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Sinn durch Sinnlichkeit? - Institut für Sexualpädagogik

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Forum 2<br />

Sabine Tolkmitt & Karlheinz Valtl<br />

Ethik und Ästhetik<br />

Oder: Wie stark darf <strong>Sexualpädagogik</strong> die <strong>Sinn</strong>e erregen?<br />

48<br />

Wieviel an<br />

sexuellen<br />

Vorgängen<br />

sollen<br />

Jugendliche<br />

<strong>durch</strong><br />

Erziehungspersonen<br />

gezeigt<br />

bekommen?<br />

I. Themenaufriß<br />

Aus der großen Bandbreite des Themas Ethik<br />

und Ästhetik wurden in diesem Diskussionsforum<br />

zwei aktuelle und im sexualpädagogischen<br />

Fachdiskurs kontrovers diskutierte Aspekte<br />

herausgegriffen: der Wert und die Problematik<br />

von a) Bildmaterial und von b) Körperund<br />

<strong>Sinn</strong>esübungen im sexualpädagogischen<br />

Handlungskontext.<br />

a) Sexualpädagogisches Bildmaterial<br />

In der <strong>Sexualpädagogik</strong> verwenden wir aus mehreren<br />

Gründen gezeichnetes und fotografisches<br />

Bildmaterial:<br />

Bilder bieten zum einen Information im Bereich<br />

der<br />

• Anatomie (nicht alles kann/soll am Körper<br />

gezeigt werden) und<br />

• sexuellen Vorgänge (weitaus die meisten sexuellen<br />

Interaktionen können/sollen in pädagogischen<br />

Handlungsfeldern nicht live gezeigt<br />

werden).<br />

Bilder dienen zum anderen der Schaffung einer<br />

günstigen emotional-affektiven Situation <strong>durch</strong><br />

• Atmosphäre (z. B. Darbietung von Stimmungselementen<br />

und Begegnung mit emotionalen<br />

Inhalten eines Themas in sexualpädagogischen<br />

Printmedien) und<br />

• Identifikation (z. B. Darstellungen von Handlungskontexten<br />

und von gleichaltrigen Personen<br />

als Stütze zum Sich-Hineinversetzen in<br />

Lebenslagen und als Identifikationsobjekte).<br />

Daran schließen sich einige kritische Fragen<br />

an, die über den pädagogischen Einsatz von Bildern<br />

entscheiden, wie z. B.:<br />

• Unter welchen Bedingungen sind Bilder tatsächlich<br />

weniger peinlich bzw. anstößig als<br />

z. B. ein Zeigen am Körper oder ein Erarbeiten<br />

mit anderen Mitteln? Wann sind Fotos<br />

und wann Zeichnungen geeigneter?<br />

• Wieviel an sexuellen Vorgängen sollen Jugendliche<br />

überhaupt <strong>durch</strong> Erziehungspersonen<br />

gezeigt bekommen – soll es nicht auch<br />

Bereiche geben, die sie ohne pädagogische<br />

Begleitung selbst entdecken?<br />

• Ist nicht der Informationswert vieler fotografischer<br />

Abbildungen so gering, daß sie nur<br />

als emotional-affektive Stimuli fungieren,<br />

während die inhaltliche Aufklärung über den<br />

(ge-sprochenen oder gedruckten) Text vermittelt<br />

wird?<br />

Neben einer solchen Abwägung des didaktischen<br />

Werts müssen wir auch sehen, daß Bilder,<br />

die intentional in pädagogischen Handlungskontexten<br />

gezeigt werden, einen anderen<br />

Status haben als jene Bilder, denen Kinder und<br />

Jugendliche in ihrer alltäglichen Lebenswelt beiläufig<br />

begegnen. Als „pädagogisches“ Material<br />

erheben sie den Anspruch, <strong>für</strong> den Lernprozeß<br />

von Wert zu sein, und da sie intentional von<br />

einer Erziehungsperson dargeboten werden,<br />

sind sie von dieser in besonderer Weise zu verantworten.<br />

Die Gründe <strong>für</strong> die im Vergleich mit<br />

der allgemeinen Medienumwelt erhöhte pädagogische<br />

Verantwortung liegen im wesentlichen<br />

in drei Prinzipien:<br />

• Schongedanke: Pädagogik hat eine Auswahl<br />

und Dosierung der möglicherweise <strong>für</strong> Kinder<br />

und Jugendliche belastenden Außenreize<br />

(und damit auch der medialen Präsentation<br />

von Realität) vorzunehmen. Dies trifft<br />

unserer Meinung nach zu bei Stimuli, die<br />

verstörend oder schockierend wirken (was<br />

bei erotisch-sexuellen Inhalten nicht notwendigerweise<br />

der Fall ist).<br />

• Begleitung: Pädagogik soll Kindern und Jugendlichen<br />

nicht die Bandbreite der Realität<br />

vorenthalten, sie soll ihnen aber <strong>durch</strong> Auswahl,<br />

abgestufte Darbietung, Kommentierung<br />

und Relativierung helfen, das Erfahrene<br />

einzuordnen. Dies gilt sowohl <strong>für</strong> primäre<br />

wie <strong>für</strong> mediale Erfahrung im pädagogischen<br />

Kontext.

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