konzentrationsmessungen im

Sumpf- und Destillatstrom. Dies ist typisch, da sich

Änderungen in den Niveaus meist schneller zeigen und

direkter auf eine Ursache zurückverfolgbar sind, während

Konzentrationsänderungen oftmals verzögert auftreten

oder festgestellt werden.

Die Folge ist ein breit gestreuter Betriebsbereich, wie

in Bild 2 dargestellt. Da zudem ein solches komplexes

System manuell nicht präzise von einem Betriebspunkt

zu einem anderen Betriebspunkt gefahren

werden kann, und da die Auswirkungen etwaiger

Störungen berücksichtigt werden müssen, liegt dieser

Betriebsbereich stets in einem hinreichend großen

Abstand zu den zulässigen Anlagengrenzen. Diese

sind in Bild 2 durch die schraffierten Grenzen links

und unten angedeutet. Da die Anlagenfahrer außerdem

ihre Aufmerksamkeit in der Regel mehreren

Anlagen widmen müssen, sind sie bestrebt, die

Anlage in hinreichend großer Entfernung von den

Anlagengrenzen zu betreiben.

2.2 Vorteile des Betriebs mit Mehrgrößenregelung

Eine Mehrgrößenregelung ist im Gegensatz dazu in der

Lage, den Betriebsbereich des Prozesses deutlich einzuschränken,

siehe Bild 3. Zudem ist es mit einer Mehrgrößenregelung

möglich, gezielt einzelne Betriebspunkte

anzufahren, sofern dies die eventuell vorhandenen

Störungen zulassen.

Dadurch, dass nicht nur die Streuung des Betriebsbereichs

verringert wurde, sondern auch einzelne Betriebspunkte

präziser angefahren werden können, lässt

sich der Sicherheitsabstand zu den Anlagengrenzen

verringern. In der Folge kann, wie in Bild 3 dargestellt,

der Arbeitspunkt des Prozesses näher an die Grenzen

verschoben werden. Dieser Schritt beinhaltet eine Optimierung

hin zu den bekannten Prozessgrenzen und

gegebenenfalls in der Folge eine Aufweitung dieser

Grenzen, die in einer manuellen Fahrweise nicht möglich

wäre.

2.3 Betrieb des Beispielprozesses mit APC

Die Anwendung einer Mehrgrößenregelung kombiniert

mit einer Optimierung hin zu vorgegebenen Prozessgrenzen

oder Zielgrößen fällt in den Bereich der gehobenen

Regelungsverfahren.

Am Beispielprozess lässt sich, wie in Bild 4 gezeigt,

durch eine Darstellung von Betriebspunkten aus der

Vergangenheit (bei konventioneller Fahrweise durch

die Anlagenfahrer) abschätzen, welche Einsparungen

durch APC möglich sind. Das Bild verdeutlicht entsprechend

der in Abschnitt 2.1 beschriebenen konventionellen

Fahrweise eine Häufung von Betriebspunkten

in bestimmten Bereichen sowie einige Ausreißer. Die

Erfahrung zeigt, dass mit APC die Streuung des Betriebsbereichs

und damit Produktverlust und Energieverbrauch

deutlich verringert werden können. Das

Vorgehen sowie die erzielten Ergebnisse werden in den

folgenden Abschnitten erläutert.

Die modellprädiktive Regelung umfasst eine Klasse

von Regelungsalgorithmen, die ein dynamisches Modell

des zu regelnden Prozesses verwenden, um eine

Vorhersage des Prozessverhaltens zu berechnen. Auf

der Basis dieser Prädiktion wird prozessbegleitend im

Betrieb zu festgelegten Zeitschritten eine Optimierungsrechnung

durchgeführt, die die Stellgrößenänderungen

ergibt, die zu optimalen Ausgangsgrößenverläufen

führen [5].

Bild 5 zeigt den Aufbau des verwendeten APC-Ansatzes,

der in die Klasse der modellprädiktiven Regelungsverfahren

fällt. Wesentlicher Bestandteil des

Ansatzes ist ein dynamisches Modell des Prozesses.

Dieses Modell ist ein an einem typischen Arbeitspunkt

des Prozesses aufgenommenes lineares Modell

des normalerweise nichtlinearen Prozesses. Es wird

auf Basis von sprungförmigen Änderungen der Stellgrößen

ermittelt. Im Beispiel handelt es sich dabei um

ein zeitdiskretes Zustandsraummodell. Im Filter werden

Störkanäle für alle unbekannten Störungen und

Modellungenauigkeiten definiert. Der Optimierer erhält

Kosten für Energie, Produktverluste und Produktverunreinigungen

sowie Grenzen für Stell- und

Regelgrößen als Nebenbedingungen für das Optimierungsproblem.

Im Regler wird vorgegeben, wie die

dynamische Bewegung des Prozesses zum berechneten

optimalen Betriebspunkt erfolgen soll. Dies geschieht

zum Beispiel über die Gewichtung des Einflusses

der Stellgrößen sowie die Limitierung der

Änderungsgeschwindigkeit einer Stellgröße. Anhand

dieser Vorgaben wird im Regler ein weiteres Optimierungsproblem

gelöst und so die optimale Stellgrößen-

Folge zum Erreichen des neuen Betriebspunkts be-

50

atp edition

3 / 2014


FFC-21

PC-23

B-2

LC-22

FC-23

T-21

T-22

T-23

K-2

PD-21

FC-21

FC-22

BILD 2: Gebiet,

in dem sich ein

Prozess bei

konventioneller

Fahrweise bewegt.

Q-21

T-24

FC-24

T-25

FC-25

BILD 1: Regelung einer Destillationskolonne als Beispiel für die

Regelung eines Mehrgrößensystems in der Prozessindustrie

LC-21

Q-22

BILD 3: Gebiet,

in dem sich ein

System mit einem

Mehrgrößenregler

bewegt, und

Annäherung an

die bekannten

Prozessgrenzen.

Externe

Vorgaben

Produktverluste

Optimierer Regler Prozess

Wo soll der Prozess

betrieben werden?

optimaler

Betriebspunkt

Wie kommt der

Prozess dort hin?

Dynamik des

geregelten Prozesses

Modell

Wo befindet sich der

Prozess aktuell?

Und wohin bewegt er sich?

Spezifischer Energieverbrauch

Filter

BILD 4: Gebiet, in dem sich eine reale Anlage bei

konventioneller Fahrweise bewegt hat.

BILD 5: Aufbau des verwendeten

APC-Ansatzes, vergleiche [2]

rechnet. Das Verfahren wird in [6] im Detail beschrieben.

Eine umfassende Übersicht über Aufbau und

Funktion verschiedener kommerziell erhältlicher

MPC-Software für prozesstechnische Anwendungen

ist zudem in [5] dargestellt.

Identisch zur ursprünglichen konventionellen Prozessführung

werden durch eine solche APC-Anwendung

Sollwerte für eine unterlagerte Basisregelung

vorgegeben, zum Beispiel eine Durchflussregelung für

den Dampf. Die Regelgrößen umfassen zum einen Größen,

die ein Maß für die zu optimierenden Größen

sind; dies kann beispielweise der spezifische Energieverbrauch

sein. Zum anderen sind kritische Größen

wie Füllstände, Temperaturen oder Drücke Teil der

Regelgrößen, damit ein optimaler Betriebspunkt innerhalb

der bestehenden Anlagengrenzen erreicht wird.

atp edition

3 / 2014

51


HAUPTBEITRAG

3. PROJEKTABLAUF

3.1 Lebenszyklus eines APC-Projektes

In Abschnitt 2.2 wurde erläutert, wie sich bereits in

der Betrachtung historischer Betriebspunkte eines

Prozesses das Potenzial und damit der finanzielle Nutzen

des Einsatzes von APC abschätzen lässt. Der gesamte

Lebenszyklus eines APC-Projektes umfasst jedoch

weitere Schritte, die sich in fünf Phasen unterteilen

lassen [1]:

Abschätzen des Nutzens und der Kosten eines APC-

Projektes vor Start dieses Projektes

Implementierung der APC-Anwendung

Analyse der mit APC erreichten Performance

Überwachung und Wartung bestehender APC-Anwendungen

während des Betriebs

Regelmäßige Neubewertung der Betriebsbedingungen

und der Performance und gegebenenfalls

Anpassung der APC-Anwendung an geänderte Betriebsbedingungen

3.2 Vorgehen bei Implementierung einer APC-Anwendung

Die meisten APC-Verfahren, wie die in diesem Beispiel

betrachtete modellprädiktive Regelung, laufen in deutlich

langsameren Zeitintervallen ab als beispielsweise

eine Durchflussregelung. Zudem erfüllen APC-Anwendungen

normalerweise die Aufgaben einer überlagerten

Regelung. Häufig verwendete Abtastzeiten liegen

im Bereich von Minuten. In der Automatisierungspyramide,

wie in Bild 6 dargestellt, liegen sie daher an

einer Schnittstelle zwischen Prozessleit- und Betriebsleitebene

[3].

Auf Grund der notwendigen hohen Rechenleistung

erfolgt die Implementierung normalerweise nicht als

Teil des bestehenden Prozessleitsystems (PLS), sondern

auf separaten Rechnern. Anbieter von Software für

APC-Anwendungen, die über kein eigenes Leitsystem

verfügen, haben keine andere Möglichkeit, als solche

Anwendungen auf separaten Rechnern zu realisieren.

Die Anbindung der APC-Rechner an das Leitsystem

erfolgt über eine OPC-Schnittstelle (object linking and

embedding for process control). Obwohl die OPC-

Schnittstelle über Standards beschrieben ist, wird die

Kopplung von zwei verschiedenen Systemen unter den

Rahmenbedingungen eines konzernweiten IT-Sicherheitskonzepts

entsprechende Aufmerksamkeit erfordern

und gegebenenfalls angepasst werden müssen. Die

mit einer externen APC-Anwendung verbundene Notwendigkeit,

auf Sollwerte im Leitsystem schreiben zu

müssen, erfordert häufig, Richtlinien in den betroffenen

Bereichen zu ändern.

Nach der erfolgreichen Bereitstellung einer Hardund

Softwareumgebung beinhaltet der nächste

Schritt eine Überprüfung und ein Tuning der vorhandenen

Basisautomatisierung. Zunächst muss dazu

untersucht werden, ob die vorhandene Messtechnik

ausreicht und richtig arbeitet. Als nächstes wird geprüft,

ob die Stellglieder in sinnvollen Bereichen arbeiten.

Probleme, die an dieser Stelle auftreten, müssen

behoben werden, bevor weitere Schritte im Projekt

anstehen.

Wie in Abschnitt 2 beschrieben, bleiben beispielsweise

Durchflussregler als unterlagerte Regler erhalten.

Weitere Regler, die nicht direkt Teil der übergeordneten

Regelungsstrategie sein werden, sind zum Beispiel häufig

Regler für den Druck in einer Kolonne. Die Funktion

dieser Regler muss überprüft und wenn nötig durch

Neueinstellung verbessert werden. In manchen Fällen

macht es zudem Sinn, die Struktur der vorhandenen

Basisregelung zu hinterfragen und anzupassen.

Durch die Überprüfung und Verbesserung der Basisautomatisierung

entsteht bereits beim Projektbeginn

ein enger Austausch zwischen APC-Ingenieuren,

der Abteilung für Elektro-, Mess- und Regelungstechnik

und den Anlagenfahrern. Dieser Kontakt muss

genutzt werden, um ein gutes Prozessverständnis zu

erlangen. Dies ist essenziell, um den am besten geeigneten

APC-Ansatz auszuwählen, da die jahrelange

Erfahrung der Betriebsmannschaft mit dem Prozess

wichtige Hinweise gibt, wie der Prozess betrieben

werden sollte und wo mögliche Probleme liegen.

Gleichzeitig müssen die Anlagenfahrer möglichst

frühzeitig über die Ziele des Projekts und ihre Rolle

dabei informiert werden.

Der direkte Nutzen von APC für die Anlagenfahrer

kann sich dabei vom Nutzen für beispielsweise den

Betriebsleiter unterscheiden, da sich für die Anlagenfahrer

deutlich stärker bemerkbar macht, dass mit APC

die Anlage ruhiger läuft, das heißt an einem definierten

Betriebspunkt bleibt. Eine merkliche Einsparung von

Dampf pro Jahr liegt dagegen eher im Interesse des Betriebsleiters.

Im Bezug auf die Ziele der APC-Anwendung ist es

wichtig, zu betonen, dass APC zwar die Regelung und

Optimierung im Normalbetrieb der Anlage übernimmt,

den Anlagenfahrern aber immer noch eine Überwachungsfunktion

und gegebenenfalls die Anpassung von

ausgewählten Parametern zufällt. Die Anlagenfahrer

sind ebenso für das An- und Abfahren und den Betrieb

bei außergewöhnlichen Situationen zuständig, da typische

APC-Anwendungen, wie die vorgestellte modellprädiktive

Regelung, hierfür nicht ausgelegt sind.

Den nächsten Schritt in der Implementierung der

APC-Anwendung bilden Anlagenversuche, auch

Sprungversuche genannt. Diese werden in enger Abstimmung

mit den Anlagenfahrern durchgeführt. So

können Vertrauen und Akzeptanz der neuen Technologie

schon vor der Fertigstellung aufgebaut werden.

Vor allem lässt sich die Prozesskenntnis der Anlagenfahrer

nutzen, um

eine ausreichend große Sprunghöhe auszuwählen,

damit in den Zielgrößen Änderungen beobachtet

werden können,

52

atp edition

3 / 2014


ein Verletzen von Grenzwerten oder Erreichen von

Stellbegrenzungen durch zu hohe Sprunghöhen zu

vermeiden,

die Sprungversuche so durchzuführen, dass der

Produktionsablauf möglichst wenig gestört wird.

Weiterhin müssen mehrere Sprünge mit unterschiedlicher

Sprunghöhe und unterschiedlichem Vorzeichen

durchgeführt werden. Zudem ist darauf zu achten,

dass nach dem Aufbringen eines Sprungs gewartet

wird, bis erneut ein stationäres Verhalten der

Zielgrößen erreicht ist, bevor ein weiterer Sprung

begonnen wird. Hektik oder Zeitdruck führen zu

schlechten Modellen und damit zu einem nicht optimalen

Ergebnis.

Im nächsten Schritt wird die eigentliche APC-Anwendung

entwickelt. Dazu werden zunächst aus den

Daten der Sprungversuche Modelle identifiziert. Dabei

ist es wesentlich, die modellierten Teilsysteme

aufeinander abzustimmen. Anschließend erfolgt die

Einstellung von Regler und Optimierer durch Festlegung

von Größen wie Grenzwerten, Zielwerten, Kosten

oder erlaubten Änderungsgeschwindigkeiten.

Diese Einstellungen sind zunächst grobe Einstellungen,

mit denen die grundsätzliche Funktionsweise

des Reglers, zum Beispiel in Offline-Simulationen,

getestet werden kann.

Der letzte Schritt vor der Inbetriebnahme ist die

Konfiguration des Leitsystems. Nur wenn eine Reihe

von Bedingungen erfüllt ist, kann und darf der

überlagerte Regler die berechneten Werte für Zulauf,

Dampf, Rücklauf, Destillat und Sumpfabgang

auf die Sollwerteingänge der unterlagerten Regler

im Leitsystem schreiben. Diese Bedingungen umfassen:

Der Ein-Schalter der APC-Anwendung muss betätigt

worden sein.

Die Schnittstelle zwischen Leitsystem und APC-

Anwendung muss funktionieren, das heißt sie

muss im geforderten Zeittakt Daten in beide Richtungen

übertragen.

Prozess- oder leitsystemspezifische Einschaltbedingungen

müssen beim Einschalten erfüllt sein.

Prozess- oder leitsystemspezifische Betriebsbedingungen

müssen während des Normalbetriebs erfüllt

sein.

Eine Einschaltbedingung ist zum Beispiel, dass ein

unterlagerter Durchflussregler bereits im Modus Automatik

betrieben wird, damit beim Einschalten die Abweichung

zwischen Soll- und Istwert möglichst gering

ist. Beim Einschalten erfolgt dann eine Modusänderung

dieses Reglers, und während des Normalbetriebs

wird dann in den Betriebsbedingungen überwacht, ob

der Regler im Betriebsmodus Extern ist. Eine weitere

allgemeine Betriebsbedingung kann beispielsweise die

Überwachung des Kolonnendrucks sein.

Neben dem Aufbau der Umschalt- und Überwachungslogik

im Leitsystem empfiehlt sich eine Integration

der APC-Anwendung in die gewohnte Bedienungsund

Beobachtungsoberfläche für den Anlagenfahrer.

3.3 Inbetriebnahme und Schulung

Nach Abschluss aller Implementierungsarbeiten

kann die APC-Anwendung in Betrieb genommen

werden. Dabei wird die bisher nur grob eingestellte

Regelung und Optimierung durch Beobachtung des

Prozesses und der Vorhersage durch den modellprä-

BILD 6: Einordnung von APC in die

Automatisierungspyramide und Zykluszeiten

ohne APC

mit APC

Vorgaben

Optimierter

Betriebspunkt

APC

Basisautomatisierung

Unternehmensleitebene

Betriebsleitebene

Prozessleitebene

Produktverluste

Sensoren, Aktoren

Feldebene

Spezifischer Energieverbrauch

BILD 7: Betrieb des Beispielprozesses mit APC

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53


HAUPTBEITRAG

diktiven Regler und vorsichtiges Nachstellen der

Parameter iterativ fein eingestellt. Auch dieser Prozess

erfordert Zeit, da manche Effekte sich nicht direkt

auswirken.

Bei der Inbetriebnahme einer solchen überlagerten

Regelung ist die erneute Information aller Beteiligten

über die Ziele und die Funktion der implementierten

APC-Anwendung sehr wichtig. Insbesondere die Anlagenfahrer

müssen für die Bedienung der gehobenen

Regelung geschult werden [2, 4, 5]. Sie müssen wissen,

wie sie die APC-Anwendung ein- und ausschalten können,

unter welchen Bedingungen die Anwendung betrieben

werden kann und wie sich Grenzwerte oder

Zielwerte an aktuelle Betriebs- oder Produktionsvorgaben

anpassen lassen.

Die hierfür notwendige Information und Eingriffsmöglichkeiten

können entweder ins Prozessleitsystem

integriert, oder aber vollständig über eine separate Software

auf einem separaten Rechner dem Anlagenfahrer

zugänglich gemacht werden. Welche Lösung gewählt

wird, sollte mit allen Projektbeteiligten gemeinsam getroffen

werden, da sich so die Akzeptanz der neuen

Technologie erhöht.

4. ERGEBNISSE

Bild 7 zeigt ein Ergebnis der APC-Anwendung für den

beschriebenen Beispielprozess. Es ist ersichtlich, dass

der modellprädiktive Regler den Prozess in einem engen

Bereich in der Nähe eines optimalen Punktes halten

kann. So können Produktverluste und Energieverbrauch

verringert werden.

Der in Abschnitt 3.1 vorgestellte Lebenszyklus einer APC-

Anwendung sieht nach der Implementierung neben der

Überprüfung des Nutzens eine kontinuierliche Überwachung

der Funktion vor, um die Nachhaltigkeit der Anwendung

zu gewährleisten. Sinnvoll ist hierfür eine Vor-Ort-

Betreuung. Diese muss nicht durch den Prozessführungsspezialisten

erfolgen, der die APC-Anwendung entwickelt

hat. Der Betreuer sollte jedoch regelmäßig die Funktion der

Anwendung überprüfen und in der Lage sein, bei Problemen

eine erste Analyse durchzuführen und kleinere Probleme

selber oder mit Unterstützung durch den APC-Experten

zu beheben. So lässt sich erreichen, dass eine APC-Anwendung

zu mehr als 90 % der Zeit aktiv ist. Dies wiederum

bildet die Voraussetzung, um die vor Projektbeginn ausgewiesenen

Einsparmöglichkeiten tatsächlich zu erreichen.

AUTOREN

Dr.-Ing. ANJA BRUNBERG (geb. 1980) ist Mitarbeiterin in der

Gruppe Automation and Process Analytical Technology im

Bereich Process Technology and Engineering der Evonik

Industries AG. Ihren Arbeitsschwerpunkt bildet die Realisierung

von gehobenen Prozessführungsstrategien. Nach dem

Studium der Elektrotechnik an der TU Braunschweig und der

University of Rhode Island promovierte sie am Institut für

Regelungstechnik der RWTH Aachen.

Evonik Industries AG,

TE-VT-C, Postbereich 14, Paul-Baumann-Straße 1, D-45772 Marl,

Tel. +49 (0) 2365 49 49 98, E-Mail: anja.brunberg@evonik.com

Dipl.-Ing. BENJAMIN SCHRAMM (geb. 1978) ist Mitarbeiter in

der Gruppe Automation and Process Analytical Technology im

Bereich Process Technology and Engineering der Evonik

Industries AG. Seine Arbeitsfelder umfassen die Implementierung

von gehobenen Regelungsstrategien, die Entwicklung von

automatischen Anfahrprozeduren für komplexe Anlagen, die

Modellierung von Softsensoren, sowie die Ermittlung von

wirtschaftlichen Potenzialen durch den Einsatz von Advanced

Process Control. Sein Diplomstudium der Informationstechnik

im Maschinenwesen mit Schwerpunkt Prozesssystemtechnik

absolvierte er an der Technischen Universität Berlin.

Evonik Industries AG,

TE-VT-C, Postbereich 14, Paul-Baumann-Straße 1, D-45772 Marl,

Tel. +49 (0) 2365 498 63 78, E-Mail: benjamin.schramm@evonik.com

Dipl.-Ing. MICHAEL KAWOHL (geb. 1975) ist Mitarbeiter

in der Gruppe Automation and Process

Analytical Technology im Bereich Process Technology

and Engineering der Evonik Industries AG. Er

studierte Informationstechnik im Maschinenwesen

an der Technischen Universität Berlin. Seinen

Arbeitsschwerpunkt bildet die Realisierung von

gehobenen Prozessführungsstrategien.

Evonik Industries AG,

TE-VT-C, Postbereich 14,

Paul-Baumann-Straße 1, D-45772 Marl,

Tel. +49 (0) 2365 49 52 29,

E-Mail: michael.kawohl@evonik.com

Dr.-Ing. MSEE UWE PIECHOTTKA (geb. 1959) leitet

die Gruppe Automation and Process Analytical

Technology im Bereich Process Technology and

Engineering der Evonik Industries AG. Seine

Hauptarbeitsfelder sind Mess-, Analysen- und

Regelungstechnik, Datenanalyse sowie Informations-

und Systemtechnik.

Evonik Industries AG,

TE-VT-C, Postbereich 1024-319,

Rodenbacher Chaussee 4, D-63457 Hanau,

Tel. +49 (0) 6181 59 44 65,

E-Mail: uwe.piechottka@evonik.com

54

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5. APC – MEHR ALS PRÄDIKTIVE

MEHRGRÖSSENREGELUNG

Im Beitrag wurde die modellprädiktive Mehrgrößenregelung

als ein typisches Verfahren des APC anhand

eines Beispielprojekts vorgestellt. Im Folgenden sollen

nun zunächst einige weitere typische APC-Verfahren

und Anwendungen erläutert werden. Anschließend

soll ein Ausblick auf eine mögliche Ergänzung des

vorgestellten APC-Ansatzes gegeben werden.

5.1 APC-Verfahren und Anwendungen

Eine grundsätzliche Frage des Regelungsentwurfs ist es,

wie die zeitlichen Verläufe der Stellgrößen eines Systems

zu wählen sind, um relevante Systemgrößen entlang vorgegebener

Trajektorien zu führen. Bei kontinierlichen

Prozessen betrifft dies zum Beispiel das An- und Abfahren

von Prozessen oder den Wechsel eines Arbeitspunkts.

Die Kombination einer flachheitsbasierten Vorsteuerung

mit einem Gain-Scheduling Regler in einer sogenannten

Zwei-Freiheitsgrade-Struktur bietet eine gute Möglichkeit

zur Lösung dieses Problems [3, 9]. Ein Beispiel für eine

Anwendung ist die Neutralisation von Abwasser [3].

Auch in Semi-Batch- und Batch-Prozessen finden sich

Anwendungsmöglichkeiten für APC. Flachheitsbasierte

Steuerungen können zum Beispiel zur Prozesssteuerung

(Chylla-Haase-Reaktormodel, [7]) oder zur Regelung

einer Temperaturverlaufs-Trajektorie für die Reaktionsmasse

eines Semi-Batch-Polymerisationsprozesses

[4, 9] verwendet werden. In [2, 10, 11] werden

zudem Methoden beschrieben, die sowohl automatisierte,

optimierte Rezepsteurerungen als auch Batchzu-Batch-Optimierungen

umfassen. Dazu wird eine

Interativ Lernende Regelung verwendet.

5.2 Stationäre Echtzeit-Optimierung

In der in diesem Beitrag vorgestellten APC-Lösung wurde

beschrieben, wie mit Hilfe eines modellprädiktiven

Reglers der Prozess an den optimalen Betriebspunkt

bewegt werden kann. Der optimale Betriebspunkt wird

dabei durch Zielgrößen beziehungsweise Grenzwerte

festgelegt. Diese sind jedoch nicht immer bekannt oder

fest. Oft stellt sich daher die Frage, was der aktuell

optimale Betriebspunkt des Prozesses ist.

Methoden der stationären Echtzeit-Optimierung

(Real-Time Optimization, RTO) sind eine Möglichkeit,

um dem modellprädiktiven Regler einen optimalen Betriebspunkt

in Form von Sollwerten vorzugeben [4, 8].

Dazu wird typischerweise ein rigoroses Prozessmodell

verwendet, das beispielweise komplexe nichtlineare

Thermodynamik und Reaktionskinetiken enthält. Im

Gegensatz zum Mehrgrößenregler, der meist minütlich

den unterlagerten Basisreglern Sollwerte vorgibt, wird

die RTO in deutlich größeren Abständen durchgeführt;

ein Zeitraster von Stunden bis zu Tagen ist normal.

ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT

In der Prozessindustrie werden kontinuierliche Teilprozesse,

zum Beispiel Destillationskolonnen, meistens

noch manuell durch Anlagenfahrer betrieben,

die durch einige einschleifige Basisregelkreise unterstützt

werden. Für den Menschen ist es allerdings fast

unmöglich, einen Mehrgrößenprozess mit mehreren

Stellgrößen und mehreren Regelgrößen wie Temperaturen,

Füllständen und Qualitäten an einen optimalen

Punkt zu bringen und dort zu halten. Advanced Process

Control, im betrachteten Beispiel eine modellprädiktive

Regelung, kann einen Prozess konstant an

einem optimalen Betriebspunkt halten und so zu Einsparungen

im Energieverbrauch und bei Produktverlusten

führen.

Über den Erfolg eines APC-Projektes entscheiden neben

der technischen Lösung die Kommunikation und

Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten.

Nur so können Akzeptanz und Vertrauen in die neue

Technologie entstehen und eine nachhaltige Verbesserung

erzielt werden.

MANUSKRIPTEINGANG

24.10.2013

REFERENZEN

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

[1] Bauer, M., Craig, I.: Economic assessment of advanced process control –

A survey and framework. Journal of Process Control 18(1), S. 2–18, 2008

[2] Hagenmeyer, V., Piechottka, U.: Innovative Prozessführung – Erfahrungen

und Perspektiven. atp – Automatisierungstechnische Praxis 51(1‐2),

S. 48–64, 2009

[3] Abel, D., Epple U., Spohr, G.-U.: Integration von Advanced Control in der

Prozessindustrie. WILEY-VCH Verlag 2008

[4] Krämer, S., Bamberg, A., Dünnebier, G., Hagenmeyer, V., Piechottka, U.,

Schmitz, S.: Prozessführung: Beispiele, Erfahrung und Entwicklung.

atp – Automatisierungstechnische Praxis 50(2), S. 68‐80, 2008

[5] Dittmar, R., Pfeiffer, B.-M.: Modellbasierte prädiktive Regelung in der

industriellen Praxis. at – Automatisierungstechnik 54(12), S. 590‐601, 2006

[6] Froisy, J. B.: Model predictive control‐Building a bridge between theory and

practice. Computers & Chemical Engineering 30(10‐12), S. 1426‐1435, 2006

[7] Pfeiffer, B.-M., Schneider, M.: Flachheitsbasierte Steuerstrategien für

Batch-Reaktoren (Flatness based Feedforward Control Strategies for Batch

Reactors). at – Automatisierungstechnik 54(2), S. 78‐92, 2006

[8] Tatjewski, P.: Advanced control and on-line process optimization in

multilayer structures. Annual Reviews in Control 32(1), S. 71‐85, 2008

[9] Hagenmeyer, V., .Nohr, M.: Flatness-based two-degree-of-freedom control

of industrial semi-batch reactors using a new observation model for an

extended Kalman filter approach. International Journal of Control 81(3),

S. 428-438, 2008

[10] Deis, W.: Ganzheitlich optimierte Prozesse – effiziente Prozessführung

endet nicht mit der schnellen Lösung der Regelungsaufgabe. In: Tagungsband

Automation, S. 213-216. VDI 2009

[11] Kahrs, O., Dünnebier, G., Krämer, S., Luft, H.: Batch-Prozessführung

– Potenziale und Herausforderungen. atp edition – Automatisierungstechnische

Praxis 53(1-2), S. 56‐60, 2011

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HAUPTBEITRAG

Regelgütemanagement

Überwachung und Optimierung der Basisregelung

Die Basisregelung einer prozesstechnischen Anlage sollte optimal eingestellt sein,

um auf schwankende Anlagenauslastung flexibler reagieren und um gehobene Regelungs-

und Prozessführungsstrategien erfolgreich einsetzen zu können. Dies kann

nur durch kontinuierliche Überwachung und Optimierungen sichergestellt werden.

Eine manuelle Überwachung und Instandhaltung aller Regelkreise ist bei größeren

Anlagen schwierig. Es bietet sich der Einsatz von softwarebasierten Analysewerkzeugen

an, mit denen eine Priorisierung und ein Ressourcenmanagement einfach

erreicht werden kann. Diesen Prozess bezeichnen die Autoren als Regelgütemanagement.

Der Beitrag beschreibt die grundsätzlichen Anforderungen an ein Regelgütemanagement

aus Anwendersicht. Dabei werden neben Aspekten zur Überwachung

und Optimierung die Anforderungen an die verwendete Software diskutiert und

Randbedingungen und organisatorische Maßnahmen für eine erfolgreiche Durchführung

des gesamten Arbeitsprozesses vorgestellt.

SCHLAGWÖRTER Regelgütemanagement / Controller Performance Management /

PID-Regelung / Basisregelung

Controller Performance Management –

Monitoring and Optimisation

The regulatory control layer of process plants should be tuned to make it possible to

react to varying loads, but also so that advanced control and optimisation can be

implemented successfully. This can only be achieved by continuous monitoring and

optimisation. The larger the plant, the more difficult manual optimisation becomes.

It therefore seems prudent to employ software based analysis tools for better selection

and resource management. We call this process “Controller Performance Management”.

We describe the requirements of controller performance management from

a practical viewpoint. We discuss monitoring as well as optimisation but also software

and organisational requirements for the successful implementation of the complete

controller performance management workflow.

KEYWORDS controller performance management / PID control / regulatory control

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atp edition

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FLORIAN WOLFF, BASF

STEFAN KRÄMER, Ineos

Die zunehmende Volatilität der Märkte und die

dadurch schwankende Auslastung der Anlagen

in der Prozessindustrie erfordert eine immer

flexiblere Fahrweise, die sich nur durch

kontinuierliche Optimierungen sicherstellen

lässt. In diesem Zusammenhang ist eine ständige Überprüfung

und Anpassung der eingesetzten Basisregelungen

im Prozessleitsystem notwendig. Typische Verbesserungsmaßnahmen

reichen dabei vom einfachen

Reglertuning über die Einführung erweiterter Regelkreisstrukturen

(z.B. Störgrößenaufschaltung) bis zum

Tausch falsch dimensionierter Stellgeräte.

Die übereinstimmende Aussage in vorhandener Literatur

ist, dass die Basisregelung per se gut eingestellt

sein muss und als unterlagerte Regelung für gehobene

Regelungs- und Prozessführungsstrategien eine wichtige

Komponente darstellt [1-6]. Nur durch eine gute

Basisregelung kann eine optimale Prozessführung

erreicht werden. Die Korrektur einzelner beschränkender

Regelkreise, die identifiziert werden müssen,

erlaubt oft deutliche Durchsatzerhöhungen oder Energieersparnisse.

Eine manuelle Überwachung und Instandhaltung aller

Regelkreise ist nur bei kleinen Anlagen problemlos möglich,

bei größeren Anlagen aufgrund der hohen Anzahl

der Regelungen jedoch schwierig. Zur laufenden Überwachung

und Verbesserung der Regelgüte bietet sich der

Einsatz von softwarebasierten Analysewerkzeugen an,

mit denen eine einfache Priorisierung der notwendigen

Tätigkeiten und damit ein effizienter Ressourceneinsatz

erreicht werden kann. Ziel ist es insbesondere, die limitierten

Ressourcen im Bereich des Technikpersonals zur

Lösung von Regelungsproblemen sinnvoll einzusetzen

und Effizienzgewinne bei der Identifizierung notwendiger

oder optimierender Maßnahmen zu realisieren. Diesen

Prozess bezeichnen wir als Regelgütemanagement

(controller performance management, CPM).

Der Einsatz von spezieller Software für das Regelgütemanagement

in der Prozessindustrie wird mittelfristig

die Arbeitsweise und die Aufgaben des Personals

der Prozessleittechnik (PLT) bedeutend beeinflussen.

Es ergeben sich daraus neue Anforderungen an die PLT-

Hersteller bezüglich Funktionalitäten der Produkte

und Schnittstellen sowie an die Aus- und Weiterbildung

des PLT-Fachpersonals.

Dieser Beitrag beschreibt die grundsätzlichen Anforderungen

an ein Regelgütemanagement aus Anwendersicht.

Dabei werden neben Aspekten zur Überwachung

und Optimierung die Anforderungen an die verwendete

Software diskutiert und Randbedingungen und

organisatorische Maßnahmen für eine erfolgreiche

Durchführung des gesamten Arbeitsprozesses vorgestellt.

Die behandelten Aspekte zum Regelgütemanagement

sind auch Inhalt einer geplanten Namur-Empfehlung

zu diesem Thema [7].

Die mathematischen Grundlagen und Methoden des

Regelgütemanagements werden in der Literatur ausführlich

behandelt. Einen guten Einstieg mit einer umfassenden

Liste weiterer Literatur zu den Konzepten zur

Überwachung von Regelkreisen bietet [8]. Dort werden

aus technischer und wirtschaftlicher Sicht Methoden

zur daten- oder modellbasierten Leistungsbewertung

(benchmarking) sowie Algorithmen zur Erkennung einzelner

Faktoren (etwa Haftreibung, Schwingungen) vorgestellt

und anhand von Beispielen verdeutlicht. In [9]

werden neben Methoden zur Bewertung der Regelgüte

ferner Anforderungen an Software und zugehörige

Dienstleistungen umrissen. Darüber hinaus gibt es zu

den für eine erfolgreiche Anwendung des Regelgütemanagements

ebenso wichtigen, praktischen und organisatorischen

Aspekten nur wenige wissenschaftliche

Veröffentlichungen, beispielsweise [10] und [11].

1. BASISREGELUNGEN IM PROZESSLEITSYSTEM

Die Aufgabe einer Regelung ist das Erreichen und Halten

eines messbaren Prozesswertes (Ist-Wert oder Regelgröße,

wie beispielsweise Durchfluss) an einem vorgegebenen

Sollwert durch gezielte Veränderung einer diesen Prozesswert

beeinflussenden Stellgröße ( zum Beispiel Ventilstellung).

Als Basisregelung werden die die Regelungen

bezeichnet, die auf der untersten Ebene der Automatisierungshierarchie

im Prozessleitsystem enthalten sind.

atp edition

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HAUPTBEITRAG

Klassisch sind dies PID-Regler (proportional integral

derivative controller) in folgenden Strukturen:

Regelungen, die durch Stellung eines Ventils

direkt eine bestimmte Regelgröße beeinflussen

(beispielsweise Durchfluss, Füllstand)

Split-Range-Regelungen

Auswahlregelungen (auch Überwachungs-,

Override- oder Stand-by-Regelungen)

Einstufige Kaskadenregelungen

Regelungen mit Aufschaltung messbarer Störgrößen

Die Sollwerte dieser Regelungen werden entweder vom

Bediener oder von höheren Ebenen der Automatisierungshierarchie

vorgegeben.

Eine gute Basisregelung erfüllt die oben beschriebene

Aufgabe in einem möglichst weiten Arbeitsbereich (gekennzeichnet

durch beispielsweise einen großen Temperaturbereich)

und unter verschiedenen Störeinflüssen

(wechselnde Zulauf- oder Außentemperaturen)

entsprechend der folgenden Vorgaben:

Geschwindigkeit,

Führungsverhalten,

Störungsausregelung,

Einhaltung der maximal zulässigen Abweichung

vom Sollwert,

keine Schwingungen,

keine Bedieneingriffe.

Eine typische petrochemische Anlage enthält, abhängig

von ihrer Komplexität, zwischen 50 und 1 000 Regelkreise.

Eine Salpetersäureanlage, eine Butadienanlage

oder eine Glykolanlage benötigt zwischen 50 und

100 Regelkreise, eine größere Anlage, wie eine Ammoniakanlage

oder Ethylenoxidanlage, nutzt 200 bis 400

Regelkreise, während ein Steamcracker bis zu 1 000

Regelkreise umfasst. Von diesen Regelkreisen sind im

Normalfall zirka 50 % Druck- und Durchflussregler, die

häufig direkt ein Ventil ansteuern, der Rest verteilt sich

auf Temperatur-, Füllstands- und Spezialregler, oft in

kaskadierten Strukturen.

2. KONTINUIERLICHER VERBESSERUNGSPROZESS

Die Regelgüte von Basisregelkreisen lässt sich dauerhaft

nur verbessern durch laufende Überwachung und regelmäßige

Optimierungsmaßnahmen. Eine iterative Vorgehensweise

wird aufgrund der vielen Regelkreise empfohlen,

bei der in jedem Schritt nur ein Teil der Regelungen

betrachtet und optimiert wird. Sich ändernde Randbedingungen

führen dazu, dass viele Regelkreise wiederholt

betrachtet werden müssen. Diese Ziele sind durch den

Einsatz eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses

(KVP), wie er in Bild 1 dargestellt ist, erreichbar.

Die grundlegenden Aufgaben in diesem Verbesserungsprozess

sind:

1 | Analysephase: Auf Basis der betrieblichen Messdaten

der Basisregelkreise (Istwert, Sollwert,

Stellwert, Reglermodus) und möglicherweise der

Regelungsart (Durchfluss, Füllstand) sowie der

Regelungsstruktur (Kaskade, Störgrößenaufschaltung)

ist die Regelgüte für jeden Regelkreis zu

bestimmen und zu bewerten . Mit den Analyseergebnissen

kann dann unter Berücksichtigung

der betrieblichen Gegebenheiten die notwendige

Priorisierung durchgeführt werden. Bei der typischen

Anlagengröße erfordert die Analysephase

den Einsatz geeigneter Software.

2 | Optimierungsphase: Die Hinweise auf Verbesserungspotenziale

aus der Analysephase sind auf

mögliche Ursachen zu untersuchen. Daraus lassen

sich dann die notwendigen Maßnahmen ableiten.

Sie erfordert häufig Prozesswissen und sollte in

Abstimmung mit allen Beteiligten (Betriebsmannschaft,

gegebenenfalls zentrale Facheinheiten)

durchgeführt werden. Für jeden untersuchten

Regelkreis sind Maßnahmen festzulegen, umzusetzen

und zu dokumentieren (Überprüfung von

Sensoren oder Ventilen, Reglertuning, Strukturoder

Verfahrensänderungen).

Das Ziel ist, dass Produktionsbetriebe oder kompetente

Dienstleister den kontinuierlichen Verbesserungsprozess

selbstständig durchführen und nur bei Bedarf die Unterstützung

von Experten in Anspruch nehmen. Für die langfristig

erfolgreiche Durchführung des kontinuierlichen

Verbesserungsprozesses sind folgende Punkte essenziell:

Die regelmäßige Durchführung unter Einbeziehung

aller notwendigen Teilnehmer muss von einer verantwortlichen

Person koordiniert und moderiert werden.

Es müssen alle Schritte des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses

durchgeführt werden.

Dem Verbesserungsprozess müssen ausreichend Bearbeitungszeit

und weitere notwendige Ressourcen

über einen längeren Zeitraum eingeräumt werden.

Um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren,

ist es hilfreich, zunächst unter Anleitung eines

Experten in Regelgütemanagement eine Analyse aller

Regelkreise durchzuführen und einen Teil der Regelkreise,

die nicht die Kriterien guter Basisregelung erfüllen,

zu optimieren. Dabei sollte, falls nötig, auch das

Feintuning der eingesetzten Analysesoftware erfolgen.

3. ASPEKTE DER ÜBERWACHUNG UND OPTIMIERUNG

Das erfolgreiche Regelgütemanagement im KVP steht

auf vier Säulen,

1 | der Berechnung von aussagekräftigen Kenngrößen

(key performance indicators, KPI),

2 | einer nutzergerecht interpretierbaren Darstellung

von KPI,

3 | einer Möglichkeit zum Tunen von Reglern und

4 | einem gelebten Arbeitsprozess (Workflow) des Regelgütemanagements

mit softwareunterstützter

Handlungsdokumentation.

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Prozessdaten,

Zielvorgaben

Softwaregestützte

Analyse

KPI

BILD 1:

Kontinuierlicher

Verbesserungsprozess

(KVP)

Umsetzung

Ableitung von

Maßnahmen

KPI Zustände / Wertebereich Zusatzinformationen

Übersicht

Global-Regelgüte In Ordnung / Verbesserungsbedarf zuverlässig: ja / nein

Detailanalyse

Regler benötigt 0–100% der Zeit –

Regler im Eingriff

Nein: Handbetrieb

Nein: Sättigung

Schwingungen

Form

Periodendauer

Amplitude

Regelgeschwindigkeit

0–100% der Zeit

0–100% der Zeit

0–100% der Zeit

0–100% der Zeit

harmonisch / mit Oberwellen

in Minuten

Absolutwert / % des mittl. Ist-Werts

zu langsam / in Ordnung / zu schnell

(bezogen auf Zielvorgabe)





zuverlässig: ja / nein

Schwankungsbreite

Schwankungsbreite

zuverlässig: ja / nein

Aktorprobleme In Ordnung / signifikant zuverlässig: ja / nein

Sensorprobleme

In Ordnung / signifikant

Signal/Rausch-Verhältnis,

Ausreißer

Stellaufwand In Ordnung / zu hoch zuverlässig: ja / nein

Manuelle Eingriffe Anzahl pro Bediener und Tag –

TABELLE 1:

Übersicht der

Kenngrößen und

deren Ausgabe

3.1 Kenngrößen (KPI)

Für die Nutzung innerhalb des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses

sollte eine Software eine Mindestanzahl

von Kenngrößen bereitstellen, die dem Nutzer direkt

eingängig sind. Zu diesen Kenngrößen gehören:

Für die Übersicht (einfache Anwendung): Für die

Übersicht wird ein KPI benötigt, der die Gesamt-

Regelgüte des Regelkreises möglichst objektiv abbildet.

Es reicht, wenn der KPI den Regelkreis in

den Kategorien In Ordnung und Es besteht Verbesserungsbedarf

bewertet. Der KPI muss eine Angabe

zu seiner Verlässlichkeit beinhalten. Bei Verbesserungsbedarf

ist ein Hinweis auf mögliche Ursachen

erforderlich. Die Auswertung muss vor allem robust

sein: Wenn ein Regelkreis einen Regelfehler

hat, dessen Standardabweichung kleiner als die

des Messrauschens ist, ist er In Ordnung.

Für die Detailanalyse (Experte) werden Einzel-KPI

benötigt, die der Nutzer heranzieht, um dem Problem

eines Regelkreises auf den Grund zu gehen.

Diese stellen die Basis der Übersichtsbewertung

dar. Folgende Information sollte aus diesen KPI

hervorgehen, Tabelle 1 gibt eine Übersicht der Bewertungsart:

Wurde der Regler während der Analysezeit benötigt,

wenn ja, wie lange (Ausschluss von Auswahl-

Reglern oder Reglern bei Anlagenabstellungen)?

War der Regler im Eingriff? Wenn nein:

– War der Regler auf Hand?

– War der Regler in der Sättigung, war die Sättigung

am oberen oder unteren Ende des Stellbereichs?

Schwingt der Regler? Wenn ja,

– wie häufig?

– ist es eine harmonische Schwingung oder treten

Oberwellen auf?

– bei welcher Frequenz?

– mit welcher Amplitude?

Ist die Regelgeschwindigkeit adäquat für den Prozess?

Gibt es Probleme mit Aktoren (hakende Ventile)?

Gibt es Probleme mit Sensoren (großes Messrauschen)?

Nutzt das Verhalten des Reglers den Aktor stark ab

und verschenkt somit auch Steuerenergie (Stellaufwand)?

Häufigkeit der Handeingriffe (Stell- oder Sollwertänderungen)?

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HAUPTBEITRAG

Um KPI sauber zu bewerten, müssen sie bestimmte Kriterien

erfüllen:

1 | Zahlenwerte sollten in Relation zu geeigneten Prozessgrößen

angegeben werden, beispielsweise in

Prozent des Sollwerts, des durchschnittlichen Messwerts

oder Messbereichs oder des mittleren Regelfehlers;

gegebenenfalls müssen sie auf Abtastung,

Analysezeitraum oder Messbereich normiert werden.

2 | Alle KPI werden nur für den Zeitraum, in dem der

Regler benötigt wird, berechnet. Dies ist relevant

für Auswahlregler, Batch-Prozesse, Anfahrregler,

Anlagenstillstände und ähnliche Phänomene.

3 | KPI müssen, wenn sinnvoll, für Anlagenteile aggregierbar

sein, um eine Übersicht über Anlagenteile

oder die Gesamtanlage zu erhalten (Mittelwert

über Anlagenteile).

4 | KPI müssen historisiert werden und in Plots anzeigbar

sein. Hier sollten Zusammenfassungen

über Zeiträume möglich sein, zum Beispiel über

Box-Whisker-Plots.

5 | KPI sollten korreliert werden können oder automatisch

korreliert werden, beispielsweise Last

mit Schwingungen oder Regelgeschwindigkeit.

Zusätzlich zu den KPI sollte eine Software den Nutzer

durch Hinweise auf mögliche Ursachen bei der weiteren

Arbeit unterstützen, zum Beispiel bei Ventilhaken

oder ungeeigneten Reglerparametern.

Einige Regelkreise bedürfen einer besonderen Behandlung,

was bei der Bewertung zu berücksichtigen

ist. Dazu gehören Pufferstandregelungen und Analyseregelungen:

Bei Pufferstandregelungen müssen Störungen

im Zulauf stark gedämpft an den Ablauf weitergegeben

werden, wobei der Stand in einem relativ großen

Bereich gehalten werden muss. Bei Analyseregelungen

sind oft lange oder unregelmäßige Abtast- und

Totzeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren wird in

Punkt 5 der immer vorhandene Mehrgrößencharakter

von Chemieanlagen, in denen stets verkoppelte Strukturen

bestehen, bereits teilweise zum Ausdruck gebracht.

Bei deutlicher physikalischer Kopplung oder bei

durch Regelungsstrukturen geschaffenen Kopplungen

müssen die gekoppelten Regelkreise besonders betrachtet

werden, da bei diesen Strukturen die optimale Einstellung

aller Einzelregler nicht das Optimum für die

Anlage darstellen muss.

3.2 Darstellung der Kenngrößen

Gute Berechnungen und gute KPI (das heißt robuste und

aussagekräftige Zahlenwerte und Hinweise) sind die

mathematische und inhaltliche Basis eines Regelgütemanagementsystems.

Darauf aufbauend ist eine geeignete

Darstellung der Ergebnisse erforderlich. Nur

eine gute rollenbasierte Darstellung der Ergebnisse erlaubt

es dem Benutzer, die theoretischen Ergebnisse

gewinnbringend in die Praxis umzusetzen. Geeignete

Schnittstellen müssen dem Benutzer die Flexibilität

geben, neben der integrierten Darstellungsfunktion externe

Visualisierungs-Software einzusetzen. Die integrierte

Darstellungsfunktion muss eine sinnvolle Anzahl

solcher Berichte bereits standardmäßig an Bord

haben, vergleiche Abschnitt 4.

Verfügbare Visualisierungs-Software ist gegebenenfalls

besser in der Lage, ein gutes Berichtswesen durch

alle Hierarchieebenen zu etablieren. Daraus ergeben

sich Anforderungen an die Schnittstellen des Regelgütemanagementsystems

zu anderen Softwarepaketen,

siehe Abschnitt 4.1.

Die Berichte müssen sich an die Ebene des Nutzers

in der Hierarchie anpassen lassen (rollenbasierte Darstellung).

Ein Anlagenleiter möchte eher eine Übersicht

sehen und eher einen Arbeitsprozess anstoßen, während

der PLT-Spezialist viele Details erfahren möchte.

Die verwendete Darstellung muss ein hierarchisch gestuftes,

topologisches Reporting anbieten und die Anlagenhierarchie

abbilden.

Die folgenden Berichte stellen Beispiele an Darstellungsmöglichkeiten

dar, die das Regelgütemanagement

bieten muss:

Top-X-Listen von

schlechten Reglern (auf Basis der Übersichts-KPI)

langsamen Reglern

aggressiven Reglern

schwingenden Reglern

Reglern auf Hand

Reglern mit hakendem Ventil

Reglern in Sättigung

Regelgüte eines Prozesses bezogen auf die Last

Regelgüte während An- und Abfahrphasen, in

Batch-Prozessen und während Produktwechseln

Ein Regelgütemanagementsystem sollte konfigurierbar

Meldungen an Nutzer absetzen. Bei deren Konfiguration

sollten die Vorgaben aus den Empfehlungen

für Alarm Management [12], berücksichtigt werden.

Das Verschicken einer E-Mail, ebenso die Alarmierung

im Prozessleitsystem sind technische Möglichkeiten,

wie ein Regelgütemanagement diese Forderung

erfüllen kann.

3.3 Regleroptimierung (Tuning)

Zum Regelgütemanagement gehört ein Werkzeug zur

Reglereinstellung, also zur Einstellung des P, I und

D-Anteils eines PID-Reglers. Änderungen an den Tuning-Parametern

muss das Regelgütemanagement

dokumentieren.

An ein Werkzeug für die Reglereinstellung werden

folgende Mindestanforderungen gestellt [13]:

1 | Versuchsdaten können sehr einfach (am besten

mit der bestehenden Konfiguration des PLS) ausgelesen

werden, historisch oder live.

2 | Das Werkzeug hat einen guten Einstellalgorithmus,

der aus Identifikation eines Modells und

Reglereinstellregeln besteht. Der Nutzer kann

60

atp edition

3 / 2014


anpassen, wie schnell der Regler sein soll und

welche Aufgabe er hat. Die Mindestanforderung

umfasst hier:

a | Führungsverhalten

b | Störverhalten

3 | Eine Bewertung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse

muss verfügbar sein (Warnhinweise bei ungenügender

Modellgüte und daraus resultierenden

unzuverlässigen Reglerparametern).

4 | Die Ergebnisse werden passend für das vorhandene

Leitsystem ausgegeben.

3.4 Arbeitsprozess (Workflow)

Der Arbeitsprozess des Regelgütemanagements ergibt

sich aus dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess,

den die Software unterstützen muss (siehe Bild 1). Dazu

sind folgende Kompetenzen notwendig:

Verfahrenskompetenz (Verfahrensingenieur): kennt

den Gesamtprozess, kann Auswirkungen von Änderungen

beurteilen und gegebenenfalls weitere

Maßnahmen veranlassen

Anlagenkompetenz (Schichtführer): kennt typische

Fahrweise und Probleme und deren Historie

PLT-Kompetenz (PLT-Techniker): kennt Möglichkeiten

der Umsetzung im PLS & Instrumentierung,

Reglertuning

APC-Kompetenz (APC-Ingenieur): kann komplexe

Lösungsansätze einbringen und bewerten, Berater

im KVP, erkennt Potenziale für Advanced-Process-

Control-Lösungen

Zur Einführung des Regelgütemanagements empfehlen

sich mehrere Schritte, die zu durchlaufen sind:

1 | Festlegung von Rollen: Wie ein Projekt sollte der

Workflow eines gelebten Regelgütemanagements

Personen in verschiedenen Hierarchieebenen umfassen.

Daraus ergeben sich mindestens die folgenden

Rollen:

a | IT-Experte: Sorgt für ein reibungslos funktionierendes,

technisches System

b | Initiator: Sucht Regelkreise heraus, die analysiert

werden müssen

c | Optimierer: Analysiert einzelne Regelkreise

auf deren Verbesserungspotenzial und leitet

Maßnahmen ab

d | Umsetzer: Setzt Verbesserungsvorschläge an

den ausgewählten Reglern um, beispielsweise

Reglertuning

e | Berichterstatter

f | KVP-Verantwortlicher

Die Rollen b bis d müssen von einem Team, dessen

Mitglieder alle Aufgaben beherrschen, durchgeführt

werden. Dieses Team benötigt handfeste

Unterstützung aus der Ebene der Betriebsleitung,

unter anderem, da unter anderem viele kleine

Sprungversuche an der Anlage durchgeführt werden

müssen.

2 | Die Erstoptimierung sollte aus der Erfahrung der

Autoren nicht entfallen. Der Grund dafür liegt

in der Effizienz des einmal eingearbeiteten Personals

und der Herstellung einer guten Ausgangsbasis,

gegen die ein KVP dann gute Ergebnisse

bringen kann. Wir empfehlen, die Erstoptimierung

auf Projektbasis durchzuführen. Dabei

muss das Personal, das den KVP und die

Instandhaltung im Betrieb übernehmen soll,

bereits aktiv eingebunden werden. Erfahrungsgemäß

sind für die Erstoptimierung mindestens

vier Wochen einzuplanen.

Die Erstoptimierung besteht aus folgenden Schritten:

a | Festlegung der Regler, die in der Erstoptimierung

zu betrachten sind

b | Erster Optimierungsdurchgang (ohne Anlagenkenntnis

möglich)

I | Hand/Automatik hinterfragen

II | Schwingen und Ventilhaken beheben

III | Regler mit hohen Alarm oder Eingriffswerten

hinterfragen

IV | Alle Durchfluss- und Druckregler, die mit

einem Tuning-Werkzeug schnell einstellbar

sind, einstellen

c | Zweiter Optimierungsdurchgang

I | Oft führt das Einstellen der Durchflussund

Druckregler zu einer allgemeinen

Verbesserung. Daher ist eine erneute Auswahl

der zu betrachtenden Regler durch

den Initiator notwendig

II | Regelungsstruktur bewerten, zum Beispiel

Kaskaden, Aufschaltungen

III | Bei reinen Tuning-Problemen: diese Regler

tunen

IV | Bei Prozessproblemen: Instandhaltung

einplanen

V | Bei Regelungsstruktur- und deutlichen

Kopplungsproblemen: Advanced-Process-

Control-Personal hinzuziehen

d | Übergabe in die kontinuierliche Verbesserung

3 | Kontinuierliche Verbesserung: Dieser iterative

Prozess nutzt dieselbe Vorgehensweise wie die

Erstoptimierung, jedoch nur für Regler, die

durch die KPI als Nicht in Ordnung identifiziert

wurden. Der KVP ist daher einfacher, wenn die

Anlage vorab durch eine Erstoptimierung gut

eingestellt wurde.

Für die Durchführung des KVP ist in verschiedenen

Bereichen Anlagenkenntnis erforderlich, beispielsweise

für die Festlegung von Zielvorgaben. Auch wenn sich

30 % bis 40 % der Regler ohne Anlagenkenntnis auf ein

gutes Regelungsverhalten einstellen lassen, werden mit

Anlagenkenntnis bessere Ergebnisse erzielt.

Einige oder alle Rollen sowie die Optimierung können

externe Partner übernehmen, wenn internes Personal

für die Aufgabe nicht zur Verfügung steht. Ebenso

kann dafür eine passende Software nur für eine

beschränkte Zeit an die Anlage angeschlossen werden

(software as a service).

atp edition

3 / 2014

61


HAUPTBEITRAG

4. ANFORDERUNGEN AN DIE SOFTWARE

Grundsätzlich stehen zwei Ansätze zur softwarebasierten

Regelgüteüberwachung zur Verfügung. Die erste Möglichkeit

besteht darin, solche Analysewerkzeuge in moderne

Prozessleitsysteme (PLS) zu integrieren, die die

PLS-intern vorhandene Information über die Basisregelungen

nutzen. Dies hat den Vorteil, dass das Analysewerkzeug

über alle im PLS gesammelten Daten verfügt,

ohne eine externe Schnittstelle zu benötigen, und alle

Möglichkeiten des PLS berücksichtigen kann. Aus dem

Einsatz verschiedener PLS-Versionen oder gar verschiedenen

Produkten mehrerer PLS-Hersteller resultiert jedoch

eine möglicherweise nur schwer zu beherrschende

Vielfalt an Analysewerkzeugen und -möglichkeiten, sodass

dieser Ansatz hauptsächlich bei einer einheitlichen

PLS-Landschaft oder Einzelanlagen vorteilhaft erscheint.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, Lösungen PLSunabhängiger

Lieferanten zu nutzen. In diesem Fall

muss die relevante Information aus dem PLS extrahiert

und der Analysesoftware übermittelt werden. Dieser

Ansatz verursacht einen höheren Installations- und

Konfigurationsaufwand, bietet aber ein einheitliches

Werkzeug unabhängig vom PLS-Hersteller oder der eingesetzten

PLS-Version. Damit muss das notwendige

Know-how nur für ein System aufgebaut und vorgehalten

werden, sodass sich im Fall einer vorhandenen PLS-

Vielfalt erhebliche Effizienzvorteile ergeben können.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Anforderungen

an Lösungen PLS-unabhängiger Lieferanten,

können jedoch sinngemäß ebenso auf PLS-interne Lösungen

übertragen werden. Einige Aspekte (zur Administration

und Konfiguration) spielen bei PLS-internen

Lösungen keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Insgesamt empfiehlt es sich, vor der Einführung eines

Regelgütemanagementsystems die in Frage kommenden

Softwarepakete auf die im Abschnitt 3 genannten Punkte

gemäß den Anforderungen im Unternehmen zu überprüfen.

4.1 Benutzeranforderungen

Die grundsätzlichen Anforderungen an ein Regelgütemanagementsystem

aus Benutzersicht entsprechen prinzipiell

denen für andere Softwareprodukte und sind in ISO/

IEC 9126 [14] beziehungsweise dem Nachfolger ISO/

IEC 25000 [15] festgelegt. Vor der Entscheidung für ein Softwarepaket

eines bestimmten Anbieters sollte unter Berücksichtigung

der speziellen Anforderungen im Unternehmen

oder der Einsatzumgebung geprüft werden, inwieweit sich

das Softwarepaket für den angestrebten Zweck eignet. Die

Erfahrung zeigt, dass die nachfolgend aufgeführten Aspekte

intensiv und kritisch geprüft werden müssen:

Funktionalität:

Bietet die Software alle notwendigen Funktionen

für eine erfolgreiche Durchführung des Regelgütemanagements,

vergleiche Abschnitt 3?

Liefert die Software zuverlässige Hinweise auf

mögliche Lösungsansätze (Reglertuning, Ventilprobleme)?

Sind die Analyseergebnisse korrekt oder lassen

zumindest eine Aussage über ihre Verlässlichkeit

zu (Angabe von Standardabweichungen oder Vertrauensintervallen)?

Können alle benötigten Datenquellen eingebunden

werden, vergleiche Abschnitt 4.2?

Ist die Sicherheit vor unberechtigten Zugriffen gewährleistet

und können einzelnen Nutzern oder

Nutzergruppen ausreichend fein gestaffelte Zugriffsrechte

vergeben werden?

Zuverlässigkeit:

Arbeiten alle Softwaremodule und Datenverbindungen

fehlerfrei?

Werden alle essenziellen Systemfunktionen laufend

überwacht und bei Problemen angemessene

Hinweise geliefert?

Wie verhält sich das System bei fehlenden oder

unplausiblen Daten (Messdaten, Konfigurationseinstellungen)?

Steht alle Information jederzeit und zeitnah zur

Verfügung oder gibt es häufig Verzögerungen oder

Ausfälle?

Benutzbarkeit:

Ist die Analysesoftware klar und übersichtlich

strukturiert?

Ist alle dargestellte Information für unerfahrene Anwender

verständlich und korrekt interpretierbar oder

besteht die Gefahr von Fehlinterpretationen?

Ist eine rollenbezogene Darstellung von Informationen

mit unterschiedlichem Detailgrad für verschiedene

Nutzergruppen (Betriebsleitung/Management,

Schichtmitarbeiter) möglich?

Kann die Verfügbarkeit von Softwarefunktionen für

verschiedene Nutzergruppen eingestellt werden (Root-

Cause-Analysen für Nutzer mit tiefem Fachwissen)?

Ist der Einarbeitungsaufwand angemessen?

Lässt sich die Benutzeroberfläche generell und für

einzelne Nutzer anpassen (Personalisierung von

Darstellungen und Berichten)?

Unterstützt die Analysesoftware durchgängig den

prinzipiellen Arbeitsablauf des Regelgütemanagements

(durch Dokumentationsfunktionen, Informationsaustausch

zwischen Benutzern, Darstellung

einer Änderungshistorie)?

Können maßgeschneiderte Berichte für verschiedene

Nutzergruppen automatisch erstellt und versendet

werden?

Wird der Nutzer/Administrator auf Änderungen in

unterlagerten Systemen hingewiesen, die gegebenenfalls

eine Aktion erfordern?

Kann über die Analysesoftware auf Daten aus anderen

Systemen zugegriffen werden und können

Daten aus der Analysesoftware zu anderen Systemen

exportiert werden?

Effizienz:

Ist die Arbeitsgeschwindigkeit ausreichend, das

heißt sind alle Informationen ohne zu großen Zeitaufwand

abruf- und verarbeitbar?

62

atp edition

3 / 2014


Steht der für eine ausreichende Arbeitsgeschwindigkeit

notwendige Ressourceneinsatz

(Hardware) in einem akzeptablen Verhältnis

zum Nutzen?

Wartbarkeit:

Sind Modifikationen des Systems zur Anpassung

an besondere Anforderungen einfach möglich

(zur Berücksichtigung von Besonderheiten im

betrieblichen Arbeitsablauf)?

Können Fehlfunktionen einfach behoben werden?

Kann ein vorheriger, fehlerfreier Zustand (nach

einer Fehlkonfiguration) einfach wieder hergestellt

werden?

Ist das System einfach erweiterbar (Einführung

zusätzlicher Funktionen oder Erweiterung auf

andere Produktionsanlagen)?

Können Modifikationen zu weitreichenden, unerwünschten

Konsequenzen führen oder wird

dies prinzipiell vermieden, zum Beispiel durch

geeignete Modularisierung?

Insgesamt ist es essenziell, dass alle Nutzer des Regelgütemanagementsystems

ohne großen Einarbeitungsaufwand

mit dem System arbeiten und sich auf die

gelieferte Information verlassen können. Schon eine

geringe Zahl von Fehldiagnosen kann das Vertrauen

der Nutzer in die Leistungsfähigkeit des Systems als

Ganzes und damit dessen Einsatz im Rahmen der täglichen

Arbeit entscheidend verringern.

4.2 Administration und Konfiguration

Ein PLS-unabhängiges Regelgütemanagementsystem

wird hardwareseitig typischerweise auf einer Client-

Server-Struktur installiert und kann damit prinzipiell

von beliebig vielen Nutzern dezentral genutzt werden

(im Gegensatz zu einer PLS-internen Lösung, die oft

nur von den Engineering-Stationen des PLS aus bedient

werden kann). Der Zugriff erfolgt für alle Nutzer des

Systems zum Beispiel über eine webbasierte Applikation,

administrative Aufgaben können entweder ebenfalls

webbasiert oder über direkten Zugriff auf die Server

erledigt werden.

Ein solches Regelgütemanagementsystem erfordert

eine umfassende Nutzer- und Rechteverwaltung, mit

der die Zugriffe auf die spezifischen Daten von Produktionsanlagen

(Messdaten und Regelgüteanalysen) eindeutig

festgelegt werden können und gleichzeitig ein

komfortabler Datenaustausch zwischen verschiedenen

Nutzern ermöglicht wird. Andererseits sind separate

Berechtigungen für allgemeine administrative Aufgaben

(Softwareupdates, Rechtemanagement, Datenverbindungen)

und betriebsspezifische administrative

Tätigkeiten (Hinzufügen von Regelkreisen, Anpassung

von Benchmarks) erforderlich.

Zur Vereinfachung der allgemeinen administrativen

Aufgaben empfiehlt sich neben der zentralen serverbasierten

Installation des Regelgütemanagementsystems

der Einsatz einer zentralen Systemüberwachung, die

alle Module und Datenverbindungen des Systems laufend

überwacht und im Fehlerfall entsprechend alarmiert.

Hilfreich sind weiterhin Schnittstellen, zum

Beispiel zur Übernahme von Zugriffsberechtigungen

aus anderen vorhandenen IT-Systemen.

Zur Durchführung der Regelgüteanalysen benötigt

die Software verschiedene Information (Messsignale,

Zielvorgaben/Benchmarks, gegebenenfalls weitere Statusinformation)

über jeden Regelkreis. Diese Information

stammt normalerweise aus unterschiedlichen

Quellen. Statische Information, wie Benchmarks, muss

vom Betriebspersonal auf Basis ihres Anlagen- und

Verfahrenswissens festgelegt und der Software zur

Verfügung gestellt werden. Andere strukturelle Information,

wie die Zugehörigkeit eines Regelkreises zu

einem bestimmten Anlagenteil, kann möglicherweise

aus anderen existierenden Datenquellen extrahiert

werden, wofür ebenfalls geeignete Schnittstellen erforderlich

sind.

Veränderliche Information (Messsignale) kann aus

verschiedenen Quellen (direkt aus dem PLS oder

einem zwischengeschalteten BDIS/PIMS) stammen

und wird über feste Bezeichner identifiziert, die ebenfalls

der Analysesoftware bekannt sein müssen. Es

empfiehlt sich, ein separates Kurzzeitarchiv einzusetzen,

indem alle Messdaten unkomprimiert und mit

ausreichend hoher Abtastrate für einen Zeitraum von

mehreren Wochen gepuffert werden können. Insgesamt

müssen alle für die Regelgüteanalysen notwendigen

Messdaten aus den Quellsystemen (PLS, BDIS,

PIMS, separates Kurzzeitarchiv) jederzeit mit hinreichend

hoher Qualität (das heißt insbesondere mit

ausreichend hoher Abtastrate und möglichst geringer

Datenkompression) und hoher Datenrate zur Verfügung

stehen.

Alle notwendige Information muss mit möglichst geringem

manuellen Aufwand in der Analysesoftware

konfiguriert und gepflegt werden können. Des Weiteren

ist darauf zu achten, dass alle elektronisch gespeicherten

Daten durch das Regelgütemanagementsystem aus

allen im Unternehmen vorhandenen Datenquellen ausgelesen

werden können.

Schließlich muss die Analysesoftware durch administrative

Vorgaben an den prinzipiellen Arbeitsablauf

im Unternehmen anpassbar sein, ohne dadurch den

einzelnen Nutzer zu sehr einzuschränken. Empfehlenswert

sind die rollenbasierte Vergabe von Berechtigungen

und die Einrichtung standardisierter Berichte

und Auswertungen für unterschiedliche Nutzergruppen

mit einstellbarem Detailgrad.

FAZIT

Im Beitrag werden Anforderungen an einen kontinuierlichen

Verbesserungsprozess der Regelgüte mit Softwareunterstützung

definiert. Dies bezeichnen wir als

Regelgütemanagement. Für ein gutes Regelgütemanagement

müssen viele Details beachtet werden, die im Artikel

aufgeführt worden sind. Die beschriebenen Anforderungen

erlauben eine detaillierte Prüfung,

atp edition

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63


HAUPTBEITRAG

1 | ob ein Regelgütemanagement im eigenen Betrieb

nötig und gewinnbringend ist,

2 | ob genug Personal vorhanden ist oder ein Dienstleister

einbezogen werden soll,

3 | auf welche Kriterien der Bewertung zu achten ist,

4 | wie ein Arbeitsprozess aufzubauen ist, und

5 | ob ein Softwarehersteller die auf dieser Basis definierten

Anforderungen erfüllen kann oder ein eigenes

angepasstes System aufgebaut werden muss.

AUTOREN

MANUSKRIPTEINGANG

31.10.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

DANKSAGUNG

Die Autoren danken den Mitgliedern des

Namur-Arbeitskreises 2.02 Prozessführung

für die Durchsicht des Manuskripts. Der Dank

gilt insbesondere Anja Brunberg (Evonik),

Achim Küpper (Bayer), Otmar Lorenz

(Siemens), Axel Schild (IAV), Karsten Schulze

(Linde), Constantin Wagner (RWTH Aachen)

für umfangreiche Diskussionen und

Verbesserungs vorschläge. Weiterhin bedanken

sich die Autoren beim VDI Arbeitskreis 6.22

für die konstruktive Kritik.

Dr.-Ing. FLORIAN WOLFF

(geb. 1980) ist Senior Automation

Engineer in der Fachgruppe

Advanced Process Control im

Fachzentrum für Automatisierungstechnik

bei der BASF SE.

Seine Arbeitsschwerpunkte

sind Controller Performance

Management und APC-Lösungen

für Konti-Anlagen. Seit 2014 ist er Obmann

des Namur Arbeitskreises 2.2 Prozessführung.

BASF SE,

L440, D-67056 Ludwigshafen,

Tel. +49 (0) 621 607 95 90, E-Mail: florian.wolff@basf.com

Dr.-Ing. STEFAN KRÄMER

(geb. 1972) ist Energiemanager bei

Ineos in Köln. Sein früheres

Arbeitsfeld umfasste Advanced

Process Control. Bis 2013 war er

Obmann des Namur Arbeitskreises

2.2 Prozessführung. Zusätzlich

unterrichtet er Batch Process

Operation an der Technischen

Universität Dortmund, Fachbereich Bio- und Chemieingenieurwesen.

Ineos Köln GmbH,

Standortentwicklung, Alte Str. 201, D-50769 Köln,

Tel. +49 (0) 221 355 52 65 78, E-Mail: stefan.kraemer@ineos.com

REFERENZEN

[1] Krämer, S., Bamberg, A., Dünnebier, G., Hagenmeyer, V.,

Piechottka, U., Schmitz, S.: Prozessführung: Beispiele,

Erfahrung und Entwicklung. atp – Automatisierungstechnische

Praxis 50(2), S. 68–80, 2008

[2] Hagenmeyer, V., Piechottka, U.: Innovative Prozessführung

– Erfahrungen und Perspektiven. atp – Automatisierungstechnische

Praxis 51(1-2), S. 48-64, 2009

[3] Schuler, S. (Hrsg.): Prozessführung, Oldenbourg 1999

[4] Kahrs, O.: Einsatz gehobener Automationslösungen. atp edition

– Automatisierungstechnische Praxis 54(1-2), S. 62-66, 2012

[5] Skogestad, S.: Simple analytic rules for model reduction

and PID controller tuning. Journal of Process Control 13,

S. 291-309, 2003

[6] Åström, K., Hägglund, T.: PID Controllers: Theory, Design

and Tuning. ISA 1995

[7] NE 152: Regelgütemanagement: Überwachung und Optimierung

der Basisregelung von Produktionsanlagen (Entwurf). Namur

[8] Ordys, A.W.; Uduehi, D., Johnson, M.A. (Hrsg.): Process Control

Performance Assessment: From Theory to Implementation.

Springer 2007

[9] Dittmar, R.: Control Performance Monitoring. In: Früh, K.F.,

Maier, U., Schaudel, D. (Hrsg.): Handbuch der Prozessautomatisierung

: Prozessleittechnik für verfahrenstechnische

Anlagen, S. 142-157, Oldenbourg 2009

[10] Wolff, F., Roth, M., Nohr, M., Kahrs,O.: Softwaregestützte

Regelgüteoptimierung in der chemischen Industrie –

Erfahrungen und zukünftige Anforderungen aus industrieller

Sicht. In: Tagungsband Automation, S. 161-164. VDI 2012

[11] Wolff, F.: Kontinuierliches Regelgütemanagement in der

Prozessindustrie - Herausforderungen und Erfahrungen

aus Anwendersicht, eingereicht bei ECV – TechnoPharm

[12] NA 102: Alarm Management. Namur 2003

[13] VDI 3685 Blatt 3: Adaptive Regler: Inbetriebnahmesysteme für

Regelungen, 2001

[14] ISO/IEC 25010: Systems and software engineering – Systems and

software Quality Requirements and Evaluation (SQuaRE) – System

and software quality models. ISO 2011. http://www.iso.org

[15] ISO/IEC 25000: Software engineering - Software product Quality

Requirements and Evaluation (SQuaRE) – Guide to SQuaRE.

ISO 2005. http://www.iso.org

64

atp edition

3 / 2014


Process Control

Systems Engineering

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Automatisierungs technik)

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Automatisierungstechnik

der Prozessindustrie).

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(Chefredakteur, verantwortlich

für die Hauptbeiträge)

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atp edition – Automatisierungs technische

Praxis“ erscheint monatlich mit Doppelausgaben

im Januar/Februar und Juli/August.

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Praxis – rtp“ gegründet.

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