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Todor Kuljić (Belgrad) Zum Stand der historischen Aufarbeitung des ...

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<strong>Zum</strong> <strong>Stand</strong> <strong>der</strong> <strong>historischen</strong> <strong>Aufarbeitung</strong> <strong>des</strong> jugoslawischen Sozialismus JHK 2002 317<br />

genutzt werden. Nicht ein differenzierter, son<strong>der</strong>n ein pauschaler<br />

Antitotalitarismus bildet den Identitätskern <strong>der</strong> verschiedenen<br />

ideenpolitischen Strömungen <strong>des</strong> neuen »intellektuellen Lagers«,<br />

das auch die wissenschaftliche <strong>Aufarbeitung</strong> <strong>des</strong> jugoslawischen<br />

Sozialismus determiniert. Der Antitotalitarismus schuf einen<br />

neuen Rahmen für den Umgang mit <strong>der</strong> Vergangenheit: Er<br />

unterminierte die Sozialgeschichte und favorisierte die<br />

Politikgeschichte, die leicht in Verschwörungstheorien übergehen<br />

kann (V. Krestic, D. Cosic). Er beseitigte alte und oktroyierte<br />

neue Opfer (Nation statt Arbeitsklasse) und Täter (Kommunismus<br />

statt Kapitalismus), belebte den Konservatismus verschiedener<br />

Prägung, rehabilitierte den Faschismus und seine Kollaborateure<br />

(D. Subotic, V. Kostunica), erneuerte den Monarchismus und<br />

romantische dynastische Geschichtsschreibung (R. Ljusic, B.<br />

Gligorijevic) usw. Unter den Intellektuellen sind in zwei<br />

unterschiedlichen Wellen mehr o<strong>der</strong> weniger konstruierte Opfer<br />

entstanden, die neue Einseitigkeiten schaffen und leicht zu<br />

rezipieren sind: Die erste Welle bildeten Titos Opfer nach 1990<br />

und die zweite die Opfer von Milošević seit 2000. Der<br />

Wie<strong>der</strong>gewinn von tabuisierter Geschichte, mit neuem<br />

Opferbewußtsein begründet, endet oft im Extrem. Bei <strong>der</strong><br />

heutigen nationalkonservativen Umdeutung <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

liegt eine große Verschiebung beim Umgang mit dem Faschismus.<br />

Die notwendige Voraussetzung für die heutige nationalistische<br />

<strong>Aufarbeitung</strong> <strong>des</strong> Sozialismus bildet die Blockierung <strong>der</strong><br />

<strong>Aufarbeitung</strong> <strong>der</strong> eigenen faschistischen Vergangenheit. Seit 1990<br />

ist <strong>der</strong> Antifaschismus in die geschichtspolitische Defensive<br />

geraten. Die »vergessenen Opfer« sind nicht nur eine Folge<br />

historischer Unkenntnis, son<strong>der</strong>n die Entdeckung einer bewußten<br />

neuen Vergangenheitspolitik. Die jugoslawische Historiographie

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