21.03.2014 Aufrufe

„Von der Kita-Mama zur Schul-Mama“ - Kita-Server Rheinland-Pfalz

„Von der Kita-Mama zur Schul-Mama“ - Kita-Server Rheinland-Pfalz

„Von der Kita-Mama zur Schul-Mama“ - Kita-Server Rheinland-Pfalz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ANGELIKA<br />

PAPILLION-PILLER<br />

Dokumentation des Projekts<br />

„Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong>“<br />

Idee, Konzept, Projektleitung:<br />

Angelika Papillion-Piller<br />

Dokumentation: Christel Ullinger<br />

Projektbegleitung: Christel Ullinger, Nebahat Yavuz, Meliha Yavuz, Selma Ince


Inhalt:<br />

1. PROJEKTBESCHREIBUNG 3<br />

2. ERKENNTNISSE AUS DER KISCHU-STUDIE – LEITFRAGEN 5<br />

3. BESTIMMUNG INHALTLICHER SCHWERPUNKTE DER FORTBILDUNG 7<br />

4. EINLADUNG ZUM FORTBILDUNGSTAG<br />

5. BESCHREIBUNG DES FORTBILDUNGSTAGES 11<br />

5.1 Zielsetzung 12<br />

5.2 Power-Point-Präsentation: Grundlage <strong>der</strong> Diskussion 13<br />

5.3 Vorschläge und Denkanstöße für zukünftiges Arbeiten 18<br />

5.4 Ist-Zustand in den Einrichtungen 20<br />

5.5 Fallarbeit 22<br />

5.6 „Hausaufgaben“ 26<br />

5.7 Reflektion des Tages 27<br />

ANHANG:<br />

a) Presse 29<br />

b) Fotogalerie 31<br />

c) KISCHU-Studie 34<br />

KONTAKT:<br />

Angelika Papillion-Piller<br />

Universität Koblenz Landau<br />

Campus Landau<br />

Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter<br />

Arbeitsbereich Interkulturelle Bildung<br />

Thomas-Nast-Str. 44<br />

76829 Landau – Deutschland<br />

06341-280-34253<br />

06341-280-34250 (Sekretariat)<br />

Seite 2 von 35


1. Projektbeschreibung<br />

„Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong>”<br />

Was Mütter zum Thema “Übergang von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>e” wissen sollten<br />

Ein Projekt <strong>zur</strong> Ausbildung von Multiplikatorinnen für die Elternarbeit<br />

mit türkischen Müttern<br />

von Angelika Papillion-Piller<br />

Studien <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>leistung bescheinigen Kin<strong>der</strong>n mit Migrationshintergrund regelmäßig<br />

schlechtere schulische Leistungen im Vergleich zu Kin<strong>der</strong>n ohne Migrationshintergrund. In<br />

<strong>der</strong> aktuellen Diskussion werden insbeson<strong>der</strong>e die Eltern dafür verantwortlich gemacht:<br />

Migranteneltern haben danach kein Interesse an <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>ausbildung ihrer Kin<strong>der</strong> und geben<br />

deshalb auch nicht die für den <strong>Schul</strong>erfolg erfor<strong>der</strong>lichen Hilfen. Verschiedene<br />

Untersuchungen zeigen demgegenüber jedoch, dass die Mehrheit <strong>der</strong> Eltern mit<br />

Migrationshintergrund hohe Erwartungen an die <strong>Schul</strong>laufbahn und die Ausbildung ihrer<br />

Kin<strong>der</strong> hat. Aus verschiedenen Gründen können Eltern diese Erwartungen und Bestrebungen<br />

allerdings nicht durch eigene Unterstützungsleistungen realisieren.<br />

Betrachtet man die Situation genauer, so treten die ersten Problemanzeichen bereits in <strong>der</strong><br />

<strong>Kita</strong> bzw. während des Prozesses <strong>der</strong> Einschulung auf. Erzieher und Lehrer klagen über eine<br />

mangelnde <strong>Schul</strong>fähigkeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und über nicht zufriedenstellende Kontakte zu<br />

Migranteneltern. Die anvisierte Erziehungs- und Bildungspartnerschaft funktioniert nicht.<br />

Vielfach wird auch die eigene Hilflosigkeit im Umgang mit Migranteneltern beklagt, sowie<br />

eine zu geringe Handlungskompetenz in diesem Interaktionsfeld eingestanden.<br />

Das Projekt<br />

”Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong>”<br />

leistet in einem ersten Schritt die Ausbildung von Erzieherinnen mit türkischem<br />

Migrations- und Sprachhintergrund zu Multiplikatorinnen.<br />

Diese sollen - in einem zweiten Schritt - Müttern mit türkischem Migrationshintergrund<br />

entsprechende Unterstützung im Übergangsprozess von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>e geben. Das wird<br />

durch spezielle Elternabende, Elterngespräche und die Vernetzung von <strong>Kita</strong>, Eltern und<br />

Grundschule im einzelnen Fall realisiert.<br />

Seit Sommer 2009 existiert im Rheinpfalz-Kreis ein Arbeitskreis für Erzieherinnen mit<br />

Migrationshintergrund, bzw. für Fachkräfte für Interkulturelle Arbeit. Dieser trifft sich<br />

Seite 3 von 35


halbjährlich, um sich über Themen <strong>der</strong> Elternarbeit, <strong>der</strong> sprachlichen För<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Fragen<br />

zu Erziehung und Sozialisation in verschiedenen Kulturen auszutauschen. Als Leiterin dieses<br />

Arbeitskreises bin ich für den jeweiligen inhaltlichen Input zuständig. Da die Erzieherinnen<br />

aus diesem Kreis für das Thema bereits sensibilisiert sind, liegt es nahe, die<br />

Multiplikatorenarbeit mit diesem Interessentenkreis zu beginnen.<br />

Der Grund dafür, dass die Fortbildung vorrangig türkischsprachige Erzieherinnen und – im<br />

nächsten Schritt – Mütter mit türkischem Migrationshintergrund im Rheinpfalz-Kreis in den<br />

Fokus nimmt, hängt mit <strong>der</strong> Erhebungssituation <strong>der</strong> Studie“ Der Übergang von <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätte <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>e“ zusammen (KISCHU-Studie, siehe Anhang). Zu vielen <strong>Kita</strong>s<br />

bzw. Erziehern mit Migrationshintergrund aus diesem Einzugsgebiet bestehen durch die<br />

“KISCHU-Studie” bereits intensive Kontakte. Die dabei entstandenen Interviews mit<br />

türkischen Müttern zum Thema “<strong>Schul</strong>fähigkeit” wurden noch einmal auf die<br />

fortbildungsrelevanten Themen hin analysiert. Dies geschah in Zusammenarbeit mit<br />

Pädagogen, die selbst türkischen Migrationshintergrund haben. Auch die Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Fortbildung erfolgte eng verzahnt mit Fachkräften mit Migrationshintergrund. Eine <strong>der</strong>artige<br />

Entwicklung einer Fortbildung birgt die einzigartige Chance, die Perspektiven aller am<br />

Übergangsprozess Beteiligten einzubeziehen. Da Erzieherinnen mit Migrationshintergrund<br />

bereits in den Interviewsituationen als kultur- und sprachspezifische “Brückenbauer” tätig<br />

waren, fließen auch die Meinungen und Stimmen von Müttern ein, zu denen normalerweise in<br />

einem <strong>der</strong>artigen Prozess schwer Zugang zu finden ist. Deshalb konnte eine sehr<br />

zielgruppenspezifische Fortbildung entwickelt werden.<br />

Im Zeitraum von Oktober 2010 bis Mai 2011 erfolgte die Vorbereitung <strong>der</strong> ersten<br />

Multiplikatorenfortbildung für Erzieher. Methodisch-didaktische Fragen wurden bearbeitet<br />

und das entsprechende Fortbildungsmaterial vorbereitet. Im Mai 2011 fand dann eine erste<br />

Multiplikatorenveranstaltung im Rheinpfalz-Kreis statt. Die ersten Multiplikatorinnen können<br />

danach im <strong>Kita</strong>-Alltag ihre Arbeit mit den Eltern intensivieren und je nach Bedarf darin<br />

unterstützt werden.<br />

Natürlich wären weitergehend auch Teamfortbildungen in den beteiligen <strong>Kita</strong>s bzw.<br />

Tandemfortbildungen mit Grundschullehrern zum Thema “Elternarbeit mit Migranteneltern”<br />

wünschenswert.<br />

Das Projekt wurde geför<strong>der</strong>t vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur<br />

(MBWJK), <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Seite 4 von 35


2. Erkenntnisse aus <strong>der</strong> KISCHU-Studie – Erstellung <strong>der</strong><br />

Leitfragen für die Interviews<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> KISCHU-Studie wurden zwischen Mai 2009 und März 2010 acht Mütter mit<br />

türkischem Migrationshintergrund je zweimal zum Thema „<strong>Schul</strong>fähigkeit“ befragt. Die<br />

Interviews erfolgten drei Monate vor und 6 Monate nach <strong>der</strong> Einschulung ihres Kindes.<br />

Die Interviews mit den Müttern wurden teils in Türkisch, teils in Deutsch geführt. Bei den<br />

Interviews in türkischer Sprache erfolgte die Übersetzung durch türkischsprachige<br />

Zusatzkräfte für Interkulturelle Arbeit. Diese Interviews wurden von einer kultur- und<br />

sprachsensiblen Pädagogin noch einmal nachübersetzt und transkribiert. Ihre Hilfe wurde<br />

auch bei <strong>der</strong> anschließenden Auswertung in Anspruch genommen.<br />

Nachdem alle Interviews zum Thema „<strong>Schul</strong>fähigkeit“ ausgewertet worden waren, ergaben<br />

sich einige thematische Schwerpunkte. Diese waren Grundlage für die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Leitfadeninterviews, die mit drei Fachkräften für Interkulturelle Arbeit – alle mit türkischem<br />

Migrationshintergrund – geführt wurden. Die Frauen berichteten aus ihrer täglichen Arbeit<br />

und ihren Erfahrungen mit türkischen Familien im Einschulungsprozess.<br />

Zum Thema „Wie blicken Mütter auf <strong>Schul</strong>fähigkeit“ ergaben sich im Interview<br />

folgende Schwerpunkte:<br />

• Mütter hatten teilweise wenig Einblick in die pädagogischen Ziele <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> in Bezug auf<br />

<strong>Schul</strong>fähigkeit (wenig Transparenz von Seiten <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>?)<br />

• Teilweise wenig Vorstellungen zu <strong>Schul</strong>anfängerkompetenzen (manche Eltern scheinen<br />

erst nach <strong>der</strong> ersten Einschulungsveranstaltung darüber nachzudenken, was die <strong>Schul</strong>e<br />

erwarten könnte und reagieren dann ängstlich. (Zu wenig/wi<strong>der</strong>sprüchliche Infos aus <strong>der</strong><br />

<strong>Schul</strong>e?)<br />

• Unsicherheiten, in welchem Ausmaß Vorläuferkompetenzen erwartet werden („Soll ein<br />

Kind schreiben können/ bis wieviel zählen können?….)<br />

• Anfor<strong>der</strong>ungen an Selbständigkeit und lebenspraktische Fähigkeiten des Kindes?<br />

• Einstellung zu Persönlichkeitsentwicklung und Selbstbewusstsein („Kin<strong>der</strong> müssen vor<br />

allem Respekt haben, auf ältere Geschwister hören“..)<br />

• Durchsetzungsvermögen und Konfliktfähigkeit werden unterschiedlich bewertet<br />

(Konfliktschlichtung durch den Lehrer wird bevorzugt, Jungs sollen sich durchsetzen..)<br />

Seite 5 von 35


• Anfor<strong>der</strong>ungen an Lernverhalten, Motivation, Konzentration?<br />

• Unsicherheit bei <strong>der</strong> Einschätzung des Sprachstandes im Deutschen (die Einschätzung<br />

fällt im Unterschied <strong>zur</strong> Erzieherbeschreibung oft positiver aus)<br />

• Unkenntnis über Möglichkeiten weitergehen<strong>der</strong> Sprachför<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e (z.B. DaZ)<br />

• Unsicherheit im Umgang mit <strong>der</strong> Herkunftssprache<br />

• Unsicherheit, wie Kontakte zwischen Lehrer und Eltern ablaufen sollen (wann, wie oft,<br />

von wem ausgehend)<br />

• Unkenntnis über Teilhabe/Mitspracherecht<br />

Desweiteren wurden an die Zusatzkräfte für Interkulturelle Arbeit folgende - ihr<br />

Arbeitsfeld betreffende - Fragen gestellt:<br />

• Werden Sie vor dem Beginn <strong>der</strong> Einschulungsveranstaltungen von Eltern gefragt, was die<br />

<strong>Schul</strong>e erwartet? Sehen die Eltern Sie als kompetenten Gesprächspartner in Sachen<br />

Einschulung?<br />

• Gibt es in <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> eine Elternveranstaltung zum Thema Übergang, die Sie für Mütter<br />

gleicher Herkunftssprache anbieten? Gibt es dies außerhalb <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e, z. B in örtlichen<br />

Migrantenvereinen, Moscheevereinen?<br />

• Wie könnten Sie effektiver eingesetzt werden, welche Aufgaben könnten Sie übernehmen,<br />

um Eltern hier besser vorzubereiten?<br />

• Haben Sie selbst Infos über aktuelle Vorschriften und Gesetze, die mit <strong>der</strong> Einschulung<br />

zusammenhängen (z. B. neue Grundschulordnung)?<br />

• Liegen in Ihrer <strong>Kita</strong> Informationen zum <strong>Schul</strong>anfang - Broschüren <strong>der</strong> Grundschule –<br />

Infos des Ministeriums - mehrsprachige Informationen - aus? Sind Sie über diese<br />

Informationsquellen informiert? Haben Sie mit <strong>der</strong>en Beschaffung zu tun?<br />

Hierdurch sollte ein vorläufiger Einblick in das Arbeitsfeld hinsichtlich „Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Eltern auf die <strong>Schul</strong>e“ gewonnen werden. Aus den Ergebnissen wurde ein Fragebogen zum<br />

„Ist-Zustand“ in den Einrichtungen entwickelt, <strong>der</strong> als zusätzliche Diskussionsgrundlage<br />

dienen sollte.<br />

Seite 6 von 35


3. Bestimmung inhaltlicher Schwerpunkte <strong>der</strong> Fortbildung<br />

Basis für die Bestimmung <strong>der</strong> inhaltlichen Schwerpunkte des Fortbildungstages war die<br />

Auswertung <strong>der</strong> Interviews mit den türkischen Müttern in Kombination mit den Berichten <strong>der</strong><br />

interviewten Zusatzkräfte für Interkulturelle Arbeit. Hierbei lag <strong>der</strong> Fokus auf den Aussagen<br />

bezüglich Kompetenzen, Haltungen, Fähigkeiten und Verantwortungen im Übergangsprozess<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätte - Grundschule. Ausgangspunkt des Fortbildungstages war <strong>der</strong> Gedanke an<br />

eine gemeinsame Bewältigung des Prozesses <strong>Schul</strong>anfang:<br />

Die an diesem Prozess Beteiligten - Eltern, <strong>Kita</strong> und Grundschullehrkräfte – sind<br />

gefor<strong>der</strong>t, die Unterstützung des Kindes bei dieser Transition als gemeinsame Aufgabe zu<br />

begreifen. Grundlage dafür ist <strong>der</strong> “Gemeinsame Rahmen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> für die frühe Bildung in<br />

Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen“(2004): „Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen, Grundschulen und Eltern<br />

arbeiten deshalb eng zusammen im Sinne einer kontinuierlichen Bildungsbiografie“ (zit. in:<br />

Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kin<strong>der</strong>tagesstätten in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, S. 121).<br />

Fähigkeiten und Kompetenzen für <strong>Schul</strong>anfänger werden von Müttern je nach persönlicher<br />

Haltung unterschiedlich gewichtet und geför<strong>der</strong>t. Kin<strong>der</strong>tagesstätten setzen sich in ihren<br />

Konzeptionen eigene Zielsetzungen hinsichtlich <strong>der</strong> Bildungsbereiche, die sich an den<br />

Bildungs-und Erziehungsempfehlungen anlehnen. Anfor<strong>der</strong>ungen und Erwartungen <strong>der</strong><br />

Grundschullehrkräfte stellen wie<strong>der</strong>um eine weitere Sichtweise auf den Prozess<br />

„Einschulung“ dar.<br />

Während <strong>der</strong> Laufzeit des Projektes KISCHU wurden bereits zwei Tandemfortbildungen für<br />

<strong>Kita</strong>s und Grundschulen zum Thema „Kooperation“ angeboten (Dez. 2009 mit IFB Speyer,<br />

Okt. 2010 mit baff e.V./Stadtjugendamt Ludwigshafen). Bei den äußerst fruchtbaren<br />

Diskussionen zwischen <strong>Kita</strong>-Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen wurde immer wie<strong>der</strong><br />

eingeräumt, dass an einer gemeinsamen Bewältigung des <strong>Schul</strong>anfangs in <strong>der</strong> Praxis noch zu<br />

selten kooperativ gearbeitet wird. Hier Kooperationsformen an<strong>zur</strong>egen und zu begleiten ist<br />

ein wichtiges Arbeitsfeld <strong>der</strong> Zukunft.<br />

Seite 7 von 35


Aussagen von Müttern, Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen in <strong>der</strong> KISCHU-<br />

Studie führen zu einigen zentralen Themen, die als relevant für die <strong>Schul</strong>fähigkeit<br />

angesehen werden. Für die Fortbildung sollten die Vorstellungen <strong>der</strong> Mütter mit<br />

türkischem Migrationshintergrund zu diesen Themen mit den Erwartungen <strong>der</strong><br />

Grundschullehrerinnen verglichen werden:<br />

• Eine „altersgemäße“ Selbständigkeit setzen Grundschullehrer bei <strong>Schul</strong>anfängern<br />

voraus. Zudem sollten Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Lage sein, bei Bedarf um Hilfe zu bitten.<br />

Einige Mütter mit türkischem Migrationshintergrund sind nach den Infoveranstaltungen <strong>zur</strong><br />

Einschulung teilweise erstaunt darüber, was <strong>Schul</strong>anfängerkin<strong>der</strong> schon alles können sollen<br />

(Schuhe binden, <strong>Schul</strong>ranzen packen …). An<strong>der</strong>e unterstützen Kin<strong>der</strong> sehr intensiv in <strong>der</strong><br />

Einübung lebenspraktischer Tätigkeiten, da sie dies als ihre Aufgabe sehen. Manche Mütter<br />

sehen ihre Kin<strong>der</strong> noch als „die Kleinen“. Diesen Kin<strong>der</strong>n wird aus mütterlicher Fürsorge<br />

noch sehr viel geholfen. Bestimmte Arbeiten werden ihnen abgenommen, um eine<br />

Überfor<strong>der</strong>ung zu vermeiden.<br />

• Die Mütter mit türkischem Migrationshintergrund haben sehr unterschiedliche<br />

Haltungen bezüglich <strong>der</strong> Partizipation von Kin<strong>der</strong>n. Während manche im Austausch mit <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätte gemeinsame Möglichkeiten <strong>der</strong> altersgemäßen Mitbestimmung von Kin<strong>der</strong>n<br />

suchen, erwarten an<strong>der</strong>e, dass Kin<strong>der</strong> Anweisungen von Erwachsenen und älteren<br />

Geschwistern ohne Diskussion befolgen. Manche Mütter schil<strong>der</strong>n sich in Konfliktsituationen<br />

auch als eher nachgiebig: „Wenn das Kind etwas unbedingt will, sollte man versuchen,<br />

diesem Wunsch nachzukommen.“<br />

Die Grundschule erwartet, dass sich <strong>Schul</strong>anfänger aktiv in die Klassengemeinschaft<br />

einbringen und dabei konfliktfähig sind. Sie sollten auch eine altersgemäße<br />

Frustrationstoleranz entwickelt haben, falls ihre Vorstellungen nicht realisierbar sind.<br />

• Das Einhalten von Regeln und Grenzen sehen Lehrkräfte als sehr wichtig an. Die<br />

Meinungen <strong>der</strong> Mütter mit türkischem Migrationshintergrund dazu bewegen sich von <strong>der</strong><br />

Verharmlosung von Regelverstößen - „Er/Sie ist doch noch ein Kind“ - bis hin zu <strong>der</strong><br />

Überzeugung, dass ein Kind die von Erwachsenen aufgestellten Regeln einhalten muss. Auch<br />

die rollenspezifisch getroffene Aussage „Er ist halt ein Junge“ verdeutlicht, dass von<br />

Mädchen und Jungen teilweise unterschiedliches Verhalten erwartet bzw. akzeptiert wird.<br />

Seite 8 von 35


• Die Einschätzung <strong>der</strong> sprachlichen Fähigkeiten des Kindes im Bereich <strong>der</strong><br />

deutschen Sprache fällt manchen Müttern schwer. Es wird teilweise erwartet, dass die <strong>Kita</strong><br />

die Verantwortung dafür übernimmt, dass das Kind Deutsch lernt. Manchmal wird <strong>der</strong><br />

Sprachstand des Kindes mit dem Sprachstand älterer Geschwister bei <strong>der</strong>en Einschulung<br />

verglichen und so eine Einschätzung vorgenommen. Es herrscht Unsicherheit darüber,<br />

welchen Sprachstand Kin<strong>der</strong> im Deutschen haben sollten und wie man das Kind unterstützen<br />

kann, damit es – wie von den Grundschullehrkräften erwartet – dem Unterricht folgen und<br />

sich aktiv beteiligen kann.<br />

• Unsicherheiten existieren bei den Müttern auch darüber, wie und ob die<br />

Herkunftssprache, im Alltag geför<strong>der</strong>t werden kann. In manchen <strong>Kita</strong>s werden die<br />

Herkunftssprachen durch den Einsatz von Zusatzkräften für Interkulturelle Arbeit geför<strong>der</strong>t.<br />

In <strong>der</strong> Studie wurde festgestellt, dass viele Eltern, aber auch Erzieherinnen, über die<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Teilnahme an schulischem Herkunftssprachenunterricht nicht informiert sind.<br />

• Die Grundschule erwartet im Bereich des Lernverhaltens Durchhaltevermögen, aber<br />

auch die Fähigkeit, einfache Aufgaben zu verstehen und sich über einen kurzen Zeitraum<br />

konzentrieren zu können. Einige Mütter haben hohe Erwartungen an ihre Kin<strong>der</strong> und<br />

trainieren auch zuhause, z. B. mit Vorschulheften. Diese erwarten oft eine intensive(re)<br />

<strong>Schul</strong>vorbereitung in <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>. An<strong>der</strong>e vertreten die Meinung, dass Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Kita</strong><br />

vorrangig spielen sollten, da die <strong>Schul</strong>e später für „das Lernen“ zuständig sei. Unsicherheiten<br />

wurden geäußert in Bezug auf die Konzentrationsdauer.<br />

• Erziehungspartnerschaft als Grundlage für das Gelingen des Übergangs in die<br />

<strong>Schul</strong>e wird unterschiedlich bewertet. Während manche Mütter sich in gleichem Maße<br />

verantwortlich fühlen wie <strong>Kita</strong> und Grundschule, sehen an<strong>der</strong>e die Verantwortung für Bildung<br />

bei den Erziehern und Lehrern, die „dafür ausgebildet“ sind. Viele Mütter sind eher unsicher<br />

und möchten vermeiden, Lehrkräften durch ständige Kontaktaufnahmen „auf die Nerven zu<br />

gehen“. Sie wünschen sich Ratschläge für das richtige Ausmaß von Lehrerkontakten. Auch<br />

möchten sie klare Informationen darüber, was von ihnen als Eltern erwartet wird. Diese<br />

Meinungsvielfalt spiegelt sich auch bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Verantwortung für den<br />

<strong>Schul</strong>start.<br />

Diese zentralen Themen wurden in eine Power-Point-Präsentation eingearbeitet, die als<br />

Grundlage für die anschließende Diskussion diente (S. 13).<br />

Seite 9 von 35


4. Einladung<br />

„Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>- <strong>Mama</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong>“<br />

Fortbildungstag <strong>der</strong> Zusatzkräfte für Interkulturelle Arbeit<br />

3. Mai 2011, 9.00-16.00 Uhr<br />

Hiermit laden wir Sie herzlich ins<br />

Kreishaus, Europaplatz 5, 67063 Ludwigshafen ein.<br />

Unsere Themen werden sein:<br />

• „Vorbereitung auf die <strong>Schul</strong>e“- wann und wie mit den Müttern<br />

diskutieren?<br />

• „<strong>Schul</strong>fähigkeit“ – was ist das? Aussagen türkischer Mütter in den<br />

Projektinterviews<br />

• Motivation: Wie können Familien in übergangsrelevanten<br />

Bereichen unterstützt werden und selbst Unterstützung geben:<br />

Persönlichkeitsentwicklung, Sozialverhalten, Sprache….<br />

• Wie können Kräfte für Interkulturelle Arbeit ihre Funktion als<br />

„Brückenbauer“ nutzen<br />

• „Gelingende Elternarbeit“ als Aufgabe im Kooperationsprozess<br />

<strong>Kita</strong>-Grundschule<br />

Darüber hinaus wird genügend Zeit sein, um Fragen zu klären und sich<br />

austauschen zu können.<br />

Wir freuen uns auf einen spannenden Fortbildungstag.<br />

Angelika Papillion-Piller<br />

Universität Landau<br />

Interkulturelle Bildung<br />

Matthias Kurt<br />

Rhein-<strong>Pfalz</strong>-Kreis<br />

Fachberatung, <strong>Kita</strong>s<br />

Seite 10 von 35


5. Beschreibung des Fortbildungstages<br />

Die Tagung fand am Montag, den 03. Mai 2011 von 9:00 bis 16:00 im Sitzungssaal des<br />

Rhein-<strong>Pfalz</strong>-Kreishauses statt.<br />

Teilnehmer/innen:<br />

2 W<br />

3 W<br />

4 W<br />

5 W<br />

6 W<br />

7 W<br />

8 M<br />

9 W<br />

10 W<br />

11 W<br />

12 W<br />

13 W<br />

14 W<br />

Geschlecht Aufgabengebiet Migrationshintergrund<br />

Alter<br />

1 W<br />

Fachkraft f. Interkulturelle.<br />

Arbeit russisch 39<br />

Studentin: Projekt<br />

Zweitspracherwerb<br />

rumänischdeutsch<br />

24<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit türkisch-kurdisch 23<br />

Studentin: Projekt marokkanisch-<br />

Zweitspracherwerb deutsch<br />

42<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit türkisch-deutsch 39<br />

- 51<br />

russisch-deutsch 23<br />

-<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit<br />

Fachberatung Rhein-<strong>Pfalz</strong>-<br />

Kreis.<br />

Projektleitung, Dozentin<br />

rumänischdeutsch<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit türkisch 47<br />

Sprachför<strong>der</strong>ung <strong>Kita</strong> u.<br />

Grundschule Dozentin<br />

türkisch 44<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit türkisch 27<br />

Dozentin,<br />

<strong>Kita</strong>-Ltg. Projektbegleitung<br />

_ 52<br />

Fachkraft f. Interkulturelle<br />

Arbeit türkisch 27<br />

49<br />

4 weitere TN wegen Umzug<br />

<strong>der</strong> Einrichtung/Krankheit<br />

entschuldigt<br />

Seite 11 von 35


Fr. Rosemarie Patzelt, Ehrenamtliche Beigeordnete für Jugend und Soziales des Rhein-<br />

<strong>Pfalz</strong>-Kreises, begrüßte zu Beginn alle Teilnehmer/innen und wies auf die große Bedeutung<br />

von Sprachför<strong>der</strong>ung für Kin<strong>der</strong> mit Migrationshintergrund hin. Sie betonte beson<strong>der</strong>s die<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Fachkräfte für Interkulturelle Arbeit als Brückenbauer und wünschte <strong>der</strong> Tagung<br />

einen guten Verlauf.<br />

Herr Mathias Kurt, <strong>der</strong> den Fortbildungstag als Fachberatung des Rhein-<strong>Pfalz</strong>-Kreises<br />

begleitete, freute sich über die rege Beteiligung und sagte seine Unterstützung im Rahmen<br />

seiner Möglichkeiten zu.<br />

Fr. Papillion-Piller dankte Herrn Kurt für die Bereitstellung des Tagungsraumes im<br />

Kreishaus sowie die freundliche Bewirtung und führte anschließend durch die Veranstaltung.<br />

5.1 Einführung: Zielsetzung<br />

Der Fortbildungstag hat zum Ziel, zum Einen effektive(re) Formen <strong>der</strong> Übergangsbegleitung<br />

durch Fachkräfte für Interkulturelle Arbeit vorzustellen, zum An<strong>der</strong>en die Praxis daraufhin zu<br />

überprüfen, was im Einrichtungsalltag schon realisiert wird. Gemeinsam werden neue Formen<br />

<strong>der</strong> Übergangsbegleitung erarbeitet.<br />

Dies geschieht durch folgende methodisch-didaktische Schritte.<br />

• Darstellen <strong>der</strong> zentralen Aussagen <strong>der</strong> Mütterinterviews durch eine Power-Point-<br />

Präsentation<br />

• Diskussion <strong>der</strong> zentralen Themen, Vorschläge und Denkanstöße<br />

• Befragung zum Ist-Zustand in den Einrichtungen, Austausch<br />

• Fallarbeit in Kleingruppen<br />

• Gemeinsame Erarbeitung <strong>der</strong> „Hausaufgaben“ (bis zum nächsten Treff zu erledigen)<br />

• Auflockerung durch Interkulturelle Spiele<br />

• Rückblick/Ausblick<br />

Seite 12 von 35


5.2 . Power-Point-Präsentation: Grundlage <strong>der</strong> Diskussion<br />

“Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>–<strong>Mama</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong>”<br />

Fortbildungstag <strong>der</strong> Zusatzkräfte<br />

für Interkulturelle Arbeit<br />

Angelika Papillion-Piller<br />

Arbeitsbereich Interkulturelle Bildung<br />

Norbert Wenning<br />

Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätte<br />

Erzieher/Interkulturelle<br />

Kräfte als<br />

Übergangsbegleiter<br />

Grundschule<br />

Lehrerkompetenz in<br />

<strong>der</strong><br />

Anfangssituation<br />

<strong>Schul</strong>anfang<br />

als<br />

gemeinsame<br />

Aufgabe<br />

Kind<br />

„<strong>Schul</strong>fähigkeit“<br />

Kompetenzen des<br />

Kindes<br />

Familie<br />

Unterstützung<br />

För<strong>der</strong>ung<br />

Gesamtgesellschaftliche Situation,<br />

Netzwerke, Sozialkontakte<br />

A. Papillion-Piller 1<br />

Seite 13 von 35


Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Im Folgenden werden Aussagen von<br />

Müttern in den Interviews den<br />

Vorstellungen von Grundschullehrer/innen<br />

gegenübergestellt:<br />

Mutter:<br />

Wie soll ich ….?<br />

<strong>Schul</strong>fähigkeit<br />

Mutter:<br />

Die<br />

<strong>Kita</strong>/<strong>Schul</strong>e<br />

soll …<br />

Lehrer/in:<br />

Das Kind soll…<br />

Mutter:<br />

Wir machen<br />

das so!<br />

A. Papillion-Piller 3<br />

Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Muss das Kind<br />

das schon<br />

können?<br />

Ich zeige dir,<br />

wie es geht!<br />

Selbstständigkeit<br />

- altersgemäß<br />

selbständig handeln<br />

bzw. um Hilfe bitten<br />

können.<br />

Ich mache<br />

es für dich!<br />

A. Papillion-Piller 4<br />

Seite 14 von 35


Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Was können<br />

Kin<strong>der</strong><br />

bestimmen?<br />

Partizipation<br />

Kin<strong>der</strong> gestalten<br />

mit<br />

Mach, was deine<br />

große Schwester<br />

sagt!<br />

-sich aktiv in die<br />

Klassengemeinschaft<br />

einbringen<br />

-konfliktfähig sein<br />

Wenn das<br />

Kind das<br />

unbedingt<br />

will!<br />

A. Papillion-Piller 5<br />

Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Es ist doch noch<br />

ein Kind!<br />

Das sind<br />

unsere<br />

Regeln!<br />

Regeln und<br />

Grenzen<br />

Ein Kind muss<br />

Respekt zeigen!<br />

Er ist halt<br />

ein Junge!<br />

A. Papillion-Piller 6<br />

Seite 15 von 35


Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Deutsch lernt<br />

das Kind doch<br />

in <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>!<br />

Sprachliche<br />

Fähigkeiten<br />

Deutsch als Zweitsprache<br />

Wie sollen wir<br />

mit dem Kind<br />

reden?<br />

- so gut deutsch<br />

können, dass es<br />

dem Unterricht<br />

folgen und aktiv<br />

mitarbeiten<br />

kann.<br />

Das ältere Kind<br />

hat viel<br />

schlechter<br />

gesprochen…<br />

A. Papillion-Piller 7<br />

Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Das Kind lernt<br />

zuhause<br />

türkisch.<br />

(?)<br />

Sprachliche<br />

Fähigkeiten<br />

Muttersprache<br />

Wie sollen wir<br />

mit dem Kind<br />

reden?<br />

?<br />

Muttersprachlicher<br />

Unterricht<br />

angeboten?<br />

Wie kann ich<br />

im Alltag<br />

Sprache<br />

för<strong>der</strong>n?<br />

A. Papillion-Piller 8<br />

Seite 16 von 35


Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Wie lange muss<br />

sich das Kind<br />

konzentrieren<br />

können?<br />

Lernverhalten<br />

Ausdauer<br />

Konzentration<br />

Wir üben mit<br />

Vorschulmappen!<br />

Aufgabenverständnis<br />

10-20 Min<br />

Konzentration<br />

Durchhaltevermögen<br />

Die Kin<strong>der</strong><br />

sollen in <strong>der</strong><br />

<strong>Kita</strong> lieber<br />

spielen!<br />

A. Papillion-Piller 9<br />

Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Wie können WIR<br />

gemeinsam<br />

unterstützen?<br />

Sagen Sie mir<br />

was ich tun soll!<br />

Elternpartnerschaft<br />

Eltern, <strong>Kita</strong> und<br />

<strong>Schul</strong>e übernehmen<br />

gemeinsam<br />

Verantwortung<br />

Sie sind<br />

doch dafür<br />

ausgebildet!<br />

A. Papillion-Piller 10<br />

Seite 17 von 35


Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Ich kann selbst<br />

nicht helfen, wer<br />

kann mich da<br />

unterstützen?<br />

Wie kann ich<br />

mein Kind<br />

för<strong>der</strong>n?<br />

Verantwortung für<br />

einen guten<br />

<strong>Schul</strong>start<br />

Eltern, <strong>Kita</strong> und<br />

<strong>Schul</strong>e kooperieren<br />

(?)<br />

Dafür ist die<br />

<strong>Schul</strong>e da!<br />

A. Papillion-Piller 11<br />

5.3 Vorschläge und Denkanstöße<br />

Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Kooperation <strong>Kita</strong> – <strong>Schul</strong>e<br />

Neue Formen <strong>der</strong> Übergangsbegleitung durch<br />

Zusatzkräfte für Interkulturelle Arbeit<br />

•Teilnahme an <strong>Kita</strong>-Abschlussgesprächen<br />

(nicht nur bei Problemen)<br />

•Ansprechpartner für Anfangslehrer<br />

•Begleitung <strong>der</strong> Mütter beim ersten <strong>Schul</strong>besuch<br />

•Teilnahme an <strong>Schul</strong>elternabenden<br />

•Hilfen bei ersten Elterngesprächen in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

•Vernetzung mit Muttersprachenlehrern<br />

A. Papillion-Piller 12<br />

Seite 18 von 35


Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong><br />

Einige wichtige Infos für den <strong>Schul</strong>start!<br />

•Form und Inhalt von Eltern-Lehrer-Kontakten<br />

•Erwartungen an Eltern von <strong>Schul</strong>anfängern<br />

•Basisinfos: Grundschulordnung, <strong>Schul</strong>system<br />

•Mehrsprachige Informationen zum <strong>Schul</strong>start<br />

(weitergeben)<br />

•Unterstützungsmöglichkeiten bei Problemen<br />

•Infos über DaZ und Muttersprachlichen<br />

Unterricht<br />

A. Papillion-Piller 13<br />

Vielen Dank für Ihre<br />

Aufmerksamkeit<br />

A. Papillion-Piller<br />

Angelika Papillion-Piller<br />

Seite 19 von 35


5.4 Ist-Zustand in den Einrichtungen<br />

Auswertung <strong>der</strong> Fragebögen:<br />

Fachkräfte für Interkulturelle Arbeit im<br />

Übergangsprozess <strong>Kita</strong>-Grundschule<br />

Bitte kreuzen Sie das Zutreffende an!<br />

ja teils/teils nein<br />

Falls es in Ihrer <strong>Kita</strong> eine Vorschulgruppe gibt:<br />

Sind Sie in die inhaltliche Planung mit einbezogen? 2 4 2<br />

Sind Sie in die Durchführung mit einbezogen? 3 2 2<br />

<strong>Kita</strong>-Abschlussgespräche:<br />

Nehmen Sie an allen Abschlussgesprächen bei Kin<strong>der</strong>n<br />

mit MHG teil? 1 6 1<br />

Nehmen Sie nur an den Gesprächen über Kin<strong>der</strong> teil, bei<br />

denen Probleme in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e zu erwarten<br />

sind? 3 1 4<br />

Nehmen Sie nur an den Gesprächen über Kin<strong>der</strong> teil, wo<br />

für die Eltern übersetzt werden muss? 2 1 5<br />

Klären Sie im Elterngespräch die Anfor<strong>der</strong>ungen, die an<br />

<strong>Schul</strong>anfänger und ihre Eltern gestellt werden? 4 1 3<br />

Elternabende:<br />

Falls in Ihrer <strong>Kita</strong> ein Infoabend über die Einschulung<br />

stattfindet:<br />

Arbeiten Sie an <strong>der</strong> inhaltlichen Planung mit? 2 3 3<br />

Sind Sie in die Durchführung mit einbezogen? 3 3 2<br />

Kontakte <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

Nehmen Sie an Kooperationstreffen zwischen <strong>Kita</strong> und<br />

Grundschule teil? 2 2 4<br />

Sind Sie in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e als Ansprechpartner für Familien<br />

mit MHG vorgestellt worden? 2 1 5<br />

Hat die Grundschule Sie schon einmal um Hilfe<br />

gebeten? 4 - 4<br />

Wären Sie bereit, Familien mit MHG beim <strong>Schul</strong>start<br />

zu unterstützen? 8 - -<br />

Nehmen Sie an gegenseitigen Hospitationen teil? 1 2 5<br />

Falls es Lehrer für Muttersprache gibt: Tauschen Sie sich<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Familien aus? 1 1 5<br />

Nehmen Sie an <strong>Schul</strong>elternabenden/Infoveranstaltungen<br />

für <strong>Schul</strong>anfänger teil? 2 3 3<br />

Seite 20 von 35


Wären Sie bereit, in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

eine "Führung" für Eltern von <strong>Schul</strong>anfängern<br />

anzubieten? 7 - 1<br />

Wären Sie bereit, Erstklasslehrer bei Elterngesprächen zu<br />

unterstützen? 8 - -<br />

Infos über <strong>Schul</strong>e und ihre Angebote: ja teils/teils nein<br />

Kennen Sie die aktuelle Grundschulordnung und<br />

ihre Bestimmungen? 1 2 5<br />

Gibt es an Ihrer <strong>Kita</strong> Infos darüber? 2 - 6<br />

Gibt es diese Infos in verschiedenen Sprachen? - - 7<br />

Besprechen Sie mit Eltern, wie Lehrer-Eltern-Kontakte<br />

ablaufen sollten? 2 2 4<br />

Können Sie Familien mit MHG das deutsche<br />

<strong>Schul</strong>system erklären? 5 3 -<br />

Kennen Sie die Möglichkeiten weitergehen<strong>der</strong><br />

Sprachför<strong>der</strong>ung an Ihrer Grundschule? 2 3 3<br />

Wissen Sie Bescheid, ob an Ihrer Grundschule<br />

"Deutsch als Zweitsprache" als För<strong>der</strong>unterricht<br />

angeboten wird 4 - 4<br />

Ist Ihnen bekannt, ob an Ihrer Grundschule<br />

muttersprachlicher Unterricht angeboten wird? 5 - 3<br />

Gibt es Nachfragen von Seiten <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e über Ihre<br />

interkulturellen Angebote in Ihrer Einrichtung? 1 3 4<br />

Wären Sie bereit, Ihre Kenntnisse in diesem Bereich<br />

an Erstklasslehrer weiterzugeben? 8 - -<br />

Die Auswertung <strong>der</strong> Fragebögen zeigt, dass Interkulturelle Kräfte sowohl innerhalb <strong>der</strong><br />

jeweiligen Einrichtung als auch im Bereich „Kooperation mit <strong>der</strong> Grundschule“<br />

intensiver in den Übergangsprozess einbezogen werden könnten. Aus den Antworten<br />

wird eine große Bereitschaft sichtbar, sich stärker in den Einschulungsprozess<br />

einzubringen.<br />

Seite 21 von 35


5.5 Fallarbeit: In Kleingruppen wurden folgende Fälle bearbeitet, die<br />

Ergebnisse wurden in <strong>der</strong> Gesamtgruppe diskutiert:<br />

Fallbeispiel 1:<br />

Murat ist 5 Jahre alt und soll nächstes Jahr in die <strong>Schul</strong>e kommen. Er besucht<br />

den Kin<strong>der</strong>garten als Teilzeitkind. Am Nachmittag ist er meistens zuhause, da er<br />

mit seinem älteren Bru<strong>der</strong> Hakan spielen möchte.<br />

Murats Mutter, Fr. Yilmaz, spricht hauptsächlich Türkisch, ihr Deutsch ist sehr<br />

fehlerhaft. Der Vater ist berufstätig und kann gut Deutsch, die Familiensprache<br />

ist Türkisch.<br />

Fr. Yilmaz fragt nach einem Gesprächstermin mit <strong>der</strong> Interkulturellen<br />

Zusatzkraft, da sie sich Gedanken darüber macht, wie Murat den Einstieg in die<br />

<strong>Schul</strong>e schaffen wird. Fr. Yilmaz hat Bedenken, da ihr älterer Sohn Probleme in<br />

<strong>der</strong> Grundschule hatte und wegen seiner Sprachschwierigkeiten nur eine<br />

Empfehlung für die Hauptschule bekommen hat.<br />

Auch Murat spricht nach Auskunft <strong>der</strong> Erzieherin noch nicht gut Deutsch. Sein<br />

Wortschatz ist gering, mit dem Satzbau hat er noch große Probleme. Die Mutter<br />

findet, dass er für sein Alter gut spricht, „viel besser als damals Hakan“.<br />

Trotzdem möchte sie wissen, was sie tun kann, damit sich Murats Deutsch bis<br />

zum <strong>Schul</strong>eintritt verbessert.<br />

Aufgabe:<br />

Bereiten Sie ein Elterngespräch mit Familie Yilmaz vor.<br />

Wie können Sie den Sprachstand von Murat einschätzen, welche<br />

zusätzlichen Infos brauchen Sie?<br />

Welche Informationen können Fr. Yilmaz gegeben werden, damit sie<br />

Murat unterstützen kann?<br />

Wie kann die sprachliche För<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e fortgesetzt werden? Was<br />

können Sie dafür tun?<br />

Seite 22 von 35


Fallbeispiel 2:<br />

Ali (5 Jahre alt) ist mit 10 Monaten in die altersgemischte Kin<strong>der</strong>gartengruppe<br />

mit Kin<strong>der</strong>n zwischen 1 und 6 Jahren aufgenommen worden. Seine Mutter ist<br />

alleinerziehend und berufstätig. Schon im ersten <strong>Kita</strong>jahr wurde von <strong>der</strong><br />

Erzieherin im Elterngespräch das Verhalten von Ali thematisiert: Sobald er<br />

seinen Willen nicht bekommt, wirft er sich auf den Boden, schreit und ist kaum<br />

zu beruhigen. Die Mutter gab an, dieses Verhalten daheim nicht beobachten zu<br />

können. Zuhause würde alles gut laufen. Zu seinem Vater, <strong>der</strong> weiter entfernt<br />

wohne, habe er nur sporadisch Kontakt.<br />

Je älter Ali wird, desto häufiger und intensiver werden die Elterngespräche<br />

zwischen Erziehern und Mutter. Auch die Leitung wird beteiligt. Der Mutter<br />

wird geraten, sich vielleicht an eine Erziehungsberatungsstelle zu wenden, da<br />

die Konfliktsituationen immer mehr zunehmen. Ali ist <strong>der</strong> „Anführer“ einer<br />

Gruppe von Jungen mit türkischem Migrationshintergrund, die sich ihm meist<br />

unterordnet. Konflikte löst er mit Drohgebärden und lautem Geschrei. Kleine<br />

Kin<strong>der</strong> behandelt er oft sehr liebevoll und fürsorglich, Kin<strong>der</strong>n seines Alters tritt<br />

er des Öfteren aggressiv gegenüber. Etliche Kin<strong>der</strong> haben Angst vor ihm.<br />

Sprachlich und kognitiv ist er altersgemäß entwickelt. Es ist jedoch für ihn<br />

schwierig, sich im Stuhlkreis o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Kleingruppenangeboten in die<br />

Gemeinschaft einzufügen.<br />

Aufgabe:<br />

Bereiten Sie ein Elterngespräch vor. Nachdem die Einrichtung erst seit letztem<br />

Monat eine Zusatzkraft für Interkulturelle Arbeit beschäftigt, soll diese <strong>zur</strong><br />

Unterstützung hinzugezogen werden.<br />

Formulieren Sie Vorgehen und Ziele. Wie können die Kompetenzen <strong>der</strong><br />

Interkulturellen Kraft eingesetzt werden? Diskutieren Sie mögliche Hilfen,<br />

die im Elterngespräche <strong>der</strong> Mutter angeboten werden können!<br />

Seite 23 von 35


Fallbeispiel 3:<br />

Familie Yildirim wohnt seit 4 Jahren in Glücksdorf. Sie hat zwei Kin<strong>der</strong>, die<br />

beide in die Kin<strong>der</strong>tagesstätte gehen. Das älteste Kind kommt dieses Jahr in die<br />

<strong>Schul</strong>e. Frau. Yildirim wohnt seit 7 Jahren in Deutschland und spricht kaum<br />

Deutsch. Ihr Mann erzählt beim Sommerfest, dass seine Frau 5 Jahre lang in<br />

ihrem Dorf in <strong>der</strong> Türkei in die Volksschule gegangen sei. Einen Beruf habe sie<br />

nicht gelernt. Ihr Mann arbeitet, seit er die Hauptschule in Deutschland ohne<br />

Abschluss verlassen hat, in einer Baufirma. Er kam mit 9 Jahren aus <strong>der</strong> Türkei,<br />

ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Frau Yildirim versorgt die Familie. Da es<br />

im Umfeld etliche türkische Geschäfte und Familien gibt, ist sie im Alltag selten<br />

auf die deutsche Sprache angewiesen.<br />

Herr Yildirim kommt mit seiner Frau und einem Brief <strong>der</strong> Stadtverwaltung in<br />

die Kin<strong>der</strong>tagesstätte. Seine Tochter Ayse muss für die <strong>Schul</strong>e angemeldet<br />

werden. Da er zu diesem Zeitpunkt keinen Urlaub bekommt, seine Frau den<br />

Inhalt des Briefes nicht versteht und sich scheut, alleine <strong>zur</strong> Anmeldung zu<br />

gehen, bittet er um Hilfe.<br />

Aufgabe:<br />

Die Leitung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte steht dem Anliegen von Herrn Yildirim etwas ratlos<br />

gegenüber („Ist das unsere Aufgabe?“) Sie bittet die Zusatzkraft für Interkulturelle Arbeit um<br />

Hilfe. Da <strong>der</strong> Termin in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e erst in 14 Tagen stattfindet, soll in <strong>der</strong> nächsten<br />

Teambesprechung geklärt werden, ob und wie die <strong>Kita</strong> die Familie unterstützen kann.<br />

a) Die <strong>Kita</strong>-Mitarbeiter suchen nach Möglichkeiten, einen guten <strong>Schul</strong>start von Ayse zu<br />

realisieren. Deshalb entscheiden sie sich dafür, die Mutter am Anmeldetag zu unterstützen. In<br />

diesem Zusammenhang entsteht eine Diskussion darüber, ob und wie die Interkulturelle<br />

Zusatzkraft stärker in den Einschulungsprozess von Kin<strong>der</strong>n mit Migrationshintergrund<br />

einbezogen werden kann.<br />

Welche Möglichkeiten sehen Sie?<br />

b) Zwischen <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> und <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e bestehen seit mehreren Jahren Kontakte in Form von<br />

halbjährlichen Kooperationstreffen, bei denen sich Lehrer und <strong>Kita</strong>-Leitungen austauschen.<br />

In wie weit können sich hier Interkulturelle Zusatzkräfte einbringen? Wie können für<br />

Fällen wie den oben geschil<strong>der</strong>ten gemeinsame Herangehensweisen entwickelt werden?<br />

Seite 24 von 35


Fallbeispiel 4:<br />

Necla (5 Jahre), einziges Kind <strong>der</strong> Familie Demirtas, besucht seit 2 Jahren die<br />

<strong>Kita</strong> als Ganztagskind. Beide Eltern sind berufstätig, beide sprechen gut<br />

Deutsch.<br />

Necla hat viele Freundinnen in <strong>der</strong> Gruppe. Sie spielt sowohl mit deutschen als<br />

auch mit Kin<strong>der</strong>n mit türkischem Migrationshintergrund. Am liebsten ist sie in<br />

<strong>der</strong> Puppenecke, wo sie sich stundenlang mit Kochen, Puppen versorgen und<br />

Verkleiden beschäftigen kann. Sobald sie jedoch von <strong>der</strong> Erzieherin aufgefor<strong>der</strong>t<br />

wird, ein Tischspiel zu machen, etwas zu malen o<strong>der</strong> sich bei an<strong>der</strong>en Projekten<br />

zu beteiligen, verliert sie nach kurzer Zeit das Interesse. Sie kann sich dann nicht<br />

mehr konzentrieren und gibt schnell auf, beson<strong>der</strong>s wenn sie mit etwas Neuem<br />

konfrontiert wird. Auch das Umziehen für das Turnangebot und das Schuhe-<br />

Anziehen gelingen ihr nicht gut. Sie ist dann häufig überfor<strong>der</strong>t, will nicht mehr<br />

weiter machen o<strong>der</strong> verlangt von <strong>der</strong> Erzieherin äußerst energisch, dass diese ihr<br />

hilft.<br />

Die Erzieherin beobachtet, dass Necla morgens oftmals von ihrem Vater in die<br />

Einrichtung getragen und ausgezogen wird. Abends beim Abholen zieht die<br />

Mutter sie an, holt und trägt ihre Kin<strong>der</strong>gartentasche.<br />

Aufgabe:<br />

Beim jährlichen Entwicklungsgespräch nehmen Gruppenerzieherin und<br />

Interkulturelle Zusatzkraft sich vor, die Themen Selbständigkeit und Ausdauer<br />

ausführlich zu besprechen, da Necla nächstes Jahr in die <strong>Schul</strong>e kommt.<br />

a)Wie kann den Eltern anschaulich vermittelt werden, welche Erwartungen<br />

an einen <strong>Schul</strong>anfänger hinsichtlich Selbständigkeit und Ausdauer gestellt<br />

werden? (Oft reichen sprachliche Darstellungen nicht!)<br />

b)Welche gemeinsamen Absprachen können getroffen werden, welche<br />

gemeinsamen Vorgehensweisen können Necla unterstützen?<br />

Seite 25 von 35


5.6 „Hausaufgaben“ – gemeinsame Ideensammlung<br />

„Das wollen wir bis zum nächsten Treffen (September 2011) erledigen:“<br />

Überblick über den Stand <strong>der</strong> Kooperationsaktivitäten zwischen<br />

meiner <strong>Kita</strong> und meiner/n Grundschule/n – welche Aktivitäten gibt es<br />

bereits, welche sind geplant?<br />

Im Team Möglichkeiten diskutieren, wie Interkulturelle Zusatzkräfte stärker in den<br />

Einschulungsprozess eingebunden werden können?<br />

Informationen aus <strong>der</strong> Grundschule einholen über:<br />

- Sprachför<strong>der</strong>ung im Regelunterricht<br />

- Deutsch als Zweitsprache als Zusatzangebot (DaZ)<br />

- Angebote aus dem Bereich Herkunftssprachlicher Unterricht<br />

- Interkulturelle Arbeit an <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

Informationen an Eltern weitergeben<br />

Infos einholen über:<br />

Erfragt die Grundschule welche Aktivitäten für <strong>Schul</strong>anfänger bei Ihnen<br />

stattfinden?<br />

Erfragt die Grundschule welche Sprachför<strong>der</strong>maßnahmen bei Ihnen stattfinden –<br />

wird Kontakt zu Sprachför<strong>der</strong>kräften aufgenommen?<br />

Fragt die Grundschule nach dem kulturellen und sprachlichen Hintergrund <strong>der</strong><br />

<strong>Schul</strong>anfänger? Infos einholen!<br />

Welche Infos über Kin<strong>der</strong> werden bereits im Sinne einer durchgängigen<br />

Begleitung und För<strong>der</strong>ung weitergeben?<br />

Infos einholen über:<br />

Was ist in <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> an schriftlichem Material zum <strong>Schul</strong>anfang da? In<br />

welchen Sprachen? Kennen die Mitarbeiter, die mit <strong>Schul</strong>anfängern arbeiten,<br />

bzw. die Interkulturellen Kräfte, <strong>der</strong>en Inhalt? Werden die Inhalte mündlich an<br />

die Eltern weiter gegeben?<br />

Infomaterialien bestellen/besorgen (siehe Internetadressen), Mappe mit<br />

Infomaterial zum Auslegen im Flur anlegen‚ möglichst in den<br />

einrichtungsrelevanten Sprachen!<br />

Seite 26 von 35


5.7 Reflektion des Fortbildungstages<br />

Rückblick:<br />

1) Neue Gedanken, Ideen die ich aus diesem Tag mitnehme:<br />

• Hospitation in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e wäre sinnvoll<br />

• Für die Eltern mehr anschaulich machen, nicht nur sprechen. Dadurch<br />

erreicht man mehr. Den Eltern vermitteln, dass sie die Verantwortung für<br />

ihr Kind tragen und nicht nur die Einrichtungen.<br />

• Viele neue Sichtweisen – Einblick in die Arbeit an<strong>der</strong>er <strong>Kita</strong>s<br />

• Fallbesprechungen sind sehr effektiv<br />

• Ausweitung meiner Arbeit bzgl. Elternarbeit und Zusammenarbeit mit<br />

<strong>der</strong> Grundschule<br />

• Mich mehr in den Bereich <strong>der</strong> zukünftigen <strong>Schul</strong>kin<strong>der</strong> einbeziehen<br />

lassen –<br />

• Viele mehrsprachige Infos für Eltern im Internet vorhanden<br />

• Wichtig: Kennenlernen meiner „Kolleginnen“ und <strong>der</strong>en<br />

Aufgabenbereiche in ihren Einrichtungen, Austausch<br />

• Sich mehr mit Kooperation <strong>Kita</strong>-<strong>Schul</strong>e beschäftigen, mitwirken, sich<br />

mehr aktiv beteiligen<br />

• mehr Zeit für Hausbesuche bei Eltern einplanen<br />

• Hausbesuche bei Eltern bzw. Hospitationen mit den Eltern in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

• Es war für mich sehr lehrreich, kann viele neue Ideen mitnehmen.<br />

• Ich habe ein paar neue Informationen bekommen, z.B. neue<br />

För<strong>der</strong>maßnahmen für Vorschulkin<strong>der</strong><br />

• Eltern mit MHG identifizieren sich mit Interkultureller Fachkraft, selbst<br />

dann, wenn sie nicht aus dem gleichen Kulturkreis stammt<br />

• Vereine, die Migranten unterstützen, in die Einrichtung einladen<br />

2) Theoretische Anteile (zu viel, zu wenig, genau richtig)<br />

• 7 x „genau richtig“<br />

• Mehr zum Schriftspracherwerb wäre gut<br />

• okay<br />

• Ich fand es genau richtig, es war nicht zu trocken – kurz und knapp<br />

• Es war sehr praxisorientiert.<br />

• Der theoretische Anteil war genau richtig. So viel Theorie kann man<br />

sowieso nicht in <strong>der</strong> Praxis umsetzen.<br />

3) Praktische Arbeit (Fallarbeit, Materialien) (zu viel, zu wenig, genau richtig)<br />

• 7 x genau richtig<br />

• okay<br />

• genau richtig – beson<strong>der</strong>s die Fallarbeit hat mir gut gefallen<br />

• Die Fallbeispiele waren interessant. Es war gut zu sehen, wie diese von<br />

den an<strong>der</strong>en Teilnehmern bearbeitet wurden.<br />

Seite 27 von 35


• Die praktischen Fallbeispiele waren in Ordnung, auch die Materialien<br />

• Fallarbeiten waren sehr realitätsnah. Es wurden gute<br />

Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, die aber nicht immer einfach<br />

umzusetzen sind.<br />

4) Atmosphäre:<br />

• 3 x Super<br />

• 2 x Sehr gut<br />

• Gut<br />

• Angenehm<br />

• Die Atmosphäre war sehr gut, ich habe mich sehr wohlgefühlt.<br />

• Sehr ruhige, freundliche und schöne Atmosphäre<br />

• Vertraulich – sehr offene Kolleginnen – einfach schön<br />

• Angenehm – offen – vertrauensvoll<br />

• Gut, da oft Einigkeit bei Diskussionen herrschte und alle offen über ihre<br />

Erfahrungen erzählt haben.<br />

5) Was hat Ihnen gefehlt? Was könnte man zum Thema „<strong>Schul</strong>vorbereitung<br />

interkulturell“ noch thematisieren?<br />

• Noch mehr praktische Beispiele – Austausch – wie wird es in den<br />

Einrichtungen gemacht? – Welche Projekte kann man durchführen,<br />

planen? vielleicht in Kleingruppen erarbeiten.<br />

• Idee: Einen Grundschullehrer einladen, <strong>der</strong> von seinen Erfahrungen<br />

erzählt – daraus neue Idee für unsere Arbeit entwickeln<br />

• es hat nichts gefehlt<br />

• Mehr Zeit zum persönlichen Austausch<br />

• Ich bin einfach auf das nächste Treffen gespannt, welche Fortschritte und<br />

Erfahrungen an<strong>der</strong>e Interkulturellen Kräfte dann gemacht haben.<br />

• Es war sehr lehrreich, es hat nichts gefehlt!<br />

• Es war sehr lehrreich und die Themen waren genau richtig.<br />

• Wie kann ich Kin<strong>der</strong> und Eltern mit MHG noch unterstützen? Z.B. vor<br />

<strong>der</strong> Einschulung ein Treffen nur mit Migranteneltern und mit jemandem<br />

von <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e und <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>.<br />

• Hinweise <strong>zur</strong> Finanzierung und Organisation von Kooperationsprojekten<br />

zum „Übergang“<br />

Seite 28 von 35


Anhang<br />

a) Presse<br />

„Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>-<strong>Mama</strong>“<br />

Fortbildungstag für Erzieherinnen mit<br />

Migrationshintergrund im Kreishaus<br />

Zusatzkräfte für Interkulturelle Arbeit aus allen <strong>Kita</strong>s des Rhein-<br />

<strong>Pfalz</strong>-Kreises treffen sich am 3. Mai <strong>zur</strong> Fortbildung im<br />

Kreishaus. „Von <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>-<strong>Mama</strong> <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>mama“- Teil des<br />

gleichnamigen Uni-Projekts - wird von Arbeitsbereich<br />

Interkulturelle Bildung <strong>der</strong> Uni Landau und dem Kreisjugendamt<br />

gemeinsam durchgeführt. Interkulturelle Zusatzkräfte, die in<br />

<strong>Kita</strong>s mit einem hohen Anteil an Migrantenkin<strong>der</strong>n tätig sind und<br />

selbst Migrationshintergrund haben, sind ideale „Brückenbauer“<br />

wenn es um die Beratung und Information von Müttern zum<br />

Thema „<strong>Schul</strong>fähigkeit“ geht. „Migranteneltern sind nicht<br />

weniger interessiert an einem guten <strong>Schul</strong>start ihrer Kin<strong>der</strong>,<br />

manchmal kommen bestimmte Infos bei ihnen jedoch nicht an<br />

o<strong>der</strong> werden falsch verstanden“, so Angelika Papillion-Piller,<br />

Projektleiterin von <strong>der</strong> Uni Landau. Gerade hier leisten<br />

Mitarbeiterinnen mit gleichem kulturellen Hintergrund und<br />

Sprachkompetenzen unschätzbare Dienste. „Bestimmte<br />

Bereiche wie sprachliche Fähigkeiten o<strong>der</strong> Selbständigkeit<br />

sollten möglichst früh in Elterngesprächen thematisiert und<br />

gemeinsame Unterstützungsmöglichkeiten gefunden werden“<br />

berichtet Matthias Kurt, Fachberater <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>s. „Viel zu oft<br />

konzentrieren sich Eltern erst im letzten <strong>Kita</strong>-Jahr auf die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, die <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>anfang mit sich bringt.“ Denkbar<br />

wäre in <strong>der</strong> Zukunft auch eine stärkere Einbeziehung <strong>der</strong><br />

interkulturellen Zusatzkräfte in die Kooperationsaktivitäten<br />

zwischen <strong>Kita</strong>s und Grundschulen. Das Projekt wird geför<strong>der</strong>t<br />

vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur,<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Der Fortbildungstag bildet den Auftakt <strong>der</strong><br />

Veranstaltungsreihe zu „Jugendamt-Unterstützung die<br />

ankommt“.<br />

Seite 29 von 35


Seite 30 von 35


) Fotogalerie<br />

Ch. Ullinger, Projektbegleitung; M. Kurt, Fachberatung; A. Papillion-Piller,<br />

Projektleitung<br />

Fr. Rosemarie Patzelt, Beigeordnete für Jugend und Soziales des Rhein-<br />

<strong>Pfalz</strong>-Kreises, begrüßte zu Beginn alle Teilnehmer/innen<br />

Seite 31 von 35


Teilnehmerinnen des Fortbildungstages<br />

Seite 32 von 35


Universität Koblenz Landau<br />

Campus Landau<br />

Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter<br />

Arbeitsbereich Interkulturelle Bildung<br />

Thomas-Nast-Str. 44<br />

76829 Landau<br />

Angelika Papillion-Piller<br />

piller@uni-landau.de<br />

06341/280-34-253<br />

Der Übergang von <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>e<br />

Eine Studie zu Migranten- und Nichtmigrantenfamilien.<br />

Im Forschungsprojekt „KISCHU – Der Übergang von <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte <strong>zur</strong> <strong>Schul</strong>e“ an<br />

<strong>der</strong> Universität Koblenz-Landau werden Erwartungen und Vorstellungen von Eltern, ErzieherInnen<br />

und LehrerInnen untersucht, die sich auf die jeweiligen Aufgaben bei <strong>der</strong> Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in diesem Übergangsprozess beziehen.<br />

Das Projekt geht vom ökosystemischen Ansatz nach Bronfenbrenner, bzw. Nickel, aus. Der<br />

ökosystemische Ansatz beschreibt menschliche Entwicklung als „transaktionalen Prozess“ <strong>der</strong><br />

aktiven Auseinan<strong>der</strong>setzung des Menschen mit seiner Umwelt. Beim Übergang des Kindes<br />

von <strong>der</strong> KiTa in die <strong>Schul</strong>e sind vier sich wechselseitig beeinflussende Teilkomponenten zu<br />

beachten: Ökosystem Kind/Familie, Ökosystem <strong>Schul</strong>e, Ökosystem Kin<strong>der</strong>tagesstätte und das<br />

soziokulturelle Makrosystem als die Gesamtheit aller sozialen Beziehungen in einer<br />

Gesellschaft.<br />

Folgende Fragestellungen werden empirisch untersucht:<br />

a) Wie definieren ErzieherInnen, Lehrkräfte und Eltern ihre eigenen Aufgaben hinsichtlich<br />

eines gelingenden Übergangs von <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte in die <strong>Schul</strong>e?<br />

Welche Erwartungen haben sie an die jeweils an<strong>der</strong>en Personen?<br />

Verän<strong>der</strong>n sich diese Vorstellungen und Erwartungen, wenn es um Kin<strong>der</strong> aus Familien<br />

mit Migrationshintergrund geht?<br />

b) Welche Vorstellungen liegen über die Aufgaben <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Akteure vor?<br />

Welche Erwartungen über <strong>der</strong>en Kompetenzen bzw. Funktionen sind damit verbunden?<br />

Sind die gegenseitigen Vorstellungen deckungsgleich?<br />

c) Werden diese gegenseitigen Vorstellungen bzw. Erwartungen in Kontaktsituationen<br />

während des Übergangsprozesses thematisiert?<br />

Eine Befragung von Eltern, ErzieherInnen in Kin<strong>der</strong>tagesstätten und Lehrkräften in<br />

Grundschulen im Rhein-<strong>Pfalz</strong>-Kreis wird einen Überblick zu allgemeinen Vorstellungen und<br />

Erwartungen an einen gelingenden <strong>Schul</strong>start erbringen. Dabei wird erarbeitet, welche<br />

Aufgaben welchen Akteuren hierbei zugeschrieben werden. In einem zweiten Schritt wird<br />

anhand exemplarischer Fallstudien <strong>der</strong> Übergangsprozess vom Vorschulkind zum <strong>Schul</strong>kind<br />

detailliert untersucht und das Handeln <strong>der</strong> jeweiligen Akteure beleuchtet.<br />

Von diesem Projekt erwarten wir weitere Erkenntnisse über die Perspektiven <strong>der</strong> Akteure im<br />

Transitionsprozess „<strong>Schul</strong>start“ und über Probleme, die aus <strong>der</strong> Perspektivendivergenz<br />

Seite 33 von 35


entstehen können. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Fallstudien werden detailliert Unterschiede in den<br />

Erwartungen und auf <strong>der</strong> Handlungsebene zwischen Migranteneltern und Nicht-<br />

Migranteneltern analysieren.<br />

Auf <strong>der</strong> Praxisebene soll die Studie den Akteuren Erkenntnisse über individuell<br />

unterschiedlich definierte Hilfestellungen im Übergangsprozess bringen, Missverständnisse<br />

aufklären und nach einer effektiveren Vernetzung <strong>zur</strong> Unterstützung des Kindes gefragt<br />

werden. Diese können in verschiedenen Handlungsfel<strong>der</strong>n im Kooperationsfeld Eltern-<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätte-<strong>Schul</strong>e zum Tragen kommen (Elterngespräche in KiTa und <strong>Schul</strong>e,<br />

Kooperationstreffen KiTa-<strong>Schul</strong>e, Kennenlerntage…)<br />

Hintergrund <strong>der</strong> Studie<br />

Der <strong>Schul</strong>start entscheidet nachhaltig über die Einstellung des Kindes zu Ausbildung und<br />

schulischer Erziehung. Er hat einen großen Einfluss auf das Selbstkonzept des Kindes als<br />

„<strong>Schul</strong>kind“ und damit auf die Möglichkeiten <strong>der</strong> Entfaltung seiner Kompetenzen in den<br />

verschiedenen Entwicklungsbereichen. Negativ verlaufende <strong>Schul</strong>starts gehen oft einher mit<br />

Mängeln in <strong>der</strong> Kooperation zwischen <strong>Schul</strong>e, Kin<strong>der</strong>tagesstätte und Elternhaus. Dabei ist<br />

auffällig, dass Kin<strong>der</strong> aus Migrantenfamilien in den letzten Jahren doppelt so häufig <strong>zur</strong>ückgestellt<br />

wurden, wie Kin<strong>der</strong> aus Familien ohne Migrationshintergrund. In <strong>der</strong> Diskussion um<br />

die aktuellen län<strong>der</strong>vergleichenden Studien zu Schülerkompetenzen wird gerade Migrantenkin<strong>der</strong>n<br />

Nachholbedarf in beinahe allen Lernbereichen, v. a. in ihren sprachlichen<br />

Fähigkeiten, bescheinigt.<br />

Damit einher geht die Kritik an den Familien mit Migrationshintergund, die die Lernprozesse<br />

ihrer Kin<strong>der</strong> nicht im erfor<strong>der</strong>lichen Maße unterstützten bzw. die Kin<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e nur<br />

un<strong>zur</strong>eichend auf den neuen Lebensabschnitt vorbereiteten.<br />

Von den Kin<strong>der</strong>tagesstätten wird gefor<strong>der</strong>t, mit den <strong>Schul</strong>en zu kooperieren und die Kin<strong>der</strong><br />

im Sinne <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e auf ihren neuen Alltag hin einzustimmen. Aktuell wird dort ein<br />

Schwerpunkt im Bereich <strong>der</strong> Sprachför<strong>der</strong>ung gesetzt. Die zusätzlichen<br />

Sprachför<strong>der</strong>aktivitäten durch interne und externe Sprachför<strong>der</strong>kräfte zeugen hiervon.<br />

ErzieherInnen for<strong>der</strong>n folgerichtig von den <strong>Schul</strong>en, dass die Bemühungen <strong>der</strong> KiTas im<br />

Bereich <strong>der</strong> Sprachför<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e solange weitergeführt werden, bis <strong>der</strong> Sprachstand<br />

im Deutschen eine kompetente Teilnahme am Unterrichtsdiskurs ermöglicht.<br />

Seit dem 10. Oktober 2008 ist eine neue <strong>Schul</strong>ordnung für die Grundschulen (GSO) in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in Kraft. Zentrales Anliegen dieser GSO ist es, den <strong>Schul</strong>en mehr<br />

Möglichkeiten <strong>zur</strong> individuellen För<strong>der</strong>ung jedes einzelnen Kindes zu bieten. So sollen z. B.<br />

die schriftlichen Leistungsnachweise reduziert werden. Durch eine begleitende<br />

Dokumentation <strong>der</strong> individuellen Lernentwicklung des Kindes sollen Eltern zugleich<br />

zukünftig wesentlich differenziertere Leistungsrückmeldungen als bisher bekommen. Eine<br />

Verstärkung <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit den Eltern ist angestrebt. In Klasse 2 soll das<br />

Halbjahreszeugnis durch ein Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräch ersetzt werden, von dem ein<br />

Protokoll erstellt wird. Genaue Beschreibungen <strong>der</strong> Leistungen in Textform werden später die<br />

Noten in Klasse 3 und 4 ergänzen. Zusammenfassend gibt die neue GSO Eltern mehr<br />

Möglichkeiten, ausführliche Rückmeldungen darüber zu bekommen, wo ihr Kind steht,<br />

welche Stärken sich zeigen und wo sich ein zusätzlicher För<strong>der</strong>bedarf abzeichnet.<br />

Gerade die Intensivierung des Kontakts zu den Eltern steigert die Möglichkeiten, die jeweils<br />

an<strong>der</strong>en Erwartungshaltungen kennenzulernen. Dadurch erhöht sich die Chance,<br />

Missverständnisse und Fehlinterpretationen in <strong>der</strong> Kommunikation ausräumen zu können.<br />

Natürlich bietet sich damit auch den Beteiligten verstärkt die Gelegenheit, eigene (implizite)<br />

Erwartungshaltungen zu adressieren und zu klären.<br />

Seite 34 von 35


Die neue GSO kann auch so gelesen werden, dass die Aufgabe <strong>der</strong> Herstellung von<br />

„<strong>Schul</strong>fähigkeit“ in erster Linie von <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e zu meistern ist. Es ist jedoch davon<br />

auszugehen, dass die inhaltliche Füllung von „<strong>Schul</strong>fähigkeit“ in <strong>der</strong> Kommunikation<br />

individuell definiert und ausgestaltet und <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>e Interaktionspartner (Eltern,<br />

LehrerInnen, ErzieherInnen) hier für bestimmte Aufgaben in die Pflicht genommen wird. So<br />

könnte sich die Frage stellen, wie und von wem <strong>der</strong> im Elterngespräch angesprochene<br />

zusätzliche För<strong>der</strong>bedarf durch gezielte individuelle För<strong>der</strong>maßnahmen durchführt werden<br />

kann. Wird die <strong>Schul</strong>e diese Aufgaben selbst lösen o<strong>der</strong> ist sie auf die Vernetzung mit<br />

außerschulischen Einrichtungen/Fachkräften angewiesen? Kann sie die Vernetzung selbst<br />

initiieren o<strong>der</strong> wird dies - wie in <strong>der</strong> Vergangenheit - mehr o<strong>der</strong> weniger die Aufgabe <strong>der</strong><br />

betroffenen Eltern sein (bzw. von <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>e auch als <strong>der</strong>en Pflicht gesehen)?<br />

Die beschriebenen Aktivitäten <strong>zur</strong> Unterstützung des Übergangs können nur funktionieren,<br />

wenn die Kooperation zwischen den Beteiligten bedürfniszentriert und individuell hergestellt<br />

wird. Das Projekt KISCHU will einen Beitrag dazu leisten, die Passung zwischen den<br />

Akteuren im <strong>Schul</strong>eingangsprozess zum Wohle <strong>der</strong> neuen <strong>Schul</strong>kin<strong>der</strong> zu erhöhen. Im Sinne<br />

<strong>der</strong> Chancengleichheit möchte es auch dazu beitragen, dass die am Übergangsprozess<br />

beteiligten Menschen befähigt werden, unterschiedliche Einstellungen zu erkennen und zu<br />

benennen und die gewonnenen Erkenntnisse z. B. im Bereich <strong>der</strong> Elternarbeit konstruktiv<br />

einzusetzen.<br />

Seite 35 von 35

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!