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Psychologische Interpretation. Biographien – Texte – Tests - Jochen ...

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eitung in Schemata, in Urteilsheuristiken und in Attributionsprozessen, Verzerrungseffekte<br />

im autobiographischen Gedächtnis, Mängel der Introspektionsfähigkeit,<br />

Grenzen des Verstehens, und die schwer einzuschätzenden Effekte der<br />

Selbstdarstellung.<br />

Der Praxisbezug von vielen der neueren Publikationen zur “qualitativen”<br />

Methodik scheint nur gering zu sein. Es werden oft die Forschungsprojekte<br />

geschildert, programmatische Hinweise gegeben, aber verhältnismäßig wenig<br />

konkrete Ergebnisse referiert. Zweifellos existiert eine Anzahl origineller Forschungsergebnisse<br />

zur Biographik und Persönlichkeitsentwicklung, auch differentiell<br />

in verschiedenen Berufs- und Altersgruppen, sowie über die biographischen<br />

Auswirkungen von chronischer Krankheit oder extremen Lebenserfahrungen<br />

und Schicksalen. Überwiegend werden jedoch einzelne Lebensläufe<br />

oder als charakteristisch angesehene Kleingruppen dargestellt. Die mögliche<br />

Typisierung und Generalisierung werden selten genauer diskutiert oder genauer<br />

untersucht. Über solche Projekte hinausgehende Konsequenzen und tatsächliche<br />

Anwendungen in bestimmten Praxisfeldern sind noch seltener.<br />

Der richtige Weg der psychologischen Empirie<br />

Wahrscheinlich ist es in hohem Maße typisch, dass es in der Psychologie kontinuierliche<br />

Auseinandersetzungen über den “richtigen” Weg gibt. Als Beispiele nur<br />

aus dem deutschen Bereich sind zu nennen: Th. Herrmann (1976), Groeben (1986),<br />

Grawe et al. (1991), von Kardorff (1991) und Mayring (1996, 1997). Es scheinen<br />

sich psychologiegeschichtlich wiederkehrende Antagonismen abzuzeichnen:<br />

Psychologie mit intentionalen (personalen) gegenüber Psychologie mit nicht-intentionalen<br />

(neuro-behavioralen) Erklärungsversuchen. Beide Ansätze scheinen sich<br />

in Kritik und Antikritik dialektisch zu bedingen (Th. Herrmann, 1987). Dies gilt<br />

auch für das ähnliche Begriffspaar Idiographik und Nomothetik. So gibt es eine<br />

lange Tradition, mit einem Zyklus von wissenschaftstheoretischen Orientierungen,<br />

Wiederholungen, Umwertungen, Wandel, Wenden und Wiederentdeckungen. Statt<br />

solcher Dualismen wird nur eine komplementäre Auffassung der Vielfalt von Aufgaben<br />

und Methoden gerecht werden können.<br />

Da keine empirischen Umfrageergebnisse existieren, ist es völlig offen, wie<br />

sich die Einstellungen tatsächlich verteilen. Die Auffassungen der publizistisch<br />

tätigen Psychologen sind sicher nicht repräsentativ. Hat vielleicht das “interpretativ-qualitative<br />

Paradigma” in der beruflichen Praxis immer dominiert?<br />

Seit einiger Zeit wird von einer biographischen Mode gesprochen, obwohl es<br />

sich vielleicht nur um Aufmerksamkeitsschwankungen des fachlichen Bewusstseins<br />

handelt. Hinsichtlich der Publikationen mit dem Wort “qualitativ” im Titel<br />

trifft dieser Eindruck eher zu.<br />

Psychologiegeschichtlich hat es gerade in der deutschsprachigen Psychologie<br />

in der Forschung und Praxis immer sehr heterogene Traditionen und Methoden-<br />

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