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Physik des Eierkochens

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WIE LANGE MUSS MAN EIN 3 MINUTEN-EI WIRKLICH<br />

KOCHEN?<br />

Eine einfache Frage mit einer scheinbaren einfachen Antwort. Man nimmt<br />

das Ei aus dem Kühlschrank, legt es vorsichtig in das Wasser und koche<br />

es (je nach Geschmack) einige Minuten. Aus Sicht eines<br />

Naturwissenschaftlers ist dies nicht so einfach. Welche Temperatur muss<br />

das Ei besitzen? Soll das Ei in das kalte Wasser oder in das heiße Wasser<br />

gelegt werden? Und wie verhindert man das Springen <strong>des</strong> Eis? Von der<br />

Seite der Naturwissenschaft müsste ein Ei einmal ordentlich definiert<br />

werden. Ein Ei besteht aus der Schale, einer zweilagigen Haut, die sich bei<br />

der Luftblase trennt, dem Eiweiß und dem Eigelb, das durch spiralig<br />

gedrehte Stränge in der Mitte gehalten wird. Das Ei als Ganzes enthält<br />

rund 74% Wasser, 12 % Proteine und rund 11% Lipide.<br />

Die Angabe der Kochzeit von drei Minuten stammt noch aus der Zeit von<br />

vor ca. 100 Jahren, wo die Eier noch sehr klein waren.<br />

Was passiert beim Kochen <strong>des</strong> Eis?<br />

Das Eiklar besteht aus zwei Arten von Eiweiß:<br />

dem Ovalbumin und dem Conalbumin.<br />

Conalbumin beginnt bei 61.5°C zu denaturieren = wird milchig<br />

Ovalbumin beginnt bei 84.5°C zu gerinnen. =stockt<br />

Der Dotter beginnt bei 65°C zu stocken.<br />

Wenn ein Ei gekocht wird, erwärmt sich zuerst das Eiweiß, die Proteine<br />

<strong>des</strong> Eiklars beginnen zu gerinnen. Das Eiweiß beginnt bei 61,5°C zu<br />

gerinnen, es wird milchig, erst bei 84,5°C wird es hart. Damit das Eiklar<br />

stockt, benötigt es Energie. Diese Energie wird als Erstarrungsenergie<br />

bezeichnet. Während der Gerinnung <strong>des</strong> Eiklars kann keine thermische<br />

Energie an das Eigelb abgegeben werden.<br />

Das erstarrende Eiklar wirkt als thermischer Isolator für das Eigelb. Dieser<br />

Prozess absorbiert also die Energie und hält die Temperatur eine Weile bei<br />

60 °C, sodass das Eigelb noch nicht gerinnen kann.<br />

Erst wenn das Eiklar als Ganzes fest ist, kann die Wärme <strong>des</strong> Wassers<br />

über das Eiklar den Dotter erwärmen.<br />

Die Zeit bis das Eiklar eine Temperatur von 80°C erreicht hat liegt bei<br />

rund drei Minuten. Anschließend beginnt die Erstarrungsphase. Während<br />

der Erstarrungsphase bleibt das Eigelb weich.<br />

Die Zeit bis das Eiklar erstarrt ist, beträgt ungefähr zwei bis drei Minuten.<br />

Danach beginnt der Dotter zu stocken, und man bekommt ein hartes Ei.<br />

Um ein weiches Ei zu bekommen, sollte man es zwischen der dritten und<br />

der sechsten Minute aus dem heißen Wasserbad herausnehmen.


WIE KOCHT MAN EIN EI SINNVOLL?<br />

Für die Zubereitung eines Frühstückseis im Kochtopf gibt es zwei<br />

Möglichkeiten:<br />

1. Den Topf mit kaltem oder etwas wärmerem Wasser füllen und auf den<br />

Herd stellen. Ei hineingeben und einschalten. Nach gewünschter Zeit<br />

herausnehmen.<br />

2. Topf mit Wasser zum Kochen bringen, dann das Ei hineinlegen. Nach<br />

gewünschter Zeit herausnehmen.<br />

Mit welcher Methode hat man bessere Chancen ein<br />

klassisches Frühstücksei zu bekommen?<br />

Das Problem bei Variante 2: Falls man das Ei direkt aus dem Kühlschrank<br />

in das kochende Wasser gibt, könnte es springen. (Siehe später)<br />

Dafür hat man bei dieser Variante einen klar definierten Zeitpunkt, der für<br />

die Dauer <strong>des</strong> Kochens wichtig ist. Dieser ist vor allem bei mehreren Eiern<br />

von Bedeutung, da man mehr Wasser benötigt.<br />

Wie lange kocht man Eier wirklich?<br />

Eine interessante Näherungsformel dafür wurde von Peter Barham entwickelt:<br />

Der Durchmesser d <strong>des</strong> Eies wird in Milimeter angegeben - an der<br />

schmälsten Stelle, TWasser ist die Temperatur <strong>des</strong> kochenden Wassers. In<br />

einem Gefäß werden kaum 100°C erreicht - auch nicht wenn das Wasser<br />

kocht. In der Regel liegt die Temperatur von TWasser bei rund 90°C. Das Ei<br />

kann aus dem Kühlschrank kommen, oder es wurde bei Raumtemperatur<br />

gelagert. Die Starttemperatur TStart kann zwischen 5°C und 20°C betragen.<br />

Die gewünschte Endtemperatur <strong>des</strong> Inneren <strong>des</strong> Eies wird in Tinnen<br />

angegeben. Wenn man ein weiches Ei haben möchte, dann sollte der Wert<br />

Tinnen=65°C und bei einem harten Ei - Tinnen=80°C betragen. Wenn man in<br />

die Formel einsetzt, erhält man die Kochdauer t in Minuten - physikalisch<br />

ungewöhnlich, aber praktisch.<br />

Warum haben manche harten Eier einen grünen Rand um<br />

den Dotter?<br />

Wenn man Eier zu lange kocht, bildet sich ein grüner Rand. D.h. es haben<br />

sich Schwefelwasserstoffe gebildet.


WARUM SPRINGEN EIER?<br />

Eine verbreitete Meinung: Durch die Ausdehnung der Luft, springt das Ei.<br />

Überlegung: Wann springt das Ei? Das Ei springt meist gleich am Anfang<br />

<strong>des</strong> Kochvorganges, wenn man es in das Wasser legt. Das heißt, die Luft im<br />

Ei kann sich noch gar nicht ausgedehnt haben und vor allem könnte die<br />

Luft durch die Poren entweichen.<br />

Deshalb muss es einen anderen Grund geben:<br />

Das Ei springt meist im mittleren Bereich auf und nicht oben oder unten.<br />

Die Eischale besteht aus Kalkspatkristallen. Man kann sich den Vorgang<br />

analog der Plattentektonik der Erde vorstellen. In der Schale bauen sich<br />

Spannungen auf, dadurch kann es bei Temperaturänderungen passieren,<br />

dass die Schale aufgrund innerer Spannungen bricht. Einige Bereiche dieser<br />

Kalkschalen dehnen sich schneller aus als andere. Das heißt, diese<br />

Kalkplatten reiben aneinander und verursachen dadurch einen Sprung in<br />

der Eischale.<br />

Was kann man dagegen tun?<br />

Man versucht sogenannte Störungen in das Ei einzubringen, in dem man es<br />

ansticht. Dadurch entstehen auf dem ganzen Ei viele kleine Haarrisse, die<br />

man mit freiem Auge fast nicht erkennt. Es entstehen viele kleinere Platten,<br />

die aber nicht aneinander reiben und in der Schale keinen Sprung<br />

verursachen.<br />

Wo sticht man das Ei an?<br />

Man sticht im unteren Bereich <strong>des</strong> Eis ein, wo sich die Luftblase befindet,<br />

weil man dadurch die innere Eihaut nicht zerstört und das Ei nicht<br />

ausrinnen kann.<br />

Hilft ein Schuss Essig?<br />

Die Zugabe von Essigwasser beim Kochen <strong>des</strong> Frühstückseis hat den<br />

fundamentalen Nachteil, dass die ganze Küche nach Essigwasser riecht, was<br />

nicht sehr angenehm ist. Die Idee dahinter wäre die kalkauflösende Wirkung<br />

<strong>des</strong> Essigs, die aber erst nach einer gewissen Zeit (ca. 15 min) eintritt. Daher<br />

sind die Reaktionszeiten zu lange, wenn man dem Wasser Essig zufügt.<br />

Besser ist es, das Ei mit einer Essiglösung (Essig + Wasser) einzureiben oder<br />

zu beträufeln und diese anschließend einwirken zu lassen. Dadurch kann<br />

sich der Essig in die schon vorhandenen Haarrisse hineinarbeiten und sie<br />

ein bisschen vergrößern. Falls die Platten später aneinander reiben sollten,<br />

ist die Sprunggefahr nicht mehr so groß.

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