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Psychologische Interpretation. Biographien – Texte – Tests - Jochen ...

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Die Signierungen der Antworten werden prozentual auf die Gesamt-Antwortenzahl<br />

bezogen und in einem Psychogramm zusammengefasst. Ihre Häufigkeiten<br />

können mit Erwartungswerten verglichen und bewertet werden; dies gilt<br />

auch für die Reaktionszeiten und die Deutezeiten. Schließlich werden die<br />

Häufigkeiten bestimmter Merkmale in Relation gesetzt, z. B. das Verhältnis von<br />

Ganz- zu Detailantworten und das Verhältnis von formbestimmten zu farbbestimmten<br />

Deutungen.<br />

Wie beim TAT setzt der <strong>Interpretation</strong>sprozess beim Aufforderungscharakter<br />

der Tafeln an. Fast alle Personen geben zur Tafel 5, die dazu sehr einlädt, die<br />

Deutung Fledermaus oder Schmetterling als eine Ganzantwort. Das Unterbleiben<br />

dieser populären Antwort ist auffällig, wenn die Deutung auch als Zweitantwort<br />

nicht gegeben wird. Die Tafel 2 ist die erste schwarz-rote Tafel und es werden<br />

zum Farbklecks farbbestimmte Deutungen erwartet. Dabei ist interessant, wie<br />

gut diese implizite Anforderung in die Deutung integriert werden kann, ohne<br />

dass die Formqualität leidet. Rorschachs Grundgedanke war, dass sich in den<br />

formbestimmten Antworten eher intellektuelle und in den farbbestimmten<br />

Antworten eher affektiv-triebhafte Tendenzen ausdrücken. Die durch Schattierungsunterschiede<br />

beeinflussten Antworten repräsentieren vielleicht Stimmungen<br />

und Verstimmungen. Eine wichtige Rolle spielt der sog. Erlebnistyp, welcher<br />

je nach Anzahl und nach Relation von durch Bewegung bestimmten und durch<br />

Farbe bestimmten Antworten, auf emotionale Einengung, auf Ausgeglichenheit<br />

oder auf Ausweitung bzw. auf eine introvertiert-stabile oder extravertiert-lebhafte<br />

Einstellung hinweisen kann.<br />

Wichtige Linien der <strong>Interpretation</strong> sind daher: Beobachtungsschärfe,<br />

Konzentrationsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, ganzheitliche oder detailfreudige<br />

Einstellung, weiterhin die Ausprägung von Phantasie und Originalität, aber<br />

auch mangelhafte Realitätskontrolle, Konventionalität und Stereotypie des<br />

Denkens sowie auffällige Wahrnehmungsverzerrungen. Auf der affektivtriebhaften<br />

Seite werden individuelle Unterschiede der affektiven Ansprechbarkeit,<br />

der spontanen und der kontrollierten emotionalen Reaktivität und der<br />

Stimmungslage beschrieben. Das Verhältnis von Antrieb und Kontrolle führt zu<br />

einer Beurteilung der allgemeinen Anpassungsfähigkeit.<br />

Das System der Deuteregeln ist sehr umfangreich und enthält viele spezielle<br />

Hinweise und eine Merkmalskombinatorik, die hier nicht im einzelnen dargestellt<br />

werden kann. In den Protokollen seiner psychiatrischen Patienten hatte<br />

Rorschach im Vergleich zu psychisch Gesunden vielfältige Belege für besondere<br />

Verarbeitungsweisen und extreme Auffälligkeiten gewonnen. Auf diesen<br />

Erfahrungen beruhen seine Deute-Regeln. Rorschach führte z. B. eine ungewöhnlich<br />

lange Reaktionszeit, verbunden mit einem emotionalen Ausruf oder<br />

einem auffälligen Zögern bei der Deutung (oder dem Versagen einer Antwort)<br />

auf den angesprochenen Affekt bzw. das Thema der Antwort zurück. Das<br />

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