atp edition Modellgestütztes Engineering (Vorschau)
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3 / 2014
56. Jahrgang B3654
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH
Automatisierungstechnische Praxis
Modellgestütztes
Engineering | 18
Einsatz leitsystemintegrierter
Prädiktivregler | 28
Nichtlineare modellprädiktive
Regelung auf SPS | 38
Advanced Process Control in
der industriellen Praxis | 48
Regelgütemanagement | 56
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update
EDITORIAL
Liebe Leser,
Die Zusammenstellung der Artikel in diesem Heft, mit Beiträgen aus Industrie
und Hochschule, zeigt sehr schön, dass Advanced Process Control
schon lange nicht mehr nur ein Thema der Academia ist. Der Sprung vom
Elfenbeinturm in die chemische Industrie ist schon vor Jahren gelungen und
die Anwendungen leisten in Hinsicht auf Energie- und Ressourceneffizienz
einen großen Wertbeitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer
Unternehmen.
Ein Erfolgsfaktor war dabei sicherlich, dass Advanced Process Control schon
seit langem in der petrochemischen Industrie eingesetzt wird und Methoden
und Vorgehensweisen auf die chemische Industrie so leicht übertragen werden
konnten.
Umso interessanter ist es, dass mit den Virtual-Plant-Simulatoren eine weitere
Technologie, welche im Raffineriebereich schon lange etabliert ist, nun
auch in der Spezialchemie an Bedeutung gewinnt.
Ein Virtual-Plant-Simulator ist ein rigoroses dynamisches Modell einer Chemieanlage
oder eines ganzen Verbundes, welches das Verhalten in Echtzeit
oder schneller abbilden kann. Das Bedienen und Beobachten erfolgt dabei
entweder über eine Stimulation oder eine Emulation eines Prozessleitsystems.
Bei Evonik Industries starteten wir vor rund zehn Jahren damit Virtual-
Plant-Simulatoren ausschließlich zum Training von Anlagenfahrern einzusetzen,
um diese auf das Anfahren von Neuanlagen vorzubereiten. In den
letzten Jahren hat sich das Anwendungsspektrum erweitert, um die rigorosen
aber auch kostenintensiven Modelle besser nutzen zu können.
Zum einen werden sie nun auch während des Planungsprozesses bei Investmentprojekten
eingesetzt, um zum Beispiel Betriebsvorschriften oder Regelungskonzepte
zu entwickeln und zu überprüfen. Selbstverständlich haben
die Virtual-Plant-Simulatoren auch einen großen Nutzen beim Reglertuning
und bei der Überprüfung der Prozessleitsystemkonfiguration vor dem Start-Up
der Neuanlagen.
Aber auch für den Betrieb von bestehenden Anlagen wächst das Einsatzfeld
der Virtual-Plant-Simulatoren. Der höhere Automatisierungsgrad unserer Anlagen
durch Advanced Process Control oder automatische An- und Abfahrprozeduren
führt dazu, dass die Anlagenfahrer zunehmend entlastet werden
und seltener situativ eingreifen müssen. Virtual-Plant-Simulatoren bieten hier
eine exzellente Umgebung für die Anlagenfahrer, um den Betrieb bei ungewohnten
und schwierigen Anlagenzuständen zu trainieren.
Schließlich können sie auch eingesetzt werden, um lineare Mehrgrößenregler
zu konfigurieren und so die Aufnahme von Sprungantworten an realen
Anlagen zu reduzieren.
Ich bin gespannt, wie die beiden Technologien, Advanced Process Control
und Virtual-Plant-Simulatoren sich in Zukunft entwickeln werden – voneinander
profitieren werden sie auf jeden Fall.
DR. HANS-ROLF
LAUSCH,
Head of Computer Aided
Process Engineering
& Automation
Process Technology
& Engineering,
Evonik Industries AG
atp edition
3 / 2014
3
INHALT 3 / 2014
FORSCHUNG
6 | Plug and Work: Interaktion von Komponenten
soll in Zukunft so einfach werden wie USB
Call for atp experts: Energie- und Ressourceneffizienz
7 | Roboter lernt mit Umgebungsreizen
VERBAND
8 | Industrie 4.0 stellt Forderungen bei Ausbildung,
Arbeitsplatz und Informationssicherheit
AALE-Konferenz vergibt zum 11. Mal den
Student Award für Beste Abschlussarbeiten
Nominierungen für Max-Buchner-Preis einreichen
BRANCHE
9 | Ingenieurmangel steigt um 10,6 Prozent
NSA-Skandal lässt IT-Start-ups wachsen
PRAXIS
10 | System zur Erfassung von Maschinendaten
erfolgreich bei Autozulieferer eingesetzt
12 | Kamerasystem Safety Eye überwacht Abläufe
im Überseeversand bei Opel Wien
14 | Industrielle Differenztemperaturregelung
ermöglicht Betriebsmittel einzusparen
4
atp edition
3 / 2014
HAUPTBEITRÄGE
18 | Modellgestütztes Engineering
L. CHRISTIANSEN, M. HOERNICKE UND A. FAY
Produkte,
Systeme
und Service
für die
Prozessindustrie?
Natürlich.
28 | Einsatz leitsystemintegrierter
Prädiktivregler
B.-M. PFEIFFER, H. GRIEB, O. LORENZ,
D. LOSERT UND D. SACK
38 | Nichtlineare modellprädiktive
Regelung auf SPS
B. KÄPERNICK UND K. GRAICHEN
48 | Advanced Process Control
in der industriellen Praxis
A. BRUNBERG, B. SCHRAMM, M. KAWOHL
UND U. PIECHOTTKA
56 | Regelgütemanagement
RUBRIKEN
F. WOLFF UND S. KRÄMER
3 | Editorial
66 | Impressum, Vorschau
Der PostionMaster EDP300 überzeugt
durch hohe Luftleistung von 50 kg/h bei
10 bar, Diagnosefähigkeit nach Namur
und Überdruckfestigkeit. Mit den
Zulassungen für den Betrieb in Ex-Zone 1
und SIL2 ermöglicht der EDP300 eine
hohe Anlagensicherheit. Durch die
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FORSCHUNG
Plug and Work: Interaktion von Komponenten
soll in Zukunft so einfach werden wie USB
Die Idee hinter cyber-physischen System ist die automatische
Interaktion von einzelnen Komponenten
in Maschinen und Anlagen, ohne dass ein Ingenieur
eingreift. Aber sicher, flexibel und zuverlässig müssen
die Systeme sein. Mit einem Invest von rund 6 Millionen
Euro ist nun das Projekt „Secure Plug and Work“ unter
Beteiligung von mehr als zehn Projektpartnern gestartet.
Eine Herausforderung der Industrie-4.0-IT-Architektur
ist die Fähigkeit, sich an Änderungen anzupassen. Sei es,
dass neue Anlagen oder Produktionsprozesse in das System
eingebracht werden oder bestehende Produktionssysteme
verändert werden, etwa weil eine Produktvariante zusätzlich
gefertigt werden soll. Die Partner des Konsortiums
bezeichnen diese Fähigkeit in Anlehnung an Wiendahl als
Wandlungsfähige Informationstechnik, bezogen auf die
physikalische Ebene und auf Software. Ähnlich dem USB-
Standard bei PCs sollen Mechanismen der Selbstbeschreibung
in Bezug auf Funktionalität, Identifizierung, Selbstaufbau
der Kommunikation und geregeltem Datenaus-
DAS ZIEL VON
„PLUG AND WORK“
ist die nahtlose
Integration von
Komponenten in den
Maschinen- und Anlagenapparat,
ähnlich wie
mit der USB-Technik.
Bild: Fraunhofer IOSB
tausch genutzt werden, wenn neue Komponenten, Maschinen
oder Anlagen in ein Produktionssystem eingebracht
werden oder sich softwarerelevante Änderungen ergeben.
Heutige IKT-Architekturen können darauf kaum reagieren:
proprietäre Schnittstellen, nicht integrierte Einzelsysteme
oder firmenspezifische Speziallösungen verhindern,
dass mit IKT-Kapazität ausgerüstete Komponenten
und Maschinen Mechanismen der Selbstkonfiguration
und durchgängiges Datenmanagement nutzen.
Hauptziel des Projekts „Plug and Work“ ist es, auf existierenden
Standards basierende Methoden und Werkzeuge
sowie Konzepte für Informations- und Softwarearchitekturen
zu entwickeln, die eine durchgängige, konsistente
und gesicherte Datenverarbeitung bei Änderungen
in einer der beteiligten Hierarchieebenen der Fertigung
an die anderen Teilnehmer der Fabrik ermöglichen. Der
Zeitbedarf soll reduziert werden, in dem die Eigenschaften
direkt auf der Komponente gespeichert werden und
damit benötigte Information, parallel zur physischen Integration,
über eine Schnittstelle direkt in der Steuerung
zur Verfügung steht. Die Komponentenhersteller ermitteln
vorab die hierzu benötigten Informationen und hinterlegen
sie auf den Bauteilen. Durch die physische und informelle
Integration wird eine Zeitersparnis von rund 20
Prozent bei Erstinbetriebnahme, Instandhaltungstätigkeiten
und Änderungen der Produktion möglich. (ahü)
FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR OPTRONIK,
SYSTEMTECHNIK UND BILDAUSWERTUNG IOSB,
Fraunhoferstraße 1, D-76131 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 609 10,
Internet: www.secureplugandwork.de
Call for atp experts: Energie- und Ressourceneffizienz
AUFRUF ZUR BEITRAGSEINREICHUNG
ATP EDITION 56(9) Energie- und Ressourceneffizienz
in und durch Automatisierungstechnik
ist ein vieldiskutiertes
Thema – im Produktionsprozess, im Gebäude,
bei Antrieben oder prozessnahen
Komponenten. Wir laden Sie ein, Ihre
praktischen Erfahrungen und Erfolge in
aktuellen Effizienzprojekten und Ihre wissenschaftlich-technischen
Lösungsansätze
und Forschungsergebnisse in der Ausgabe
56(9) der atp edition vorzustellen und
zur Diskussion zu veröffentlichen.
Idealerweise können wir durch Ihre Beiträge
die gesamte Bandbreite des Themas
darstellen – von der effektiven Potenzialanalyse,
über innovative Lösungsansätze,
Methoden und Technologien, bis zum nachhaltigen
Betrieb von Ressourcenmanagementsystemen.
Wir bitten Sie bis zum
31.4.2014 zu diesem Themenschwerpunkt
einen gemäß Autorenrichtlinien der atp edition
ausgearbeiteten Hauptbeitrag per E-
Mail an urbas@di-verlag.de einzureichen.
Die atp edition ist die hochwertige Monatspublikation
für Fach- und Führungskräfte
der Automatisierungsbranche. In
den Hauptbeiträgen werden Themen mit
hohem wissenschaftlichen und technischen
Anspruch vergleichsweise abstrakt
dargestellt. Der Journalteil präsentiert
praxisnahe Erfahrungen von Anwendern
mit neuen Technologien, Prozessen
oder Produkten. Alle Hauptbeiträge begutachtet
das atp-Fachgremium. Sollten
Sie sich selbst aktiv an dem Begutachtungsprozess
beteiligen wollen, bitten wir
um kurze Rückmeldung. Für weitere
Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich
gerne zur Verfügung.
Redaktion atp edition
Leon Urbas, Anne Purschwitz,
Aljona Hartstock
CALL FOR
Aufruf zur Beitragseinreichung
Thema: Energie- und Ressourceneffizienz
in und durch
Automatisierungstechnik
Kontakt: urbas@di-verlag.de
Termin: 31. April 2014
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Roboter lernt mit
Umgebungsreizen
WIE DIE HONIGBIENE lernt der Roboter, sich
auf bestimmte Farben hin- und sich von anderen
wegzubewegen. Bild: Freie Universität Berlin
Forscher haben einen Roboter entwickelt, der Umgebungsreize
wahrnehmen und lernen kann, auf
sie zu reagieren. An dem Projekt beteiligt waren
Wissenschaftler der Freien Universität Berlin, des
Bernstein Fokus „Neuronale Grundlagen des Lernens“
und des Bernstein Zentrums Berlin.
Als Vorbild seines Funktionsprinzips diente den
Forschern das Nervensystem von Honigbienen.
Dazu installierten sie eine Kamera auf ein kleines
Roboterfahrzeug und schlossen es an einen Computer
an. Das Computerprogramm bildete vereinfacht
das sensomotorische Netzwerk des Insektengehirns
nach. Seine Eingangsdaten erhielt es von
der Kamera, die – ähnlich einem Auge – visuelle
Informationen aufnehmen und weiterleiten konnte.
Das neuronale Netzwerk selbst trieb wiederum die
Motoren der Roboterräder an und steuerte so seine
Bewegungsrichtung.
In dem Lernexperiment setzten die Wissenschaftler
den netzwerkgesteuerten Roboter in die Mitte
einer kleinen Arena. An deren Wänden waren rote
und blaue Objekte angebracht. Sobald der Roboter
mit seiner Kamera ein Objekt mit der gewünschten
Farbe anvisiert hatte, lösten die Wissenschaftler ein
Lichtsignal aus. Dieses Signal aktivierte eine sogenannte
Belohnungs-Nervenzelle im künstlichen
Netzwerk. Die Verarbeitung der roten Farbe mit der
zeitgleichen Belohnung führte nun zu gezielten Veränderungen
in dem Teil des Netzwerks, das die
Kontrolle über die Roboterräder ausübte. Die Folge:
„Sah“ der Roboter ein weiteres rotes Objekt, so bewegte
er sich darauf zu. Blaue Gegenstände führten
zu einem Rückzug.
(aha)
FREIE UNIVERSITÄT BERLIN,
Kaiserswerther Str. 16-18,
D-14195 Berlin,
Tel. +49 (0) 30 83 81,
Internet: www.fu-berlin.de
VERBAND
Industrie 4.0 stellt Forderungen bei Ausbildung,
Arbeitsplatz und Informationssicherheit
Was Industrie 4.0 für den Standort Deutschland bedeutet,
erläuterten unlängst Dipl.-Wirtsch.-Ing.
Ralph Appel, VDI-Direktor, und Dr.-Ing. Kurt D. Bettenhausen,
Vorsitzender der VDI/VDE-Gesellschaft
Mess- und Automatisierungstechnik auf der VDI-Tagung
„Industrie 4.0“. „Das Neue: Die Ideen und Ziele
zum Erfolg des Standorts Deutschland gemeinsam
umzusetzen. Perspektiven für die Produktion in
Deutschland und für heimische Ausrüster und Dienstleistungsanbieter
werden sich ergeben“, so Bettenhausen.
Aus Sicht des VDI wird die industrielle Welt mit
der Umsetzung von „Industrie 4.0“ zunächst nicht
einfacher. Im Gegenteil, meint Bettenhausen: „Die Vernetzung
von Geräten und Systemen sowie die ansteigende
Informationsdichte machen industrielle Anlagen
komplexer.“
Dementsprechend steigen die Herausforderungen
hinsichtlich Informationssicherheit, Arbeitsplatzbeschreibungen
und Ausbildungsszenarien. Aber: „Wir
benötigen keine neuen Studiengänge. Die Ausbildung
jedoch muss auf die Erfordernisse von Industrie 4.0
abgestimmt sein. Ein solides Studium des Maschinenbaus
oder der Elektrotechnik muss und wird ausreichen,
um nach entsprechender Einarbeitung in den
Fabriken der ‚vierten industriellen Generation‘ zu bestehen“,
stellt Appel klar.
(ahü)
VDI VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,
Tel. +49 (0) 211 621 40,
Internet: www.vdi.de
AALE-Konferenz vergibt zum 11. Mal den
Student Award für Beste Abschlussarbeiten
Der Verein der Angewandten Automatisierungstechnik
in Lehre und Entwicklung an Hochschulen
(VFAALE e.V.) richtet am 8. und 9. Mai 2014 zum elften
Mal die AALE-Konferenz aus. Veranstalter ist in diesem
Jahr die Fakultät für Maschinenbau und das Zentrum
DIE AALE-KONFERENZ
versammelt Lehre und
Praxis der Automatisierungstechnik
an Hochschulen
für angewandte
Wissenschaften, wie
hier im vergangenen
Jahr in Stralsund.
Bild: Archiv/Purschwitz
für Weiterbildung und Wissensmanagement (ZWW) an
der Ostbayerisch Technischen Hochschule Regensburg.
Dort werden erneut die beste Master- und Bachelor-
Arbeit an Hochschulen für angewandte Wissenschaften
(University of Applied Sciences) mit dem AALE Student
Award ausgezeichnet. Eine Jury aus Industrieexperten
und Hochschulfachleuten bewertet die eingereichten
Beiträge. Dem Erstplatzierten unter den Mater-Absolventen
winkt ein Preisgeld in Höhe von 1000 Euro, die
beste Bachelor-Arbeit ist mit 500 Euro dotiert. Gesponsert
sind die Preise von der BASF Ludwigshafen und
Phoenix Contact in Blomberg.
(ahü)
OTH REGENSBURG, FAKULTÄT MASCHINENBAU,
Galgenbergstr. 30, D-93053 Regensburg,
Herrn Prof. Dr.-Ing. Ralph Schneider,
Tel. +49 (0) 941 943 51 66,
E-Mail: ralph.schneider@oth-regensburg.de
Nominierungen für Max-Buchner-Preis einreichen
Kandidaten für den Max-Buchner-Forschungspreis können
ab sofort bis zum 25. April 2014 nominiert werden.
Die mit 20 000 Euro dotierte Auszeichnung der Dechema
würdigt herausragende Forschungsarbeiten in Technischer
Chemie, Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Chemischer
Apparatetechnik. Besonders Arbeiten jüngerer
Forscher werden berücksichtigt. Sie sollen von grundsätzlicher
Bedeutung sein und eine enge Verflechtung von
Forschung und Praxis zeigen. Besonders willkommen sind
auch Kandidatenvorschläge aus dem Bereich der industriellen
Forschung. Die Arbeiten sollen vorzugsweise von
Europäern an Hochschul-Instituten, wissenschaftlichen
Forschungseinrichtungen oder in industrieller Tätigkeit
ausgeführt worden sein. Der Preis wird im Rahmen eines
Festkolloquiums am 28. November 2014 im Dechema-
Haus in Frankfurt am Main verliehen. Er wird seit 1951
jährlich vergeben.
(ahü)
MAX-BUCHNER-FORSCHUNGSSTIFTUNG,
Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 756 40,
Internet: www.dechema.de/ehrungen
8
atp edition
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BRANCHE
Ingenieurmangel steigt
um 10,6 Prozent
VDI-/IW-INGENIEUR-
MONITOR:
Neue Arbeitsmarktdaten
für Ingenieurberufe
erscheinen
jeden Monat
Bild: Ernsting/LAIF
Unser
Know-how
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26.03.2014
Jahrhunderthalle
Frankfurt am Main
Stand A6
Laut VDI-Ingenieurmonitor sind im Dezember 2013
insgesamt 63 700 Stellen für Ingenieure in
Deutschland offen geblieben. Damit stieg der Fachkräftemangel
in den Ingenieurberufen um 10,6 Prozent
an. Doch wuchs auch die Zahl derjenigen, die
einen Job in der Ingenieursbranche suchen. Insgesamt
27 208 Personen, die eine Laufbahn als Ingenieur
anstreben, meldeten sich arbeitslos.
“Die zum Jahresausklang positivere Grundstimmung
in der deutschen Wirtschaft schlägt sich deutlich
in der Nachfrage nach Ingenieuren nieder“, kommentiert
VDI-Direktor Ralph Appel die Daten des
neuen VDI-/IW-Ingenieurmonitor. „Die offenen Ingenieurstellen
sind ein Frühindikator für die wirtschaftliche
Entwicklung. Nachdem das Jahr 2013 nahezu
durchweg von einer Seitwärtsbewegung dieses Indikators
gekennzeichnet war, deutet dessen aktuelle
Entwicklung auf eine anziehende Konjunktur hin“, so
IW-Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Klös. (ahü)
VDI VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,
Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de/monitoring
NSA-Skandal lässt
IT-Start-ups wachsen
Kleine und mittelständische Unternehmen und Startups,
profitieren jetzt vom Skandal um den Datenklau
durch die Amerikanische National Security Agency
(NSA). Das Portal www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de
hat dazu verschiedene IT-Schutzsoftware-
Anbieter befragt. Das Geschäftsfeld wächst. Mitarbeiter
werden eingestellt. „Der NSA-Skandal hat für uns einiges
in Bewegung gesetzt“, sagt Philipp Baumgärtel von
Protonet, einem Hamburger Start-up, das Mittelständlern
selbst entwickelte Server verkauft. Das Unternehmen
wächst. Baumgärtel spricht von dreistelligen Prozentzahlen,
Details will er aber nicht verraten. (ahü)
Mit über 50 weitgehend selbstständigen
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ist SAMSON auf allen
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PRAXIS
System zur Erfassung von Maschinendaten
erfolgreich bei Autozulieferer eingesetzt
TRW Automotive GmbH spürt mit Signaltechnik Stillstandszeiten auf
ZUR VISUALISIERUNG
von Maschinendaten
hat der Automobilkonzern
Großbildschirme
an unterschiedlichen
Stationen
im Unternehmen
anbringen lassen.
SIGNAL SÄULE
zur Maschinendatenüberwachung
in der TRW-
Niederlassung
Blumberg.
DAS ROUTINGMODUL der Software zeigt mit Hilfe einer Baumstruktur Qualität
und Aufbau der Funkverbindungen zwischen den einzelnen Elementen an.
Um ungeplanten Stillstandzeiten entgegenzusteuern,
sowie latente Kapazitätsreserven aufzuspüren,
nutzt die TRW Automotive aus Blumberg das Maschinendaten-Erfassungssystem
von Werma. Der schwäbische
Signalgerätehersteller hat bereits vor einigen
Jahren das TRW-Werk mit dem „Wireless Information
Network“ (WIN) ausgestattet und weitet die Zusammenarbeit
stetig aus.
„Als ich hier angefangen habe“, erklärt Fertigungsentwickler
Bernd Müller „fehlte es oft an Transparenz
in der Produktion, denn das TRW-Werk in Blumberg
wurde immerzu erweitert“.
Unterschiedliche Gebäude kamen im Laufe der Jahre
hinzu, es wurde immer schwieriger den Überblick über
zahlreiche Maschinenzustände zu behalten. Ein Problem
stellte auch der große Umfang an verschiedenen Maschinensteuerungen,
bedingt durch die Baujahre, dar.
Anfang 2010 wurde Bernd Müller dann auf Werma
aufmerksam. Der Signalgerätehersteller aus Rietheim-
Weilheim hat sich auf ein einfaches Maschinendaten-
Erfassungssystem spezialisiert: Das „Wireless Information
Network“.
KABELLOSE INTEGRATION IN ÄLTEREM
FABRIKGEBÄUDE
Bernd Müller kennt sich mit Maschinenüberwachung
aus und weiß auch, dass es viele kostspielige und komplizierte
Systeme auf dem Markt gibt. Hinzu kam die
Herausforderung, eine kabellose Überwachung zu finden,
da es in den älteren Gebäuden oft nur mit großem
Aufwand möglich ist, nachträglich Kabelleitungen zu
verlegen. Mit dieser Anforderung hatte es Werma Signaltechnik
in die Zielgerade bei TRW geschafft.
Angefangen hat der Automobilanbieter mit der Überwachung
von zehn Schwerpunktmaschinen mit zehn
Sendern zur Zustandsüberwachung. Mit WIN konnte sich
TRW innerhalb weniger Minuten genauen Überblick über
deren Zustände verschaffen. Das funkbasierte System war
ohne Vorkenntnisse schnell per „Plug & Play“ installiert
und konnte sofort in Betrieb genommen werden.
In kurzer Zeit kristallisierte sich heraus, dass WIN alle
Anforderungen an Flexibilität, Modularität und Erweiterbarkeit
von TRW erfüllte. Per Funk wurden Signale
an einen zentralen PC übermittelt – eine komplexe
Schnittstelle zu den Maschinen selber war nicht notwendig,
da als Basis die vorhandene Signalsäule diente.
INSTALLATION OHNE PROGRAMMIERKENNTNISSE
„Positiv aufgefallen ist mir die mitgelieferte WIN-Software,
die sicher durch die einzelnen Schritte zum eigenen
Wireless-Netzwerk führt“, erzählt Elmar Giner.
Der Datenbank-Experte ist bei der Firma TRW in der
IT-Abteilung beschäftigt und von dem Routingmodul
der Software überzeugt. Sie zeigt mit einer Baumstruktur
die Qualität und den Aufbau der Funkverbindungen
zwischen den einzelnen Komponenten an.
Diese Ansicht visualisiert dem Nutzer auch, wo er
Funkverbindungen verstärken sollte, damit das WIN-
Netzwerk sicher funktioniert und Daten problemlos
übertragen kann.
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Als IT-Hersteller legt Giner großen Wert auf Transparenz
in der Fertigung. Die WIN-Software erlaubt es, auf
einen Blick alles am PC zu überwachen. Kinderleicht
kann man Fehler suchen, Produktivität analysieren und
somit die Effizienz steigern. Die einfache, übersichtlich
gestaltete Menüführung in der Software erleichtert die
Bedienung und Maschinenüberwachung.
SCHNELLE NACHRÜSTUNG PER FUNK
80 Slaves mit WIN-überwachten Maschinen statten nun
den Automobilzulieferer aus. Dieser weitet sein WIN-
Netzwerk ständig aus. Dank Funk steht einer schnellen
und einfachen Nachrüstung nichts im Wege. Ganz im
Gegenteil: Die einfache Infrastruktur ermöglicht es,
ohne spezielle Verkabelung weitere WIN-Elemente in
das Netzwerk zu integrieren.
Insgesamt fünf Großbildschirme visualisieren bei
TRW die Produktion. Der Wartungsbereich, die Linienproduktion,
die Elektroabteilung sowie die Instandhaltung
(Mechanik und Elektrik) profitieren tagtäglich
davon. Probleme werden schichtübergreifend und zeitnah
erkannt.
Mittels der in WIN integrierten E-Mail-Funktion werden
Störungen sofort und an jeden Ort an die angebundenen
Smartphone-User übermittelt. So können sie
schnell reagieren und längere Stillstände sowie Produktionsausfälle
vermeiden. Kein Wunder, dass der
IT-Spezialist Elmar Giner „mehr will“ – er weiß wie
flexibel das WIN-System ist und schätzt daran, dass die
Einführungszeit neuer Funktionen kurz und keine zusätzliche
Konfiguration notwendig ist.
AUSWERTUNGEN VON STILLSTANDSURSACHEN
Transparenz erhöhen, Produktivität steigern, Flexibilität
verstärken, Stillstandzeiten reduzieren sowie Kosten
und Zeit sparen sind nur ein paar Vorteile des
WIN-Systems. Im Handumdrehen hatte TRW einen
Überblick über kostenintensive Abläufe und verborgene
Kapazitäten. Fertigungsentwickler Bernd Müller
hatte sich besonders der Lean-Production-Ausrichtung
gewidmet und damit die Wettbewerbsfähigkeit des
Blumberger Unternehmens gesteigert.
Mit WIN stehen ihm allzeit sämtliche Kennzahlen
zum laufenden Auftrag, wie produzierte Stückzahlen,
Ausschuss oder die detaillierte Aufstellung von Stillstandzeiten
zur Verfügung. Mit diesen Auswertungen
gelang es ihm, die Stillstandsursachen über einen definierten
Zeitraum nach Häufigkeit auszuwerten. Dadurch
konnten Maßnahmen entwickelt werden, um die
Produktivität der Maschinen nachhaltig zu steigern.
KOOPERATION ENTWICKELTE SIGNALTECHNIK WEITER
Auch Werma Signaltechnik profitierte von der Kooperation.
Ohne TRW wären viele Funktionen des WIN-
Systems heute noch nicht ausgereift. So gab das Werk
aus Blumberg den Anstoß für die Entwicklung der Zu-
satzfunktion „Stückzahlermittlung“. Der in eine modulare
Signalsäule integrierte WIN slave performance
überwacht dabei bis zu sechs unterschiedliche Maschinenzustände
und erfasst den Zählimpuls. Diese Daten
werden an einen zentralen Empfänger gesendet und in
einer Datenbank gespeichert.
Doch auch darüber hinaus gilt TRW als gutes Beispiel
für das WIN-System in der Praxis: Der Automobilzulieferer
liefert nützliches Feedback an das Werma-Entwicklungsteam.
So können zeitnah neue Ideen
im Soft- und Hardwarebereich ausgearbeitet und umgesetzt
werden. „Es ist ein Geben und Nehmen“, erklärt
Bernd Müller. „Wir sind froh, in Sachen Signalisierung,
einen Partner zu haben, mit dem wir gemeinsam
Herausforderungen angehen können. Davon
profitieren beide Seiten.“
NAHTLOSE INTEGRATION BESONDERS REIZVOLL
Neben WIN setzt der Automobilzulieferer auch weitere
Werma-Produkte ein. Als zukunftsweisend haben sich die
„Andon“-Produkte des Signalgeräteherstellers erwiesen.
Bei Lean-Management-Experten ist der japanische Begriff
„Andon“ schon lange bekannt. Dieser steht für eine gut
sichtbar angebrachte Leuchte, die ein auftretendes Problem
signalisiert und somit zum Handeln auffordert.
Dieses Prinzip gibt es nun auch für Signalsäulen – ein
ganz neuer Ansatz, der unter anderem Materialnachschub
oder Qualitätsmangel signalisieren kann. Der
Mitarbeiter, der das Signal auslöst, braucht also nicht
lange nach einem Ansprechpartner zu suchen. Wege
und Zeit können eingespart, Prozesse schlanker und
effizienter gestaltet werden.
Für die Zukunft plant der Automobilzulieferer, das
WIN-System weiter auszubauen. „Gerade die nahtlose
Integration ist für uns besonders reizvoll“, schließt der
Fertigungsspezialist ab.
AUTOR
CHRISTOPH MÜLLER ist
Gebietsverkaufsleiter bei
der Werma Signaltechnik
GmbH & Co. KG.
Werma Signaltechnik GmbH & Co. KG,
Dürbheimer Str. 15, D-78604 Rietheim-Weilheim,
Tel. +49 (0) 7424 955 70,
E-Mail: info@werma.com
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PRAXIS
Kamerasystem Safety Eye überwacht Abläufe
im Überseeversand bei Opel Wien
Schutzräume lassen sich definieren und mit verschiedenen Sicherheitsfunktionen hinterlegen
BEI DER SEHENDEN SICHERHEITS-
TECHNOLOGIE SAFETY EYE von Pilz
umgibt ein dreidimensionaler Schutzkokon
den Gefahrenbereich oder
ein zu überwachendes Objekt.
AUSGEHEND
VON DER
KAMERAEINHEIT
an der Hallendecke
erzeugt
das System einen
pyramidenförmigen
Schutzschirm,
innerhalb
dessen sich
beliebige Schutz-
(rot) und Warnräume
(gelb) frei
definieren lassen.
Grün zeigt einen
ausgenommen
Bereich.
BEI OPEL
kommen das
dreidimensionale
Kamerasystem
Safety Eye
und das programmierbare
Steuerungssystem
PSS 3000
(links unten)
zusammen.
Bilder: Pilz
Mehr als 500 000 Motoren und an die 750 000 Getriebe
pro Jahr fertigt Opel aktuell in Wien-Aspern.
Rund 70 % davon gehen per LKW und Bahn an die europäischen
Fahrzeug-Produktionsstätten, die restlichen
30 % gelangen per Schiff zu den weltweiten
Standorten des General Motors-Konzerns. Für die Überseetransporte
werden diese Aggregate in spezielle Kartons
verpackt, damit sie geschützt sind. Am Ende des
dafür notwendigen Verpackungsprozesses verschließt
eine Umreifungsanlage die Transportkisten vollautomatisiert.
Das Besondere dabei: Die normgerechte Absicherung
dieses Arbeitsbereiches realisiert Opel nicht
klassisch mit Schutzzäunen, -türen oder Lichtvorhängen,
sondern barrierefrei mit dem weltweit ersten kamerabasierten
Sicherheitssystem Safety Eye.
GRÖSSTES GM-MOTORENWERK
Seit 1982 fertigt General Motors (GM) am Standort Wien
Getriebe und Motoren. Insgesamt 21 Millionen Fünfund
Sechsganggetriebe sowie zirka 12 Millionen Dreizylinder-
und Vierzylinder-Benzinmotoren verließen
in zahlreichen Varianten bis Ende 2012 das weltweit
größte Motoren- und Getriebewerk innerhalb des GM-
Konzerns. Pro Minute produziert Opel Wien zwei Motoren
und vier Getriebe. Beliefert werden Produktionsstätten
rund um den Globus, 80 % aller in Europa neu
zugelassenen Opel-Modelle, darunter auch das neue
Modell Adam, sind mit Antriebseinheiten aus Wien-
Aspern ausgestattet.
SPEZIELLER SCHUTZ FÜR ÜBERSEEVERSAND
Knapp ein Drittel der in Wien produzierten Getriebe
und Motoren erhält für den Versand in die Produktionsstätten
von GM außerhalb Europas einen speziellen
Transportschutz. In einer so genannten Überseeverpackung
– eine holzverstärkte Kartonage – werden jeweils
mehrere Aggregate stoß-, rutsch- und vor allem
wasserfest zusammengepackt. „Früher erledigte diese
aufwendige Verpackung ein externer Partner für uns“,
erzählt Peter Czetina, Safety Engineer bei Opel Wien.
„Heute machen wir das selbst – wir beladen die Container
direkt hier im Werk. Dadurch konnten wir nicht
nur die Flexibilität und letztendlich die Produktivität,
sondern vor allem die Qualität der Verpackung steigern
– die entsprechende Qualitätskontrolle erfolgt nun im
Haus.“ An Spitzentagen sind es bis zu zehn Container.
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Geschwindigkeit spielt hier eine große Rolle, dabei war
in der Vergangenheit die Bänderung der bis zu knapp
2,7 Kubikmetern großen Transportkisten ein verhältnismäßig
zeit- sowie arbeitsintensiver Verpackungsschritt,
der per Hand erfolgte. Die Idee, diesen Prozess
zu automatisieren, lag nahe. „Wir entschieden uns,
eine vollautomatisierte Umreifungsmaschine einzusetzen“,
berichtet Peter Czetina weiter. Dafür wurde im
Vorfeld eine Risikoanalyse durchgeführt und anhand
dieser die zu treffenden sicherheitsrelevanten Vorkehrungen
definiert.
Die Sicherheit der Mitarbeiter war ein wichtiges Thema
vor der Inbetriebnahme der Maschine. „Sicherheit
braucht aber die Akzeptanz der Mitarbeiter“, weiß Peter
Czetina. Ein Schutzzaun beispielsweise birgt generell die
Gefahr in sich, unter Umständen umgangen zu werden.
Bei der neuen Umreifungsmaschine für die Überseeverpackung
war klar: Es müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen
getroffen werden, sodass kein Mitarbeiter
während des Umreifungsvorgangs gefährdet ist.
Deshalb sollte eine effiziente und kostengünstige, dabei
aber auch flexible und kompakte Lösung, die den laufenden
Betrieb nicht behindert, zum Einsatz kommen.
DREIDIMENSIONAL AUS DER VOGELPERSPEKTIVE
Die Transportkisten werden mit Hilfe eines Gabelstaplers
der Anlage zu- und wieder abgeführt. Mehrere Absicherungsvarianten
standen zur Diskussion, von klassischen
Schutzzäunen und -türen über eine komplette
Einhausung mit Rolltoren bis hin zu Lichtschranken
mit Mutingfunktion. Was den Platzaufwand als auch
die Alltagstauglichkeit betrifft, waren diese Lösungen
jedoch nicht optimal. Entschieden hat sich Opel
schließlich für das dreidimensionale Kamerasystem
Safety Eye des Automatisierungsunternehmens Pilz.
Ausschlaggebend war, dass das System eine wartungsarme
und sichere Lösung darstellt.
Das Kamerasystem besteht aus den Komponenten
Sensoreinheit, Hochleistungsrechner sowie Sicherheitssteuerung.
Die aus drei Kameras bestehende Sensoreinheit
ist einige Meter über den zu überwachenden
Raum, bei Opel der Versandanlage, montiert und liefert
permanent Bilddaten. Der Hochleistungsrechner dient
als Auswerteeinheit. Diese berechnet auf Basis der erfassten
Bilddaten und anhand komplexer Algorithmen
ein räumliches Bild. Somit ist es möglich, Objekte
räumlich wahrzunehmen und ihre Position exakt zu
bestimmen. Die so gewonnenen Daten werden mit den
konfigurierten Schutzräumen überlagert. Das System
erkennt dadurch, wenn eine Verletzung des Schutzraumes
vorliegt. Ist das der Fall, meldet der Rechner
ohne Verzug dem programmierbaren Steuerungssystem
PSS 3000, ebenfalls von Pilz, die entsprechende Information.
Über die Ein- und Ausgänge als Schnittstelle
zur Maschinensteuerung würde dann eine definierte
Sicherheitsfunktion – etwa Not-Halt oder sichere Ge-
schwindigkeit – ausgelöst. Die komplette Installation,
Programmierung und Justierung des Systems führte
Pilz im Auftrag von Opel Wien durch. Für die Schutzraumüberwachung
wurden insgesamt acht Schutz- und
Warnräume geschaffen, sodass der Zugang von allen
Seiten – auch von oben – gesichert und ein Übersteigen
des Schutzraums ausgeschlossen ist. Das sichere 3-D
Kamerasystem kann in bis zu 7,5 m Höhe installiert
werden, daraus resultiert auch der erfassbare, pyramidenförmige
Bereich, dessen Grundfläche bei maximaler
Einbauhöhe der Sensoreinheit rund neun auf acht Meter
beträgt. Innerhalb dieser Pyramide lassen sich beliebige
Schutzräume frei definieren beziehungsweise
mit unterschiedlichen Sicherheitsfunktionen hinterlegen.
Bei Opel sind die äußeren vier Räume als Warnräume
eingerichtet – betritt ein Mitarbeiter einen dieser
Räume, so ertönen ein akustisches sowie zeitgleich ein
optisches Warnsignal. Erst wenn diese Warnzone überschritten
und einer der vier eigentlichen Schutzräume
betreten wird, erfolgt der sofortige Stopp der Maschine.
Dabei sind es lediglich 150 Lux Beleuchtungsstärke, die
für den zuverlässigen Betrieb des sicheren Kamerasystems
notwendig sind.
PRODUKTIONSABLAUF WIRD NICHT GESTÖRT
Der Einsatz des Kamerasystems erhöht die Sicherheit
und die Produktivität der Anlage: Denn für das Wechseln
der Bandrolle muss nun keine Schutztür mehr
geöffnet werden und im Störfall kann der Fehler
schneller behoben werden. Das Kamerasystem ist wartungsfrei,
der Produktionsablauf wird nicht gestört.
Die zu umreifenden Verpackungskisten, die über
Transportrollen durch das eigentliche Bandportal geführt
werden, werden von Safety Eye als solche erkannt
und durchgelassen ohne, dass eine Sicherheitsabschaltung
ausgelöst wird.
Auf Basis der Erfahrungen mit dem Kamerasystem
erwägt der Automobilhersteller den Einsatz im deutschen
Opel-Stammhaus in Rüsselsheim.
AUTOR
STEPHAN MARBAN
Pilz GmbH Sichere Automation,
Modecenterstraße 14,
A-Wien,
Tel. +43 (0) 1 798 62 63 13,
E-Mail: s.marban@pilz.at
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PRAXIS
Industrielle Differenztemperaturregelung
ermöglicht Betriebsmittel einzusparen
Mit Bluetooth-Modul werden Geräteeinstellungen drahtlos vorgenommen
Der Begriff Energieeffizienz ist das Schlagwort der
Gegenwart, jedoch erweist sich die technische Umsetzung
oft als schwer realisierbar. Viele Produktionsstätten
haben noch ungeregelte Prozesse, bei denen
Energieeinsparungen effizient möglich wären.
Samson bietet hierzu Lösungen an. Eine der jüngsten
Projekte des Herstellers von Mess- und Regeltechnik
war die Umsetzung einer industriellen Differenztemperaturregelung
für Kühlwalzen. Aus der gestellten
Anforderung wurde mit einer Kombination aus Ventil,
elektrischem Antrieb mit integriertem Prozessregler
sowie fertig konfektionierter Sensorik ein gutes Ergebnis
erzielt.
EINSPARPOTENZIALE IN BETRIEBEN
Ansätze für Optimierungsmöglichkeiten gibt es bei
der Materialbeschaffung, im Produktionsprozess und
bei den Betriebsmitteln. Während die erst genannten
traditionell stark im Fokus stehen, sind die Möglichkeiten
bei den Betriebsmitteln oft nicht voll ausgeschöpft.
Gerade in Produktionsbetrieben sind viele
Temperaturprozesse im Einsatz, die ungeregelt und
unbemerkt ihren Dienst verrichten. Hier stellt sich bei
genauerem Betrachten die Frage: sind diese Prozesse
hinreichend effizient?
In vielen Fällen muss geheizt oder gekühlt werden.
Häufig sind ungeregelte oder sehr einfach geregelte
Temperaturprozesse vorzufinden. Bei näherer Untersuchung
ergeben sich hier Verbesserungsmöglichkeiten
durch eine Regelung oder durch Steigerung der Regelgüte
und damit zu Einsparungen von Betriebsmitteln
und deren Transport.
SCHNELLE AMORTISIERUNG
Im Idealfall für die Betriebe amortisieren sich die Anschaffungskosten
in ein bis zwei Jahren. Ausgehend
von der ungeregelten Kühlung wurde das durchschnittliche
Einsparungspotenzial gegenüber einer geregelten
Kühlung auf 50 % geschätzt.
Bei Einsatz der Regelkomponente von Samson werden
Einsparungen im Schnitt von knapp 60 % erzielt.
So amortisiert sich die Investition bereits nach etwa
einem Jahr. Die Zielvorstellungen der Betriebe sind damit
erfüllt.
EINSPARUNGEN ZWISCHEN 30 UND 80 %
Eine effektive Methode zur Umsetzung der Temperaturregelung
ist die Integration eines Motorventils in
die bestehende Rohrleitung des Heiz- beziehungsweise
Kühlmediums. Im elektrischen Antrieb des Motorventils
wiederum befindet sich neben dem prozessorgesteuerten
Zweikanalregler auch ein Bedienfeld,
um im laufenden Betrieb vor Ort Einfluss nehmen zu
können.
Die Anwendung in diesem Fall beschreibt eine Kühlwalzenregelung,
dessen Kühlwasser ursprünglich zu
0 oder 100 % zugeführt wurde. Durch Regelung des
benötigten Volumens sind gemäß praktischer Tests Einsparungen
zwischen 30 und 80 % möglich. Dazu dient
eine Differenztemperaturregelung zwischen Eintrittsund
Austrittstemperatur, gemessen jeweils an den
Rohrleitungen zu und von den Kühlwalzen. Die konfektionierte
Kabelsensorik erlaubt den Einsatz als Anlege-
oder Tauchsensoren durch entsprechendes Zubehör.
Zusätzlich zur Differenztemperaturregelung des
ersten Reglerkanals wird eine Rücklauftemperaturregelung
des zweiten Reglerkanals als Begrenzungsregelung
mit Minimalauswahl gefahren. Damit sind zwei
Regelfunktionen mit nur einem Motorventil sehr kompakt
realisiert.
EINFACHE KOMPONENTE MIT HOHEM NUTZEN
Die Regelkomponente hat eine kompakte Bauform, eine
bereits konfektionierte Anschlussleitung sowie konfektionierte
Kabelsensoren. Damit entfällt ein sonst üblicher
Schaltschrank mit seiner gesamten Regelelektronik
inklusive Verdrahtung. Diese Einheit aus Ventil
und elektrischem Prozessregelantrieb ist universell
einsetzbar: Sie kann mit unterschiedlichen Ventilen
für Industrie oder Gebäudeautomation kombiniert werden,
die Kabelsensoren lassen sich auch als Tauch- oder
Anlegesensoren einsetzen und es ist eine einfache Auswahl
vorkonfektionierter Anlagenkennziffern für Heizoder
Kühlapplikationen möglich.
PARAMETRIEREN VIA BLUETOOTH
Das integrierte Bluetooth Modul schafft erhöhten Inbetriebnahme-
und Bedienkomfort durch die drahtlose
Verbindung zur Konfigurier- und Bediensoftware
Trovis-View.
Alle Geräteeinstellungen zur Regelfunktion, Geräte-
und Anlagendokumentation, Aufzeichnung und
Protokollierung der Prozessdaten sowie Konvertierung
in das XLS-Datenformat werden mit dem PC-
Programm erfüllt. Der PC muss über Bluetooth ab
Version 2.1 verfügen. Für den Transfer der Daten zwischen
PC und Regeleinheit sind keine weiteren Hilfsmittel
erforderlich.
Das Bedienfeld weist nur die wichtigsten Funktionen
auf, um dem Anlagenfahrer die Bedienung für den laufenden
Prozessbetrieb zu erleichtern. Neben der Ist-
Wertanzeige und der Eingabe des Sollwertes ermöglicht
es, die Betriebsarten zu steuern. Sonderfunktionen
dienen zum Initialisierungslauf und zur elektrischen
Handverstellung. Bei Wegfall der elektrischen Speisung
ermöglicht das Handrad die mechanische Verstellung
des Ventilhubes.
UMSETZUNG WEITERER ANWENDUNGEN
Eine Sammlung von Anwendungen existiert bereits
und wird fortlaufend erweitert. Nachfolgend drei Beispiele
umgesetzter Industrieanwendungen:
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EINGEBAUTE REGELKOMPONENTE zur Kühlwasserregelung
für Kühlwalzen Bilder: Samson
REGELKOMPONENTE VENTIL mit elektrischem
Prozessregelantrieb im Einsatz
BEDIENFELD für
den Anlagenfahrer
PROZESS-
REGELEINHEIT
Typ 3222/5724-8
von SAMSON
FESTWERT-
REGELUNG mit
Mittelwertbildung
1 | Festwertregelung Heizen mit Mittelwertbildung
und Sollwertumschaltung
2 | Differenztemperaturregelung Kühlen mit Begrenzung
der Rücklauftemperatur
3 | Kaskadenregelung Heizen mit Sollwertbegrenzung
und Start/Stopp der Regelung
1. Heizen mit Mittelwertbildung
und Sollwertumschaltung
In der Grundeinstellung arbeitet das Gerät mit einem
Sensor (T1 mit roter Markierung) als Festwertregler
Heizen mit Sollwertumschaltung über die Tasten I und
O. Alternativ lässt sich die Sollwertumschaltung durch
einen Binäreingang steuern. Der Sollwert ist am Gerät
mit den Tasten Pfeil Auf und Pfeil Ab innerhalb des
Einstellbereiches verstellbar.
Durch Änderung der Anlagenkennziffer kann einfach
die Festwertregelung Heizen zur Festwertregelung
Kühlen umkonfiguriert werden.
Wird die Festwertregelung zum Beispiel mit dem blau
markierten Sensor (T2) ergänzt, so kann mit Hilfe beider
Sensoren (T1 und T2) ein Mittelwert gebildet werden. Ein
mögliches Anwendungsfeld ist die Regelung einer Flüssigkeit
in einem Reaktionskessel mit mehreren Temperaturschichtungen.
Zwei unterschiedlich lange Tauchhülsen
dienen zur Lokalisierung zweier Messpunkte. Im
besonderen Fall kann die Mittelwertbildung gleichwertig
und mit unterschiedlicher Bewertung gestaltet werden,
das heißt der eine Messpunkt wird zum Beispiel mit
5-facher und der andere mit 1-facher Wertung berechnet.
Regelgröße PV =
a · T1 + b · T2
z
Setzt man die Parameter wie oben erläutert
a = +5; b = +1 und z = +6
ergibt sich daraus
Regelgröße PV =
5 · T1 + 1 · T2
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PRAXIS
2. Kühlen mit Begrenzung der
Rücklauftemperatur
Diese Anwendung beschreibt die Regelung einer Differenztemperatur
zwischen Rücklauf- (T1) und Vorlauftemperatur
(T2) eines Kühlprozesses, die in der eingangs
beschriebenen Applikation zum Einsatz kommt.
In diesem Fall dient die Formel der Regelgröße PV zur
Bestimmung der Differenztemperatur.
Regelgröße PV =
a · T1 + b · T2
z
Setzt man a = +1; b= –1 und z = +1
ergibt sich die Regelgröße PV = T1 – T2.
DIFFERENZ-
TEMPERATUR-
REGELUNG
mit Begrenzung
der Rücklauftemperatur
KASKADEN-
REGELUNG
zur Pasteurisierung
von
Lebensmitteln
KASKADEN-
REGELUNG
zur Temperaturregelung
einer
Flüssigkeit
in einem
Reaktionskessel
Die gewünschte Temperaturdifferenz wird durch den
Sollwert vorgegeben. Die Kennlinie substituiert einen
mechanischen Bypass während des Regelprozesses. Bei
erhöhtem Kühlbedarf öffnet das Regelventil gemäß den
Einstellungen des integrierten Reglers.
3. Kaskadenregelung Heizen mit
Sollwertbegrenzung
Für die Kaskadenregelung stehen in der Regeleinheit
zwei Kanäle zur Verfügung, die jeweils als Führungsund
Folgeregler dienen. Hierbei wird ein Sensor (T1)
für die Erfassung der primär zu regelnden Größe im
Führungsregelkreis genutzt. Der zweite Sensor (T2)
hingegen dient zur Erfassung der Hilfsregelgröße im
Folgeregelkreis. Als Anwendungsbereich ist die Pasteurisierung
von Lebensmitteln denkbar. Dabei ist vor
allem darauf zu achten, dass die Führungsgröße des
Folgereglers begrenzt werden muss, damit das Produkt
nicht überhitzt. Die Begrenzungsfunktion ist im Regler
integriert.
Durch einfache Auswahl der vorkonfektionierten
Anlagenkennziffer wird die gewünschte und dokumentierte
Konfiguration aus der Sammlung der Kennziffern
aufgerufen und anschließend in den Prozessregelantrieb
übertragen. Mit diesen Voreinstellungen ist
die Regeleinheit zunächst betriebsbereit und kann bei
Bedarf individuell angepasst werden.
AUTOREN
Dipl.-Ing. RAINER SCHWAN
ist Leiter Industrieregler und
elektrische Antriebe.
Samson AG,
Weismüllerstraße 3,
D-60314 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 40 09 15 19,
E-Mail: rschwan@samson.de
Dipl.-Ing. GERT NAHLER
ist Zentralabteilungsleiter
Entwicklung Elektronik Gebäudeautomation
und Regler.
Samson AG,
Weismüllerstraße 3,
D-60314 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 40 09 13 38,
E-Mail: gnahler@samson.de
Dipl.-Ing. RUDOLF LÄSSLER
ist Zentralabteilungsleiter
Entwicklung Regler ohne Hilfsenergie
und Stellventile.
Samson AG,
Weismüllerstraße 3,
D-60314 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 40 09 13 10,
E-Mail: rlaessler@samson.de
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Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.
HAUPTBEITRAG
Modellgestütztes Engineering
Basis für die Automatisierung der Automatisierung
Über die Vorteile bei der Nutzung von Modellen im Engineering-Prozess herrscht
Konsens. Ein wesentlicher Ansatz ist die Unterstützung bei der Planung des Automations-Engineerings
durch Automatisierung der Automatisierung (automation of
automation, AoA). Die dazu benötigten Modelle werden zumeist manuell aus Planungsdaten
erzeugt, insbesondere dem R&I-Fließbild. Der Beitrag beschreibt, wie
auf Grundlage eines Vergleichs verschiedener Anwendungsfälle, die mittels geeigneter
Modelle unterstützt werden können, funktionale und nicht-funktionale Anforderungen
abgeleitet wurden, die an diese Modelle gestellt werden. Durch eine
Analyse dieser Anforderungen konnten Synergieeffekte in Form von einer sich überlappenden
Teilmenge an Modellinhalten innerhalb der für AoA-Aufgaben benötigten
Modelle ermittelt werden. Die Synergien lassen sich nutzen, indem diese Modellinhalte
in einem übergeordneten Modell gespeichert werden und dieses als Quelle zur
Erzeugung verschiedener spezifischer AoA-Modelle herangezogen wird.
SCHLAGWÖRTER Anforderungsdefinition / Engineering / Automatisierung der
Automatisierung
Model-based Engineering –
Common Model as a Basis for ‘Automation of Automation’
There is consensus about the benefits offered by the use and application of models
in the engineering process. One promising approach relates to the support of planning
activities by “automation of automation” (AoA). Models are conventionally
generated manually using planning data, in particular the P&ID. Functional and
non-functional requirements are derived from a comparison of different applications
which can be supported by appropriate models. Through analysis and evaluation of
these requirements, synergies have been determined for AoA purposes. Synergies
may be exploited by storing them in a higher-level model, which is used as a source
for generating specific AoA models.
KEYWORDS automation of automation / requirements’ definition / model-based
engineering
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LARS CHRISTIANSEN, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg
MARIO HOERNICKE, ABB Forschungszentrum
ALEXANDER FAY, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg
Das Engineering verfahrens- und fertigungstechnischer
Automatisierungssysteme ist
durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher
Gewerke, Fachbereiche und Engineering-
Organisationen geprägt und unterliegt einer
phasenorientierten Bearbeitung. Das Ergebnis am Ende
einer Planungsphase dient als Informationsbasis für
die jeweils nachfolgenden Phasen und Gewerke. Planungstätigkeiten
werden mittels einer Vielzahl unterschiedlicher
und damit phasen- sowie gewerkspezifischer
CAE-Planungswerkzeuge durchgeführt. Diese
basieren meist auf proprietären Datenmodellen, die
eine durchgängige Nutzung der darin enthaltenen Informationen
erschweren. Beispiele für Modelle, die ein
wesentliches Ergebnis einer Planungsphase darstellen,
sind das Anlagenlayout oder das Rohrleitungs- und
Instrumentenfließbild (R&I-Fließbild).
Der Einsatz von Modellen im Engineering-Prozess
wird mit den Begriffen Model Driven Engineering
(MDE) und Model Based Engineering (MBE) umschrieben
[1]. Dabei werden im Kontext des MDE Engineering-
Artefakte, wie Dokumente oder SW-Code, durch den
Einsatz von Modellen automatisch erzeugt, wohingegen
MBE den Umstand beschreibt, dass auf der Grundlage
eines Modells spezifische Tätigkeiten, wie Design, Lösungsauswahl,
Funktionstests oder Optimierungen,
durchgeführt werden. Der durchgängige Einsatz von
Modellen sowie die damit verbundene Möglichkeit zur
Wieder- beziehungsweise Weiterverwendung der Information
können einen wesentlichen Hebel darstellen,
den Engineering-Aufwand [2] und damit die Projektlaufzeiten
und -kosten [3, 4] zu reduzieren. Dieser
Schritt erfordert allerdings, neben den entsprechenden
Daten- und Informationsmodellen, geeignete Vorgehensweisen
innerhalb des Engineering-Prozesses, die
den Aspekt der Durchgängigkeit unterstützen können
[4]. Zur Reduzierung des Engineering-Aufwands in Verbindung
mit geeigneten Modellen spielt zum Beispiel
die Automatisierung von Tätigkeiten eine wesentliche
Rolle. Dies wird mit dem Begriff der Automatisierung
der Automatisierung [5] (automation of automation,
AoA) umschrieben.
1. STAND DER WISSENSCHAFT
Über die in der Einleitung genannten Vorteile hinaus versprechen
sich die Unternehmen durch den Einsatz von
MDE und MBE im Engineering-Prozess beispielsweise die
Möglichkeit der frühzeitigen Absicherung von Engineering-Ergebnissen
[1], die automatisierte Wiederholung von
Engineering-Tätigkeiten [2] sowie die Verringerung von
Übertragungsfehlern und damit Inkonsistenzen zwischen
den Modellen [6]. Dennoch stehen dem Einsatz von
MDE und MBE Probleme und Herausforderungen gegenüber,
die gelöst werden müssen, bevor diese Vorteile zum
Tragen kommen können. Im Folgenden wird ein Überblick
über die diesbezügliche Forschung gegeben.
1.1 Modelle für modellgestütztes Engineering
Im Kontext der digitalen Fabrik werden in [7] unterschiedliche
Modellansätze diskutiert und grundsätzliche
Anforderungen an Engineering-Modelle gestellt:
zum Beispiel der erforderliche Formalisierungsgrad, die
Ausdrucksstärke sowie die Möglichkeit zur Beschreibung
statischer und dynamischer Systemzusammenhänge.
Darauf aufbauend wird in [8] eine Bewertungsmethodik
vorgestellt, mit der unterschiedliche im Engineering
genutzte Modelle hinsichtlich der durchgängigen
Nutzung untersucht und bewertet werden können.
Ebenfalls im Kontext der digitalen Fabrik wird in [9],
basierend auf einem mechatronischen Domänen-Modell,
ein Konzept für die digitale Anlagenplanung vorgestellt.
Ein Domänen-Modell wird dabei als ein zentrales
Engineering-Modell definiert, welches sich innerhalb
des Engineering-Workflows oder bedingt durch
unterschiedliche CAE-Werkzeuge nicht verändert.
Dennoch soll dieses Modell eine Integration in die heterogene
Werkzeuglandschaft unterstützen, wodurch
es gleichzeitig alle am Engineering-Prozess beteiligten
Organisationen und Disziplinen auf sich vereinigt.
In [1] wird grundsätzlich zwischen zwei Arten von
Engineering-Modellen unterschieden: a) Modelle, die
sich zur Entwicklung der Automatisierungslösung nut-
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19
HAUPTBEITRAG
zen lassen und b) Modelle, die zur disziplinübergreifenden
Kommunikation zwischen Projektbeteiligten
geeignet sind, wie das R&I-Fließbild. Des Weiteren werden
Modelle c) hinsichtlich des Datenaustauschs zwischen
den CAE-Systemen der am Engineering beteiligten
Disziplinen definiert. Ziel ist es, aus Quellmodellen
entwicklungsbegleitend Zielmodelle zu erzeugen,
die die Lösungsfindung und damit die in den Phasen
durchzuführenden Aufgaben und Tätigkeiten unterstützen.
Dies deckt sich in der Intention mit der Definition
der Nutzenaspekte in [2]. Dazu sind verschiedene
Modelltransformationen erforderlich, die mit einer
Transformation der Modelle in eine domänenspezifische
Sprache abgeschlossen werden.
Hinsichtlich der Problematik, dass proprietäre Datenmodelle
auf Grund der gewerkespezifischen CAE-
Werkzeuge existieren, die eine durchgängige Nutzung
erschweren, gibt es zwei Lösungsmöglichkeiten: Zum
einen besteht die Möglichkeit der spezifischen Modelltransformation
zwischen proprietären Datenmodellen,
und zum anderen kann auf herstellerneutrale Datenformate
zurückgegriffen werden. Erstere erfordert geeignete
Transformationsmechanismen zwischen den
einzelnen, in der Regel domänenspezifischen Modellen
beziehungsweise deren Schnittstellen [3]. Der transformationsbasierte
Ansatz erfordert allerdings einen langfristigen
Einsatzhorizont, da die Entwicklung geeigneter
Mechanismen zur Transformation einen beträchtlichen
Aufwand sowie eine möglichst detaillierte Anforderungsdefinition
erfordern [10]. Aus dem geplanten
Einsatz des Modells innerhalb des Engineerings resultiert
der Detaillierungsgrad [10]. Die spezifischen, mit
hohem Aufwand erzeugten Transformationsmechanismen
sind daher nur für eine geringe Anzahl von Zielmodellen
geeignet. Dies gilt insbesondere hinsichtlich
der kontinuierlichen Pflege und Weiterentwicklung der
Mechanismen, die zum Beispiel durch Änderungen des
Quell- oder Zielformats notwendig werden. Weiterhin
führt die Nutzung von vielen unterschiedlichen Modellen
zu zwei wesentlichen Problemen: Es muss sichergestellt
werden, dass bei Änderungen innerhalb
eines Modells diese Änderungen in den abhängigen
Modellen übernommen werden, damit dies nicht zu
Inkonsistenzen innerhalb der Modelle führt, welche
sich direkt auf die Qualität des Engineering-Prozesses
auswirken würden. Das Problem der Pflege der spezifischen
Transformationsmechanismen zwischen domänenspezifischen
Modellen kann durch Nutzung eines
herstellerneutralen – das heißt nicht-proprietären – Datenformats
umgangen werden. Hier hat sich in den letzten
Jahren CAEX beziehungsweise AutomationML als
geeignet und vielversprechend herausgestellt. Dennoch
unterliegt die Nutzung von CAEX/AutomationML ebenfalls
Vor- und Nachteilen [11], die an dieser Stelle aber
nicht weiter betrachtet werden.
1.2 Modellgetriebene Ansätze im Kontext AoA
Die grundsätzliche Idee von AoA besteht darin, Aufgaben
und Tätigkeiten, die während des Engineerings der
Automatisierungstechnik, das heißt der Planung und
Realisierung, der Inbetriebnahme und der Wartung
anfallen, zu automatisieren und somit den Planungsingenieur
von Aufgaben, die häufig „gleichartigen, sich
wiederholend und monoton anmutenden Charakter
aufweisen“ [12], zu entlasten.
Als Informationsgrundlage und Ausgangsbasis wird
bei der Planung der Automatisierungstechnik verfahrenstechnischer
Anlagen in den meisten Fällen auf das
R&I-Fließbild zurückgegriffen. Dieses bildet ein zentrales
Modell für die Automatisierungstechnik und
weist bereits einen sehr hohen Informationsgehalt hinsichtlich
der zu projektierenden Anlage und ihres Automatisierungssystems
auf. Dazu zählt die topologische
Verknüpfung von Anlagenobjekten wie Behälter, Rohrleitungen
und Automatisierungskomponenten (AT-
Komponenten), zum Beispiel Sensoren und Aktoren
und teilweise zugehörigen AT-Funktionen.
Im Bereich der Erstellung von Bedienbildern (human
machine interface, HMI) existieren umfassende Untersuchungen
und Ansätze, die eine automatische Generierung
unterstützen [13-16]. Um den manuellen Aufwand
zur Erstellung der für die virtuelle Inbetriebnahme
automatisierter Systeme beziehungsweise zur
Durchführung des Integrationstests und der Werksabnahme
benötigten Simulationsmodelle zu reduzieren,
werden in [17-20] verschiedene Ansätze vorgestellt.
Neben der Unterstützung zur automatisierten Erstellung
von Modellen sind für die automatische Generierung
der Steuerungsfunktionen ebenfalls Methoden
entwickelt worden. In [21] wird ein wissensbasiertes
Konzept zur Erstellung von Steuerungscode für Fertigungsmaschinen
und -anlagen beschrieben, in [22] ein
Konzept zur Ableitung und Gewinnung von Verriegelungslogik
und in [23] eine Unterstützung zur Erstellung
von Asset-Management-Funktionen. In [24] wird
die Ableitung von Testszenarien zur frühzeitigen Überprüfung
der Steuerungslogik präsentiert.
Darüber hinaus gibt es vielversprechende Ansätze
auf Basis des Verfahrens- beziehungsweise R&I-Fließbilds,
um die Ursachenanalyse, also den Diagnoseprozess,
systematisch zu unterstützen [25, 26].
2. GEMEINSAMES TOPOLOGIEMODELL ALS GRUNDLAGE
Die innerhalb der Forschung entwickelten und vielversprechend
erscheinenden AoA-Ansätze werden im
industriellen Umfeld bisher kaum angewandt. Ein
wesentliches Hindernis für den ausgebliebenen
Transfer in die Industrie sehen die Autoren darin,
dass die benötigten Daten und die erforderliche Information
zumeist in Dokumenten wie Word, PDF oder
Excel-Tabellen gespeichert sind [27]. Auf Grund einer
fehlenden Formalisierung sowie nicht standardisierten
Datenformaten sind diese in der Regel nicht für
softwarebasierte Analysen und Auswertungen nutzbar
oder zur Erzeugung von Modellen geeignet. Um
dennoch die im vorherigen Abschnitt genannten AoA-
Ansätze zu ermöglichen, greifen diese auf XML-basierte
Datenformate und -modelle, wie CAEX [28],
20
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AutomationML [28] oder PandIX [30] zurück. Des
Weiteren wird davon ausgegangen, dass die benötigte
Information grundsätzlich in einer geeigneten Struktur
zur Verfügung steht.
Aus Sicht der Autoren besteht beim modellgetriebenen
und beim modellbasierten Engineering in der
Automatisierungstechnik und damit auch bei der AoA
das Problem, dass für jeden Ansatz eigene, neue und
sehr spezifische Modelle genutzt werden, die teilweise
mit hohem Aufwand und manchmal manuell erstellt
werden müssen. Dabei liegt die Vermutung nahe, dass
Teilmengen der spezifischen Modelle identisch sind,
insbesondere hinsichtlich der Komponenten- und
Strukturinformation, gegebenenfalls mit unterschiedlichem
Detaillierungsgrad. Deshalb müssen zunächst
die spezifischen Anforderungen geeigneter Anwendungsfälle
untersucht und anschließend deren Überlappung
überprüft werden. Im nächsten Schritt können
dann die übereinstimmenden Anforderungen mit
einem allgemeinen, übergeordneten Topologiemodell
(top level topology model, TLT-Modell) der zu projektierenden
Anlage erfüllt werden. Dieses TLT-Modell
dient anschließend als Ausgangsbasis, um die spezifischen,
für AoA-Ansätze erforderlichen und geeigneten
Teilmodelle zu erzeugen. Unter der Topologie einer
Anlage wird die physikalische Verbindung zwischen
Anlagenelementen, zum Beispiel zum Material- und
Energietransport, und die informationstechnische Verknüpfung,
beispielsweise zwischen Sensoren und
Aktoren, verstanden.
Diesem Konzept folgend werden, wie in Bild 1 (li.)
dargestellt, die spezifischen Teil-Modellinhalte (MI)
MI-1 (grün), MI-2 (gelb) und MI-3 (blau) aus dem TLT-
Modell (graues Rechteck) abgeleitet. Die Modellinhalte
repräsentieren daraufhin ein spezifisches Teilmodell
(M S , Rechteck). Da diese Teilmodelle domänenunabhängig
sind, werden diese in domänenspezifische Modelle
(M D , Sechseck) transformiert (re.), um in spezialisierten
CAE-Werkzeugen, wie zum Beispiel Simulationswerkzeugen,
verwendet werden zu können.
Eine Rücktransformation eines spezifischen Teilmodells
beziehungsweise domänenspezifischen Modells in
das TLT-Modell ist bei diesem Konzept nicht vorgesehen.
Das TLT-Modell fungiert als zentrales, umfassendes Modell,
aus dem sich bei Veränderungen und anlassbezogen
mehrfach neue Modelle generieren lassen.
Für diesen Ansatz wird im nächsten Schritt ermittelt,
für welche Engineering-Tätigkeiten ein TLT-Modell
grundsätzlich geeignet sein kann und dementsprechend
auch, welchen Detaillierungsgrad sowie Informationsgehalt
das TLT-Modell aufweisen muss. Hierfür
werden typische AoA-Anwendungsfälle und die zur
Nutzung erforderlichen spezifischen Modellinhalte
(wie Objekte, Attribute, Strukturen) untersucht und
abgeleitet (Bild 2). Diese repräsentieren nun die Anforderungen
an die Modellinhalte des TLT-Modells.
3. ANFORDERUNGEN DER ANWENDUNGSFÄLLE
AN EIN TLT-MODELL
Um die spezifischen Modellinhalte als konkrete Anforderungen
an ein gemeinsames Topologiemodell abzuleiten,
wurden in weltweiter Zusammenarbeit mit Experten
(unter anderem Projektierer, Entwickler, Projektleiter
AT-Engineering aus den Bereichen Öl, Gas, Petrochemie,
Mining, Marine und Power der ABB AG)
insgesamt zwölf Anwendungsfälle diskutiert, die
grundsätzlich ein großes Potenzial für AoA bieten. Im
Rahmen einer inhaltlichen sowie wirtschaftlichen Betrachtung
wurde vier Anwendungsfällen eine besonders
hohe Bedeutung zugesprochen. Diese Fälle wurden
vertieft analysiert. Im Rahmen dieses Beitrags
werden zwei Anwendungsfälle (use case, UC), die Generierung
von Prozesssimulationsmodellen und die
Validierung von Ursachenanalysen, vorgestellt. Diese
dienen im nächsten Schritt dazu, die einzelnen Anforderungen
aus Sicht des Anwendungsfalls an das gemeinsame,
übergeordnete TLT-Modell abzuleiten und
daraufhin potenzielle Synergieeffekte aufzuzeigen.
3.1 Betrachtete Anwendungsfälle der AoA
UC-1: Generierung von Prozesssimulationsmodellen
für denIntegrationstest und die Werksabnahme
Die finalen Tests eines Automatisierungssystems vor der
Inbetriebnahme gliedern sich in zwei Phasen: a) Integra-
TLT-Model der zu
projektierenden Anlage
Spezifische
Teilmodelle
Domänenspezifische
Modelle
MI-3
MI-1
MI-2
Ableitung
M S -1
M S -2
M S -3
Transformation
M D -1
M D -2
M D -3
Ableitung
Spezifische Modellinhalte:
- Daten
- Informationen
- Strukturen
- Sichtweisen
- Beziehungen
- …
Anforderung
Modellinhalte des
TLT-Models
BILD 1: Vorgehen zur Erzeugung domänenspezifischer
Modelle aus einem TLT-Modell
BILD 2: Ableitung von Anforderungen an das TLT-Modell
auf Basis spezifischer Modellinhalte
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HAUPTBEITRAG
tionstest, bei dem die Logik der Automatisierungstechnik
und deren Subsystem, inklusive der Interaktionen
zwischen den Subsystemen, gegen die Kundenspezifikation
getestet wird, um die Resultate des Engineering
zu verifizieren und b) die Werksabnahme, bei der der
Kunde anwesend ist und einige stichprobenartige Tests
am System durchführt, um das System zu validieren.
Während beider Phasen muss das Automatisierungssystem,
sei es real vorhanden oder emuliert, wie in [31]
beschrieben, stimuliert werden, um Reaktionen hervorzurufen
und damit die Logik des Systems zu testen.
Heute wird dies manuell oder mittels geeigneter, kostengünstiger
Methoden, wie in [19] beschrieben, durchgeführt.
Ein Prozesssimulationsmodell wird selten eingesetzt,
da der manuelle Entwicklungsaufwand hierfür
zu hoch ist. Mögliche Herangehensweisen, dieses automatisch
zu erstellen, werden in [19] beschrieben. Dazu
wird das R&I-Fließbild genutzt, um daraus ein domänenspezifisches
Simulationsmodell abzuleiten.
UC-2: Validierung von Ursachenanalysen
Während des Betriebs einer Anlage treten des Öfteren
auf Grund zunächst unbekannter Ursachen Fehler auf,
die im Verlauf eventuell zu größeren Problemen, wie
zum Beispiel Anlagenstillstand, führen. Um die zunächst
schwer erkennbaren Fehlerursachen zu finden,
können statistische Methoden zur Ursachenanalyse
eingesetzt werden, welche auf Analyse von Signalverläufen
basieren [32]. Signalbasierte Analysen sind jedoch
Blackbox-Verfahren, die die physikalischen Zusammenhänge
der Signale innerhalb der Anlage nicht
berücksichtigen. Deshalb bieten diese Verfahren oft
verschiedene Algorithmen an, die divergierende Ergebnisse
für die gleichen Messdaten liefern können. Jeder
der Algorithmen hat seine Daseinsberechtigung, da er
für spezielle Klassen von Signalverläufen aussagekräftige
Ergebnisse liefert.
Diese Vielfalt führt jedoch oft zu Missverständnissen
bei den Servicetechnikern, da diese üblicherweise verschiedene
Algorithmen ausprobieren und deren Ergebnisse
manuell analysieren. Um dies zu vermeiden, kann
ein Topologiemodell helfen [25], welches auf Basis der
Anlagentopologie fehlerhafte Ergebnisse, insbesondere
physikalisch nicht nachvollziehbare Verbreitungspfade,
analysiert und herausfiltert. Um die Ursachenanalyse
systematisch zu unterstützen, bietet es sich an,
den Fehlerverbreitungspfad entgegengesetzt der Ausbreitungsrichtung
physikalischer Wirkungen in der
Anlagentopologie zu analysieren. Um den Aufwand zur
Analyse und genauen Eingrenzung der Fehlerursache
zu reduzieren beziehungsweise zu optimieren, besteht
im ersten Schritt die Möglichkeit, den Fehler modulübergreifend
zu analysieren, um die Ursache grob einzugrenzen
und anschließend das Modul detailliert zu
betrachten, um die konkrete Ursache zu ermitteln.
3.2 Klassifikation von Anforderungen
Für eine strukturierte und konsistente Betrachtung der
einzelnen Anforderungen erfolgt eine Klassifikation in
technologisch (A-1), funktional/nicht-funktional (A-2)
und objekt-/prozess-/projektspezifisch (A-3). Basierend
auf dieser Klassifikation erfolgt im nächsten Schritt,
bezogen auf die betrachteten Anwendungsfälle, die Zuordnung
einer Priorität zu den technologischen Anforderungen.
Die Priorität einer Anforderung beschreibt
die Wichtigkeit der Existenz einer Information im TLT-
Modell für den jeweiligen Anwendungsfall. Darauf
aufbauend werden die technologischen Anforderungen
durch die Zuordnung zu A-2 und A-3 näher charakterisiert.
Dieses Sortierkriterium unterstützt einerseits
eine einfachere Verwaltung der Anforderungen, andererseits
ermöglicht es die Identifizierung der potenziellen
Informationsquellen sowie eine Abschätzung,
zu welchem Zeitpunkt im Engineering die Information
zur Verfügung steht. Weiterhin können Aussagen hinsichtlich
der Qualität der Anforderungen gemacht werden,
zum Beispiel ob Information syntaktisch oder
semantisch beschrieben ist oder ob sie direkt oder nur
indirekt aus einem Objekt ableitbar ist.
A-1: Technologische Anforderungen
Aus Sicht der Anwendungsfälle werden unterschiedliche
Anforderungen hinsichtlich Informationsgehalt
und -strukturen an das spezifische Modell gestellt. Die
Einzelanforderungen werden aus Gründen der besseren
Übersicht übergeordneten Klassen von technologischen
Anforderungen zugeordnet (Bild 3) und orientieren sich
unter anderem an der Klassifizierung des erforderlichen
Informationsgehaltes von Simulationsmodellen
für FAT-Testszenarien [33] .
Bild 4 zeigt einen Ausschnitt für die Anforderungsklassen
Strukturaspekt (li.) und Rohrleitung (re.). Die
Anlage beziehungsweise Anlagenobjekte können innerhalb
des Topologiemodells einem oder mehreren Systemaspekten/Sichtweisen
zugeordnet werden. Aus dieser
Zuordnung könnte im nächsten Schritt ein Teilmodell
abgeleitet werden, welches nur die Objekte und Verknüpfungen
enthält, die der spezifischen Sichtweise
zugeordnet sind. Beschreibt das Anlagenobjekt zum
Beispiel eine Rohrleitung, kann, je nach betrachtetem
Anwendungsfall, unterschiedliche spezifische Information,
wie geometrische oder physikalische Eigenschaften,
(= objektspezifisch) relevant sein. Des Weiteren
ist es möglich, dass ein Rohrleitungsobjekt zusätzliche
(projekt-/prozessspezifische) Information, wie
Druck oder Temperatur des Mediums, bereitstellt.
A-2: Funktionale und nicht-funktionale Anforderungen
Weiterhin werden die Anforderungen der Anwendungsfälle
hinsichtlich des Kriteriums der funktionalen
und nicht-funktionalen Anforderungen unterschieden.
Funktionale Anforderungen beschreiben,
was das Produkt beziehungsweise System leisten soll,
wohingegen nicht-funktionale Anforderungen definieren,
wie eine Funktion des Produktes oder des Systems
ausgeführt werden soll.
Im Kontext von Topologiemodellen kann eine funktionale
Anforderung eine konkrete Eigenschaft eines
Objekts beschreiben, zum Beispiel den Durchmesser
einer Rohrleitung oder eines Behälterstutzens. Der Wert
22
atp edition
3 / 2014
PLT-Funktion
Graphikelemente
Strukturaspekt
Anlageneinheit
BILD 3:
Klassifikation der
technologischen
Anforderungen
Funktionalität
Technologische
Anforderungen
Anlagenobjekt
Kommunikation
MSR-
Zusammenhang
Prozesswissen
Rohrleitung
BILD 4: Detaillierte Betrachtung der Klassen Strukturaspekt und Rohrleitung
DIN 81346: Funktion, Produkt, Ort
Geometrisch: Länge, Durchmesser,…
Strukturaspekt
VDI 4499: Produkt, Prozess, Ressource
Rohrleitung
Physikalisch: Material, Rauigkeit,…
DIN 61512-2: prozedurorientiert,
prozessorientiert, physikalisch-orientiert
Prozess: Druck, Temperatur,
Durchfluss,…
…
…
des Rohrdurchmessers kann in Form einer Wertangabe
erfolgen und explizit im Modell als Eigenschaft des
Objekts beschrieben werden. Die Anforderung, dass ein
Bedienbild dem Anlagenfahrer eine einfache Orientierung
ermöglicht beziehungsweise als mentales Modell
des Prozesses dient [34], ist eine nicht-funktionale Anforderung.
Im Vergleich zu einer funktionalen Anforderung
kann eine nicht-funktionale Anforderung nicht
explizit modelliert werden. Nicht-funktionale Anforderungen
müssen operationalisiert, das heißt soweit
konkretisiert werden, bis sie „in realisierbare, prüfbare
Anforderungen münden“ [35] und somit modelliert
werden können.
Demgegenüber steht die Problematik, dass nichtfunktionale
Anforderungen häufig eine personenabhängige
Forderung darstellen, die sich schwer operationalisieren
lässt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit,
dass nicht-funktionale Anforderungen durch eine
geeignete, das heißt auch intelligente Verknüpfung von
im Modell vorhandener Information umgesetzt werden
können. Was zu der Vermutung führt, dass nicht-funktionale
Anforderungen nicht unbedingt innerhalb des
TLT-Modells enthalten sein müssen, sondern erst bei
der Ableitung eines anwendungsfallbezogenen Modells
erzeugt werden können. Dies ist im besonderen Maße
bei strukturellen oder hierarchischen Modellaspekten
zu beobachten, wie der Zuordnung von einzelnen Anlagenobjekten
zu übergeordneten Anlageneinheiten.
Das TLT-Modell wird nicht in der Lage sein, die Vielzahl
an verschiedenen Sichtweisen des Systems und
der daraus resultierenden topologischen Strukturen
innerhalb dieses einen Modells zu repräsentieren. Es
besteht dennoch die Möglichkeit, einzelne Anlagenobjekte
einer oder mehreren Sichtweisen zuzuordnen.
A-3: Objekt-, prozess- und projektspezifische
Anforderungen
Neben den beiden genannten Kriterien erfolgt eine dritte
Klassifizierung in objekt-, prozess- und projektspezifische
Anforderungen. Diese Unterscheidung ermöglicht
die strukturierte und systematische Zuordnung
von einzelnen die Anwendungsfälle betreffenden Anforderungen
zu den im Modell enthaltenen Daten.
Objektspezifische Information kann mit geringem
Aufwand abgeleitet werden. Der Durchmesser oder die
Höhe des Behälters repräsentiert eine objektspezifische
Eigenschaft. Dieser Informationsgehalt ist zum Beispiel
grundsätzlich unabhängig vom auf der Anlage ablaufenden
Produktionsprozess.
Soll hingegen ein Behälter einer speziellen Anlageneinheit
beziehungsweise einem Modul zugeordnet werden,
so handelt es sich bei dieser Zuordnung um eine
prozess- oder projektspezifische Anforderung. Die Zuordnung
eines Objekts zu einer übergeordneten funktionalen
Einheit kann über einen zusätzlichen Verweis/
Zuordnung einer Sichtweise am Objekt erfolgen. Dies
ist besonders dann von Interesse, wenn es sich um eine
Mehrprodukt-/Mehrstrang-Anlage handelt. Bei diesem
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23
HAUPTBEITRAG
Anlagentyp kommt es vor, dass für verschiedene Prozesse
unterschiedliche Produktionswege möglich und
damit auch verschiedene Anlagenzusammenhänge/-
topologien relevant sind. Zur Projektierung solcher
Anlagen unterliegt der erforderliche Informationsgehalt
daher prozessspezifischen Anforderungen und
kann weiterhin von anderen Faktoren beeinflusst werden,
wie der Prozessstruktur des gewählten Automatisierungskonzepts.
Ein weiteres Beispiel für prozessspezifische Anforderungen
lässt sich insbesondere am Beispiel der Fließrichtung
des Prozesses aufzeigen. Dabei kann eine
Rohrleitung prinzipiell die Information der möglichen
Fließrichtung bereitstellen. Dennoch ist die tatsächliche
Fließrichtung in der Regel vom technischen Produktionsprozess
abhängig und gegebenenfalls auch
veränderlich, in Verbindung mit Automatisierungskomponenten
wie zum Beispiel Pumpen. Die Fließrichtung
stellt dementsprechend prozess- und nicht objekt-spezifisches
Wissen dar. Die Integration prozessspezifischen
Informationsgehalts erfordert daher die Erweiterung
hinsichtlich Elementen der Verfahrens- oder
Prozessbeschreibung, wie sie mittels der formalisierten
Prozessbeschreibung [36] bereitgestellt werden.
4.3 Priorisierung von Anforderungen
Grundsätzlich ist es erforderlich, dass Anforderungen
priorisiert werden müssen, um konkurrierende sowie
widersprüchliche Anforderungen in geeigneter Weise
berücksichtigen und umsetzen zu können. Die Priorisierung
kann quantiativ und qualitativ erfolgen. Dabei ist
zu beachten, dass sich die Priorisierung der Anforderung
auf das Vorhandensein der erforderlichen Modellinhalte
zur Erfüllung der spezifischen Anforderung im
TLT-Modell bezieht. Das TLT-Modell kann, hypothetisch
betrachtet, alle während des Engineerings entstehenden
Daten enthalten und innerhalb der Engineering-Phasen
zu bestimmten Zeitpunkten bereitstellen. Weil die Daten
nicht alle zur gleichen Zeit, sondern sukzessive während
des Engineerings erarbeitet werden, kann es vorkommen,
dass für einen Anwendungsfall bestimmte Information
benötigt wird, um diesen lösbar zu machen.
Hieraus lässt sich bereits erkennen, dass Information
existieren kann, die für die Anwendung zwingend erforderlich
ist und somit eine hohe Priorität hat und andere,
die informative Eigenschaften repräsentiert und
somit eine geringere Priorität erhält. Diese Eigenschaften
können zur Erhöhung der Ergebnisqualität beitragen,
sind aber nicht entscheidend für die grundsätzliche Anwendung
des Modells auf die Anwendungsfälle.
3.4 Zuordnung der Anforderungen
Basierend auf der Klassifikation der Anforderungen
zeigt Bild 5 einen Ausschnitt der Anforderungsdefinition.
Im linken Teil sind die technologischen Anforderungen
(A-1) am Beispiel der Klassen PLT-Funktion,
MSR-Zusammenhang, Anlagenobjekt und Rohrleitung
sowie die detaillierten Anforderungen dargestellt, daneben
die Anforderungen A-2 und A-3. Diese werden,
falls zutreffend, mit einem „x“ markiert. Die Zuordnung
der technologischen Anforderungen erfolgt direkt in
Kombination mit der Priorität (farblich markiert), wobei
diese den Wert 0 (= weniger wichtig, blau), 1 (= wichtig,
gelb) oder 2 (= sehr wichtig, grün) annehmen kann.
Die Priorisierung der technologischen Anforderungen
sowie die Zuordnung der Anforderungen A-2 und
A-3 basieren einerseits auf der Grundlage von Gesprächen
mit den Experten aus den Fach- und Industriebereichen,
andererseits auf der Analyse der vorgestellten
AoA-Ansätze.
Die Gegenüberstellung in Bild 5 zeigt, dass die beiden
betrachteten Anwendungsfälle UC-1 und UC-2 häufig
gleiche (Differenz = 0) oder ähnliche Prioritäten (Differenz
max. 1) hinsichtlich der technologischen Anforderungen
(A-1), das heißt an die erforderlichen Modellinhalte
der spezifischen Teilmodelle, aufweisen. Die
Auswertung ergibt für die Klassen PLT-Funktion und
MSR-Zusammenhang eine 55 %ige beziehungsweise
60 %ige Übereinstimmung hinsichtlich der Prioritäten.
Das bedeutet, dass in beiden Fällen die Art des benötigten
Informationsgehalts im spezifischen Modell übereinstimmt.
Dennoch können geringere Übereinstimmungen
auftreten, wie bei der Klasse Anlagenobjekt
(25 %) und Rohrleitung (33 %).
Grundsätzlich zeigt der Vergleich, dass ein gemeinsamer
Informationsbedarf innerhalb der Anwendungsfälle
und damit der Modelle besteht. Somit kann die in
Abschnitt 3 aufgestellte Vermutung, dass sich Teilmengen
des Informationsbedarfs überlappen, bestätigt werden.
Gleichzeitig bildet dies die Basis für die Aussage,
dass die Verwendung eines zentralen Topologiemodells
für verschiedene modellbasierte Anwendungen sinnvoll
erscheint. Hierdurch könnte der mit der Erstellung
unterschiedlicher, domänenspezifischer Modelle verbundene
Aufwand künftig reduziert werden. Das TLT-
Modell kann somit als Schritt verstanden werden, um
grundsätzlich Information zur Verfügung zu stellen,
und damit als Ausgangspunkt für einen durchgängigen
Einsatz in Engineering und Betrieb dienen – insbesondere
für Ansätze hinsichtlich der Automatisierung der
Automatisierung.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Wenn für jede modellbasierte oder modellgetriebene
Vorgehensweise im Engineering jeweils ein spezifisches
Modell genutzt wird, bedeutet dies einen hohen
vorbereitenden Aufwand zur Sammlung der notwendigen
Information und zur manuellen oder EDV-gestützten
Überführung in das jeweils benötigte Modell.
Dies stellt ein wesentliches Hemmnis für die weitere
industrielle Verbreitung modellbasierter und modellgetriebener
Methoden, insbesondere auch der Methoden
der Automatisierung der Automatisierung, dar.
Der Vergleich von Anwendungsfällen, basierend auf
der Formulierung von Anforderungen an die Modellinhalte,
konnte Synergieeffekte in Form von überlap-
24
atp edition
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BILD 5: Zuordnung der spezifischen
Modellinhalte als Anforderungen
der Anwendungsfälle
atp edition
3 / 2014
25
HAUPTBEITRAG
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penden Teilmengen zwischen für AoA-Aufgaben benötigten
Modellen aufdecken. Die Anforderungen fokussieren
hierbei im ersten Schritt auf strukturelle Systemaspekte,
können aber auf Basis einer Betrachtung geeigneter Anwendungsfälle
erweitert werden, zum Beispiel hinsichtlich
des zeitlichen Verhaltens von Modellobjekten zur
Berücksichtigung dynamischer Aspekte.
Mit einem übergeordneten Topologie-Modell (TLT-
Modell), welches als Basis für die Generierung spezifischer
AoA-Modelle verwendet werden kann, ließe
sich somit der aufgabenbezogene Modellierungsaufwand
für modellbasierte und modellgetriebene Engineering-Aufgaben
reduzieren.
Die weitere Forschung der Autoren fokussiert auf die
Datenquellen, die eine geeignete Basis für die Erstellung
des TLT-Modells darstellen – insbesondere Datenquellen,
die im Falle von Altanlagen, die noch nicht mit objektorientierten
CAE-Werkzeugen geplant wurden, verfügbar
und computergestützt auswertbar sind [37]. Die automatische
oder zumindest semiautomatische Erzeugung eines
TLT-Modells ist eine wesentliche Voraussetzung dafür,
dass das TLT-Modell, wie zum Beispiel in [1] und [9] disleittechnischer
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26
atp edition
3 / 2014
kutiert, als potenzielles Quellmodell innerhalb des Engineerings
dienen kann. Dementsprechend bedarf es für
die Ableitung spezifischer, aufgabenbezogener Modelle
aus dem TLT-Modell der Definition geeigneter Regeln, die
einerseits Ableitung und Erstellung des erforderlichen
spezifischen Modellinhaltes ermöglichen. Andererseits
wird ein Konzept benötigt, welches die Informationsdurchgängigkeit
an den entstehenden Modellschnittstellen
sicherstellt.
MANUSKRIPTEINGANG
26.10.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
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der Mensch-Maschine Schnittstelle. atp edition – Automatisierungstechnische
Praxis 56(4), im Druck, 2014
AUTOREN
Dipl.-Ing. (FH) LARS
CHRISTIANSEN (geb. 1984) ist
wissenschaftlicher Mitarbeiter
an der Professur für Automatisierungstechnik
an der
Helmut-Schmidt-Universität/
Universität der Bundeswehr
Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt
ist die Unterstützung
der Anlagendiagnose mittels Modellen
aus dem Engineering-Prozess.
Institut für Automatisierungstechnik,
Helmut-Schmidt-Universität/
Universität der Bundeswehr Hamburg,
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,
Tel. +49 (0) 40 65 41 23 26,
E-Mail: lars.christiansen@hsu-hh.de
Dipl.-Ing. (FH) MARIO
HOERNICKE (geb. 1984) ist
Principal Scientist am ABB
Forschungszentrum in Ladenburg.
Sein Arbeitsschwerpunkt
umfasst die Entwicklung neuer
und innovativer Engineering-
Konzepte im Bereich Emulation
von Leitsystemfunktionen und
Subsystemen, Simulation von Prozessen sowie der
Automation des Engineerings.
ABB AG Forschungszentrum,
Wallstadter Str. 59, D-68526 Ladenburg,
Tel. +49 (0) 6203 71 62 66,
E-Mail: mario.hoernicke@de.abb.com
Prof. Dr.-Ing. ALEXANDER FAY
Alexander Fay (geb. 1970) ist
Professor für Automatisierungstechnik
an der Fakultät
für Maschinenbau der Helmut-
Schmidt-Universität/Universität
der Bundeswehr Hamburg.
Sein Forschungsschwerpunkt
sind Beschreibungsmittel,
Methoden und Werkzeuge für einen effizienten
Entwurf von Automatisierungssystemen.
Institut für Automatisierungstechnik,
Helmut-Schmidt-Universität/
Universität der Bundeswehr Hamburg,
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,
Tel. +49 (0) 40 654 27 19,
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HAUPTBEITRAG
Einsatz leitsystemintegrierter
Prädiktivregler
Unit Templates für die chemische Industrie
Ein in das Prozessleitsystem integrierter modellbasierter Prädiktivregler bietet hinsichtlich
Verfügbarkeit, Benutzerfreundlichkeit, Wartung und Kosten dieselben
Vorzüge wie ein konventioneller PID-Regler, hat aber das Potenzial zu deutlich höherer
Regelgüte. Dies ermöglicht die Erschließung neuer Einsatzmöglichkeiten, bei
denen ein separates full-blown MPC-Softwarepaket auf einem externen PC aus wirtschaftlichen
Gründen nicht zu rechtfertigen ist. Der Beitrag fasst Aspekte zusammen,
die bei der Auswahl von Einsatzmöglichkeiten für leitsystemintegrierte MPC-Lösungen
relevant sind. Durch die Einbindung von MPC-Funktionen in wiederverwendbare
Module auf der Ebene von Equipment Modules und auf der Ebene verfahrenstechnischer
Units (Unit Templates) kann APC-Know-how einfach angewendet
und der Engineering-Aufwand für MPC-Projekte reduziert werden.
SCHLAGWÖRTER Gehobene Regelungsverfahren / Prädiktivregelung / Einzelsteuerung
/ Automatisierungslösung
Applications of DCS embedded Model Predictive Control –
Solution Templates for Chemical Industry
DCS embedded Model Predictive Control offers the same degree of availability,
usability, ease of maintenance, and cost-efficiency as conventional PID controllers,
while offering a potential for better control performance. This opens up potential
new application fields where separate full-scale MPC software packages are not
profitable. This article summarizes general aspects related to the selection of attractive
applications for embedded MPC. By integrating MPC functionality in re-usable
software modules at the layer of equipment modules and at the layer of process units
(“unit templates”) APC expertise can easily be used in real world applications and
the engineering input required for MPC projects can be reduced.
KEYWORDS advanced process control / model predictive control / equipment
module / unit template
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BERND-MARKUS PFEIFFER, HERBERT GRIEB, OTMAR LORENZ, DIRK LOSERT, DÖRTE SACK,
Siemens
Advanced-Process-Control-Projekte (APC) im
Allgemeinen und Model-Predicitve-Control-
Projekte (MPC) im Speziellen können von
verschiedenen Seiten ihren Ausgangspunkt
nehmen:
In einer Anlage gibt es ein Regelungsproblem, das
sich mit konventionellen Mitteln nur schwer oder
gar nicht lösen lässt. Dies kann im Zusammenhang
mit einer Erhöhung des Automatisierungsgrades
stehen, das heißt mit der Reduktion manueller Eingriffe
in die Prozessführung.
Eine bestimmte verfahrenstechnische Teilanlage
soll ohne kostspielige mechanische/verfahrenstechnische
Umbaumaßnahmen optimiert werden,
beispielsweise hinsichtlich Durchsatz oder Ressourcenverbrauch.
Aus überlagerter Sicht wird geprüft, an welchen
Stellen einer Anlage durch den Einsatz gehobener
Regelungsverfahren, wie MPC, ein Optimierungspotenzial
besteht.
In allen Fällen wird vor der Durchführung eines Projektes
geprüft, ob die Chance besteht, den investierten
Aufwand zu amortisieren. Je geringer die geplante Investition,
desto geringer sind die Anforderungen an den
erwarteten wirtschaftlichen Nutzen, und desto geringer
ist der Aufwand, der in eine vorherige Abschätzung
des Nutzenpotenzials gesteckt werden muss.
1. AUSWAHL VON MPC-APPLIKATIONEN
Wenn aufgrund eines Problems mit Basisreglern oder
eines Optimierungsbedarfs ohnehin eine Teilanlage
oder ein Apparat im Fokus steht, stellt sich die Frage,
ob ein MPC-Projekt überhaupt gestartet werden soll.
Wenn ganze Standorte oder einzelne Anlagen nach
Einsatzmöglichkeiten durchsucht werden, werden zuerst
solche Unit-Typen betrachtet, zu denen es einschlägige
MPC-Referenzen in der betreffenden Branche gibt
beziehungsweise die als Einsatzfelder für Mehrgrößenregler
bekannt sind; zum Beispiel Destillationskolonnen,
Rührkesselreaktoren, Steam-Reformer, Mühlen
und Trockner in der Chemie oder Schmelzöfen und
Speiserinnen in der Glasindustrie. Full-blown MPC-
Software wird ebenso auf der Ebene der anlagenweiten
Automatisierung eingesetzt, beispielsweise bei Kolonnenverbünden,
Crackern oder Kreislaufprozessen.
1.1 Abschätzung des Nutzenpotenzials
Die Ziele, die im Hinblick auf Durchsatz, Ressourceneinsparung
und Produktqualität mit einer APC-Anwendung
(wie MPC) in verfahrenstechnischen Anlagen verfolgt
werden, sind in [9] ausführlich beschrieben. Oftmals
werden solche Ziele in zwei Schritten erreicht:
1 | Reduktion der Schwankungen (Streuung, Varianz)
von Prozessgrößen durch eine verbesserte Regelung.
2 | Durch die reduzierte Streuung wird es möglich,
bestimmte Sollwerte näher an kritische Nebenbedingungen
zu fahren, ohne Gefahr zu laufen, diese
Nebenbedingungen häufig zu verletzen. Durch
dieses Ausreizen der Anlage bis zum physikalischen
Limit (Kapazität, Sicherheit, Produktqualität)
kann zum Beispiel der Durchsatz erhöht
oder der Energieverbrauch reduziert werden.
Der wirtschaftliche Nutzen kann in verschiedenen Fahrweisen
oder Betriebszuständen des Prozesses erbracht
werden, die in einer vereinfachten Nutzen-Matrix entsprechend
Tabelle 1 dargestellt sind. Eine qualitative Nutzenabschätzung
lässt sich im Gespräch mit Anlagenfahrern,
Verfahrensingenieuren und Betriebsleitern meist sehr
leicht ermitteln, während eine quantitative Nutzenabschätzung,
siehe [2], [3], einen höheren Aufwand erfordert
und dennoch mit gewissen Unsicherheiten behaftet bleibt.
Bei leitsystemintegrierten MPC-Anwendungen sind die
Einstandskosten so gering, dass eine aufwendige, quantitative
Nutzenabschätzung vor Projektbeginn erfahrungsgemäß
einen vergleichbaren Aufwand wie eine
tatsächliche Probeimplementierung erfordern würde
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HAUPTBEITRAG
TABELLE 1:
Matrix zur Nutzenabschätzung
für kleine und
mittelgroße
APC-Projekte
und daher nicht zwingend erforderlich ist. Das ändert
nichts an der Tatsache, dass sich die Kosten der MPC-
Applikation aus Sicht des Anlagenbetreibers wirtschaftlich
amortisieren sollen.
1.2 Eingrößenregelung versus Mehrgrößenregelung
Wenn es an einer Teilanlage mehrere Stell- und Regelgrößen
gibt, die sich gegenseitig beeinflussen, haben wir
es mit der Aufgabenstellung einer Mehrgrößenregelung
zu tun. Trotzdem ist nicht in jedem Fall tatsächlich ein
Mehrgrößenregler erforderlich. Ziel der Regelung ist es
immer, jede Regelgröße auf ihren individuellen Sollwert
zu führen, unabhängig von den anderen Regelgrößen.
Dies wird dadurch erschwert, dass ein Eingriff an
einer Stellgröße (zum Beispiel MV1) nicht nur über die
Hauptstrecke (beispielsweise G(1,1)) auf eine Regelgröße
(wie CV1) wirkt, sondern auf alle Regelgrößen, über
alle Koppelstrecken (zum Beispiel G(i,1)).
Wenn die Wirkung der Koppelstrecken (im Beispiel
G(2,1) und G(1,2)) schwach gegenüber den Hauptstrecken
(im Beispiel G(1,1) und G(2,2)) ist, kann es gelingen,
das Mehrgrößenproblem mit einzelnen PID-Reglern
zu lösen (dezentrale Regelung). Eventuell können
einzelne Koppelstrecken mit Hilfe einer Störgrößenaufschaltung
kompensiert werden. Wenn die Wirkung
der Koppelstrecken jedoch zu stark ist (große Verstärkungen,
geringe Verzugszeiten), oder es um mehr als
zwei bis drei verkoppelte Größen geht, wird ein echter
Mehrgrößenregler erforderlich. Folgende Fragen können
bei der Entscheidung Eingrößen- oder Mehrgrößenregler
relevant sein:
Gibt es Auswirkungen an anderen Regelkreisen,
wenn an einem Regelkreis ein Sollwertsprung
durchgeführt wird? Entstehen Schwierigkeiten bei
der Einstellung der Einzelregelkreise, weil sich eine
veränderte Reglerparametrierung an einem einzigen
PID-Regler auf benachbarte Regelkreise auswirkt?
Werden die Variablen, die einen Einfluss auf benachbarte
Regelstrecken haben, im Betrieb der
Anlage tatsächlich verändert? Gegenbeispiel: einen
Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur
in einem Gasvolumen (in einem Reaktor oder Tank)
ist zu vernachlässigen, wenn entweder Druck oder
Temperatur im Betrieb konstant gehalten werden.
Sind die Regelgrößen, die stark gekoppelt sind, bezüglich
ihrer Regelgüte tatsächlich relevant für den
wirtschaftlichen Betrieb der Anlage? Gegenbeispiel:
Füllstandsregelungen, bei denen eine besonders
genaue Einhaltung des Füllstands prozesstechnisch
nicht erforderlich ist.
Sind in der Vergangenheit Versuche gescheitert,
Verkopplungsprobleme in der betrachteten Unit
mit Hilfe einer Störgrößenaufschaltung zu lösen,
beziehungsweise musste unverhältnismäßig viel
Aufwand in Entwurf und Projektierung spezieller
Entkopplungsmaßnahmen bei verwandten Problemstellungen
investiert werden?
Im Zweifelsfall lässt sich ein Mehrgrößen-Prozessmodell
mit Hilfe eines MPC- Werkzeugs identifizieren. In der Matrix
der Übertragungsfunktionen kann das Verhalten der
Koppelstrecken im Vergleich zu den Hauptstrecken auf der
Diagonalen der Matrix beurteilt werden. Obwohl es theoretisch
eine Reihe verschiedener Algorithmen für Mehrgrö-
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Softwarepaketen realisierbar (zum Beispiel Inca MPC-
4Batch von Ipcos und Pavilion8 von Rockwell).
DV1
ModPreCon
MV1
MV2
G(1,d)
G(1,1)
G(2,1)
G(1,2)
G(2,2)
G(2,d)
BILD 1: Mehrgrößenregelung.
CV: Regelgröße (controlled variable),
MV: Stellgröße (manipulated variable),
DV: Störgröße (disturbance variable).
Eine Teilübertragungsfunktion G(i,j) beschreibt die
Wirkung von Stellgröße j auf Regelgröße i. Das Bild
zeigt eine 2x2-Strecke; es können aber auch mehr
als zwei Stell- und Regelgrößen eine Rolle spielen.
+
+
+
+
+ +
ßenregler gibt, hat sich in der Prozessindustrie die modellbasierte
Prädiktivregelung als Standardlösung für Mehrgrößenprobleme
durchgesetzt, siehe zum Beispiel [15].
1.3 Batch- und Konti-Prozesse
Die meisten verfahrenstechnischen Prozesse sind bei
genauer Betrachtung von Thermodynamik oder Reaktionskinetik
nichtlineare Prozesse. Wenn sie im Konti-
Betrieb an einem festen Arbeitspunkt betrieben werden,
lässt sich das Prozessverhalten in der Umgebung
dieses Arbeitspunktes jedoch linearisieren, sodass
Regelalgorithmen einsetzbar sind, die auf linearen Prozessmodellen
beruhen. Die meisten MPC-Anwendungsfälle
finden sich daher in Konti-Prozessen.
Im Gegensatz dazu durchläuft ein Batch-Prozess im
Verlauf der Herstellung einer Charge verschiedene Arbeitspunkte,
sodass die Nichtlinearitäten des Prozessverhaltens
tatsächlich sichtbar werden. Der Einsatz
linearer Regelalgorithmen (PID oder MPC) erfordert in
diesem Fall zusätzliche Maßnahmen, wie
Automatikbetrieb nur in bestimmten Arbeitspunkten,
das heißt in bestimmten Phasen der Rezeptsteuerung.
Arbeitspunkt-abhängige oder rezeptgesteuerte PID-
Parametersätze oder MPC-Prozessmodelle.
Trajektorienregelung [6]
Das MPC-Konzept erlaubt es prinzipiell, nichtlineare
Modelle im Prädiktivregler zu verwenden. Solche Algorithmen
sind jedoch derzeit Gegenstand von Forschungsprojekten
und nur in wenigen kommerziellen
CV1
CV2
1.4 Online-Optimierung versus Offline-Optimierung
Einer der Erfolgsfaktoren von MPC ist, ein Regelungsproblem
als Optimierungsproblem aufzufassen. Die
Grundform des Gütekriteriums lautet:
(1)
w enthält die Zeitreihen der zukünftigen Sollwerte,
y enthält den Verlauf der Regelgrößen in der Zukunft
(innerhalb des Prädiktionshorizonts),
Δu enthält die zukünftigen Änderungen der Stellgröße
(innerhalb des Steuerhorizonts).
Q und R sind Gewichtungsmatrizen. Wenn die Gewichtung
in der Matrix Q vergrößert wird, muss der Regler
seine Stellgrößen vorsichtiger bewegen, sodass ein
langsameres, aber robusteres Regelverhalten entsteht.
Über die Gewichtsfaktoren in der Matrix R wird die
relative Bedeutung der einzelnen Regelgrößen vorgegeben.
Eine höhere Gewichtung (Priorität) für eine einzelne
Regelgröße bedeutet, dass diese sich schneller
zum Sollwert hinbewegt und im stationären Zustand
genauer am Sollwert bleibt, falls sich nicht alle Sollwerte
exakt erreichen lassen.
Als Nebenbedingungen für das Optimierungsproblem
sind in erster Linie die Begrenzungen der Stellgrößen
relevant; aber es können zusätzlich weitere
Nebenbedingungen berücksichtigt werden. Wird das
Optimierungsproblem zunächst gelöst, ohne Nebenbedingungen
zu berücksichtigen, und werden die
Stellgrößen erst nachträglich begrenzt, ergibt sich ein
MPC-Algorithmus, der mit relativ geringem Rechenaufwand
auskommt und sich daher zur Implementierung
in der prozessnahen Komponente eines Leitsystems
besonders anbietet. Ein Beispiel für eine solche
Implementierung ist der MPC-Funktionsbaustein
ModPreCon, der zum serienmäßigen Lieferumfang
des Prozessleitsystems Simatic PCS 7 gehört. Dieser
rechenzeitsparende Algorithmus kann jedoch in bestimmten
Fällen zu suboptimalen Lösungen führen.
Daher gibt es MPC-Algorithmen, die tatsächlich in
jedem Abtastschritt das dynamische Optimierungsproblem
iterativ unter Berücksichtigung aller Begrenzungen
lösen. Jede Auswertung des Gütekriteriums in
einem Iterationsschritt der Optimierung bedeutet dabei
eine Simulation des Mehrgrößen-Prozessmodells über
den kompletten Prädiktionshorizont. Daher erfordern
solche Algorithmen einen um Größenordnungen höheren
Rechenaufwand. Dieser Aufwand ist in folgenden
Fällen gerechtfertigt:
Regelungsprobleme mit einer Vielzahl von relativ
eng beschränkten Stellgrößen, bei denen damit zu
rechnen ist, dass die Begrenzungen im Regelbetrieb
eine entscheidende Rolle spielen.
Regelungsprobleme mit individuellen Formulierungen
des Optimierungsproblems, bei denen die
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HAUPTBEITRAG
Fähigkeit zur Online-Lösung komplexer Optimierungsprobleme
das wichtigste Argument für den
MPC-Einsatz ist.
2. IMPLEMENTIERUNGSVARIANTEN
Eine ausführliche Diskussion der Frage, welche Funktionen
generell und im Zusammenhang mit MPC in ein Prozessleitsystem
integriert werden sollen, findet sich in [1].
Im Beitrag werden nur die Gesichtspunkte Funktionsumfang,
Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit betrachtet.
2.3 Kosten
Der Einstandspreis für eine schlüsselfertige embedded
MPC-Applikation (Hardware, Software und Engineering)
ist um eine ganze Größenordnung geringer als für
ein separates MPC-System, sodass auch kleinere Anwendungen
lukrativ werden, bei denen es keine Möglichkeit
gibt, die Kosten für einen separaten full-blown
MPC zu amortisieren. Oft werden leitsystemintegrierte
MPC-Applikationen mit eigenem EMR-Personal aus der
Betriebsbetreuung (Elektro-, Mess- und Regelungstechnik)
durchgeführt.
2.1 Funktionsumfang
Full-blown MPC-Softwarepakete als separates System,
die auf einem externen PC installiert und an das Prozessleitsystem
angeschlossen werden, haben einen sehr
viel größeren Funktionsumfang als leitsystemintegrierte
(embedded) MPC-Bausteine:
Größere oder praktisch unbegrenzte Anzahl von
Stell- und Regelgrößen
Online-Optimierung unter Berücksichtigung von
Nebenbedingungen
Maximale Flexibilität bei der Formulierung des
Gütekriteriums für die dynamische Optimierung
von Übergangsvorgängen und die statische Arbeitspunktoptimierung
Hierarchisches Regelungskonzept mit Zielen verschiedener
Prioritätsklassen
2.2 Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit
Im Hinblick auf Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit
bietet ein embedded MPC wesentliche Vorteile:
Es sind keine separate Hardware und keine externe
Kommunikationsschnittstelle erforderlich.
Der MPC-Baustein entspricht von seiner Verfügbarkeit
her dem konventionellen PID-Regler. Es sind
daher keine Backup-Strategien und keine Maßnahmen
zur Überwachung der Kommunikation mit
externen PCs nötig. Die Möglichkeiten redundanter
Prozessrechensysteme (Automation Station, AS)
können voll genutzt werden, was die Verfügbarkeit
der APC-Funktionen erhöht.
Der MPC-Baustein kann im Rahmen des Engineerings
aufwandsarm verschaltet werden, genau wie
ein konventioneller PID-Regler, unter Verwendung
vorgefertigter Messstellen-Typen (Muster-Signalflusspläne
im Continuous Function Chart (CFC)).
Bedienen und Beobachten des MPC-Bausteins erfolgen
mit einem Standard-Bildbaustein (faceplate).
Weil das Look-and-feel dem eines konventionellen
PID-Reglers entspricht, reduziert sich der Einarbeitungsaufwand,
und meist entfällt der Bedarf, externe
Dienstleister als Experten für spezielle MPC-
Softwarepakete hinzuzuziehen.
2.4 Wartung
Leitsystemintegrierte MPC-Lösungen lassen sich in der
Regel wie konventionelle Regelungsanwendungen
durch das vorhandene betriebsnahe EMR-Personal vor
Ort warten und pflegen. Damit entfallen aufwendige
Vor-Ort-Einsätze externer APC-Experten von global
agierenden APC-Dienstleistern, zum Beispiel im Falle
von Störungen oder Leitsystem-Migrationen. Darüber
hinaus lässt sich die Gefahr der Abschaltung solcher
MPC-Lösungen aufgrund von reduzierter Regelgüte
mangels angemessener Wartung verringern, da sich das
Personal vor Ort darum kümmern kann.
2.5 Verfügbare MPC-Software
Separate MPC-Systeme
In [4] ist eine Marktübersicht zu MPC-Programmsystemen
von verschiedenen Anbietern zu finden. Die wesentlichen
Anbieter sind auch heute noch am Markt.
Neben spezialisierten und leitsystemunabhängigen
Software-Firmen wie AspenTech (Produkt DMCplus)
oder Ipcos (Produkt Inca MPC) bieten die meisten Hersteller
von Prozessleitsystemen zusätzliche MPC-Software-Pakete
an, zum Beispiel ABB Predict&Control,
Honeywell Profit Controller oder Yokogawa Exasmoc.
Veränderungen haben sich in den letzten Jahren durch
Firmenübernahmen ergeben: Pavilion gehört jetzt zu
Rockwell Automation, Matrikon zu Honeywell, Invensys
(einschließlich Simsci-Esscor und Produkt Connoisseur)
zu Schneider Electric.
Leitsystemintegrierte MPC
Für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 von Siemens
gibt es seit 2007 einen embedded MPC für bis zu 4x4
miteinander verkoppelte Stell- und Regelgrößen. Für
2014 (Version 8.1) ist darüber hinaus erstmals die Lieferung
eines embedded MPC für bis zu 10x10 Stell- und
Regelgrößen sowie dynamische Online-Optimierung
geplant. Dieses Produkt wird die Lücke zwischen fullblown
und embedded MPC schließen. Der MPC10x10-
Funktionsbaustein bietet bezüglich Verfügbarkeit und
Benutzerfreundlichkeit die Vorteile eines embedded
MPC, reicht von seinem Funktionsumfang her aber sehr
nahe an einen full-blown MPC heran. Ein ähnliches Produkt
wird von Emerson angeboten: DeltaV PredictPro.
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3. ENGINEERING-EFFIZIENZ BEI APC-APPLIKATIONEN
Bei den Gesamtkosten eines APC-Projekts spielen neben
den Kosten für die Aufnahme von Lerndaten am Prozess
die Engineering-Kosten meist eine dominierende Rolle.
Lassen sich die Engineering-Kosten spürbar reduzieren,
steigt die Zahl der wirtschaftlich attraktiven APC- beziehungsweise
MPC-Applikationen deutlich an. Ein Schlüssel
zur Reduktion von Engineering-Kosten ist die Wiederverwendung
von Software-Modulen. Dies scheint auf den
ersten Blick im Widerspruch zum individuellen Charakter
vieler verfahrenstechnischer Anlagen und vieler APC-
Applikationen zu stehen. Dennoch gibt es tatsächlich
wiederholbare Muster bei der Automatisierung verfahrenstechnischer
Anlagen. In solchen Anlagen gibt es neben
echten Package-Units eine Vielzahl weiterer Anlagenkomponenten,
die sich bestimmten Klassen zuordnen
lassen und immer wieder in ähnlicher Form vorkommen.
Die Grundidee einer Unit-oriented Automation besteht
darin, die gesamte Automatisierungslösung für solche
Units in Form von Vorlagen (Templates) zu vereinheitlichen
und als Musterlösung vorgefertigt auszuliefern, sodass
der Engineering-Aufwand und die Know-how-Anforderungen
für die konkrete Applikation auf die Instanz
einer Unit deutlich reduziert werden. Die Automatisierungslösung
für eine Unit kann als Software-Modul in
einem zentralen Prozessleitsystem untergebracht werden.
Sie ist daher nicht an eine dedizierte lokale Automatisierungshardware
wie bei einer Package-Unit gebunden.
Im Rahmen der Musterlösungen kann Erfahrungswissen
des Systemlieferanten an Kunden weitergegeben
und das zur Applikationsentwicklung erforderliche
Know-how reduziert werden. Darüber hinaus
reduziert sich der Wartungsaufwand bei einer späteren
Migration. Aus diesem Grund besteht ein besonderes
Interesse an Unit Templates für APC.
Wiederholbare Elemente gibt es auf mehreren Ebenen
einer Automatisierungslösung. Auf der untersten
Ebene werden schon lange wiederholbare Elemente
eingesetzt, nämlich vorgefertigte Funktionsbausteine
(zum Beispiel PID-Regler, Motor-Ansteuerung), die im
Rahmen von Bibliotheken geliefert werden. Messstellentypen
(Control Modules) als vorgefertigte Signalflusspläne
auf der Einzelsteuerebene, beispielsweise
für eine Analogwert-Erfassung oder einen PID-Regelkreis,
sind bereits in manchen Prozessleitsystemen
verfügbar (beispielsweise in der Simatic PCS 7 Advanced
Process Library). Unter der Bezeichnung Control
Module Type (CMT) gibt es jetzt Messstellentypen, die
die Konstruktion von Varianten mit optionalen Bausteinen
zulassen.
Ferner sind auf den darüberliegenden Ebenen wiederholbare
Elemente vorhanden. Auf der Ebene der Anlagenteile
(zum Beispiel Dosierung, Temperierung) gibt
es für Batch-Prozesse schon länger Equipment Modules
gemäß ISA-S88 (DIN EN 61512). Solche Equipment-Module-Typen
werden mit einem Software-Werkzeug wie
Sequential Function Chart (SFC) realisiert. Eine Beschreibung
mit Beispielen ist in [14] verfügbar. In ähnlicher
Form existieren für Konti-Prozesse technische
Funktionen als Kombination mehrerer CFC-Pläne, die
im Kommitee ISA 106 ebenfalls als Equipment Modules
bezeichnet werden. Noch eine Ebene höher finden sich
Musterlösungen (Unit Templates) für komplette Apparate
oder Teilanlagen (Units), wie Rührkesselreaktoren
oder Destillationskolonnen. Auf der Ebene der technischen
Funktionen und auf Unit-Ebene können auch
APC-Funktionen, wie MPC, in die Musterlösungen integriert
werden, wenn die betreffende technische Funktion
oder Unit dadurch einen höheren Nutzen erzielt.
Die vorgefertigten Musterlösungen lassen sich leicht auf
konkrete Anwendungen anpassen.
BILD 2: Beispiele für
wiederholbare
Elemente einer Automatisierungslösung,
Einzelsteuerebene:
Control Modules (CM),
Anlagenteile: Equipment
Modules (EM),
Teilanlage Rührkesselreaktor:
Unit Template
(gesamtes Bild)
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HAUPTBEITRAG
3.1 Equipment Modules
Eine technische Funktion im Sinne von DIN EN 61512
dient zur Steuerung eines Anlagenteils wie einer Dosierung,
einer Temperierung. Zum Anlagenteil Temperierung
können zum Beispiel folgende Komponenten (Feldgeräte)
gehören: Temperatur-Sensor, Temperatur-Regler,
Aktoren zur Betätigung der Ventile für die Verstellung
von Heizdampf- und Kühlwasserstrom. Die technische
Funktion setzt sich daher aus mehreren Einzelsteuereinheiten
(Control Modules) zusammen. Jede Einzelsteuereinheit
ist als Signalflussplan (CFC) realisiert, der von
einem generischen Messstellentyp abgeleitet sein kann.
Die logische Verbindung mehrerer Einzelsteuereinheiten
erfordert eine große Zahl von planübergreifenden
Signalverbindungen. Der Regler muss beispielsweise
seinen Stellwert an das Ventil weitergeben und eine
Rückmeldung bekommen, und zwar nicht nur zur aktuellen
Ventilstellung, sondern auch zur Betriebsart und
zum möglichen Stellbereich des Ventils. Der Analogwert-Eingangstreiber
gibt den Messwert und den zugehörigen
Signalstatus, die physikalische Einheit und den
Wertebereich an die folgenden Bausteine weiter.
Eine spürbare Erleichterung des Engineerings lässt
sich erreichen, indem definierte Schnittstellen zur Verbindung
der Einzelsteuereinheiten bereitgestellt werden.
Dadurch werden alle relevanten Variablen zusammengefasst,
sodass beispielsweise nur noch zwei planübergreifende
Verbindungen zwischen Regler-Plan und Ventil-
Plan gezogen werden müssen, um aus zwei Control-Modules
PID-Führungsregler und Stetigventil ein Equipment
Module Durchflussregelung zu kombinieren. Eine technische
Funktion kann eine einfache Simulation (basierend
auf Standard-Funktionsbausteinen des Leitsystems)
enthalten, damit bei einer virtuellen Inbetriebnahme
simulierte Prozesswerte zur Verfügung stehen.
Beispiele für Equipment-Modules
Für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 steht bereits
eine Reihe von Equipment-Modules zum kostenlosen
Download zur Verfügung [11]:
Durchflussregelung über Ventil
Verhältnisregelung
Füllstandsregelung
Druckregelung mit Split-Range
Temperaturregelung
Kaskadenregelung
pH-Wert-Regelung (gegebenenfalls mit MPC)
Weitere technische Funktionen sind in Vorbereitung:
Grob-/Feinstromregelung
Pumpenansteuerung mit Verrieglung und
Überwachung (PumpMon)
Durchflussregelung mit Ventilüberwachung
(ValveMon)
3.2 Unit Templates
Eine Unit ist eine Einheit in verfahrenstechnischen
Anlagen, bestehend aus Fluidik/Mechanik (Anlagenkomponente/Apparat/Maschine)
mitsamt der Sensorik,
Aktorik und zugeordneter Automatisierungs-Software,
die in dieser Zusammenstellung der Komponenten
häufig benötigt wird. Typische Beispiele sind
Rührkesselreaktoren oder Destillationskolonnen.
Dabei wird ein ganzheitlicher Automatisierungsansatz
verfolgt, der alle Facetten der Automatisierung
einbezieht. Ein Template für eine Unit umfasst mindestens
Basisautomatisierung und Human-Machine-
Interface. Dazu kommen gegebenenfalls Funktionen
für APC, Performance Monitoring, Diagnose und
Alarm-Management.
BILD 3: Schema einer
pH-Wert-Regelung als
Equipment Module.
Die inverse Titrationskennlinie
wird an drei
Stellen verwendet.
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Beispiele für Unit Templates
Für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 steht bereits
eine Reihe von Unit Templates zum kostenlosen Download
zur Verfügung. Diejenigen Unit Templates, bei
denen sich im Sinne von Abschnitt 2 ein Mehrgrößenregler
empfiehlt, sind mit einem MPC-Funktionsbaustein
ausgestattet.
Destillationskolonne inklusive MPC [12]
Rührkesselreaktor [13]
Fermenter
Wirbelschichttrockner einschließlich MPC
In Vorbereitung sind:
Polymerisationsreaktor mit MPC
Reverse-Osmosis-Unit (Meerwasserentsalzung)
inklusive MPC
4. AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
4.1 Technische Funktion pH-Wert-Regelung
Bei einer pH-Wert-Regelung wird der pH-Wert eines Produktes
in einem kontinuierlich durchflossenen Behälter
eingestellt, indem die passende Menge an Neutralisationsmittel
hinzudosiert wird. Der pH-Wert ist ein Maß
für die Stärke der sauren beziehungsweise basischen
Wirkung einer wässrigen Lösung. Als logarithmische
Größe ist er durch den mit −1 multiplizierten dekadischen
Logarithmus der Oxoniumionenkonzentration
definiert. Die Titrationskurve beschreibt den Zusammenhang
zwischen dem pH-Wert und der Konzentrationsdifferenz
zwischen H+ (beziehungsweise H3O+)-Ionen
(Säure) und OH--Ionen (Lauge) in der Lösung. Aufgrund
der stark nichtlinearen Form der Titrationskurve
bedeutet dies, dass die Verstärkung der Regelstrecke je
nach Arbeitspunkt extrem unterschiedlich ist.
Nur bei Anwendungen, in denen der pH-Wert in
einem sehr engen Bereich konstant gehalten werden
soll und die Störeinflüsse begrenzt sind, ist eine pH-
Wert-Regelung mit einem fest parametrierten PID-Regler
möglich. Typische Beispiele sind Bio-Fermenter, in
denen die Bakterien nur in einem bestimmten pH-Wert-
Bereich überhaupt lebensfähig sind und beim Gärungsvorgang
in geringem Ausmaß Säure produzieren.
Schwieriger gestaltet sich dagegen die Neutralisiation
von Abwässern aus Chemieanlagen oder andere pH-
Wert-Regelungen in Chemie-Reaktoren. Die Besonderheit
der hier vorgestellten technischen Funktion liegt
in der Umwandlung des pH-Sollwerts und des pH-Prozesswerts
in Konzentrationsdifferenzen, um eine Linearisierung
der Regelstreckencharakteristik über den
gesamten relevanten pH-Wert-Bereich zu erreichen. Die
Umwandlung erfolgt anhand einer invertierten Titrationskurve,
die das Verhalten der chemischen Reaktion
des gegebenen Prozesses zumindest näherungsweise
beschreibt.
Bei Anwendungen mit großen Totzeiten, aufgrund der
Messtotzeit der pH-Sonde, Zeitbedarf für die Vermischung
und Reaktionszeit der Neutralisationsreaktion
und Bedarf für eine dynamische Störgrößenaufschaltung
auf Basis des pH-Werts im Zulauf, empfiehlt sich ein embedded
MPC. Anstelle der aufwendigen manuellen Projektierung
einer Kombination aus PID-Regler, Smith-
Prädiktor und Störgrößenaufschaltung. pH-Soll- und
-Istwert werden mit Hilfe der inversen Titrationskennlinie
näherungsweise auf Konzentrationsdifferenzen [10 –6
Mol/L] zwischen OH--und H+-Ionen umgerechnet.
(2)
BILD 4: Schema eines
Wirbelschichttrockners
als UnitTemplate
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HAUPTBEITRAG
Im Anwendungsfall sind zwei Parameter dieser
Kennlinie zu bestimmen:
Der zu durchlaufende Amplitudenbereich pH ampl auf
der pH-Wert-Skala, das heißt die maximal erreichbaren
Abweichungen vom neutralen pH-Wert 7
Der Pufferparameter α, als Maß für die Steilheit
der Kennlinie im neutralen Punkt
Bei einer gepufferten Flüssigkeit verläuft die Titrationskennlinie
im neutralen Punkt weniger steil als bei einer
wässrigen Lösung. Typische Werte für den Pufferparameter
α liegen zwischen 3 500 und 12 000. Die Ausgangsgröße
des Reglers (gedanklich eine Konzentration) wird mit
der normierten Zulaufmenge des Abwassers multipliziert,
um ein Maß für die erforderliche Menge an Neutralisationsmittel
zu berechnen.
4.2 Unit-Template-Wirbelschichttrockner
Trockner (beispielsweise Wirbelschichttrockner, Sprühtrockner)
sind häufig vorkommende Apparate in der verfahrenstechnischen
Industrie und gelten generell als
energieintensive Unit Operations. Daher sind sie lohnende
Anwendungsfälle für gehobene Regelungsverfahren
und Maßnahmen zur Optimierung der Prozessführung.
Es gibt zahlreiche unterschiedliche Arten von
Trocknern. Generell wird unterschieden zwischen Kontakttrocknern,
bei denen das Feuchtgut durch direkten
Kontakt mit einer Heizfläche erwärmt wird, und Konvektionstrocknern,
bei denen das Trockengut mit heißer Luft
erwärmt wird. Sehr weit verbreitet sind Konvektionstrockner
in Form von Wirbelschicht- oder Sprühtrocknern.
Bei einem Wirbelschichttrockner wird das Trockengut
von unten durchströmt, in Schwebe gehalten und
durchmischt. Durch die turbulente Vermischung werden
hohe Wärme- und Stoffübergangskoeffizienten erreicht.
Die Teilchen, die bereits trocken genug sind, werden mit
der Luft ausgetragen. Nach der Fahrweise wird unterschieden
in kontinuierliche und chargenweise Trocknung.
Das Unit Template fokussiert sich auf die Automatisierung
und Regelung kontinuierlicher Trockner.
Eine genaue Regelung der Produktfeuchte ist von großer
wirtschaftlicher Bedeutung. Bei ungenügender Trocknung
drohen Schwierigkeiten in nachgelagerten Prozessstufen,
bei der Lagerung oder Endanwendung (zum Beispiel
Verklumpungen, Fäulnis, Schimmel). Durch eine
Übertrocknung dagegen wird Energie verschwendet und
das Gewicht des Produkts reduziert, was sich gegebenenfalls
negativ auf den Verkaufserlös (nach Gewicht) auswirkt.
Es gilt der Grundsatz: so trocken wie nötig, nicht
so trocken wie möglich! Beim Trocknungsvorgang muss
die Erhaltung der Produktqualität gewährleistet werden,
was der thermischen Beanspruchung des Trockenguts,
das heißt den Temperaturen klare Grenzen setzt und daher
eine Regelung der Produkttemperatur erfordert.
Als Stelleingriffe stehen bei einem Konvektionstrockner
die Temperatur und der Massenstrom der Zuluft zur
Verfügung. Diese lassen sich durch unterlagerte PID-
Regelkreise problemlos einstellen, zum Beispiel durch
Stelleingriffe an der Heizdampfzufuhr und dem Heißluftgebläse.
In vielen Fällen stehen außerdem weitere
messbare Störgrößen für ein Regelungskonzept zur Verfügung,
wie die Edukt-Feuchte (MoistFeed) und/oder die
Feuchte der Zuluft (MoistFreshAir). Je nach Fahrweise
kann die Edukt-Zufuhr (Massenstrom, Durchsatz) als
messbare Störgröße oder sogar als aktive beeinflussbare
Stellgröße für ein Regelungskonzept betrachtet werden.
Aufgrund physikalischer Effekte ist offensichtlich, dass
eine Änderung des Heißluftmassenstroms die Produktfeuchte
und die Produkttemperatur beeinflusst;
dasselbe gilt für die Temperatur der zugeführten Heißluft.
Es ergibt sich also ein Mehrgrößen-Regelungsproblem
mit zwei Regelgrößen (CV: controlled variable):
CV1 Produktfeuchte (MoistProduct) und
CV2 Produkttemperatur (TI_Product)
sowie zwei bis drei Stellgrößen (MV: manipulated
variable, DV: disturbance variable)
MV1 Volumenstrom der Zuluft (FIC_HotAir),
MV2 Luft-Temperatur (TIC_HotAir) und
MV3 oder DV Edukt-Zufuhr (FIC_Feed).
Ein Benchmarking-Beispiel [10] zeigt die Vorteile einer
Mehrgrößenregelung per MPC gegenüber einer konventionellen
dezentralen PID-Regelung und die Bedeutung einer
dynamischen Störgrößenaufschaltung für die Regelgüte.
Durch eine höhere Regelgüte lässt sich der Prozess näher
an kritischen Nebenbedingungen (constraints) betreiben
und damit der Energieverbrauch signifikant senken. Eine
in den MPC integrierte Optimierung des stationären Arbeitspunktes
findet in jeder Situation automatisch die wirtschaftlich
optimale Kombination von Luftmassenstrom
und Lufttemperatur, um die Trocknungsaufgabe zu lösen.
ZUSAMMENFASSUNG
Seit Prozessleitsysteme wie Simatic PCS 7 integrierte
Funktionen für Advanced Process Control preiswert zur
Verfügung stellen, bietet sich der Einsatz gehobener Regelungsverfahren
bei energieintensiven oder aus anderen
Gründen für den Gesamtprozess besonders bedeutsamen
Unit Operations in verfahrenstechnischen Anlagen an.
Beispielsweise liefert ein MPC-Mehrgrößenregler mit
integrierter Störgrößenaufschaltung und Arbeitspunktoptimierung
bei Destillationskolonnen, Wirbelschichttrocknern
und Polymerisationsreaktoren erhebliches
wirtschaftliches Nutzenpotenzial. In speziellen Situationen,
beispielsweise bei schwierigen pH-Wert-Regelungen,
kann ein MPC-Funktionsbaustein auch im Eingrößenfall
hilfreich sein. Durch wiederverwendbare
Software-Module (equipment modules und unit templates)
lassen sich erfolgversprechende MPC-Einsatzfälle
aufzeigen und der Engineering-Aufwand für MPC-Applikationen
deutlich senken.
MANUSKRIPTEINGANG
18.10.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
36
atp edition
3 / 2014
REFERENZEN
AUTOREN
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Automation 2008, S. 11-14, VDI 2008
[8] Pfeiffer, B-M., Wieser, R., Lorenz, O.: Wie verbessern Sie
die Performance Ihrer Anlage mit Hilfe der passenden
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atp – Automatisierungstechnische Praxis
51(4), S. 36-44, 2009
[9] Pfeiffer, B-M., Wieser, R., Lorenz, O.: Wie verbessern Sie
die Performance Ihrer Anlage mit Hilfe der passenden
APC-Funktionen? Teil 2: Vorgehensweise zur Performance-Verbesserung
und Fallbeispiel. atp – Automatisierungstechnische
Praxis 51(5), S. 26-35, 2009
[10] Pfeiffer, B-M.: Effizienter Betrieb von Wirbelschichttrocknern
mit Advanced Process Control. In: Tagungsband
Automation 2013, S. 201-206, VDI 2013
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[12] Panus, P., Kempf, S.: PCS 7 Unit Template am Beispiel
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Applikationsbeschreibung. Siemens AG. Karlsruhe,
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[13] Panus, P., Kempf, S.: PCS 7 Unit Template am Beispiel
der Chemischen Industrie: „Rührkesselreaktor“.
Applikationsbeschreibung. Siemens AG. Karlsruhe,
Juni 2013. http://support.automation.siemens.com/WW/
view/de/60546560
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– Technische Funktionen mit SFC-Typen.
[15] Maciejowski, J.M.: Predictive control with constraints.
Prentice Hall 2002
Dr.-Ing. BERND-MARKUS PFEIFFER (geb. 1966) ist Key
Expert Control & Automation Technologies – APC in der
Vorfeldentwicklung für Prozess-Automatisierung bei
Siemens Karlsruhe. Er ist Mitglied im GMA Fachausschuss
6.22 Prozessführung und gehobene Regelungsverfahren
und Lehrbeauftragter am Karlsruher Institut für Technologie
(KIT).
Siemens AG,
I IA ATS 3 2, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 595 59 73,
E-Mail: bernd-markus.pfeiffer@siemens.com
HERBERT GRIEB (geb. 1959) ist Gruppenleiter für Operation
& Optimization in der Vorfeldentwicklung für Prozess-
Automatisierung bei Siemens Karlsruhe. Er leitet darüber
hinaus den GMA Fachausschuss 6.23 Plant Asset Management
und den VDI Arbeitskreis Mess- und Automatisierungstechnik
(GMA).
Siemens AG,
I IA ATS 3 2, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 595 22 03,
E-Mail: herbert.grieb@siemens.com
Dr. OTMAR LORENZ (geb. 1961) ist seit 2006 Manager
Technical Concepts and Support für die chemische Industrie.
Arbeitsschwerpunkte bilden Konzepte und Anwendungen
in den Bereichen gehobene Regelungstechnik,
dynamische Simulation und modellbasierte Optimierung
verfahrenstechnischer Prozesse. Er ist Mitglied im Namur
Arbeitskreis 2.2 Prozessführung.
Siemens AG,
I IA AS PA CHEM 3, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 595 66 00, E-Mail: otmar.lorenz@siemens.com
DIRK LOSERT (geb. 1967) ist Manager für Business Development
in der chemischen Industrie und unter anderem für
das Thema Unit Templates verantwortlich.
Siemens AG,
I IA AS PA CHEM 1, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 595 69 98, E-Mail: dirk.losert@siemens.com
Dipl.-Phys. DÖRTE SACK (geb. 1963) ist Gruppenleiterin für
Technologie und Konzepte der Prozessautomatisierung in
der chemischen Industrie.
Siemens AG,
I IA AS PA CHEM 3, Östliche Rheinbrückenstr. 50, D-76187 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 595 21 31, E-Mail: doerte.sack@siemens.com
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HAUPTBEITRAG
Nichtlineare modellprädiktive
Regelung auf SPS
Ein Ansatz zur MPC-Verwendung in der Automatisierung
Die modellprädiktive Regelung ist ein modellbasiertes Regelungsverfahren, das sich
gut für die Regelung nichtlinearer Systeme mit Beschränkungen eignet. Es basiert
auf der Lösung eines dynamischen Optimierungsproblems und ist in der Regel mit
einem erheblichen numerischen Aufwand verbunden. In diesem Beitrag wird ein
effizientes Verfahren diskutiert, das sich zur Regelung von nichtlinearen Systemen
mit Stellgrößenbeschränkungen und Abtastzeiten im Millisekundenbereich auf einer
speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) verwenden lässt. Ein experimenteller
Aufbau eines Laborkrans demonstriert die Leistungsfähigkeit des Verfahrens.
SCHLAGWÖRTER Nichtlineare modellprädiktive Regelung / Speicherprogrammierbare
Steuerung / Echtzeitfähigkeit
Nonlinear Model Predictive Control on a PLC –
An Approach for the Use of MPC in Automation
Model predictive control (MPC) is a model based method which is well suited for
controlling nonlinear systems with constraints. It relies on the solution of an underlying
optimal control problem (OCP) and typically requires considerable computational
effort. This paper discusses an efficient MPC approach for nonlinear input
constrained systems with sampling times in the millisecond range that is suitable
for implementation on a programmable logic controller (PLC). The efficiency of the
MPC scheme is demonstrated by means of a laboratory crane setup.
KEYWORDS nonlinear model predictive control / programmable logic controller /
real-time capability
38
atp edition
3 / 2014
BARTOSZ KÄPERNICK, KNUT GRAICHEN, Universität Ulm
Die nichtlineare modellprädiktive Regelung
(model predictive control, MPC) ist ein Regelungskonzept,
das sich sehr gut für die Regelung
von nichtlinearen Mehrgrößensystemen
mit Beschränkungen eignet. Es basiert auf der
Lösung eines dynamischen Optimierungsproblems,
welches zu festen Abstastzeiten wiederholt gelöst wird.
Der aktuelle Systemzustand dient dabei als Initialwert
für das Optimierungsproblem. Eine Herausforderung
in Zusammenhang mit MPC ist jedoch der hohe numerische
Aufwand, der den Einsatz eines MPC-Reglers
zur Regelung von nichtlinearen hochdynamischen Systemen
mit niedrigen Abtastzeiten und/oder einen Betrieb
auf Standard-Automatisierungshardware limitiert,
wie zum Beispiel einer speicherprogrammierbaren
Steuerung.
In den letzten Jahren wurden Verfahren und Algorithmen
im Bereich der nichtlinearen modellprädiktiven
Regelung entwickelt, die einen echtzeitfähigen
Betrieb erlauben [1-3]. Darüber hinaus wurden in den
Arbeiten [4, 5] Ansätze vorgestellt, die den Betrieb von
modellprädiktiven Reglern auf speicherprogrammierbaren
Steuerungen (SPS) aufzeigen. Die präsentierten
Ergebnisse [4, 5] waren jedoch beschränkt auf lineare
Systeme.
In diesem Beitrag wird ein echtzeitfähiges MPC-
Verfahren diskutiert, das für die Regelung von nichtlinearen
Systemen mit Stellgrößenbeschränkungen
und Abtastzeiten im Millisekundenbereich auf speicherprogrammierbaren
Steuerungen geeignet ist. Um
die Anwendbarkeit des Ansatzes zu demonstrieren,
wird der modellprädiktive Regler auf einer SPS implementiert
und für die Regelung einer experimentellen
Verladebrücke im Labormaßstab verwendet.
1. NICHTLINEARE MODELLPRÄDIKTIVE REGELUNG
Die wiederholte Lösung eines unterlagerten Optimierungsproblems
zu festen Abtastzeiten ist die Grundlage
eines nichtlinearen modellprädiktiven Reglers. Die
Nutzung eines gradientenbasierten Ansatzes ermöglicht
eine effektive Implementierung auf einer SPS mit
Rechenzeiten im Bereich von Millisekunden.
1.1 Allgemeine Funktionsweise
Bei der modellprädiktiven Regelung handelt es sich um
ein modellbasiertes Verfahren, bei dem ein dynamisches
Optimierungsproblem entlang eines bewegten
Horizonts gelöst wird [6, 7]. Das im Beitrag betrachtete
Optimierungsproblem hat die folgende Form:
minimiere bezüglich der Eingangsgrößen ,
unter Berücksichtung von
(1a)
(1b)
(1c)
wobei die Zustände beziehungsweise
die Stellgrößen (Eingangsgrößen) des zu regelnden Systems
bezeichnen. Gewünschte Optimalitätskriterien,
wie beispielsweise ein zeit- oder energieoptimales Regelverhalten,
können über das Kostenfunktional (1a)
formuliert werden, wobei die Endkostengewichtung
und der Integralanteil
positiv semi-definite und stetig differenzierbare Funktionen
sind. Die Dynamik des nichtlinearen Systems
(1b) wird durch die ebenfalls stetig differenzierbare
Systemfunktion
beschrieben. Dabei
stellt
den Systemzustand zum aktuellen
Abtastzeitpunkt
mit der Abtastzeit
dar. Der in der Praxis häufig auftretende Fall physikalischer
oder technischer Beschränkungen der Stellgrößen,
zum Beispiel die begrenzte Leistung von Aktoren,
wird durch die Bedingung (1c) berücksichtigt, wobei
vektorwertige Schranken darstellen. Der Prädiktionshorizont
wird mit bezeichnet. Auf Zustands-
atp edition
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39
HAUPTBEITRAG
beschränkungen, die im Allgemeinen bei MPC mitberücksichtigt
werden können, wird an dieser Stelle im
Hinblick auf eine effektive Implementierung verzichtet.
Die Aufgabe zum Lösen des Optimierungsproblems
(1) besteht nun darin, aus den in der Regel unendlich
vielen Stellgrößen, die die Dynamik mit der Anfangsbedingung
(1b) erfüllen, eine optimale Steuerfunktion
zu finden, die das Kostenfunktional (1a) unter
Berücksichtung der Beschränkungen (1c) erfüllt. Die
entsprechend optimalen Zustände (impliziert durch
(1b)) sind dabei .
Im Allgemeinen wird bei MPC davon ausgegangen,
dass in jedem Abtastzeitpunkt die optimale Lösung
des dynamischen Optimierungsproblems
(1) berechnet wird. Anschließend wird der erste Teil der
optimalen Stellgröße
im Abtastintervall
auf das zu regelnde System geschaltet.
Im nächsten Abtastschritt
wird das dynamische
Optimierungsproblem (1) mit dem neuen Systemzustand
erneut gelöst (siehe Bild 1).
Diese generelle Funktionsweise eines MPC-Reglers ist
zusätzlich in Bild 1 veranschaulicht. Zum Abtastzeitpunkt
wird der aktuelle Zustand des Systems ermittelt
und als Initialwert für die Lösung von (1) verwendet.
Der erste Teil der optimalen Stellgröße wird dann als
Steuerung genutzt und bewirkt entsprechend eine Reaktion
des Systems. Zudem lässt sich mit Hilfe der gesamten
Stellgröße und in Bezug auf das verwendete
Systemmodell eine Prädiktion des zukünftigen Systemverhaltens
entlang des MPC-Horizonts durchführen.
Im nächsten Abtastschritt wird der Horizont entsprechend
verschoben und das Optimierungsproblem (1) mit
dem neuen Systemzustand gelöst. Aufgrund von Modellierungsfehlern
und/oder Unsicherheiten und Störungen
im realen System weichen die Trajektorien des
geschlossenen Regelkreises von den prädizierten Ergebnissen
ab, was die Notwendigkeit der Lösung von (1) in
jedem neuen Abtastschritt verdeutlicht.
Dem Verlauf der Stellgröße in Bild 1 kann entnommen
werden, dass die zeitkontinuierliche Lösung
in jedem Abstastintervall
verwendet
wird. In der Praxis werden häufig auch diskrete Implementierungen
verwendet, zum Beispiel in Form einer
stückweise konstanten Stellgröße im Abtastintervall.
Der Einsatz eines nichtlinearen MPC-Reglers für hochdynamische
Systeme mit entsprechend geringen Abtastzeiten
stellt eine große Herausforderung dar. Diese
Problematik wird weiter erschwert durch die Zielhardware,
auf der der MPC implementiert werden soll
und die gewissen Beschränkungen unterliegt, wie
beispielsweise einer geringen Rechenleistung und/
oder Speicherkapazität. Aus diesem Grund müssen
echtzeitfähige Verfahren für eine schnelle und effiziente
numerische Lösung des Optimierungsproblems
(1) angewandt werden. Das in diesem Beitrag verwendete
MPC-Verfahren basiert auf einem projizierten
Gradientenverfahren aus der Optimalsteuerungstheorie
[8,9]. Zunächst muss dazu die Hamilton-Funktion
(2)
definiert werden, wobei den zum Originalzustand
adjungierten Zustand bezeichnet. Gemäß
Pontryagin’s Maximumprinzip existieren adjungierte
Zustände
, sodass auf dem Prädiktionsintervall
die folgenden Optimalitätsbedingungen
erfüllt sind:
(3a)
(3b)
(3c)
wobei und die partiellen Ableitungen
der Endkostengewichtung und der Hamilton-Funktion
nach den Zuständen beschreiben. Die
Beziehungen (3) stellen notwendige Bedingungen dar,
die eine optimale Lösung
des Optimierungsproblems
(1) erfüllen muss, und die im weiteren
Verlauf als Grundlage für die Formulierung eines modellprädiktiven
Reglers genutzt werden.
Der im Beitrag verwendete MPC-Algorithmus ist in
Bild 2 dargestellt. Er nutzt die charakteristische Form
der Optimalitätsbedingungen (3). Dazu wird die
Systemdynamik (3a) (siehe auch (1b)), ausgehend von
einer initialen Trajektorie
für die
Stellgröße und dem aktuellen Systemzustand des
Systems vorwärts in der Zeit integriert. Anschließend
wird die ermittelte Lösung zum Endzeitpunkt
ausgewertet, um die entsprechende Endbedingung
für den adjungierten Zustand
zu berechnen. Dieses Ergebnis wird dann verwendet,
um die adjungierte Dynamik (3b) in Rückwärtzeit zu
integrieren. Im letzten Schritt einer Iteration wird dann
eine Aktualisierung der Stellgröße durchgeführt (siehe
Bild 2), wobei
den Gradienten der Hamilton-Funktion
bezüglich der Stellgröße darstellt.
Die Projektionsfunktion
1.2 Echtzeitfähiges Gradientenverfahren
(4)
dient zur Berücksichtigung der Stellgrößenbeschränkungen
(1c). Die Schrittweite für die Aktualisierung
der Steuerung wird mit Hilfe eines Liniensuchverfahrens
bestimmt, das im nächsten Abschnitt näher
erläutert wird. Anschließend wird mit der neuen Stellgröße
der Integrationsprozess von neuem gestartet
und somit eine neue Iteration begonnen. Der Algorithmus
besteht damit prinzipiell aus zwei Integrationen
und einer Stellgrößenaktualisierung pro Iteration
und lässt sich somit effizient implementieren. Zudem
40
atp edition
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BILD 1:
Veranschaulichung
der generellen
Funktionsweise eines
modellprädiktiven
Reglers
BILD 3: Veranschaulichung der Grundidee zur
Bestimmung einer geeigneten Schrittweite
BILD 2: Gradienten-Algorithmus des echtzeitfähigen MPC-Verfahrens
benötigt die sequenzielle Abarbeitungsfolge, vergleiche
Bild 2, einen geringen Speicherbedarf.
Um nun ein echtzeitfähiges Verhalten zu garantieren,
wird die Anzahl der maximalen Gradienteniterationen
fest vorgegeben. Damit wird anstelle der optimalen
Lösung die suboptimale Stellgröße
im Abtastintervall
zur Regelung des
Systems und zur Reinitialisierung des MPC-Reglers im
nächsten Abtastschritt verwendet. Eine Konvergenzund
Stabilitätsanalyse des projizierten Gradientenverfahrens
und des gradientenbasierten MPC-Reglers kann
in [8] beziehungsweise in [10] nachgelesen werden.
1.3 Verfahren zur Liniensuche
Um eine hinreichende Verbesserung der Stellgröße
und damit eine deutliche Reduktion der Kostenfunktion
(1a) in jeder neuen Gradienteniteration zu erzielen, muss
eine geeignete Schrittweite bestimmt werden, siehe Bild
2. Ein Verfahren, das dazu sehr gut geeignet ist, wurde
in [2] vorgestellt. Dabei wird zunächst eine Menge von
drei Stichproben für die Schrittweite gebildet und das
Kostenfunktional (1a) mittels der Strichproben durch ein
quadratisches Polynom approximiert. Anschließend
wird das Minimum der Approximation, und damit eine
geeignete Schrittweite, bestimmt und die Stichprobenmenge
zur Verfolgung des Minimums adaptiert.
Eine alternative Strategie zur Berechnung einer geeigneten
Schrittweite, die ursprünglich in [11] vorgestellt
und in [12] für dynamische Optimierungsprobleme
angepasst wurde, soll an dieser Stelle aufgezeigt
werden, um den Rechenaufwand weiter zu reduzieren.
Die Grundidee ist dabei die Distanz von zwei
aufeinanderfolgenden Aktualisierungen der Stellgröße
zu minimieren, um zwischen zwei Iterationen
der Stellgröße keine zu großen Differenzen zu erhalten.
In der Nähe einer optimalen Lösung soll die Aktualisierung
zudem einen geringeren Einfluss auf die
nächste Iteration ausüben. Das unterlagerte statische
Optimierungsproblem für die Bestimmung einer entsprechenden
Schrittweite ist somit gegeben durch
atp edition
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41
HAUPTBEITRAG
mit den Differenzen
(5a)
(5b)
Dabei wird angenommen, dass die gleiche Schrittweite
für beide Aktualisierungen verwendet wird, die Stellgrößenbeschränkungen
(1c) nicht berücksichtigt werden
und keine Störungen auf das System wirken. Die
Minimierung (5a) führt dann auf die folgende Lösung
.(6)
Dieser Lösungsansatz ist in Bild 3 angedeutet und
kann sehr effizient implementiert werden, da nur die
Eingangstrajektorie und der entsprechende Gradient
aus der vorherigen Iteration gespeichert und lediglich
zwei numerische Integrationen durchgeführt werden.
Weiteren ist ein Gewicht mit einer Masse von 0.5 kg
über ein Seil direkt mit der Laufkatze verbunden, das
sich über einen Motor entsprechend auf- und abrollen
lässt. Zur Bestimmung der Wagenposition und der Seillänge
werden Inkrementalgeber mit einer Auflösung
von 2500 Impulsen pro Umdrehung (Laufkatze) beziehungsweise
1000 Impulsen pro Umdrehung (Seil) verwendet.
Zusätzlich wird die Winkelauslenkung des
Seils mit Bezug zum Zentrum des Wagens über einen
weiteren Inkrementalgeber mit 1500 Impulsen pro Umdrehung
erfasst.
Die Zustände , welche die Dynamik der Verladebrücke
beschreiben, sind die Wagenposition und
-geschwindigkeit , die Seillänge und -geschwindigkeit
sowie die Auslenkung und
die zugehörige Winkelrate des Seils. Die Beschleunigung
des Wagens und des Seils dienen
als Stellgrößen für das System. Durch die Verwendung
von schnellen unterlagerten Geschwindigkeitsreglern
kann die Dynamik der Verladebrücke mit Hilfe des
Lagrange-Formalismus wie folgt angegeben werden:
2. SPS-IMPLEMENTIERUNG
In diesem Abschnitt wird die Implementierung des
echtzeitfähigen MPC-Verfahrens auf einer Standard-
SPS diskutiert und anhand eines experimentellen Aufbaus
einer Verladebrücke im Labormaßstab validiert.
2.1 Beschreibung der verwendeten SPS
Das gradientenbasierte MPC-Verfahren wird zusammen
mit der effizienten Schrittweitenbestimmung (6) auf
einer SPS vom Typ CECX-X-C1 von Festo implementiert,
welche über einen Power-PC-Prozessor mit 400 MHz
als CPU-Einheit verfügt. Darüber hinaus werden jeweils
zwei E/A-Module CECX-A-4A4E-V und CECX-C-
2G2 für die Ansteuerung der experimentellen Komponenten
und für die Erfassung von Sensordaten verwendet.
Die Kommunikation zwischen der SPS und einem
herkömmlichen PC erfolgt über einen Ethernet-Anschluss.
Bild 4 zeigt die verwendete SPS, die zur Kommunikation
an einen PC angeschlossen ist. Weitere
Informationen zur SPS und den verwendeten Modulen
können dem Handbuch beziehungsweise der Internet-
Seite von Festo entnommen werden.
2.2 Experimentelle Verladebrücke
Bild 5 zeigt ein Foto und eine schematische Skizze des
experimentellen Aufbaus einer Verladebrücke, die in
diesem Beispiel zur Validierung der modellprädiktiven
Regelung verwendet wird. Am Gerüst des Laborkrans
ist eine Laufkatze montiert, die sich entlang der dargestellten
Führungsschiene bewegen kann und über einen
Zahnriemen mit einem Motor verbunden ist. Des
(7),
wobei die Erdbeschleunigung darstellt. Die berechneten
Stellgrößen (Beschleunigung des Wagens und des
Seils) werden dann integriert und als Eingangsgrößen
an die Geschwindigkeitsregler übergeben.
2.3 Implementierungsdetails
Für die Implementierung des gradientenbasierten MPC-
Reglers auf der SPS wird der Simulink PLC Coder, der
in der verwendeten Matlab 2013a Version zur Verfügung
steht, genutzt. Dieses Werkzeug ermöglicht eine direkte
Generierung von separaten Funktionsbausteinen aus
Matlab/Simulink-Blöcken, wobei die Funktionsbausteine
als strukurierter Text zur Verfügung stehen.
Das in Bild 6 dargestellte Matlab/Simulink-Modell
zeigt die wichtigsten Komponenten der verwendeten
Regelung. Es besteht aus einem Block zur Zustandsrekonstruktion
und dem gradientenbasierten MPC. In
dem Block zur Zustandsrekonstruktion werden die
Signale der Inkrementalgeber verarbeitet und eine Zustandsschätzung
mittels eines erweiterten Kalman-
Filters (EKF) durchgeführt. Der MPC-Algorithmus
selbst ist in einer Matlab-Funktion implementiert. Wie
in Bild 6 zu sehen ist, erhält der Block den aktuellen
Systemzustand (Initialzustand für das Optimierungsproblem
(1)), gewünschte Arbeitspunkte und einen Satz
von Parametern als Eingabe-Argumente. Weitere notwendige
Funktionen für den Betrieb der Verladebrücke
wie eine Reglerfreigabe oder Überwachungsmodule,
werden ebenfalls in Matlab/Simulink-Modellen realisiert
und werden im Beitrag nicht näher behandelt.
42
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BILD 4: Verwendete SPS
mit PC-Ethernet-Anschluss
BILD 5: Foto und schematische Skizze
der experimentellen Verladebrücke
BILD 6: Matlab/Simulink-Modell des MPC-Funktionsblocks für die SPS
BILD 7:
SPS-Implementierung
des MPC-Reglers
Als Entwicklungsumgebung für die Programmierung der
SPS wurde eine von Festo modifizierte Version der Programmierumgebung
Codesys verwendet. Die generierten Funktionsbausteine
werden dann in einem Hauptprogramm
eingebunden, das einer Task zugeordnet und mit einer festen
Zykluszeit von
betrieben wird und somit einer
Abtastzeit von
entspricht. Bild 7 zeigt die
Implementierung des MPC-Reglers in einer Übersicht.
2.4 Experimentelle Ergebnisse
Für die experimentelle Validierung des modellprädiktiv
geregelten Laborkrans werden die Endkostengewichtung
und der Integralanteil des Kostenfunktionals
(1a) als quadratische Funktionen
(8)
atp edition
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43
HAUPTBEITRAG
mit den (positiv semi-definiten) Gewichtungsmatrizen
und
formuliert. Die Nutzung
quadratischer Funktionen (8) für die Formulierung
des Kostenfunktionals (1a) ist ein übliches Vorgehen
zur Forderung einer gewissen Regelgüte einzelner Zustände
und Stellgrößen, da auf diese durch eine geeignete
Gewichtung Einfluss genommen werden kann.
Die Variablen und beschreiben
dabei die Differenz zu einem gewünschten
Arbeitspunkt . Für die numerische Integration
wird ein Euler-Vorwärts-Verfahren mit 16 Diskretisierungspunkten
verwendet und der Prädiktionshorizont
wird zu gesetzt. Diese Wahl ergibt
sich dabei mit Blick auf eine effektive Implementierung
des MPC-Reglers, da so der Prädiktionshorizont
in Kombination mit der Anzahl der Diskretisierungspunkte
ein Vielfaches der Abtastzeit beschreibt. Die
Stellgrößenbeschränkungen (1c) werden zudem zu
gewählt und die Anzahl der Gradienteniterationen
ist .
Im Folgenden wird ein einfacher Arbeitspunktwechsel
des Krans von einem Anfangspunkt
in einen gewünschten Arbeitspunkt
, betrachtet.
In Bild 8 sind die experimentellen Ergebnisse für den
modellprädiktiv geregelten Laborkran dargestellt,
wobei vor dem Arbeitspunktwechsel das Auftreten
einer Störung durch manuelles Auslenken der Masse
demonstriert wird. Das Störszenario und der Arbeitspunktwechsel
sind zur besseren Kenntlichkeit durch
eine vertikal gestrichelte Linie getrennt. Es ist gut zu
erkennen, wie der Regler einer dauerhaften Auslenkung
der Masse entgegenwirkt, indem der Wagen in
Richtung der Störung bewegt und die Seillänge verändert
wird. Nach Freigabe der Masse (das heißt das
System wird nicht mehr gestört, nachdem der Wagen
etwa 40 cm in die jeweilige Richtung gefahren ist)
wird der Schwingung entgegengesteuert und die Verladebrücke
wieder zurück in die Ruhelage geregelt.
Des Weiteren verdeutlichen die Ergebnisse, dass die
zugehörigen Stellgrößen ihre Beschränkungen einhalten.
Die Ergebnisse des Arbeitspunktwechsels zeigen die
gute Regelgüte des verwendeten MPC-Reglers auf. Die
Laufkatze sowie die Seillänge erreichen die gewünschte
Position mit geringem Überschwingen und in knapp
drei Sekunden. Die Rechenzeit für einen MPC-Schritt
des verwendeten Verfahrens liegt im Bereich von einer
Millisekunde und ist damit deutlich unterhalb der Abtast-
beziehungsweise Zykluszeit der SPS.
2.5 Trajektorienplanung
In diesem Abschnitt soll abschließend demonstriert
weden, wie die Regelgüte des modellprädiktiv geregelten
Laborkrans weiter gesteigert werden kann. Dazu
soll vor einem Arbeitspunktwechsel zunächst
eine geeignete Trajektorienplanung durchgeführt und
der MPC-Regler dann zur Verfolgung dieser Trajektorie
genutzt werden. Die Trajektorienplanung hat den zusätzlichen
Vorteil, einen Arbeitspunktwechsel in
einem definierten und endlichen Zeitintervall
zu ermöglichen, anstatt ein asymptotisches Verhalten
zu realisieren, wie ihn ein PID-Regler beispielweise
aufweist.
Eine sehr elegante Methode für eine geeignete Trajektorienplanung
bietet die Theorie der differenziellen
Flachheit [13-15]. Besitzt ein System
einen
flachen Ausgang , so können alle Zustände und
Stellgrößen durch den flachen Ausgang und seinen
Zeitableitungen parametriert werden, das heißt
.
(9a)
.(9b)
Für eine Trajektorienplanung kann zunächst der
flache Ausgang herangezogen werden, um eine Referenztrajektorie
innerhalb eines Intervalls zu
konstruieren, zum Beispiel durch ein hinreichend oft
stetig differenzierbares Polynom. Anschließend können
die entsprechenden Referenztrajektorien für die
Zustände und die Stellgrößen mit Hilfe des flachen
Ausgangs und seiner Zeitableitungen via (9) bestimmt
werden.
Für den Laborkran mit der Dynamik (7) kann nun
gezeigt werden, dass die Position der Last, vergleiche
Bild 5,
(10a)
(10b)
einen flachen Ausgang darstellt, wobei und
in (9) gilt. Die genaue Parametrierung der Zustände
und Stellgrößen wird an dieser Stelle aufgrund
der Komplexität weggelassen. Mit (10) können nun geeignete
Referenztrajektorien und im
Intervall
bestimmt werden und für eine
Trajektorienverfolgung mit Hilfe des MPC-Reglers genutzt
werden.
Die Endkostengewichtung und der Integralanteil
werden für die Berücksichtung der Referenztrajektorien
wie folgt angepasst:
(11)
mit
und
, wobei die Zeitabhängigkeit aus Platzgründen
in (11) weggelassen wurde. Durch das Berücksichtigen
der Referenztrajektorien kann der Prädiktionshorizont
auf
verkürzt werden.
Die Ergebnisse des MPC-Reglers mit Trajektorienplanung
für einen Arbeitspunktwechsel, wie er im vorherigen
Abschnitt betrachtet wurde, und mit der Transitionszeit
sind in Bild 9 dargestellt. Die Referenztrajektorien
sind grau gestrichelt angegeben. Die
44
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u
u
x
x
u
u
x
x
BILD 8: Experimentelle
Ergebnisse der modellprädiktiv
geregelten
Verladebrücke
t t
t
t
u
u
x
x
u
u
x
x
BILD 9: Experimentelle
Ergebnisse der modellprädiktiven
Regelung
mit flachheitsbasierter
Trajektorienplanung
t
t
t
t
Ergebnisse zeigen eine sehr gute Regelgüte und eine
signifikante Verbesserung im Vergleich zur Regelung
ohne Trajektorienplanung.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
In diesem Beitrag wurde ein echtzeitfähiges modellprädiktives
Regelungsverfahren behandelt, das auf einem
projizierten Gradientenverfahren basiert. Dabei wurde
die Form der Optimalitätsbedingungen der Problemformulierung
in Kombination mit einer festen Anzahl
an Gradienteniterationen für eine effiziente numerische
Berechnung ausgenutzt. Der modellprädiktive Regler
wurde anschließend auf einer Standard-SPS implementiert
und mit Hilfe einer experimentellen Verladebrücke
im Labormaßstab validiert. Um eine verbesserte
Regelgüte zu erreichen, wurde der MPC um eine flachheitsbasierte
Trajektorienplanung erweitert.
Das vorgestellte gradientenbasierte MPC-Verfahren
wurde von den Autoren in die Software GRAMPC integriert,
die unter http://sourceforge.net/projects/
grampc als Open Source Code heruntergeladen werden
kann. GRAMPC beinhaltet ebenfalls eine Matlab/Simulink-Schnittstelle
sowie eine Matlab-GUI zur komfortablen
MPC-Auslegung.
atp edition
3 / 2014
45
HAUPTBEITRAG
AUTOREN
Zukünftige Forschungsarbeiten befassen sich mit der
zusätzlichen Berücksichtigung von Zustandsbeschränkungen
im MPC-Entwurf. Außerdem soll mit Blick auf
eine schnellere und effizientere Berechnung der MPC-
Algorithmus weiter verbessert werden und geeignete
Strategien für einen einfachen Reglerentwurf erarbeitet
werden.
MANUSKRIPTEINGANG
18.10.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
DANKSAGUNG
Die präsentierten Ergebnisse wurden im Rahmen
eines Projekts des österreichischen Fonds zur
Förderung der wissenschaftlichen Forschung
(FWF) mit der Projektnummer P21253-N22
erarbeitet. Die Verfasser danken zudem der
Firma Festo Ag & Co. KGund insbesondere
Dr. Alexander Hildebrandt und Martin Ehrle für
die Bereit stellung der verwendeten SPS.
Dipl.-Ing. BARTOSZ KÄPERNICK
(geb. 1985) studierte Elektro- und Informationstechnik
an der Universität
Stuttgart (Diplom 2010) und ist seit Januar
2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik
der Universität Ulm tätig. Sein
Haupt arbeitsgebiet ist die modellprädiktive
Regelung und optimale Trajektorienplanung
für nicht lineare Systeme.
Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik,
Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee 41, D-89081 Ulm,
Tel. +49 (0) 731 502 63 05, E-Mail: bartosz.kaepernick@uni-ulm.de
Prof. Dr.-Ing. KNUT GRAICHEN
(geb. 1977) ist Professor am
Institut für Mess-, Regel- und
Mikrotechnik der Universität
Ulm. Seine Hauptarbeits gebiete
sind die optimale und modellprädiktive
Regelung, nichtlineare
Steuerungs- und Regelungsverfahren
sowie schnelle
mechatronische Systeme.
Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechnik,
Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee 41, D-89081 Ulm,
Tel. +49 (0) 731 502 63 04, E-Mail: knut.graichen@uni-ulm.de
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iteration algorithm for nonlinear MPC in the microsecond range.
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at-Automatisierungstechnik 52(1), S. 3-12, 2004
46
atp edition
3 / 2014
atp Kompaktwissen
Band 1 –
Erfolgreiches Engineering
Hrsg. F. Schiller, 1. Auflage 2010, 138 Seiten, Broschur
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Praktische Messtechnik
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Hrsg. L. Urbas, 1. Auflage 2014, 88 Seiten, Broschur
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Effiziente Kommunikation
Hrsg. F. Schiller, 1. Auflage 2010, 70 Seiten, Broschur
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ISBN 978-3-8356-3212-7
Band 4 –
Automation in der Wasserbranche
Hrsg. F. Schiller, 1. Auflage 2010, 146 Seiten, Broschur
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ISBN 978-3-8356-3226-4
Band 6 –
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Hrsg. L. Urbas, 1. Auflage 2014, 112 Seiten, Broschur
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Band 2 – ISBN: 978-3-8356-3212-7 für € 59,– (zzgl. Versand)
Band 3 – ISBN: 978-3-8356-3213-4 für € 59,– (zzgl. Versand)
Band 4 – ISBN: 978-3-8356-3226-4 für € 59,– (zzgl. Versand)
Band 5 – ISBN: 978-3-8356-7113-3 für € 59,– (zzgl. Versand)
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Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache an die Vulkan-Verlag GmbH,
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dass ich vom DIV Deutscher Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über interessante, fachspezifische Medien und Informationsangebote informiert und beworben werde.
Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.
PAATPK2014
HAUPTBEITRAG
Advanced Process Control
in der industriellen Praxis
Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Lösung
Kontinuierliche Prozesse in der chemischen Industrie werden so betrieben, dass ein
Anlagenfahrer einschleifige Regelkreise durch Sollwertvorgaben aufeinander abstimmt.
Ein konstanter Betrieb an einem optimalen Punkt ist so nicht möglich, lässt
sich aber durch gehobene Regelungsverfahren (advanced process control/APC) erreichen.
Der Beitrag beschreibt die erfolgreiche Durchführung eines APC-Projektes
und stellt die Ergebnisse dar. Die Erfahrungen zeigen, dass die Amortisierungszeit
eines APC-Projektes zum Teil bei deutlich unter einem Jahr liegt.
SCHLAGWÖRTER Prozessführung / Advanced Process Control / modellprädiktive
Regelung
Advanced Process Control in Industrial Applications –
Key Aspects for a Sustainable Solution
Continuous processes in the chemicals industry are typically controlled by an operator,
who adjusts set values for various single-loop control systems. However, constant
operation at an optimum point cannot be achieved in this way. Methods of
advanced process control (APC) can offer a solution. A successful APC project is
described and the results are presented. The experience shows that APC projects
can in some cases pay off within one year.
KEYWORDS process operation and control / advanced process control / model
predictive control
48
atp edition
3 / 2014
ANJA BRUNBERG, BENJAMIN SCHRAMM, MICHAEL KAWOHL, UWE PIECHOTTKA,
Evonik Industries
Verfahrenstechnische Produktionsanlagen in
der chemischen Industrie unterliegen vielen
Einflussfaktoren. Hohe Anforderungen
an Prozessverfügbarkeit und Flexibilität,
ebenso steigende Qualitäts-, Umweltverträglichkeits-
und Rentabilitätsanforderungen sind
nur einige Beispiele hierfür. Folglich müssen die
Prozesse kontinuierlich verbessert werden. Dabei
sind intelligente Verfahren in der Automatisierungstechnik,
wie gehobene Regelungs- und Prozessführungsstrategien,
essenzielle Werkzeuge. Diese Methoden
werden als Advanced Process Control (APC)
bezeichnet [1‐4].
Die APC-Verfahren sind insbesondere dort zu bevorzugen,
wo größere Apparate, zum Beispiel Kolonnen
oder Teilanlagen mit vielen Stell- und Regelgrößen
sowie systeminternen Kopplungen mit Hilfe
mehrerer einschleifiger Regelungen im Wesentlichen
über eine manuelle Sollwertvorgabe durch Anlagenfahrer
betrieben werden [2].
Die erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung entsprechender
Projekte zur Implementierung gehobener
regelungstechnischer Methoden hängt von
verschiedenen Einflussfaktoren ab, elementar ist
jedoch die frühzeitige und kontinuierliche Beteiligung
der Betriebsmannschaft. Das bei Anlagenfahrern,
Meistern und der Betriebsleitung vorhandene
Wissen über den Prozess und seinen Betrieb wird
in allen Stufen der Projektdurchführung benötigt.
Es muss unter anderem bei der Planung und Durchführung
von Anlagenversuchen, der Entwicklung
einer Regelungsstruktur und dem Einstellen von
Parametern an der fertigen Anwendung genutzt
werden. Gleichzeitig können eventuelle Ängste
und Vorbehalte frühzeitig erkannt und abgebaut
werden [2‐5].
In diesem Beitrag wird ein typisches APC-Projekt
mit Hilfe kommerzieller Software (APC-State-
Space-Controller der Firma AspenTech [6]) erläutert.
Anhand dieses Beispiels werden die technischen
und die betrieblichen Einflussfaktoren herausgearbeitet.
1. MOTIVATION
1.1 Typische Regelungsaufgabe der chemischen
Industrie
Destillationskolonnen sind häufig vorkommende Apparate
eines Prozesses in der chemischen Industrie. Bild 1
zeigt einen typischen Aufbau einer solchen Kolonne.
Prozesse dieser Art werden meist manuell von den Anlagenfahrern
betrieben. Dies bedeutet, dass viele einschleifige
Durchflussregelkreise aufgebaut sind; im Beispiel
von Bild 1 für den Zulauf in die Kolonne, die Destillatmenge,
den Rücklauf, den Sumpfabgang und die
Dampfmenge. Der Anlagenfahrer gibt auf Basis der Betriebsanweisung
sowie seiner Erfahrung und Prozesskenntnis
Sollwerte für diese Durchflussregelkreise vor.
Dabei wird der Anlagenfahrer oft durch weitere einschleifige
Regelkreise unterstützt. In Bild 1 werden der
Füllstand der Kolonne und des Destillatbehälters in
Füllstand-Durchfluss-Kaskaden geregelt. Zudem wird
der Sollwert der Rücklaufmenge im Verhältnis zum Zulauf
automatisch angepasst.
Ziel der in Bild 1 gezeigten Anlage ist die Reinigung
des Zulaufs. Das gereinigte Produkt befindet sich im
Sumpf. Dadurch ergeben sich folgende Rahmenbedingungen
für eine Regelung:
Die Verunreinigung in Sumpf darf ein vorgegebenes
Maximum nicht überschreiten,
der Anteil des Produkts im Destillat soll minimal
sein,
die Füllstände im Kolonnensumpf und im Destillatbehälter
müssen sich in vorgegebenen Bereichen
bewegen.
Die Sumpftemperatur darf ein Maximum nicht
überschreiten (Möglicher Zerfall beziehungsweise
Bildung von Nebenkomponenten aus dem Produkt).
Der maximale Kolonnendifferenzdruck darf nicht
überschritten werden (Maß für die Kolonnenlast).
Menge und Zusammensetzung des Zulaufs wirken als
Störgrößen für diesen Prozess: Die Zulaufmenge wird
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49
HAUPTBEITRAG
entsprechend den aktuellen Erfordernissen im vorangehenden
Anlagenteil vorgegeben; gleichzeitig können
kontinuierlich Schwankungen in der Zulaufkonzentration
auftreten.
2. REGELUNGSTECHNISCHE BETRACHTUNG
2.1 Konventioneller Betrieb des Beispielprozesses
Systemtheoretisch stellt der betrachtete Prozess ein
Mehrgrößensystem mit mehreren Eingangsgrößen
(Stell- und Störgrößen) sowie mehreren Ausgangsoder
Regelgrößen dar [3]. Der Anlagenfahrer erfüllt
durch die Vorgabe von Sollwerten für die unterlagerten
Regelkreise die Aufgaben eines übergeordneten
Reglers. Allerdings sind die Aufgabenstellung und die
verschiedenen Kopplungen zwischen Ein- und Ausgangsgrößen
des Systems zu komplex, um von einem
Menschen dauerhaft in einem optimalen Punkt betrieben
zu werden.
Im Beispiel haben die Füllstände im Kolonnensumpf
und im Destillatbehälter für die Anlagenfahrer eine
höhere Relevanz als die Konzentrationsmessungen im
Sumpf- und Destillatstrom. Dies ist typisch, da sich
Änderungen in den Niveaus meist schneller zeigen und
direkter auf eine Ursache zurückverfolgbar sind, während
Konzentrationsänderungen oftmals verzögert auftreten
oder festgestellt werden.
Die Folge ist ein breit gestreuter Betriebsbereich, wie
in Bild 2 dargestellt. Da zudem ein solches komplexes
System manuell nicht präzise von einem Betriebspunkt
zu einem anderen Betriebspunkt gefahren
werden kann, und da die Auswirkungen etwaiger
Störungen berücksichtigt werden müssen, liegt dieser
Betriebsbereich stets in einem hinreichend großen
Abstand zu den zulässigen Anlagengrenzen. Diese
sind in Bild 2 durch die schraffierten Grenzen links
und unten angedeutet. Da die Anlagenfahrer außerdem
ihre Aufmerksamkeit in der Regel mehreren
Anlagen widmen müssen, sind sie bestrebt, die
Anlage in hinreichend großer Entfernung von den
Anlagengrenzen zu betreiben.
2.2 Vorteile des Betriebs mit Mehrgrößenregelung
Eine Mehrgrößenregelung ist im Gegensatz dazu in der
Lage, den Betriebsbereich des Prozesses deutlich einzuschränken,
siehe Bild 3. Zudem ist es mit einer Mehrgrößenregelung
möglich, gezielt einzelne Betriebspunkte
anzufahren, sofern dies die eventuell vorhandenen
Störungen zulassen.
Dadurch, dass nicht nur die Streuung des Betriebsbereichs
verringert wurde, sondern auch einzelne Betriebspunkte
präziser angefahren werden können, lässt
sich der Sicherheitsabstand zu den Anlagengrenzen
verringern. In der Folge kann, wie in Bild 3 dargestellt,
der Arbeitspunkt des Prozesses näher an die Grenzen
verschoben werden. Dieser Schritt beinhaltet eine Optimierung
hin zu den bekannten Prozessgrenzen und
gegebenenfalls in der Folge eine Aufweitung dieser
Grenzen, die in einer manuellen Fahrweise nicht möglich
wäre.
2.3 Betrieb des Beispielprozesses mit APC
Die Anwendung einer Mehrgrößenregelung kombiniert
mit einer Optimierung hin zu vorgegebenen Prozessgrenzen
oder Zielgrößen fällt in den Bereich der gehobenen
Regelungsverfahren.
Am Beispielprozess lässt sich, wie in Bild 4 gezeigt,
durch eine Darstellung von Betriebspunkten aus der
Vergangenheit (bei konventioneller Fahrweise durch
die Anlagenfahrer) abschätzen, welche Einsparungen
durch APC möglich sind. Das Bild verdeutlicht entsprechend
der in Abschnitt 2.1 beschriebenen konventionellen
Fahrweise eine Häufung von Betriebspunkten
in bestimmten Bereichen sowie einige Ausreißer. Die
Erfahrung zeigt, dass mit APC die Streuung des Betriebsbereichs
und damit Produktverlust und Energieverbrauch
deutlich verringert werden können. Das
Vorgehen sowie die erzielten Ergebnisse werden in den
folgenden Abschnitten erläutert.
Die modellprädiktive Regelung umfasst eine Klasse
von Regelungsalgorithmen, die ein dynamisches Modell
des zu regelnden Prozesses verwenden, um eine
Vorhersage des Prozessverhaltens zu berechnen. Auf
der Basis dieser Prädiktion wird prozessbegleitend im
Betrieb zu festgelegten Zeitschritten eine Optimierungsrechnung
durchgeführt, die die Stellgrößenänderungen
ergibt, die zu optimalen Ausgangsgrößenverläufen
führen [5].
Bild 5 zeigt den Aufbau des verwendeten APC-Ansatzes,
der in die Klasse der modellprädiktiven Regelungsverfahren
fällt. Wesentlicher Bestandteil des
Ansatzes ist ein dynamisches Modell des Prozesses.
Dieses Modell ist ein an einem typischen Arbeitspunkt
des Prozesses aufgenommenes lineares Modell
des normalerweise nichtlinearen Prozesses. Es wird
auf Basis von sprungförmigen Änderungen der Stellgrößen
ermittelt. Im Beispiel handelt es sich dabei um
ein zeitdiskretes Zustandsraummodell. Im Filter werden
Störkanäle für alle unbekannten Störungen und
Modellungenauigkeiten definiert. Der Optimierer erhält
Kosten für Energie, Produktverluste und Produktverunreinigungen
sowie Grenzen für Stell- und
Regelgrößen als Nebenbedingungen für das Optimierungsproblem.
Im Regler wird vorgegeben, wie die
dynamische Bewegung des Prozesses zum berechneten
optimalen Betriebspunkt erfolgen soll. Dies geschieht
zum Beispiel über die Gewichtung des Einflusses
der Stellgrößen sowie die Limitierung der
Änderungsgeschwindigkeit einer Stellgröße. Anhand
dieser Vorgaben wird im Regler ein weiteres Optimierungsproblem
gelöst und so die optimale Stellgrößen-
Folge zum Erreichen des neuen Betriebspunkts be-
50
atp edition
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FFC-21
PC-23
B-2
LC-22
FC-23
T-21
T-22
T-23
K-2
PD-21
FC-21
FC-22
BILD 2: Gebiet,
in dem sich ein
Prozess bei
konventioneller
Fahrweise bewegt.
Q-21
T-24
FC-24
T-25
FC-25
BILD 1: Regelung einer Destillationskolonne als Beispiel für die
Regelung eines Mehrgrößensystems in der Prozessindustrie
LC-21
Q-22
BILD 3: Gebiet,
in dem sich ein
System mit einem
Mehrgrößenregler
bewegt, und
Annäherung an
die bekannten
Prozessgrenzen.
Externe
Vorgaben
Produktverluste
Optimierer Regler Prozess
Wo soll der Prozess
betrieben werden?
optimaler
Betriebspunkt
Wie kommt der
Prozess dort hin?
Dynamik des
geregelten Prozesses
Modell
Wo befindet sich der
Prozess aktuell?
Und wohin bewegt er sich?
Spezifischer Energieverbrauch
Filter
BILD 4: Gebiet, in dem sich eine reale Anlage bei
konventioneller Fahrweise bewegt hat.
BILD 5: Aufbau des verwendeten
APC-Ansatzes, vergleiche [2]
rechnet. Das Verfahren wird in [6] im Detail beschrieben.
Eine umfassende Übersicht über Aufbau und
Funktion verschiedener kommerziell erhältlicher
MPC-Software für prozesstechnische Anwendungen
ist zudem in [5] dargestellt.
Identisch zur ursprünglichen konventionellen Prozessführung
werden durch eine solche APC-Anwendung
Sollwerte für eine unterlagerte Basisregelung
vorgegeben, zum Beispiel eine Durchflussregelung für
den Dampf. Die Regelgrößen umfassen zum einen Größen,
die ein Maß für die zu optimierenden Größen
sind; dies kann beispielweise der spezifische Energieverbrauch
sein. Zum anderen sind kritische Größen
wie Füllstände, Temperaturen oder Drücke Teil der
Regelgrößen, damit ein optimaler Betriebspunkt innerhalb
der bestehenden Anlagengrenzen erreicht wird.
atp edition
3 / 2014
51
HAUPTBEITRAG
3. PROJEKTABLAUF
3.1 Lebenszyklus eines APC-Projektes
In Abschnitt 2.2 wurde erläutert, wie sich bereits in
der Betrachtung historischer Betriebspunkte eines
Prozesses das Potenzial und damit der finanzielle Nutzen
des Einsatzes von APC abschätzen lässt. Der gesamte
Lebenszyklus eines APC-Projektes umfasst jedoch
weitere Schritte, die sich in fünf Phasen unterteilen
lassen [1]:
Abschätzen des Nutzens und der Kosten eines APC-
Projektes vor Start dieses Projektes
Implementierung der APC-Anwendung
Analyse der mit APC erreichten Performance
Überwachung und Wartung bestehender APC-Anwendungen
während des Betriebs
Regelmäßige Neubewertung der Betriebsbedingungen
und der Performance und gegebenenfalls
Anpassung der APC-Anwendung an geänderte Betriebsbedingungen
3.2 Vorgehen bei Implementierung einer APC-Anwendung
Die meisten APC-Verfahren, wie die in diesem Beispiel
betrachtete modellprädiktive Regelung, laufen in deutlich
langsameren Zeitintervallen ab als beispielsweise
eine Durchflussregelung. Zudem erfüllen APC-Anwendungen
normalerweise die Aufgaben einer überlagerten
Regelung. Häufig verwendete Abtastzeiten liegen
im Bereich von Minuten. In der Automatisierungspyramide,
wie in Bild 6 dargestellt, liegen sie daher an
einer Schnittstelle zwischen Prozessleit- und Betriebsleitebene
[3].
Auf Grund der notwendigen hohen Rechenleistung
erfolgt die Implementierung normalerweise nicht als
Teil des bestehenden Prozessleitsystems (PLS), sondern
auf separaten Rechnern. Anbieter von Software für
APC-Anwendungen, die über kein eigenes Leitsystem
verfügen, haben keine andere Möglichkeit, als solche
Anwendungen auf separaten Rechnern zu realisieren.
Die Anbindung der APC-Rechner an das Leitsystem
erfolgt über eine OPC-Schnittstelle (object linking and
embedding for process control). Obwohl die OPC-
Schnittstelle über Standards beschrieben ist, wird die
Kopplung von zwei verschiedenen Systemen unter den
Rahmenbedingungen eines konzernweiten IT-Sicherheitskonzepts
entsprechende Aufmerksamkeit erfordern
und gegebenenfalls angepasst werden müssen. Die
mit einer externen APC-Anwendung verbundene Notwendigkeit,
auf Sollwerte im Leitsystem schreiben zu
müssen, erfordert häufig, Richtlinien in den betroffenen
Bereichen zu ändern.
Nach der erfolgreichen Bereitstellung einer Hardund
Softwareumgebung beinhaltet der nächste
Schritt eine Überprüfung und ein Tuning der vorhandenen
Basisautomatisierung. Zunächst muss dazu
untersucht werden, ob die vorhandene Messtechnik
ausreicht und richtig arbeitet. Als nächstes wird geprüft,
ob die Stellglieder in sinnvollen Bereichen arbeiten.
Probleme, die an dieser Stelle auftreten, müssen
behoben werden, bevor weitere Schritte im Projekt
anstehen.
Wie in Abschnitt 2 beschrieben, bleiben beispielsweise
Durchflussregler als unterlagerte Regler erhalten.
Weitere Regler, die nicht direkt Teil der übergeordneten
Regelungsstrategie sein werden, sind zum Beispiel häufig
Regler für den Druck in einer Kolonne. Die Funktion
dieser Regler muss überprüft und wenn nötig durch
Neueinstellung verbessert werden. In manchen Fällen
macht es zudem Sinn, die Struktur der vorhandenen
Basisregelung zu hinterfragen und anzupassen.
Durch die Überprüfung und Verbesserung der Basisautomatisierung
entsteht bereits beim Projektbeginn
ein enger Austausch zwischen APC-Ingenieuren,
der Abteilung für Elektro-, Mess- und Regelungstechnik
und den Anlagenfahrern. Dieser Kontakt muss
genutzt werden, um ein gutes Prozessverständnis zu
erlangen. Dies ist essenziell, um den am besten geeigneten
APC-Ansatz auszuwählen, da die jahrelange
Erfahrung der Betriebsmannschaft mit dem Prozess
wichtige Hinweise gibt, wie der Prozess betrieben
werden sollte und wo mögliche Probleme liegen.
Gleichzeitig müssen die Anlagenfahrer möglichst
frühzeitig über die Ziele des Projekts und ihre Rolle
dabei informiert werden.
Der direkte Nutzen von APC für die Anlagenfahrer
kann sich dabei vom Nutzen für beispielsweise den
Betriebsleiter unterscheiden, da sich für die Anlagenfahrer
deutlich stärker bemerkbar macht, dass mit APC
die Anlage ruhiger läuft, das heißt an einem definierten
Betriebspunkt bleibt. Eine merkliche Einsparung von
Dampf pro Jahr liegt dagegen eher im Interesse des Betriebsleiters.
Im Bezug auf die Ziele der APC-Anwendung ist es
wichtig, zu betonen, dass APC zwar die Regelung und
Optimierung im Normalbetrieb der Anlage übernimmt,
den Anlagenfahrern aber immer noch eine Überwachungsfunktion
und gegebenenfalls die Anpassung von
ausgewählten Parametern zufällt. Die Anlagenfahrer
sind ebenso für das An- und Abfahren und den Betrieb
bei außergewöhnlichen Situationen zuständig, da typische
APC-Anwendungen, wie die vorgestellte modellprädiktive
Regelung, hierfür nicht ausgelegt sind.
Den nächsten Schritt in der Implementierung der
APC-Anwendung bilden Anlagenversuche, auch
Sprungversuche genannt. Diese werden in enger Abstimmung
mit den Anlagenfahrern durchgeführt. So
können Vertrauen und Akzeptanz der neuen Technologie
schon vor der Fertigstellung aufgebaut werden.
Vor allem lässt sich die Prozesskenntnis der Anlagenfahrer
nutzen, um
eine ausreichend große Sprunghöhe auszuwählen,
damit in den Zielgrößen Änderungen beobachtet
werden können,
52
atp edition
3 / 2014
ein Verletzen von Grenzwerten oder Erreichen von
Stellbegrenzungen durch zu hohe Sprunghöhen zu
vermeiden,
die Sprungversuche so durchzuführen, dass der
Produktionsablauf möglichst wenig gestört wird.
Weiterhin müssen mehrere Sprünge mit unterschiedlicher
Sprunghöhe und unterschiedlichem Vorzeichen
durchgeführt werden. Zudem ist darauf zu achten,
dass nach dem Aufbringen eines Sprungs gewartet
wird, bis erneut ein stationäres Verhalten der
Zielgrößen erreicht ist, bevor ein weiterer Sprung
begonnen wird. Hektik oder Zeitdruck führen zu
schlechten Modellen und damit zu einem nicht optimalen
Ergebnis.
Im nächsten Schritt wird die eigentliche APC-Anwendung
entwickelt. Dazu werden zunächst aus den
Daten der Sprungversuche Modelle identifiziert. Dabei
ist es wesentlich, die modellierten Teilsysteme
aufeinander abzustimmen. Anschließend erfolgt die
Einstellung von Regler und Optimierer durch Festlegung
von Größen wie Grenzwerten, Zielwerten, Kosten
oder erlaubten Änderungsgeschwindigkeiten.
Diese Einstellungen sind zunächst grobe Einstellungen,
mit denen die grundsätzliche Funktionsweise
des Reglers, zum Beispiel in Offline-Simulationen,
getestet werden kann.
Der letzte Schritt vor der Inbetriebnahme ist die
Konfiguration des Leitsystems. Nur wenn eine Reihe
von Bedingungen erfüllt ist, kann und darf der
überlagerte Regler die berechneten Werte für Zulauf,
Dampf, Rücklauf, Destillat und Sumpfabgang
auf die Sollwerteingänge der unterlagerten Regler
im Leitsystem schreiben. Diese Bedingungen umfassen:
Der Ein-Schalter der APC-Anwendung muss betätigt
worden sein.
Die Schnittstelle zwischen Leitsystem und APC-
Anwendung muss funktionieren, das heißt sie
muss im geforderten Zeittakt Daten in beide Richtungen
übertragen.
Prozess- oder leitsystemspezifische Einschaltbedingungen
müssen beim Einschalten erfüllt sein.
Prozess- oder leitsystemspezifische Betriebsbedingungen
müssen während des Normalbetriebs erfüllt
sein.
Eine Einschaltbedingung ist zum Beispiel, dass ein
unterlagerter Durchflussregler bereits im Modus Automatik
betrieben wird, damit beim Einschalten die Abweichung
zwischen Soll- und Istwert möglichst gering
ist. Beim Einschalten erfolgt dann eine Modusänderung
dieses Reglers, und während des Normalbetriebs
wird dann in den Betriebsbedingungen überwacht, ob
der Regler im Betriebsmodus Extern ist. Eine weitere
allgemeine Betriebsbedingung kann beispielsweise die
Überwachung des Kolonnendrucks sein.
Neben dem Aufbau der Umschalt- und Überwachungslogik
im Leitsystem empfiehlt sich eine Integration
der APC-Anwendung in die gewohnte Bedienungsund
Beobachtungsoberfläche für den Anlagenfahrer.
3.3 Inbetriebnahme und Schulung
Nach Abschluss aller Implementierungsarbeiten
kann die APC-Anwendung in Betrieb genommen
werden. Dabei wird die bisher nur grob eingestellte
Regelung und Optimierung durch Beobachtung des
Prozesses und der Vorhersage durch den modellprä-
BILD 6: Einordnung von APC in die
Automatisierungspyramide und Zykluszeiten
ohne APC
mit APC
Vorgaben
Optimierter
Betriebspunkt
APC
Basisautomatisierung
Unternehmensleitebene
Betriebsleitebene
Prozessleitebene
Produktverluste
Sensoren, Aktoren
Feldebene
Spezifischer Energieverbrauch
BILD 7: Betrieb des Beispielprozesses mit APC
atp edition
3 / 2014
53
HAUPTBEITRAG
diktiven Regler und vorsichtiges Nachstellen der
Parameter iterativ fein eingestellt. Auch dieser Prozess
erfordert Zeit, da manche Effekte sich nicht direkt
auswirken.
Bei der Inbetriebnahme einer solchen überlagerten
Regelung ist die erneute Information aller Beteiligten
über die Ziele und die Funktion der implementierten
APC-Anwendung sehr wichtig. Insbesondere die Anlagenfahrer
müssen für die Bedienung der gehobenen
Regelung geschult werden [2, 4, 5]. Sie müssen wissen,
wie sie die APC-Anwendung ein- und ausschalten können,
unter welchen Bedingungen die Anwendung betrieben
werden kann und wie sich Grenzwerte oder
Zielwerte an aktuelle Betriebs- oder Produktionsvorgaben
anpassen lassen.
Die hierfür notwendige Information und Eingriffsmöglichkeiten
können entweder ins Prozessleitsystem
integriert, oder aber vollständig über eine separate Software
auf einem separaten Rechner dem Anlagenfahrer
zugänglich gemacht werden. Welche Lösung gewählt
wird, sollte mit allen Projektbeteiligten gemeinsam getroffen
werden, da sich so die Akzeptanz der neuen
Technologie erhöht.
4. ERGEBNISSE
Bild 7 zeigt ein Ergebnis der APC-Anwendung für den
beschriebenen Beispielprozess. Es ist ersichtlich, dass
der modellprädiktive Regler den Prozess in einem engen
Bereich in der Nähe eines optimalen Punktes halten
kann. So können Produktverluste und Energieverbrauch
verringert werden.
Der in Abschnitt 3.1 vorgestellte Lebenszyklus einer APC-
Anwendung sieht nach der Implementierung neben der
Überprüfung des Nutzens eine kontinuierliche Überwachung
der Funktion vor, um die Nachhaltigkeit der Anwendung
zu gewährleisten. Sinnvoll ist hierfür eine Vor-Ort-
Betreuung. Diese muss nicht durch den Prozessführungsspezialisten
erfolgen, der die APC-Anwendung entwickelt
hat. Der Betreuer sollte jedoch regelmäßig die Funktion der
Anwendung überprüfen und in der Lage sein, bei Problemen
eine erste Analyse durchzuführen und kleinere Probleme
selber oder mit Unterstützung durch den APC-Experten
zu beheben. So lässt sich erreichen, dass eine APC-Anwendung
zu mehr als 90 % der Zeit aktiv ist. Dies wiederum
bildet die Voraussetzung, um die vor Projektbeginn ausgewiesenen
Einsparmöglichkeiten tatsächlich zu erreichen.
AUTOREN
Dr.-Ing. ANJA BRUNBERG (geb. 1980) ist Mitarbeiterin in der
Gruppe Automation and Process Analytical Technology im
Bereich Process Technology and Engineering der Evonik
Industries AG. Ihren Arbeitsschwerpunkt bildet die Realisierung
von gehobenen Prozessführungsstrategien. Nach dem
Studium der Elektrotechnik an der TU Braunschweig und der
University of Rhode Island promovierte sie am Institut für
Regelungstechnik der RWTH Aachen.
Evonik Industries AG,
TE-VT-C, Postbereich 14, Paul-Baumann-Straße 1, D-45772 Marl,
Tel. +49 (0) 2365 49 49 98, E-Mail: anja.brunberg@evonik.com
Dipl.-Ing. BENJAMIN SCHRAMM (geb. 1978) ist Mitarbeiter in
der Gruppe Automation and Process Analytical Technology im
Bereich Process Technology and Engineering der Evonik
Industries AG. Seine Arbeitsfelder umfassen die Implementierung
von gehobenen Regelungsstrategien, die Entwicklung von
automatischen Anfahrprozeduren für komplexe Anlagen, die
Modellierung von Softsensoren, sowie die Ermittlung von
wirtschaftlichen Potenzialen durch den Einsatz von Advanced
Process Control. Sein Diplomstudium der Informationstechnik
im Maschinenwesen mit Schwerpunkt Prozesssystemtechnik
absolvierte er an der Technischen Universität Berlin.
Evonik Industries AG,
TE-VT-C, Postbereich 14, Paul-Baumann-Straße 1, D-45772 Marl,
Tel. +49 (0) 2365 498 63 78, E-Mail: benjamin.schramm@evonik.com
Dipl.-Ing. MICHAEL KAWOHL (geb. 1975) ist Mitarbeiter
in der Gruppe Automation and Process
Analytical Technology im Bereich Process Technology
and Engineering der Evonik Industries AG. Er
studierte Informationstechnik im Maschinenwesen
an der Technischen Universität Berlin. Seinen
Arbeitsschwerpunkt bildet die Realisierung von
gehobenen Prozessführungsstrategien.
Evonik Industries AG,
TE-VT-C, Postbereich 14,
Paul-Baumann-Straße 1, D-45772 Marl,
Tel. +49 (0) 2365 49 52 29,
E-Mail: michael.kawohl@evonik.com
Dr.-Ing. MSEE UWE PIECHOTTKA (geb. 1959) leitet
die Gruppe Automation and Process Analytical
Technology im Bereich Process Technology and
Engineering der Evonik Industries AG. Seine
Hauptarbeitsfelder sind Mess-, Analysen- und
Regelungstechnik, Datenanalyse sowie Informations-
und Systemtechnik.
Evonik Industries AG,
TE-VT-C, Postbereich 1024-319,
Rodenbacher Chaussee 4, D-63457 Hanau,
Tel. +49 (0) 6181 59 44 65,
E-Mail: uwe.piechottka@evonik.com
54
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5. APC – MEHR ALS PRÄDIKTIVE
MEHRGRÖSSENREGELUNG
Im Beitrag wurde die modellprädiktive Mehrgrößenregelung
als ein typisches Verfahren des APC anhand
eines Beispielprojekts vorgestellt. Im Folgenden sollen
nun zunächst einige weitere typische APC-Verfahren
und Anwendungen erläutert werden. Anschließend
soll ein Ausblick auf eine mögliche Ergänzung des
vorgestellten APC-Ansatzes gegeben werden.
5.1 APC-Verfahren und Anwendungen
Eine grundsätzliche Frage des Regelungsentwurfs ist es,
wie die zeitlichen Verläufe der Stellgrößen eines Systems
zu wählen sind, um relevante Systemgrößen entlang vorgegebener
Trajektorien zu führen. Bei kontinierlichen
Prozessen betrifft dies zum Beispiel das An- und Abfahren
von Prozessen oder den Wechsel eines Arbeitspunkts.
Die Kombination einer flachheitsbasierten Vorsteuerung
mit einem Gain-Scheduling Regler in einer sogenannten
Zwei-Freiheitsgrade-Struktur bietet eine gute Möglichkeit
zur Lösung dieses Problems [3, 9]. Ein Beispiel für eine
Anwendung ist die Neutralisation von Abwasser [3].
Auch in Semi-Batch- und Batch-Prozessen finden sich
Anwendungsmöglichkeiten für APC. Flachheitsbasierte
Steuerungen können zum Beispiel zur Prozesssteuerung
(Chylla-Haase-Reaktormodel, [7]) oder zur Regelung
einer Temperaturverlaufs-Trajektorie für die Reaktionsmasse
eines Semi-Batch-Polymerisationsprozesses
[4, 9] verwendet werden. In [2, 10, 11] werden
zudem Methoden beschrieben, die sowohl automatisierte,
optimierte Rezepsteurerungen als auch Batchzu-Batch-Optimierungen
umfassen. Dazu wird eine
Interativ Lernende Regelung verwendet.
5.2 Stationäre Echtzeit-Optimierung
In der in diesem Beitrag vorgestellten APC-Lösung wurde
beschrieben, wie mit Hilfe eines modellprädiktiven
Reglers der Prozess an den optimalen Betriebspunkt
bewegt werden kann. Der optimale Betriebspunkt wird
dabei durch Zielgrößen beziehungsweise Grenzwerte
festgelegt. Diese sind jedoch nicht immer bekannt oder
fest. Oft stellt sich daher die Frage, was der aktuell
optimale Betriebspunkt des Prozesses ist.
Methoden der stationären Echtzeit-Optimierung
(Real-Time Optimization, RTO) sind eine Möglichkeit,
um dem modellprädiktiven Regler einen optimalen Betriebspunkt
in Form von Sollwerten vorzugeben [4, 8].
Dazu wird typischerweise ein rigoroses Prozessmodell
verwendet, das beispielweise komplexe nichtlineare
Thermodynamik und Reaktionskinetiken enthält. Im
Gegensatz zum Mehrgrößenregler, der meist minütlich
den unterlagerten Basisreglern Sollwerte vorgibt, wird
die RTO in deutlich größeren Abständen durchgeführt;
ein Zeitraster von Stunden bis zu Tagen ist normal.
ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT
In der Prozessindustrie werden kontinuierliche Teilprozesse,
zum Beispiel Destillationskolonnen, meistens
noch manuell durch Anlagenfahrer betrieben,
die durch einige einschleifige Basisregelkreise unterstützt
werden. Für den Menschen ist es allerdings fast
unmöglich, einen Mehrgrößenprozess mit mehreren
Stellgrößen und mehreren Regelgrößen wie Temperaturen,
Füllständen und Qualitäten an einen optimalen
Punkt zu bringen und dort zu halten. Advanced Process
Control, im betrachteten Beispiel eine modellprädiktive
Regelung, kann einen Prozess konstant an
einem optimalen Betriebspunkt halten und so zu Einsparungen
im Energieverbrauch und bei Produktverlusten
führen.
Über den Erfolg eines APC-Projektes entscheiden neben
der technischen Lösung die Kommunikation und
Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten.
Nur so können Akzeptanz und Vertrauen in die neue
Technologie entstehen und eine nachhaltige Verbesserung
erzielt werden.
MANUSKRIPTEINGANG
24.10.2013
REFERENZEN
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
[1] Bauer, M., Craig, I.: Economic assessment of advanced process control –
A survey and framework. Journal of Process Control 18(1), S. 2–18, 2008
[2] Hagenmeyer, V., Piechottka, U.: Innovative Prozessführung – Erfahrungen
und Perspektiven. atp – Automatisierungstechnische Praxis 51(1‐2),
S. 48–64, 2009
[3] Abel, D., Epple U., Spohr, G.-U.: Integration von Advanced Control in der
Prozessindustrie. WILEY-VCH Verlag 2008
[4] Krämer, S., Bamberg, A., Dünnebier, G., Hagenmeyer, V., Piechottka, U.,
Schmitz, S.: Prozessführung: Beispiele, Erfahrung und Entwicklung.
atp – Automatisierungstechnische Praxis 50(2), S. 68‐80, 2008
[5] Dittmar, R., Pfeiffer, B.-M.: Modellbasierte prädiktive Regelung in der
industriellen Praxis. at – Automatisierungstechnik 54(12), S. 590‐601, 2006
[6] Froisy, J. B.: Model predictive control‐Building a bridge between theory and
practice. Computers & Chemical Engineering 30(10‐12), S. 1426‐1435, 2006
[7] Pfeiffer, B.-M., Schneider, M.: Flachheitsbasierte Steuerstrategien für
Batch-Reaktoren (Flatness based Feedforward Control Strategies for Batch
Reactors). at – Automatisierungstechnik 54(2), S. 78‐92, 2006
[8] Tatjewski, P.: Advanced control and on-line process optimization in
multilayer structures. Annual Reviews in Control 32(1), S. 71‐85, 2008
[9] Hagenmeyer, V., .Nohr, M.: Flatness-based two-degree-of-freedom control
of industrial semi-batch reactors using a new observation model for an
extended Kalman filter approach. International Journal of Control 81(3),
S. 428-438, 2008
[10] Deis, W.: Ganzheitlich optimierte Prozesse – effiziente Prozessführung
endet nicht mit der schnellen Lösung der Regelungsaufgabe. In: Tagungsband
Automation, S. 213-216. VDI 2009
[11] Kahrs, O., Dünnebier, G., Krämer, S., Luft, H.: Batch-Prozessführung
– Potenziale und Herausforderungen. atp edition – Automatisierungstechnische
Praxis 53(1-2), S. 56‐60, 2011
atp edition
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55
HAUPTBEITRAG
Regelgütemanagement
Überwachung und Optimierung der Basisregelung
Die Basisregelung einer prozesstechnischen Anlage sollte optimal eingestellt sein,
um auf schwankende Anlagenauslastung flexibler reagieren und um gehobene Regelungs-
und Prozessführungsstrategien erfolgreich einsetzen zu können. Dies kann
nur durch kontinuierliche Überwachung und Optimierungen sichergestellt werden.
Eine manuelle Überwachung und Instandhaltung aller Regelkreise ist bei größeren
Anlagen schwierig. Es bietet sich der Einsatz von softwarebasierten Analysewerkzeugen
an, mit denen eine Priorisierung und ein Ressourcenmanagement einfach
erreicht werden kann. Diesen Prozess bezeichnen die Autoren als Regelgütemanagement.
Der Beitrag beschreibt die grundsätzlichen Anforderungen an ein Regelgütemanagement
aus Anwendersicht. Dabei werden neben Aspekten zur Überwachung
und Optimierung die Anforderungen an die verwendete Software diskutiert und
Randbedingungen und organisatorische Maßnahmen für eine erfolgreiche Durchführung
des gesamten Arbeitsprozesses vorgestellt.
SCHLAGWÖRTER Regelgütemanagement / Controller Performance Management /
PID-Regelung / Basisregelung
Controller Performance Management –
Monitoring and Optimisation
The regulatory control layer of process plants should be tuned to make it possible to
react to varying loads, but also so that advanced control and optimisation can be
implemented successfully. This can only be achieved by continuous monitoring and
optimisation. The larger the plant, the more difficult manual optimisation becomes.
It therefore seems prudent to employ software based analysis tools for better selection
and resource management. We call this process “Controller Performance Management”.
We describe the requirements of controller performance management from
a practical viewpoint. We discuss monitoring as well as optimisation but also software
and organisational requirements for the successful implementation of the complete
controller performance management workflow.
KEYWORDS controller performance management / PID control / regulatory control
56
atp edition
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FLORIAN WOLFF, BASF
STEFAN KRÄMER, Ineos
Die zunehmende Volatilität der Märkte und die
dadurch schwankende Auslastung der Anlagen
in der Prozessindustrie erfordert eine immer
flexiblere Fahrweise, die sich nur durch
kontinuierliche Optimierungen sicherstellen
lässt. In diesem Zusammenhang ist eine ständige Überprüfung
und Anpassung der eingesetzten Basisregelungen
im Prozessleitsystem notwendig. Typische Verbesserungsmaßnahmen
reichen dabei vom einfachen
Reglertuning über die Einführung erweiterter Regelkreisstrukturen
(z.B. Störgrößenaufschaltung) bis zum
Tausch falsch dimensionierter Stellgeräte.
Die übereinstimmende Aussage in vorhandener Literatur
ist, dass die Basisregelung per se gut eingestellt
sein muss und als unterlagerte Regelung für gehobene
Regelungs- und Prozessführungsstrategien eine wichtige
Komponente darstellt [1-6]. Nur durch eine gute
Basisregelung kann eine optimale Prozessführung
erreicht werden. Die Korrektur einzelner beschränkender
Regelkreise, die identifiziert werden müssen,
erlaubt oft deutliche Durchsatzerhöhungen oder Energieersparnisse.
Eine manuelle Überwachung und Instandhaltung aller
Regelkreise ist nur bei kleinen Anlagen problemlos möglich,
bei größeren Anlagen aufgrund der hohen Anzahl
der Regelungen jedoch schwierig. Zur laufenden Überwachung
und Verbesserung der Regelgüte bietet sich der
Einsatz von softwarebasierten Analysewerkzeugen an,
mit denen eine einfache Priorisierung der notwendigen
Tätigkeiten und damit ein effizienter Ressourceneinsatz
erreicht werden kann. Ziel ist es insbesondere, die limitierten
Ressourcen im Bereich des Technikpersonals zur
Lösung von Regelungsproblemen sinnvoll einzusetzen
und Effizienzgewinne bei der Identifizierung notwendiger
oder optimierender Maßnahmen zu realisieren. Diesen
Prozess bezeichnen wir als Regelgütemanagement
(controller performance management, CPM).
Der Einsatz von spezieller Software für das Regelgütemanagement
in der Prozessindustrie wird mittelfristig
die Arbeitsweise und die Aufgaben des Personals
der Prozessleittechnik (PLT) bedeutend beeinflussen.
Es ergeben sich daraus neue Anforderungen an die PLT-
Hersteller bezüglich Funktionalitäten der Produkte
und Schnittstellen sowie an die Aus- und Weiterbildung
des PLT-Fachpersonals.
Dieser Beitrag beschreibt die grundsätzlichen Anforderungen
an ein Regelgütemanagement aus Anwendersicht.
Dabei werden neben Aspekten zur Überwachung
und Optimierung die Anforderungen an die verwendete
Software diskutiert und Randbedingungen und
organisatorische Maßnahmen für eine erfolgreiche
Durchführung des gesamten Arbeitsprozesses vorgestellt.
Die behandelten Aspekte zum Regelgütemanagement
sind auch Inhalt einer geplanten Namur-Empfehlung
zu diesem Thema [7].
Die mathematischen Grundlagen und Methoden des
Regelgütemanagements werden in der Literatur ausführlich
behandelt. Einen guten Einstieg mit einer umfassenden
Liste weiterer Literatur zu den Konzepten zur
Überwachung von Regelkreisen bietet [8]. Dort werden
aus technischer und wirtschaftlicher Sicht Methoden
zur daten- oder modellbasierten Leistungsbewertung
(benchmarking) sowie Algorithmen zur Erkennung einzelner
Faktoren (etwa Haftreibung, Schwingungen) vorgestellt
und anhand von Beispielen verdeutlicht. In [9]
werden neben Methoden zur Bewertung der Regelgüte
ferner Anforderungen an Software und zugehörige
Dienstleistungen umrissen. Darüber hinaus gibt es zu
den für eine erfolgreiche Anwendung des Regelgütemanagements
ebenso wichtigen, praktischen und organisatorischen
Aspekten nur wenige wissenschaftliche
Veröffentlichungen, beispielsweise [10] und [11].
1. BASISREGELUNGEN IM PROZESSLEITSYSTEM
Die Aufgabe einer Regelung ist das Erreichen und Halten
eines messbaren Prozesswertes (Ist-Wert oder Regelgröße,
wie beispielsweise Durchfluss) an einem vorgegebenen
Sollwert durch gezielte Veränderung einer diesen Prozesswert
beeinflussenden Stellgröße ( zum Beispiel Ventilstellung).
Als Basisregelung werden die die Regelungen
bezeichnet, die auf der untersten Ebene der Automatisierungshierarchie
im Prozessleitsystem enthalten sind.
atp edition
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57
HAUPTBEITRAG
Klassisch sind dies PID-Regler (proportional integral
derivative controller) in folgenden Strukturen:
Regelungen, die durch Stellung eines Ventils
direkt eine bestimmte Regelgröße beeinflussen
(beispielsweise Durchfluss, Füllstand)
Split-Range-Regelungen
Auswahlregelungen (auch Überwachungs-,
Override- oder Stand-by-Regelungen)
Einstufige Kaskadenregelungen
Regelungen mit Aufschaltung messbarer Störgrößen
Die Sollwerte dieser Regelungen werden entweder vom
Bediener oder von höheren Ebenen der Automatisierungshierarchie
vorgegeben.
Eine gute Basisregelung erfüllt die oben beschriebene
Aufgabe in einem möglichst weiten Arbeitsbereich (gekennzeichnet
durch beispielsweise einen großen Temperaturbereich)
und unter verschiedenen Störeinflüssen
(wechselnde Zulauf- oder Außentemperaturen)
entsprechend der folgenden Vorgaben:
Geschwindigkeit,
Führungsverhalten,
Störungsausregelung,
Einhaltung der maximal zulässigen Abweichung
vom Sollwert,
keine Schwingungen,
keine Bedieneingriffe.
Eine typische petrochemische Anlage enthält, abhängig
von ihrer Komplexität, zwischen 50 und 1 000 Regelkreise.
Eine Salpetersäureanlage, eine Butadienanlage
oder eine Glykolanlage benötigt zwischen 50 und
100 Regelkreise, eine größere Anlage, wie eine Ammoniakanlage
oder Ethylenoxidanlage, nutzt 200 bis 400
Regelkreise, während ein Steamcracker bis zu 1 000
Regelkreise umfasst. Von diesen Regelkreisen sind im
Normalfall zirka 50 % Druck- und Durchflussregler, die
häufig direkt ein Ventil ansteuern, der Rest verteilt sich
auf Temperatur-, Füllstands- und Spezialregler, oft in
kaskadierten Strukturen.
2. KONTINUIERLICHER VERBESSERUNGSPROZESS
Die Regelgüte von Basisregelkreisen lässt sich dauerhaft
nur verbessern durch laufende Überwachung und regelmäßige
Optimierungsmaßnahmen. Eine iterative Vorgehensweise
wird aufgrund der vielen Regelkreise empfohlen,
bei der in jedem Schritt nur ein Teil der Regelungen
betrachtet und optimiert wird. Sich ändernde Randbedingungen
führen dazu, dass viele Regelkreise wiederholt
betrachtet werden müssen. Diese Ziele sind durch den
Einsatz eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
(KVP), wie er in Bild 1 dargestellt ist, erreichbar.
Die grundlegenden Aufgaben in diesem Verbesserungsprozess
sind:
1 | Analysephase: Auf Basis der betrieblichen Messdaten
der Basisregelkreise (Istwert, Sollwert,
Stellwert, Reglermodus) und möglicherweise der
Regelungsart (Durchfluss, Füllstand) sowie der
Regelungsstruktur (Kaskade, Störgrößenaufschaltung)
ist die Regelgüte für jeden Regelkreis zu
bestimmen und zu bewerten . Mit den Analyseergebnissen
kann dann unter Berücksichtigung
der betrieblichen Gegebenheiten die notwendige
Priorisierung durchgeführt werden. Bei der typischen
Anlagengröße erfordert die Analysephase
den Einsatz geeigneter Software.
2 | Optimierungsphase: Die Hinweise auf Verbesserungspotenziale
aus der Analysephase sind auf
mögliche Ursachen zu untersuchen. Daraus lassen
sich dann die notwendigen Maßnahmen ableiten.
Sie erfordert häufig Prozesswissen und sollte in
Abstimmung mit allen Beteiligten (Betriebsmannschaft,
gegebenenfalls zentrale Facheinheiten)
durchgeführt werden. Für jeden untersuchten
Regelkreis sind Maßnahmen festzulegen, umzusetzen
und zu dokumentieren (Überprüfung von
Sensoren oder Ventilen, Reglertuning, Strukturoder
Verfahrensänderungen).
Das Ziel ist, dass Produktionsbetriebe oder kompetente
Dienstleister den kontinuierlichen Verbesserungsprozess
selbstständig durchführen und nur bei Bedarf die Unterstützung
von Experten in Anspruch nehmen. Für die langfristig
erfolgreiche Durchführung des kontinuierlichen
Verbesserungsprozesses sind folgende Punkte essenziell:
Die regelmäßige Durchführung unter Einbeziehung
aller notwendigen Teilnehmer muss von einer verantwortlichen
Person koordiniert und moderiert werden.
Es müssen alle Schritte des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
durchgeführt werden.
Dem Verbesserungsprozess müssen ausreichend Bearbeitungszeit
und weitere notwendige Ressourcen
über einen längeren Zeitraum eingeräumt werden.
Um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren,
ist es hilfreich, zunächst unter Anleitung eines
Experten in Regelgütemanagement eine Analyse aller
Regelkreise durchzuführen und einen Teil der Regelkreise,
die nicht die Kriterien guter Basisregelung erfüllen,
zu optimieren. Dabei sollte, falls nötig, auch das
Feintuning der eingesetzten Analysesoftware erfolgen.
3. ASPEKTE DER ÜBERWACHUNG UND OPTIMIERUNG
Das erfolgreiche Regelgütemanagement im KVP steht
auf vier Säulen,
1 | der Berechnung von aussagekräftigen Kenngrößen
(key performance indicators, KPI),
2 | einer nutzergerecht interpretierbaren Darstellung
von KPI,
3 | einer Möglichkeit zum Tunen von Reglern und
4 | einem gelebten Arbeitsprozess (Workflow) des Regelgütemanagements
mit softwareunterstützter
Handlungsdokumentation.
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Prozessdaten,
Zielvorgaben
Softwaregestützte
Analyse
KPI
BILD 1:
Kontinuierlicher
Verbesserungsprozess
(KVP)
Umsetzung
Ableitung von
Maßnahmen
KPI Zustände / Wertebereich Zusatzinformationen
Übersicht
Global-Regelgüte In Ordnung / Verbesserungsbedarf zuverlässig: ja / nein
Detailanalyse
Regler benötigt 0–100% der Zeit –
Regler im Eingriff
Nein: Handbetrieb
Nein: Sättigung
Schwingungen
Form
Periodendauer
Amplitude
Regelgeschwindigkeit
0–100% der Zeit
0–100% der Zeit
0–100% der Zeit
0–100% der Zeit
harmonisch / mit Oberwellen
in Minuten
Absolutwert / % des mittl. Ist-Werts
zu langsam / in Ordnung / zu schnell
(bezogen auf Zielvorgabe)
–
–
–
–
zuverlässig: ja / nein
Schwankungsbreite
Schwankungsbreite
zuverlässig: ja / nein
Aktorprobleme In Ordnung / signifikant zuverlässig: ja / nein
Sensorprobleme
In Ordnung / signifikant
Signal/Rausch-Verhältnis,
Ausreißer
Stellaufwand In Ordnung / zu hoch zuverlässig: ja / nein
Manuelle Eingriffe Anzahl pro Bediener und Tag –
TABELLE 1:
Übersicht der
Kenngrößen und
deren Ausgabe
3.1 Kenngrößen (KPI)
Für die Nutzung innerhalb des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
sollte eine Software eine Mindestanzahl
von Kenngrößen bereitstellen, die dem Nutzer direkt
eingängig sind. Zu diesen Kenngrößen gehören:
Für die Übersicht (einfache Anwendung): Für die
Übersicht wird ein KPI benötigt, der die Gesamt-
Regelgüte des Regelkreises möglichst objektiv abbildet.
Es reicht, wenn der KPI den Regelkreis in
den Kategorien In Ordnung und Es besteht Verbesserungsbedarf
bewertet. Der KPI muss eine Angabe
zu seiner Verlässlichkeit beinhalten. Bei Verbesserungsbedarf
ist ein Hinweis auf mögliche Ursachen
erforderlich. Die Auswertung muss vor allem robust
sein: Wenn ein Regelkreis einen Regelfehler
hat, dessen Standardabweichung kleiner als die
des Messrauschens ist, ist er In Ordnung.
Für die Detailanalyse (Experte) werden Einzel-KPI
benötigt, die der Nutzer heranzieht, um dem Problem
eines Regelkreises auf den Grund zu gehen.
Diese stellen die Basis der Übersichtsbewertung
dar. Folgende Information sollte aus diesen KPI
hervorgehen, Tabelle 1 gibt eine Übersicht der Bewertungsart:
Wurde der Regler während der Analysezeit benötigt,
wenn ja, wie lange (Ausschluss von Auswahl-
Reglern oder Reglern bei Anlagenabstellungen)?
War der Regler im Eingriff? Wenn nein:
– War der Regler auf Hand?
– War der Regler in der Sättigung, war die Sättigung
am oberen oder unteren Ende des Stellbereichs?
Schwingt der Regler? Wenn ja,
– wie häufig?
– ist es eine harmonische Schwingung oder treten
Oberwellen auf?
– bei welcher Frequenz?
– mit welcher Amplitude?
Ist die Regelgeschwindigkeit adäquat für den Prozess?
Gibt es Probleme mit Aktoren (hakende Ventile)?
Gibt es Probleme mit Sensoren (großes Messrauschen)?
Nutzt das Verhalten des Reglers den Aktor stark ab
und verschenkt somit auch Steuerenergie (Stellaufwand)?
Häufigkeit der Handeingriffe (Stell- oder Sollwertänderungen)?
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59
HAUPTBEITRAG
Um KPI sauber zu bewerten, müssen sie bestimmte Kriterien
erfüllen:
1 | Zahlenwerte sollten in Relation zu geeigneten Prozessgrößen
angegeben werden, beispielsweise in
Prozent des Sollwerts, des durchschnittlichen Messwerts
oder Messbereichs oder des mittleren Regelfehlers;
gegebenenfalls müssen sie auf Abtastung,
Analysezeitraum oder Messbereich normiert werden.
2 | Alle KPI werden nur für den Zeitraum, in dem der
Regler benötigt wird, berechnet. Dies ist relevant
für Auswahlregler, Batch-Prozesse, Anfahrregler,
Anlagenstillstände und ähnliche Phänomene.
3 | KPI müssen, wenn sinnvoll, für Anlagenteile aggregierbar
sein, um eine Übersicht über Anlagenteile
oder die Gesamtanlage zu erhalten (Mittelwert
über Anlagenteile).
4 | KPI müssen historisiert werden und in Plots anzeigbar
sein. Hier sollten Zusammenfassungen
über Zeiträume möglich sein, zum Beispiel über
Box-Whisker-Plots.
5 | KPI sollten korreliert werden können oder automatisch
korreliert werden, beispielsweise Last
mit Schwingungen oder Regelgeschwindigkeit.
Zusätzlich zu den KPI sollte eine Software den Nutzer
durch Hinweise auf mögliche Ursachen bei der weiteren
Arbeit unterstützen, zum Beispiel bei Ventilhaken
oder ungeeigneten Reglerparametern.
Einige Regelkreise bedürfen einer besonderen Behandlung,
was bei der Bewertung zu berücksichtigen
ist. Dazu gehören Pufferstandregelungen und Analyseregelungen:
Bei Pufferstandregelungen müssen Störungen
im Zulauf stark gedämpft an den Ablauf weitergegeben
werden, wobei der Stand in einem relativ großen
Bereich gehalten werden muss. Bei Analyseregelungen
sind oft lange oder unregelmäßige Abtast- und
Totzeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren wird in
Punkt 5 der immer vorhandene Mehrgrößencharakter
von Chemieanlagen, in denen stets verkoppelte Strukturen
bestehen, bereits teilweise zum Ausdruck gebracht.
Bei deutlicher physikalischer Kopplung oder bei
durch Regelungsstrukturen geschaffenen Kopplungen
müssen die gekoppelten Regelkreise besonders betrachtet
werden, da bei diesen Strukturen die optimale Einstellung
aller Einzelregler nicht das Optimum für die
Anlage darstellen muss.
3.2 Darstellung der Kenngrößen
Gute Berechnungen und gute KPI (das heißt robuste und
aussagekräftige Zahlenwerte und Hinweise) sind die
mathematische und inhaltliche Basis eines Regelgütemanagementsystems.
Darauf aufbauend ist eine geeignete
Darstellung der Ergebnisse erforderlich. Nur
eine gute rollenbasierte Darstellung der Ergebnisse erlaubt
es dem Benutzer, die theoretischen Ergebnisse
gewinnbringend in die Praxis umzusetzen. Geeignete
Schnittstellen müssen dem Benutzer die Flexibilität
geben, neben der integrierten Darstellungsfunktion externe
Visualisierungs-Software einzusetzen. Die integrierte
Darstellungsfunktion muss eine sinnvolle Anzahl
solcher Berichte bereits standardmäßig an Bord
haben, vergleiche Abschnitt 4.
Verfügbare Visualisierungs-Software ist gegebenenfalls
besser in der Lage, ein gutes Berichtswesen durch
alle Hierarchieebenen zu etablieren. Daraus ergeben
sich Anforderungen an die Schnittstellen des Regelgütemanagementsystems
zu anderen Softwarepaketen,
siehe Abschnitt 4.1.
Die Berichte müssen sich an die Ebene des Nutzers
in der Hierarchie anpassen lassen (rollenbasierte Darstellung).
Ein Anlagenleiter möchte eher eine Übersicht
sehen und eher einen Arbeitsprozess anstoßen, während
der PLT-Spezialist viele Details erfahren möchte.
Die verwendete Darstellung muss ein hierarchisch gestuftes,
topologisches Reporting anbieten und die Anlagenhierarchie
abbilden.
Die folgenden Berichte stellen Beispiele an Darstellungsmöglichkeiten
dar, die das Regelgütemanagement
bieten muss:
Top-X-Listen von
schlechten Reglern (auf Basis der Übersichts-KPI)
langsamen Reglern
aggressiven Reglern
schwingenden Reglern
Reglern auf Hand
Reglern mit hakendem Ventil
Reglern in Sättigung
Regelgüte eines Prozesses bezogen auf die Last
Regelgüte während An- und Abfahrphasen, in
Batch-Prozessen und während Produktwechseln
Ein Regelgütemanagementsystem sollte konfigurierbar
Meldungen an Nutzer absetzen. Bei deren Konfiguration
sollten die Vorgaben aus den Empfehlungen
für Alarm Management [12], berücksichtigt werden.
Das Verschicken einer E-Mail, ebenso die Alarmierung
im Prozessleitsystem sind technische Möglichkeiten,
wie ein Regelgütemanagement diese Forderung
erfüllen kann.
3.3 Regleroptimierung (Tuning)
Zum Regelgütemanagement gehört ein Werkzeug zur
Reglereinstellung, also zur Einstellung des P, I und
D-Anteils eines PID-Reglers. Änderungen an den Tuning-Parametern
muss das Regelgütemanagement
dokumentieren.
An ein Werkzeug für die Reglereinstellung werden
folgende Mindestanforderungen gestellt [13]:
1 | Versuchsdaten können sehr einfach (am besten
mit der bestehenden Konfiguration des PLS) ausgelesen
werden, historisch oder live.
2 | Das Werkzeug hat einen guten Einstellalgorithmus,
der aus Identifikation eines Modells und
Reglereinstellregeln besteht. Der Nutzer kann
60
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anpassen, wie schnell der Regler sein soll und
welche Aufgabe er hat. Die Mindestanforderung
umfasst hier:
a | Führungsverhalten
b | Störverhalten
3 | Eine Bewertung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse
muss verfügbar sein (Warnhinweise bei ungenügender
Modellgüte und daraus resultierenden
unzuverlässigen Reglerparametern).
4 | Die Ergebnisse werden passend für das vorhandene
Leitsystem ausgegeben.
3.4 Arbeitsprozess (Workflow)
Der Arbeitsprozess des Regelgütemanagements ergibt
sich aus dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess,
den die Software unterstützen muss (siehe Bild 1). Dazu
sind folgende Kompetenzen notwendig:
Verfahrenskompetenz (Verfahrensingenieur): kennt
den Gesamtprozess, kann Auswirkungen von Änderungen
beurteilen und gegebenenfalls weitere
Maßnahmen veranlassen
Anlagenkompetenz (Schichtführer): kennt typische
Fahrweise und Probleme und deren Historie
PLT-Kompetenz (PLT-Techniker): kennt Möglichkeiten
der Umsetzung im PLS & Instrumentierung,
Reglertuning
APC-Kompetenz (APC-Ingenieur): kann komplexe
Lösungsansätze einbringen und bewerten, Berater
im KVP, erkennt Potenziale für Advanced-Process-
Control-Lösungen
Zur Einführung des Regelgütemanagements empfehlen
sich mehrere Schritte, die zu durchlaufen sind:
1 | Festlegung von Rollen: Wie ein Projekt sollte der
Workflow eines gelebten Regelgütemanagements
Personen in verschiedenen Hierarchieebenen umfassen.
Daraus ergeben sich mindestens die folgenden
Rollen:
a | IT-Experte: Sorgt für ein reibungslos funktionierendes,
technisches System
b | Initiator: Sucht Regelkreise heraus, die analysiert
werden müssen
c | Optimierer: Analysiert einzelne Regelkreise
auf deren Verbesserungspotenzial und leitet
Maßnahmen ab
d | Umsetzer: Setzt Verbesserungsvorschläge an
den ausgewählten Reglern um, beispielsweise
Reglertuning
e | Berichterstatter
f | KVP-Verantwortlicher
Die Rollen b bis d müssen von einem Team, dessen
Mitglieder alle Aufgaben beherrschen, durchgeführt
werden. Dieses Team benötigt handfeste
Unterstützung aus der Ebene der Betriebsleitung,
unter anderem, da unter anderem viele kleine
Sprungversuche an der Anlage durchgeführt werden
müssen.
2 | Die Erstoptimierung sollte aus der Erfahrung der
Autoren nicht entfallen. Der Grund dafür liegt
in der Effizienz des einmal eingearbeiteten Personals
und der Herstellung einer guten Ausgangsbasis,
gegen die ein KVP dann gute Ergebnisse
bringen kann. Wir empfehlen, die Erstoptimierung
auf Projektbasis durchzuführen. Dabei
muss das Personal, das den KVP und die
Instandhaltung im Betrieb übernehmen soll,
bereits aktiv eingebunden werden. Erfahrungsgemäß
sind für die Erstoptimierung mindestens
vier Wochen einzuplanen.
Die Erstoptimierung besteht aus folgenden Schritten:
a | Festlegung der Regler, die in der Erstoptimierung
zu betrachten sind
b | Erster Optimierungsdurchgang (ohne Anlagenkenntnis
möglich)
I | Hand/Automatik hinterfragen
II | Schwingen und Ventilhaken beheben
III | Regler mit hohen Alarm oder Eingriffswerten
hinterfragen
IV | Alle Durchfluss- und Druckregler, die mit
einem Tuning-Werkzeug schnell einstellbar
sind, einstellen
c | Zweiter Optimierungsdurchgang
I | Oft führt das Einstellen der Durchflussund
Druckregler zu einer allgemeinen
Verbesserung. Daher ist eine erneute Auswahl
der zu betrachtenden Regler durch
den Initiator notwendig
II | Regelungsstruktur bewerten, zum Beispiel
Kaskaden, Aufschaltungen
III | Bei reinen Tuning-Problemen: diese Regler
tunen
IV | Bei Prozessproblemen: Instandhaltung
einplanen
V | Bei Regelungsstruktur- und deutlichen
Kopplungsproblemen: Advanced-Process-
Control-Personal hinzuziehen
d | Übergabe in die kontinuierliche Verbesserung
3 | Kontinuierliche Verbesserung: Dieser iterative
Prozess nutzt dieselbe Vorgehensweise wie die
Erstoptimierung, jedoch nur für Regler, die
durch die KPI als Nicht in Ordnung identifiziert
wurden. Der KVP ist daher einfacher, wenn die
Anlage vorab durch eine Erstoptimierung gut
eingestellt wurde.
Für die Durchführung des KVP ist in verschiedenen
Bereichen Anlagenkenntnis erforderlich, beispielsweise
für die Festlegung von Zielvorgaben. Auch wenn sich
30 % bis 40 % der Regler ohne Anlagenkenntnis auf ein
gutes Regelungsverhalten einstellen lassen, werden mit
Anlagenkenntnis bessere Ergebnisse erzielt.
Einige oder alle Rollen sowie die Optimierung können
externe Partner übernehmen, wenn internes Personal
für die Aufgabe nicht zur Verfügung steht. Ebenso
kann dafür eine passende Software nur für eine
beschränkte Zeit an die Anlage angeschlossen werden
(software as a service).
atp edition
3 / 2014
61
HAUPTBEITRAG
4. ANFORDERUNGEN AN DIE SOFTWARE
Grundsätzlich stehen zwei Ansätze zur softwarebasierten
Regelgüteüberwachung zur Verfügung. Die erste Möglichkeit
besteht darin, solche Analysewerkzeuge in moderne
Prozessleitsysteme (PLS) zu integrieren, die die
PLS-intern vorhandene Information über die Basisregelungen
nutzen. Dies hat den Vorteil, dass das Analysewerkzeug
über alle im PLS gesammelten Daten verfügt,
ohne eine externe Schnittstelle zu benötigen, und alle
Möglichkeiten des PLS berücksichtigen kann. Aus dem
Einsatz verschiedener PLS-Versionen oder gar verschiedenen
Produkten mehrerer PLS-Hersteller resultiert jedoch
eine möglicherweise nur schwer zu beherrschende
Vielfalt an Analysewerkzeugen und -möglichkeiten, sodass
dieser Ansatz hauptsächlich bei einer einheitlichen
PLS-Landschaft oder Einzelanlagen vorteilhaft erscheint.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, Lösungen PLSunabhängiger
Lieferanten zu nutzen. In diesem Fall
muss die relevante Information aus dem PLS extrahiert
und der Analysesoftware übermittelt werden. Dieser
Ansatz verursacht einen höheren Installations- und
Konfigurationsaufwand, bietet aber ein einheitliches
Werkzeug unabhängig vom PLS-Hersteller oder der eingesetzten
PLS-Version. Damit muss das notwendige
Know-how nur für ein System aufgebaut und vorgehalten
werden, sodass sich im Fall einer vorhandenen PLS-
Vielfalt erhebliche Effizienzvorteile ergeben können.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Anforderungen
an Lösungen PLS-unabhängiger Lieferanten,
können jedoch sinngemäß ebenso auf PLS-interne Lösungen
übertragen werden. Einige Aspekte (zur Administration
und Konfiguration) spielen bei PLS-internen
Lösungen keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
Insgesamt empfiehlt es sich, vor der Einführung eines
Regelgütemanagementsystems die in Frage kommenden
Softwarepakete auf die im Abschnitt 3 genannten Punkte
gemäß den Anforderungen im Unternehmen zu überprüfen.
4.1 Benutzeranforderungen
Die grundsätzlichen Anforderungen an ein Regelgütemanagementsystem
aus Benutzersicht entsprechen prinzipiell
denen für andere Softwareprodukte und sind in ISO/
IEC 9126 [14] beziehungsweise dem Nachfolger ISO/
IEC 25000 [15] festgelegt. Vor der Entscheidung für ein Softwarepaket
eines bestimmten Anbieters sollte unter Berücksichtigung
der speziellen Anforderungen im Unternehmen
oder der Einsatzumgebung geprüft werden, inwieweit sich
das Softwarepaket für den angestrebten Zweck eignet. Die
Erfahrung zeigt, dass die nachfolgend aufgeführten Aspekte
intensiv und kritisch geprüft werden müssen:
Funktionalität:
Bietet die Software alle notwendigen Funktionen
für eine erfolgreiche Durchführung des Regelgütemanagements,
vergleiche Abschnitt 3?
Liefert die Software zuverlässige Hinweise auf
mögliche Lösungsansätze (Reglertuning, Ventilprobleme)?
Sind die Analyseergebnisse korrekt oder lassen
zumindest eine Aussage über ihre Verlässlichkeit
zu (Angabe von Standardabweichungen oder Vertrauensintervallen)?
Können alle benötigten Datenquellen eingebunden
werden, vergleiche Abschnitt 4.2?
Ist die Sicherheit vor unberechtigten Zugriffen gewährleistet
und können einzelnen Nutzern oder
Nutzergruppen ausreichend fein gestaffelte Zugriffsrechte
vergeben werden?
Zuverlässigkeit:
Arbeiten alle Softwaremodule und Datenverbindungen
fehlerfrei?
Werden alle essenziellen Systemfunktionen laufend
überwacht und bei Problemen angemessene
Hinweise geliefert?
Wie verhält sich das System bei fehlenden oder
unplausiblen Daten (Messdaten, Konfigurationseinstellungen)?
Steht alle Information jederzeit und zeitnah zur
Verfügung oder gibt es häufig Verzögerungen oder
Ausfälle?
Benutzbarkeit:
Ist die Analysesoftware klar und übersichtlich
strukturiert?
Ist alle dargestellte Information für unerfahrene Anwender
verständlich und korrekt interpretierbar oder
besteht die Gefahr von Fehlinterpretationen?
Ist eine rollenbezogene Darstellung von Informationen
mit unterschiedlichem Detailgrad für verschiedene
Nutzergruppen (Betriebsleitung/Management,
Schichtmitarbeiter) möglich?
Kann die Verfügbarkeit von Softwarefunktionen für
verschiedene Nutzergruppen eingestellt werden (Root-
Cause-Analysen für Nutzer mit tiefem Fachwissen)?
Ist der Einarbeitungsaufwand angemessen?
Lässt sich die Benutzeroberfläche generell und für
einzelne Nutzer anpassen (Personalisierung von
Darstellungen und Berichten)?
Unterstützt die Analysesoftware durchgängig den
prinzipiellen Arbeitsablauf des Regelgütemanagements
(durch Dokumentationsfunktionen, Informationsaustausch
zwischen Benutzern, Darstellung
einer Änderungshistorie)?
Können maßgeschneiderte Berichte für verschiedene
Nutzergruppen automatisch erstellt und versendet
werden?
Wird der Nutzer/Administrator auf Änderungen in
unterlagerten Systemen hingewiesen, die gegebenenfalls
eine Aktion erfordern?
Kann über die Analysesoftware auf Daten aus anderen
Systemen zugegriffen werden und können
Daten aus der Analysesoftware zu anderen Systemen
exportiert werden?
Effizienz:
Ist die Arbeitsgeschwindigkeit ausreichend, das
heißt sind alle Informationen ohne zu großen Zeitaufwand
abruf- und verarbeitbar?
62
atp edition
3 / 2014
Steht der für eine ausreichende Arbeitsgeschwindigkeit
notwendige Ressourceneinsatz
(Hardware) in einem akzeptablen Verhältnis
zum Nutzen?
Wartbarkeit:
Sind Modifikationen des Systems zur Anpassung
an besondere Anforderungen einfach möglich
(zur Berücksichtigung von Besonderheiten im
betrieblichen Arbeitsablauf)?
Können Fehlfunktionen einfach behoben werden?
Kann ein vorheriger, fehlerfreier Zustand (nach
einer Fehlkonfiguration) einfach wieder hergestellt
werden?
Ist das System einfach erweiterbar (Einführung
zusätzlicher Funktionen oder Erweiterung auf
andere Produktionsanlagen)?
Können Modifikationen zu weitreichenden, unerwünschten
Konsequenzen führen oder wird
dies prinzipiell vermieden, zum Beispiel durch
geeignete Modularisierung?
Insgesamt ist es essenziell, dass alle Nutzer des Regelgütemanagementsystems
ohne großen Einarbeitungsaufwand
mit dem System arbeiten und sich auf die
gelieferte Information verlassen können. Schon eine
geringe Zahl von Fehldiagnosen kann das Vertrauen
der Nutzer in die Leistungsfähigkeit des Systems als
Ganzes und damit dessen Einsatz im Rahmen der täglichen
Arbeit entscheidend verringern.
4.2 Administration und Konfiguration
Ein PLS-unabhängiges Regelgütemanagementsystem
wird hardwareseitig typischerweise auf einer Client-
Server-Struktur installiert und kann damit prinzipiell
von beliebig vielen Nutzern dezentral genutzt werden
(im Gegensatz zu einer PLS-internen Lösung, die oft
nur von den Engineering-Stationen des PLS aus bedient
werden kann). Der Zugriff erfolgt für alle Nutzer des
Systems zum Beispiel über eine webbasierte Applikation,
administrative Aufgaben können entweder ebenfalls
webbasiert oder über direkten Zugriff auf die Server
erledigt werden.
Ein solches Regelgütemanagementsystem erfordert
eine umfassende Nutzer- und Rechteverwaltung, mit
der die Zugriffe auf die spezifischen Daten von Produktionsanlagen
(Messdaten und Regelgüteanalysen) eindeutig
festgelegt werden können und gleichzeitig ein
komfortabler Datenaustausch zwischen verschiedenen
Nutzern ermöglicht wird. Andererseits sind separate
Berechtigungen für allgemeine administrative Aufgaben
(Softwareupdates, Rechtemanagement, Datenverbindungen)
und betriebsspezifische administrative
Tätigkeiten (Hinzufügen von Regelkreisen, Anpassung
von Benchmarks) erforderlich.
Zur Vereinfachung der allgemeinen administrativen
Aufgaben empfiehlt sich neben der zentralen serverbasierten
Installation des Regelgütemanagementsystems
der Einsatz einer zentralen Systemüberwachung, die
alle Module und Datenverbindungen des Systems laufend
überwacht und im Fehlerfall entsprechend alarmiert.
Hilfreich sind weiterhin Schnittstellen, zum
Beispiel zur Übernahme von Zugriffsberechtigungen
aus anderen vorhandenen IT-Systemen.
Zur Durchführung der Regelgüteanalysen benötigt
die Software verschiedene Information (Messsignale,
Zielvorgaben/Benchmarks, gegebenenfalls weitere Statusinformation)
über jeden Regelkreis. Diese Information
stammt normalerweise aus unterschiedlichen
Quellen. Statische Information, wie Benchmarks, muss
vom Betriebspersonal auf Basis ihres Anlagen- und
Verfahrenswissens festgelegt und der Software zur
Verfügung gestellt werden. Andere strukturelle Information,
wie die Zugehörigkeit eines Regelkreises zu
einem bestimmten Anlagenteil, kann möglicherweise
aus anderen existierenden Datenquellen extrahiert
werden, wofür ebenfalls geeignete Schnittstellen erforderlich
sind.
Veränderliche Information (Messsignale) kann aus
verschiedenen Quellen (direkt aus dem PLS oder
einem zwischengeschalteten BDIS/PIMS) stammen
und wird über feste Bezeichner identifiziert, die ebenfalls
der Analysesoftware bekannt sein müssen. Es
empfiehlt sich, ein separates Kurzzeitarchiv einzusetzen,
indem alle Messdaten unkomprimiert und mit
ausreichend hoher Abtastrate für einen Zeitraum von
mehreren Wochen gepuffert werden können. Insgesamt
müssen alle für die Regelgüteanalysen notwendigen
Messdaten aus den Quellsystemen (PLS, BDIS,
PIMS, separates Kurzzeitarchiv) jederzeit mit hinreichend
hoher Qualität (das heißt insbesondere mit
ausreichend hoher Abtastrate und möglichst geringer
Datenkompression) und hoher Datenrate zur Verfügung
stehen.
Alle notwendige Information muss mit möglichst geringem
manuellen Aufwand in der Analysesoftware
konfiguriert und gepflegt werden können. Des Weiteren
ist darauf zu achten, dass alle elektronisch gespeicherten
Daten durch das Regelgütemanagementsystem aus
allen im Unternehmen vorhandenen Datenquellen ausgelesen
werden können.
Schließlich muss die Analysesoftware durch administrative
Vorgaben an den prinzipiellen Arbeitsablauf
im Unternehmen anpassbar sein, ohne dadurch den
einzelnen Nutzer zu sehr einzuschränken. Empfehlenswert
sind die rollenbasierte Vergabe von Berechtigungen
und die Einrichtung standardisierter Berichte
und Auswertungen für unterschiedliche Nutzergruppen
mit einstellbarem Detailgrad.
FAZIT
Im Beitrag werden Anforderungen an einen kontinuierlichen
Verbesserungsprozess der Regelgüte mit Softwareunterstützung
definiert. Dies bezeichnen wir als
Regelgütemanagement. Für ein gutes Regelgütemanagement
müssen viele Details beachtet werden, die im Artikel
aufgeführt worden sind. Die beschriebenen Anforderungen
erlauben eine detaillierte Prüfung,
atp edition
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63
HAUPTBEITRAG
1 | ob ein Regelgütemanagement im eigenen Betrieb
nötig und gewinnbringend ist,
2 | ob genug Personal vorhanden ist oder ein Dienstleister
einbezogen werden soll,
3 | auf welche Kriterien der Bewertung zu achten ist,
4 | wie ein Arbeitsprozess aufzubauen ist, und
5 | ob ein Softwarehersteller die auf dieser Basis definierten
Anforderungen erfüllen kann oder ein eigenes
angepasstes System aufgebaut werden muss.
AUTOREN
MANUSKRIPTEINGANG
31.10.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
DANKSAGUNG
Die Autoren danken den Mitgliedern des
Namur-Arbeitskreises 2.02 Prozessführung
für die Durchsicht des Manuskripts. Der Dank
gilt insbesondere Anja Brunberg (Evonik),
Achim Küpper (Bayer), Otmar Lorenz
(Siemens), Axel Schild (IAV), Karsten Schulze
(Linde), Constantin Wagner (RWTH Aachen)
für umfangreiche Diskussionen und
Verbesserungs vorschläge. Weiterhin bedanken
sich die Autoren beim VDI Arbeitskreis 6.22
für die konstruktive Kritik.
Dr.-Ing. FLORIAN WOLFF
(geb. 1980) ist Senior Automation
Engineer in der Fachgruppe
Advanced Process Control im
Fachzentrum für Automatisierungstechnik
bei der BASF SE.
Seine Arbeitsschwerpunkte
sind Controller Performance
Management und APC-Lösungen
für Konti-Anlagen. Seit 2014 ist er Obmann
des Namur Arbeitskreises 2.2 Prozessführung.
BASF SE,
L440, D-67056 Ludwigshafen,
Tel. +49 (0) 621 607 95 90, E-Mail: florian.wolff@basf.com
Dr.-Ing. STEFAN KRÄMER
(geb. 1972) ist Energiemanager bei
Ineos in Köln. Sein früheres
Arbeitsfeld umfasste Advanced
Process Control. Bis 2013 war er
Obmann des Namur Arbeitskreises
2.2 Prozessführung. Zusätzlich
unterrichtet er Batch Process
Operation an der Technischen
Universität Dortmund, Fachbereich Bio- und Chemieingenieurwesen.
Ineos Köln GmbH,
Standortentwicklung, Alte Str. 201, D-50769 Köln,
Tel. +49 (0) 221 355 52 65 78, E-Mail: stefan.kraemer@ineos.com
REFERENZEN
[1] Krämer, S., Bamberg, A., Dünnebier, G., Hagenmeyer, V.,
Piechottka, U., Schmitz, S.: Prozessführung: Beispiele,
Erfahrung und Entwicklung. atp – Automatisierungstechnische
Praxis 50(2), S. 68–80, 2008
[2] Hagenmeyer, V., Piechottka, U.: Innovative Prozessführung
– Erfahrungen und Perspektiven. atp – Automatisierungstechnische
Praxis 51(1-2), S. 48-64, 2009
[3] Schuler, S. (Hrsg.): Prozessführung, Oldenbourg 1999
[4] Kahrs, O.: Einsatz gehobener Automationslösungen. atp edition
– Automatisierungstechnische Praxis 54(1-2), S. 62-66, 2012
[5] Skogestad, S.: Simple analytic rules for model reduction
and PID controller tuning. Journal of Process Control 13,
S. 291-309, 2003
[6] Åström, K., Hägglund, T.: PID Controllers: Theory, Design
and Tuning. ISA 1995
[7] NE 152: Regelgütemanagement: Überwachung und Optimierung
der Basisregelung von Produktionsanlagen (Entwurf). Namur
[8] Ordys, A.W.; Uduehi, D., Johnson, M.A. (Hrsg.): Process Control
Performance Assessment: From Theory to Implementation.
Springer 2007
[9] Dittmar, R.: Control Performance Monitoring. In: Früh, K.F.,
Maier, U., Schaudel, D. (Hrsg.): Handbuch der Prozessautomatisierung
: Prozessleittechnik für verfahrenstechnische
Anlagen, S. 142-157, Oldenbourg 2009
[10] Wolff, F., Roth, M., Nohr, M., Kahrs,O.: Softwaregestützte
Regelgüteoptimierung in der chemischen Industrie –
Erfahrungen und zukünftige Anforderungen aus industrieller
Sicht. In: Tagungsband Automation, S. 161-164. VDI 2012
[11] Wolff, F.: Kontinuierliches Regelgütemanagement in der
Prozessindustrie - Herausforderungen und Erfahrungen
aus Anwendersicht, eingereicht bei ECV – TechnoPharm
[12] NA 102: Alarm Management. Namur 2003
[13] VDI 3685 Blatt 3: Adaptive Regler: Inbetriebnahmesysteme für
Regelungen, 2001
[14] ISO/IEC 25010: Systems and software engineering – Systems and
software Quality Requirements and Evaluation (SQuaRE) – System
and software quality models. ISO 2011. http://www.iso.org
[15] ISO/IEC 25000: Software engineering - Software product Quality
Requirements and Evaluation (SQuaRE) – Guide to SQuaRE.
ISO 2005. http://www.iso.org
64
atp edition
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Process Control
Systems Engineering
Process Control Systems (PCS) are distributed control systems (DCS) that are specialized
to meet specific requirements of the process industries. The text book
focuses on PCS engineering basics that are common to different domains of the
process industries. It relates to an experimental research plant which serves for
the exploration of the interaction between process modularization and process
automation methods. This permits to capture features of highly specialized and integrated
mono-product plants as well as application areas which are dominated by
locally standardized general-purpose apparatus and multi-product schemes. While
the text book’s theory is applicable for all PCS of different suppliers, the examples
refer to Siemens’ control system PCS 7. Focusing on a single PCS enables readers
to use the book in basic lectures on PCS engineering as well as in computer lab
courses, allowing students to gain hands-on experience.
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(Chefredakteur, verantwortlich
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Fakultät Elektrotechnik
und Informationstechnik
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Fachredaktion:
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Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite
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66
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3 / 2014
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Handbuch der Prozessautomatisierung
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