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Psychologische Interpretation. Biographien – Texte – Tests - Jochen ...

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Müller & Enskat, 1961; Wallner, 1998). Die Lehrbücher enthalten viele Schriftbeispiele<br />

und kürzere oder längere graphologische Gutachten. Auf die Wiedergabe<br />

eines vollständigen Gutachtens kann hier verzichtet werden. Im Hinblick<br />

auf die allgemeine Methodenlehre der <strong>Interpretation</strong> werden hier nur einige<br />

Aspekte der Graphologie geschildert, wobei auch die Probleme der Untersuchungen<br />

über die empirische Gültigkeit graphologischer Aussagen diskutiert<br />

werden. Der <strong>Interpretation</strong>sprozess hat viele strategische Gemeinsamkeiten mit<br />

der <strong>Interpretation</strong> projektiver <strong>Tests</strong> (Kapitel 9). Die Graphologie stützt sich auf<br />

eine hochentwickelte Kombinatorik. Jedes einzelne Schriftmerkmal hat eine Bedeutung,<br />

die durch das Vorkommen anderer Merkmale modifiziert wird. Aus den<br />

allgemeinen Eindrucksqualitäten der Handschrift und aus den genau erfassten<br />

einzelnen Merkmalen werden <strong>Interpretation</strong>slinien entwickelt, schrittweise aufbauend<br />

und rekursiv, den Weg mehrfach durchlaufend. Bei der Kombinatorik der<br />

Merkmale sind mehrere Kontexte zu berücksichtigen, d. h. der Einzelstrich im<br />

Kontext von Buchstabe, Wort, Zeile und gesamtem Text. Die Handschrift ist<br />

geübter Bewegungsablauf, sie ist Formung von Zeichen und sie füllt einen<br />

vorgegebenen Raum. Ihr Zweck ist Information und Kommunikation, ihre<br />

Funktion ist Ausdruck und Darstellung. In diesem weiten Kontext wird das<br />

graphologische Gutachten entwickelt.<br />

10.2 Grundlagen der Graphologie<br />

Ausdruckspsychologie<br />

Als französische Schule wird die von Michon begründete Graphologie bezeichnet,<br />

welche bestimmten Schriftmerkmalen relativ feste psychologische (charakterliche)<br />

Bedeutungen zuwies. Der Graphologe übersetzte diese Zeichen (signe<br />

fixe) in psychologische Begriffe. Diese Methodik würde einer nur auf<br />

Symbollexika beruhenden Traumdeutung entsprechen. Klages (1913, 1917) hat<br />

diesen Ansatz wesentlich erweitert, indem er zwischen der Schrift als Ausdruck<br />

und der Schrift als Darstellung unterschied. Die beiden Prinzipien lauten:<br />

Das Ausdrucksprinzip:<br />

“jede ausdrückende Körperbewegung verwirklicht das Antriebserlebnis des<br />

in ihr ausgedrückten Gefühls” ... “der Ausdruck verwirklicht nach Stärke,<br />

Dauer und Richtungenfolge die Gestalt einer seelischen Regung.”<br />

(Klages, 1950, S. 148, 157)<br />

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