Morbus Crohn der DGVS
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Morbus Crohn der DGVS
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Leitlinie<br />
Situationen ist die Expertise von an<strong>der</strong>en Fachärzten (z.B. Augenarzt<br />
bei Uveitis) notwendig, um die Diagnose zu bestätigen und<br />
die Therapie einzuleiten. Auffällig ist <strong>der</strong> Mangel an kontrollierten,<br />
randomisierten Studien über die Behandlung von extraintestinalen<br />
Manifestationen des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong>s, sodass die Arbeitsgruppe<br />
als Grundlage für die Therapie auch auf Fallberichte o<strong>der</strong><br />
Fallsammlungen zurückgreifen musste.<br />
Gelenkmanifestationen<br />
Diagnostik<br />
Statement 10.1<br />
Die Diagnose <strong>der</strong> CED-assoziierten peripheren Arthritis erfolgt<br />
klinisch und basiert auf charakteristischen Merkmalen und dem<br />
Ausschluss an<strong>der</strong>er spezifischer Formen <strong>der</strong> Arthritis (D). Bei <strong>der</strong><br />
peripheren Arthritis ist <strong>der</strong> Typ I pauciartikulär und betrifft akut<br />
die großen Gelenke zu Zeitpunkten einer bestehenden CED-Aktivität,<br />
während <strong>der</strong> Typ II polyartikulär ist und eine grçßere Zahl<br />
peripherer Gelenke unabhängig von <strong>der</strong> CED-Aktivität betrifft<br />
(B). Die axiale Arthritis, einschließlich <strong>der</strong> Sakroiliitis und <strong>der</strong> ankylosierenden<br />
Spondylitis, wird nach konventionellen, rheumatologischen<br />
Kriterien diagnostiziert und wird von charakteristischen<br />
radiologischen Verän<strong>der</strong>ungen, die am sensitivsten in <strong>der</strong> MRT<br />
dargestellt werden, unterstützt (D).<br />
Kommentar<br />
Bei <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> kann eine entzündliche Beteiligung des Achsenskeletts,<br />
eine Arthritis <strong>der</strong> peripheren Gelenke und das unspezifische<br />
Symptom <strong>der</strong> Arthralgie auftreten. Der rheumatologische<br />
Symptomenkomplex ist in das Konzept <strong>der</strong> seronegativen<br />
Spondyloarthritiden (SpA) integriert. Die Klassifikationskriterien<br />
<strong>der</strong> Europäischen Spondyloarthritis-Studiengruppe sind<br />
bei einem Patienten mit <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> erfüllt sofern a) ein früherer<br />
o<strong>der</strong> gegenwärtiger entzündlicher Wirbelsäulenschmerz<br />
von mindestens 3 Monaten Dauer o<strong>der</strong> b) eine asymmetrisch<br />
o<strong>der</strong> vorwiegend an den unteren Extremitäten bestehende Synovialitis<br />
vorliegt [463]. Orchard et al. [464] haben darüber hinaus<br />
bei Patienten mit <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> eine weitere Unterteilung<br />
<strong>der</strong> peripheren Arthritiden in einen Typ I und II vorgeschlagen.<br />
Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen<br />
(CED) wird die Prävalenz <strong>der</strong> SpA in spezialisierten Zentren<br />
mit 10 – 32 % [462, 465–467], in universitären gastroenterologischen<br />
Zentren in Deutschland mit 14 % und in Belgien mit<br />
32 % angegeben. Sie ist somit bei einer geschätzten Häufigkeit<br />
in <strong>der</strong> deutschen Allgemeinbevçlkerung von 1,9 % [468] gegenüber<br />
dieser deutlich erhçht.<br />
Therapie <strong>der</strong> peripheren Arthritis<br />
Statement 10.2<br />
Die Behandlung <strong>der</strong> CED-assoziierten Arthritis basiert fast vollständig<br />
auf Extrapolationen von an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong> Arthritis.<br />
Im Fall <strong>der</strong> peripheren Arthritis Typ I sollte die Behandlung des zugrunde<br />
liegenden <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> im Vor<strong>der</strong>grund stehen (C). Bei<br />
<strong>der</strong> Typ-II-Arthritis werden Sulfasalazin, Methotrexat und in refraktären<br />
Fällen anti-TNF-Antikçrper (B) eingesetzt.<br />
Kommentar<br />
Die periphere Arthritis wird in die Typen I und II unterteilt<br />
[464]. Der Typ I ist pauciartikulär und betrifft große (vorwiegend<br />
tragende) Gelenke einschließlich <strong>der</strong> Knçchel, Knie, Hüften,<br />
Handgelenke, Ellbogen und Schultern. Es sind weniger als<br />
5 Gelenke betroffen. Die Arthritis tritt üblicherweise schubassoziiert<br />
akut auf, ist selbstlimitierend (eher Wochen als Monate),<br />
hinterlässt am Gelenk keinen dauerhaften Schaden und erfor<strong>der</strong>t<br />
daher keine spezifische rheumatologische Therapie. Der<br />
Typ II ist polyartikulär und betrifft meist die kleinen Gelenke<br />
<strong>der</strong> Hand; die Arthritis persistiert länger (Monate o<strong>der</strong> Jahre)<br />
und kann unabhängig von <strong>der</strong> Aktivität des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> auftreten.<br />
Die Therapie erfolgt daher analog <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong><br />
Spondyloarthritiden. Die Diagnose <strong>der</strong> peripheren Arthritis erfolgt<br />
klinisch durch die schmerzhaft geschwollenen Gelenke.<br />
Die Differenzialdiagnose schließt die Osteoarthritis, die septische<br />
Arthritis o<strong>der</strong> die koinzidente seropositive rheumatoide<br />
Arthritis o<strong>der</strong> Nebenwirkungen <strong>der</strong> Behandlung (z. B. einen Steroidentzug,<br />
eine Osteonekrose, eine Azathioprin-induzierte Arthropathie<br />
o<strong>der</strong> ein Infliximab-assoziiertes Lupus-ähnliches<br />
Syndrom) ein.<br />
Therapie <strong>der</strong> Arthralgie<br />
Statement 10.3<br />
Bei chronischen peripheren Arthralgien kçnnen in <strong>der</strong> Akutbehandlung<br />
Analgetika wie Novalminsulfon o<strong>der</strong> Opioide eingesetzt<br />
werden (D). NSAR sollten nicht routinemäßig eingesetzt<br />
werden aufgrund <strong>der</strong> inkonsistenten Datenlage bezüglich <strong>der</strong><br />
Exazerbation <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung (D). COX-2-selektive Antiphlogistika<br />
sind bezüglich des Rezidivrisikos günstiger, kçnnen<br />
aber nicht generell empfohlen werden (B).<br />
Kommentar<br />
Die ätiologische Zuordnung von Arthralgien ist schwierig. Eine<br />
verlässliche Evidenz für die Behandlung von Arthralgien bei Patienten<br />
mit <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> ist nicht vorhanden. RCTs bei Patienten<br />
mit CED zeigten für COX-2-Antagonisten keinen negativen<br />
Effekt auf die Grun<strong>der</strong>krankung [469, 470].<br />
Therapie <strong>der</strong> axialen Arthritis<br />
Statement 10.4<br />
Bei Patienten mit axialer Arthritis ist eine Therapie mit anti-TNFa-Antikçrpern<br />
wirksam (B). Die Patienten profitieren zudem von<br />
einer intensiven Physiotherapie (C).<br />
Kommentar<br />
Die axiale Arthritis schließt die Spondylitis und Sakroileitis ein.<br />
Die asymptomatische Sakroileitis ist häufig. Bis zu 50 % <strong>der</strong> Patienten<br />
mit <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> zeigen einen abnormen radiografischen<br />
Befund. Der Befall <strong>der</strong> Wirbelsäule, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Sakroiliakalgelenke,<br />
wird durch die rheumatologischen Kriterien<br />
des entzündlichen Rückenschmerzes charakterisiert. Traditionelle<br />
Basistherapeutika (DMARD) (z. B. Sulfasalazin, Methotrexat<br />
o<strong>der</strong> Leflunomid) sind zur Behandlung <strong>der</strong> axialen Erkrankung<br />
bei Patienten mit Spondyloarthritis ineffektiv. NSAR sind<br />
wirksam, es gilt jedoch das unter Therapie <strong>der</strong> Arthralgie gesagte.<br />
Anti-TNF-Antikçrper sind bei Patienten mit ankylosieren<strong>der</strong><br />
Spondylitis die wirksamste Therapie [471], ihre Wirksamkeit<br />
auf die Arthritis ist auch bei Patienten mit <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong><br />
nachgewiesen [472–475].<br />
Hoffmann JC et al. Diagnostik und Therapie… Z Gastroenterol 2008; 46: 1094–1146