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Der dichte bayerische Mischwald teilt sich. Buche, Tanne<br />

und Ahorn machen Platz – für Porsche, Maserati und<br />

Mercedes. „Sie haben ihr Ziel erreicht“, piepst die Navigations-App<br />

in dem elfjährigen Toyota Corolla, den<br />

ich mir geborgt habe. Vor mir der Parkplatz des Golfclubs<br />

St. Eurach.<br />

So weit, so erwartbar. Golfclubs sind Orte für<br />

alte, reiche Männer. Dabei will der Sport weg von diesem<br />

Schmuddel-Image.<br />

Golf, das ist die neue Botschaft einer ganzen<br />

Branche, ist mittlerweile ein Sport für jedermann geworden.<br />

Altersunabhängig. „Kinder und Jugendliche<br />

für Golfsport begeistern“, prangt auf der Homepage des<br />

Clubs St. Eurach.<br />

Golf? Wirklich? Ich habe meine Vorbehalte.<br />

Der Sport ist für mich gleichbedeutend mit der männlichen<br />

Menopause. Und viel wichtiger als das Alter:<br />

Kommt der Sport auch endlich ohne Statussymbole<br />

aus? Würde ich, jung und mittellos, in einem Club akzeptiert<br />

werden?<br />

Sehr gerne, heißt es vier Tage zuvor am Telefon,<br />

stehe man mir für ein Gespräch zur Verfügung. Das<br />

Mitteilungsbedürfnis scheint so groß zu sein, dass Golf<br />

jeden empfängt, selbst Studenten. In meiner Vorstellung<br />

war der Golfplatz bis dato ein ebenso fremder, abgeschiedener<br />

Ort wie ein Porno-Kino – ein verbotener<br />

Ort. Doch was die Abgeschiedenheit angeht, so ist von<br />

meiner WG im Münchner Uni-Viertel aus jedes Porno-<br />

Kino leichter zu erreichen als dieser Golfplatz.<br />

Wo, bitte, liegt St. Eurach? 53 Kilometer südlich<br />

von München, 24 Kilometer hinter der letzten<br />

S-Bahnstation, 5 Kilometer bis zum nächsten Bahnhof,<br />

malerisch eingebettet zwischen Starnberger See und<br />

Alpen. Busverbindung – Fehlanzeige. Die Studentenausstattung<br />

mit Streifenkarte und Klapperrad hilft hier<br />

nicht weiter, wer Golf spielen will, braucht ein Auto.<br />

„Sie sehen nicht so aus, als wären Sie Golfer.“<br />

Jens Läsker, Manager des Clubs St. Eurach, mustert<br />

mich am Empfang. Stimmt. Hinter mir schlägt die<br />

schwere Eingangstüre aus dunklem Holz ins Schloss.<br />

„Dann müssen Sie der Journalist sein.“<br />

Zehn Minuten später sitzen wir auf bequemen<br />

Polsterstühlen auf der Terrasse des Golfclubs, Kellnerinnen<br />

in weißen Schürzen servieren den Kaffee, das<br />

gebügelte Tischtuch duftet nach frischer Wäsche. Es ist<br />

Sonntagvormittag, Rushhour, die 18 Eurach-Löcher<br />

sind besetzt. Die ersten Frühstarter haben ihre vier<br />

Stunden bereits hinter sich und genießen das Sonnendeck.<br />

Liegt es am frühen Aufstehen oder am Sport?<br />

Auf der Terrasse ist kein Gast unter 60. Außer mir.<br />

Ich fühle mich dennoch wohl. Der Espresso<br />

schmeckt und die gebügelten Hemdkrägen an den<br />

Tischen scheinen von meiner Anwesenheit keine Notiz<br />

zu nehmen. Ja, das sei für alle okay. „Sieht doch cool<br />

aus“, sagt mein Gastgeber. Aber: „Wenn Sie Mitglied<br />

wären, würde ich Ihnen schon nahelegen, etwas anderes<br />

anzuziehen.“<br />

Noch habe ich den „Verrückte-junge-Leute“-<br />

Bonus. Aber auch Läsker gibt zu: „Golfer wissen, dass<br />

sie ein schwieriges Völkchen sind. Sie haben sich jahrelang<br />

abgeschottet.“ Doch der Wandel komme, sagt er.<br />

Und endlich platzt der Nachweis rein, wie bestellt.<br />

Ein Generationen-Trio hat seine Runde beendet<br />

und stapft jetzt zufrieden, das Alpenpanorama im Rücken,<br />

die sanfte Anhöhe zur Clubterrasse hinauf. Der<br />

eine grau, mit 84 Jahren und Doktortitel das älteste<br />

Mitglied des Golfclubs, der andere Abiturient, der<br />

Dritte irgendwo in der Mitte.<br />

„Ich würde Ihnen raten, etwas<br />

anderes anzuziehen.“ Freundlich<br />

behandelt werde ich trotzdem.<br />

„Ja“, nicken alle synchron, Golf werde immer<br />

jünger. Etwas zumindest. Im Hintergrund schleift eine<br />

Mutter ihren entnervten Sechsjährigen mit Miniatur-<br />

Golfschlägern und Mini-Poloshirt über das Grün.<br />

Klar, der Altersschnitt werde vor allem dadurch gesenkt,<br />

dass viele Mitglieder ihre Kinder mitbringen,<br />

sagt Läsker.<br />

Oder Enkelkinder. „Golf ist ein Wachstumsmarkt“,<br />

meint er, „aber nicht im Jugendsegment.“ Seine<br />

Vision: Golf als Reha-Sport, wie Wassergymnastik.<br />

Klingt einleuchtend. Herzinfarktgeplagte Männer ab<br />

50 dürften sich hier wohler fühlen als die Clerasil-Generation.<br />

Aber sieht so eine Verjüngungskur für einen<br />

Sport aus?<br />

100 Meter weiter golft eine Ausnahme. Auf der<br />

Driving Range nimmt Andreas Röhrl eine Blechtafel<br />

TAKTIK<br />

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