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Morbus Crohn der DGVS

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1104<br />

Leitlinie<br />

Kommentar<br />

Die Diagnose eines <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> basiert auf dem Nachweis<br />

einer charakteristischen Kombination von klinischen, endoskopischen,<br />

radiologischen, laborchemischen und pathomorphologischen<br />

Befunden. Einen definierten Goldstandard für die Diagnose<br />

gibt es nicht. Auch die pathomorphologische Diagnostik<br />

beruht auf <strong>der</strong> synoptischen Beurteilung einer Kombination<br />

von Charakteristika, die schwerpunktmäßig die Art und Verteilung<br />

<strong>der</strong> Entzündungsinfiltrate sowie Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Mukosaarchitektur<br />

betreffen [98 –111]. Die histologischen Einzelbefunde<br />

sind hierbei für sich genommen nicht diagnostisch<br />

diskriminierend und kçnnen zum Teil auch bei an<strong>der</strong>en Formen<br />

entzündlicher Darmerkrankungen auftreten.<br />

Morphologische Kriterien, die im Rahmen <strong>der</strong> histopathologischen<br />

Beurteilung von Darmbiopsien zur Diagnose eines <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Crohn</strong> herangezogen werden, sind:<br />

E diskontinuierliche Stçrung <strong>der</strong> Krypten-/Villusarchitektur,<br />

Kryptenatrophie,<br />

E diskontinuierliche, fokale/fleckfçrmige Entzündung mit einem<br />

vermehrten Infiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen,<br />

E Plasmozytose im basalen Schleimhautstroma,<br />

E epitheloidzellige Granulome,<br />

E Panethzell-Metaplasien distal <strong>der</strong> rechten Kolonflexur,<br />

E fokale Reduktion des Muzingehalts und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Anzahl von<br />

Becherzellen, Präservation von Muzin im Randbereich von<br />

Ulzerationen/Erosionen.<br />

Eine Stçrung <strong>der</strong> Krypten-/Villusarchitektur beinhaltet Irregularitäten<br />

in Form, Orientierung und Grçße <strong>der</strong> Krypten mit irregulären<br />

Verzweigungen (> 10 % <strong>der</strong> Krypten; mehr als 2 verzweigte,<br />

nicht parallel orientierte Krypten in einer Biopsie)<br />

[105, 107, 109, 111]. Unter Kryptenatrophie versteht man eine<br />

vermin<strong>der</strong>te Kryptendichte (Distanz von mehr als einem Kryptenquerschnitt<br />

zwischen zwei benachbarten Krypten) und/o<strong>der</strong><br />

eine Distanzbildung zwischen Kryptenbasis und <strong>der</strong> Lamina<br />

muscularis mucosae, zumeist verbunden mit einem basal vermehrten<br />

mononukleären, plasmazellreichen Infiltrat [103, 104,<br />

107, 109]. Fokale/fleckfçrmige chronische Entzündung beinhaltet<br />

einen herdfçrmig gesteigerten Gehalt an mononukleären<br />

Zellen <strong>der</strong> Lamina propria unter Einbeziehung <strong>der</strong> mittleren<br />

und basalen Schleimhautabschnitte [103, 107]. Eine basale<br />

Plasmozytose ist definiert durch den Nachweis von Plasmazellen<br />

in den basalen Bezirken (1/5) <strong>der</strong> Lamina propria o<strong>der</strong><br />

zwischen <strong>der</strong> Kryptenbasis und <strong>der</strong> Lamina muscularis mucosae<br />

(subkryptal) [104, 105].<br />

Epitheloidzellige Granulome bei <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> sind fokale Ansammlungen<br />

(> 5 Zellen) epitheloidzellig transformierter Makrophagen/Histiozyten<br />

mit o<strong>der</strong> ohne Ausbildung mehrkerniger<br />

Riesenzellen und ohne Nekrosen [107, 112]. Der Nachweis gut<br />

ausgebildeter, basal orientierter und abseits von entzündlich alterierten<br />

Krypten gelegener mukosaler Granulome dieser Art<br />

besitzt bei entsprechen<strong>der</strong> Befundkonstellation einen hohen diagnostischen<br />

Stellenwert [99, 102, 103, 108 –110], ist jedoch<br />

von limitierter Sensitivität (ca. 20 – 50 %) [99, 103, 108–110,<br />

113]. Die bioptische Diagnose eines <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> erfor<strong>der</strong>t daher<br />

nicht zwingend einen positiven Granulomnachweis. Kryptenassoziierte<br />

Granulome und Riesenzellen werden u. a. auch<br />

bei <strong>der</strong> Colitis ulcerosa gefunden und besitzen eine geringere<br />

Spezifität [112]. Bei Vorliegen von Granulomen sind infektiçse<br />

Darmerkrankungen differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen<br />

(Mykobakteriose, Yersiniose, Chlamydieninfektion, Salmonellose<br />

u. a.).<br />

Die bioptische Diagnose eines <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> in Abgrenzung<br />

zur Colitis ulcerosa und an<strong>der</strong>en entzündlichen Darmerkrankungen<br />

stützt sich im Wesentlichen auf einen topografisch<br />

variabel ausgeprägten, diskontinuierlichen Nachweis <strong>der</strong> genannten<br />

histopathologischen Verän<strong>der</strong>ungen im Darm. Daher<br />

sollten zumindest im Rahmen <strong>der</strong> Erstdiagnostik Stufenbiopsien<br />

aus dem Ileum und aus allen Kolonabschnitten unter Einbeziehung<br />

des Rektums gewonnen werden, wobei auch endoskopisch<br />

nicht entzündete bzw. weniger betroffene Areale<br />

einzuschließen sind (getrennte Einsendung von Biopsien unterschiedlicher<br />

Lokalisation mit entsprechenden Angaben).<br />

Die diagnostische Aussagekraft kann so im Vergleich zu singulären<br />

bzw. nicht systematischen Biopsien deutlich gesteigert<br />

werden [37, 99, 100, 114].<br />

Bei Patienten mit fulminanter Kolitis sollte die Biopsieentnahme<br />

den individuellen Gegebenheiten angepasst werden. Eine Immersionsfixierung<br />

<strong>der</strong> Gewebeproben in neutral gepuffertem Formalin<br />

o<strong>der</strong> einer gleichwertigen Fixierungslçsung unmittelbar nach<br />

Probenentnahme ist erfor<strong>der</strong>lich. Die Detektion fokaler Befunde<br />

kann durch eine Aufarbeitung <strong>der</strong> bioptischen Proben in Stufeno<strong>der</strong><br />

Serienschnitten verbessert werden [115, 116].<br />

Unter den genannten Voraussetzungen kann die histopathologische<br />

Diagnose eines <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> an Mukosabiopsien mit<br />

einer Sensitivität und Spezifität von etwa 60 – 70 % [99 – 101,<br />

106, 111], in einigen Studien von bis über 90 % gestellt werden<br />

[108 – 110], zumindest bei aktiver Erkrankung. Einige Autoren<br />

propagieren die Beurteilung <strong>der</strong> oben genannten Kriterien anhand<br />

von standardisierten Score-Schemata mit numerischen<br />

Koeffizienten [108 – 110]. Zur Etablierung <strong>der</strong> Diagnose ist <strong>der</strong><br />

Nachweis mehrerer <strong>der</strong> genannten histopathologischen Kriterien<br />

(zumindest 2 – 3), bei Anwesenheit epitheloidzelliger Granulome<br />

zumindest ein weiteres Kriterium (diskontinuierliche<br />

chronische Entzündung, Architekturstçrung <strong>der</strong> Schleimhaut)<br />

zu for<strong>der</strong>n. Topografische Aspekte (Ileumbeteiligung, Fehlen<br />

einer distalen Entzündungsakzentuierung im Kolon) und <strong>der</strong><br />

fehlende Nachweis einer kontinuierlich ausgebildeten, transmukosalen<br />

Entzündung mit diffuser Stçrung <strong>der</strong> Schleimhautarchitektur<br />

kçnnen zur Abgrenzung gegen eine Colitis ulcerosa<br />

herangezogen werden.<br />

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das morphologische Erscheinungsbild<br />

chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen<br />

biologischen Variationen unterliegt und zudem durch die Therapie<br />

modifiziert werden kann [117, 118]. So kann es im Verlauf<br />

einer Colitis ulcerosa durchaus zur diskontinuierlichen<br />

Ausprägung des Entzündungsbilds, auch mit Aussparung des<br />

Rektums, kommen [119]. Insbeson<strong>der</strong>e bei pädiatrischen CED-<br />

Patienten (< 10 Jahre) ist auch ohne vorangegangene Therapie<br />

mit abweichenden Mustern zu rechnen [120 – 122]. Informationen<br />

zur Anamnese, Erkrankungsdauer, Art und Dauer <strong>der</strong><br />

Therapie und zum Patientenalter sind daher für eine effiziente<br />

histopathologische Befundung erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e auch im Hinblick auf die differenzialdiagnostische<br />

Abgrenzung idiopathischer chronisch-entzündlicher<br />

Darmerkrankungen von an<strong>der</strong>weitigen, ätiologisch o<strong>der</strong><br />

phänotypisch definierten Entzündungsformen wie infektiçsen<br />

Enterocolitiden, Ischämiereaktionen, medikamentçs bedingten<br />

(z. B. NSAR, Zytostatika) o<strong>der</strong> therapieassoziierten Entzündungen<br />

(z.B. diversionsassoziierte Entzündung), divertikelkrankheitsassoziierte<br />

Kolitis, obstruktive/distensionsbedingte Entzündungen,<br />

Mukosaprolaps-Syndrom, lymphozytäre/kollagene<br />

Kolitis, allergische Reaktionen, eosinophile Enterocolitis u. a.<br />

[123 –125].<br />

Hoffmann JC et al. Diagnostik und Therapie… Z Gastroenterol 2008; 46: 1094–1146

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