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Morbus Crohn der DGVS

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Leitlinie 1117<br />

Kommentar<br />

Intermittierende krampfartige Bauchschmerzen mit und ohne<br />

zeitlichen Zusammenhang mit Nahrungszufuhr o<strong>der</strong> Defäkation<br />

sowie anhaltende Bauchschmerzen gehçren bei akuten<br />

Schüben bzw. chronisch-aktiven Verläufen zu den häufigsten<br />

Symptomen des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong>. Repräsentative Daten zum Gebrauch<br />

von Schmerzmitteln zur symptomatischen Behandlung<br />

<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Erkrankung assoziierten Bauchschmerzen sowie<br />

Schmerzen bei extraintestinalen Manifestationen bzw. Komplikationen<br />

<strong>der</strong> Erkrankung und ihrer Therapie (z. B. Osteoporose)<br />

fehlen. In klinischen Stichproben wurde die dauerhafte<br />

Einnahme von Schmerzmitteln bei 3 bis 13 % beschrieben<br />

[325, 326]. In einer deutschen Studie gaben 13 % <strong>der</strong> Patienten<br />

zum Untersuchungszeitpunkt die Einnahme von Analgetika an<br />

[327]. In einer US-amerikanischen Studie gaben 38 % <strong>der</strong> Patienten<br />

an, nicht opioidhaltige Analgetika und 15 % opioidhaltige<br />

Analgetika einzunehmen [328].<br />

Im Falle einer symptomatischen Schmerztherapie sind die Regeln<br />

<strong>der</strong> allgemeinen und speziellen Schmerztherapie zu beachten.<br />

Vor Einleitung einer symptomatischen Schmerztherapie<br />

ist auszuschließen, dass die Schmerzsymptomatik durch<br />

Optimierung <strong>der</strong> anti-inflammatorischen Therapie, chirurgischen<br />

Therapie o<strong>der</strong> durch Absetzen von schmerzauslçsenden<br />

Medikamenten behandelbar ist. Eine sorgfältige Analyse <strong>der</strong><br />

Schmerzsymptomatik und ihrer biologischen, psychischen<br />

und sozialen Komponenten ist durchzuführen. Bei häufigen<br />

o<strong>der</strong> dauerhaften Schmerzen soll eine kontinuierliche orale<br />

Schmerztherapie mit retardierten Präparaten inklusive einer<br />

Bedarfsschmerzmedikation durchgeführt werden. Bei Opioiden<br />

sollen kurz wirksame Darreichungsformen (Tropfen, intravençs)<br />

wegen ihrer potenziell suchtfçr<strong>der</strong>nden Wirkung<br />

vermieden werden. Die Gabe von Opioiden bei funktionellen<br />

gastrointestinalen Stçrungen o<strong>der</strong> psychischen Stçrungen als<br />

Ursache <strong>der</strong> Schmerzen ist kontraindiziert [329].<br />

Statement 7.2<br />

Im akuten Schub und bei chronisch-aktiven Verläufen kann bei<br />

anhaltenden Bauchschmerzen trotz anti-inflammatorischer Therapie<br />

und fehlenden chirurgischen Therapieoptionen eine symptomatische<br />

Schmerztherapie mit Metamizol o<strong>der</strong> Opioiden<br />

durchgeführt werden. Eine Dauertherapie mit Opioiden sollte<br />

vermieden werden (D).<br />

Kommentar<br />

Zur symptomatischen Schmerztherapie des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> liegen<br />

keine kontrollierten Studien o<strong>der</strong> Kohortenstudien vor.<br />

Empfehlungen zur symptomatischen Schmerztherapie gründen<br />

sich daher auf klinische Erfahrung und auf Extrapolationen<br />

von Therapieprinzipien an<strong>der</strong>er chronischer nicht karzinombedingter<br />

Schmerzsyndrome [330]. Der Einsatz von<br />

Paracetamol wird aufgrund des erhçhten Risikos einer Schubauslçsung<br />

und aufgrund des Risikos <strong>der</strong> Hepatotoxizität bei<br />

regelmäßiger Einnahme nicht empfohlen [331, 332]. Bei <strong>der</strong><br />

Therapie mit Opioiden sind Kontraindikationen (hochgradige<br />

Stenosen von Dünn- bzw. Dickdarm) sowie Nebenwirkungen<br />

(Sedierung, missbräuchliche Verwendung) zu beachten. Bei<br />

Patienten mit psychischer Komorbidität besteht ein erhçhtes<br />

Risiko missbräuchlicher Verwendung von Opioiden [325, 326,<br />

333, 334]. Der chronische Gebrauch von Opioiden ist mit einer<br />

hçheren Krankheitsaktivität, Tabakrauchen und reduzierter<br />

Lebensqualität assoziiert [328]. Aufgrund <strong>der</strong> mçglichen<br />

negativen Auswirkungen einer Langzeittherapie mit Opioiden<br />

auf den Gastrointestinaltrakt und das Immunsystem wird<br />

eine Dauertherapie mit Opioiden bei mit <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> assoziierten<br />

chronischen Bauchschmerzen nicht empfohlen [335].<br />

In <strong>der</strong> Akutschmerztherapie bei fulminanten Verläufen sind<br />

Opioide kontraindiziert. Ketamin kann zur Schmerztherapie<br />

bei fulminanten Verläufen verwendet werden [336].<br />

Statement 7.3<br />

Bei Diskrepanz zwischen dem Ausmaß <strong>der</strong> Bauchschmerzen und<br />

<strong>der</strong> entzündlichen Aktivität sollten nach Ausschluss an<strong>der</strong>er<br />

Schmerzursachen die Therapiestrategien funktioneller gastrointestinaler<br />

Stçrungen angewendet werden (C).<br />

Kommentar<br />

Eine Subgruppe von Patienten gibt anhaltende Bauchschmerzen<br />

und/o<strong>der</strong> Durchfälle sowie reduzierte Lebensqualität bei<br />

fehlen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> geringer laborchemischer und endoskopischer/<br />

histologischer Aktivität an. In diesem Fall ist zu überprüfen,<br />

ob die Kriterien eines Reizdarmsyndroms erfüllt sind. Die Prävalenz<br />

eines Reizdarmsyndroms nach den Rom-Kriterien wird<br />

bei klinischen Stichproben bis zu 45 % <strong>der</strong> Patienten in Remission<br />

angegeben [337, 338]. <strong>Morbus</strong>-<strong>Crohn</strong>-Patienten mit Reizdarmsyndrom<br />

weisen eine vermehrte psychische Symptombelastung<br />

mit Angst/Depressivität bzw. komorbide psychische<br />

Stçrungen auf [325, 338]. Es liegen keine Therapiestudien zur<br />

Behandlung eines Reizdarmsyndroms bei <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> vor.<br />

Es wird empfohlen, in <strong>der</strong> Behandlung des Reizdarmsyndroms<br />

bei <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> die in den Leitlinien von gastroenterologischen<br />

Fachgesellschaften empfohlenen medikamentçsen (Spasmolytika,<br />

Antidepressiva) und psychotherapeutischen Behandlungsstrategien<br />

einzusetzen [339].<br />

8. Chirurgie bei <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong><br />

In einer Leitlinie über den <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> ist es unmçglich,<br />

alle chirurgischen Aspekte des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> zu berücksichtigen.<br />

Deshalb beschäftigt sich <strong>der</strong> Konsensus mit ausgewählten<br />

Aspekten, denen entwe<strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>e Relevanz zukommt<br />

o<strong>der</strong> die häufig kontrovers diskutiert werden.<br />

Im letzten Jahrzehnt haben Entwicklungen in <strong>der</strong> medikamentçsen<br />

Therapie des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> erheblichen Einfluss auf<br />

chirurgische Strategien genommen. Obwohl die meisten Patienten<br />

im Verlauf ihrer Erkrankung noch immer eine chirurgische<br />

Maßnahme erleben werden, so liegt heute die Primärtherapie<br />

des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> überwiegend in den Händen eines<br />

Gastroenterologen. Dies bedingt eine enge Kooperation zwischen<br />

Gastroenterologie und Chirurgie zum Wohle <strong>der</strong> Patienten.<br />

Beide Fachvertreter müssen partnerschaftlich einschätzen,<br />

was medikamentçse und chirurgische Maßnahmen z. B. bei<br />

<strong>der</strong> Symptombeseitigung leisten kçnnen. Auch müssen sie zusammen<br />

eine Risikoabwägung treffen, damit Patienten die<br />

bestmçgliche Therapie zum bestmçglichen Zeitpunkt erhalten<br />

kçnnen. Bei <strong>der</strong> Wahl des geeigneten Operationszeitpunkts<br />

muss die zu erwartende Lebensqualität nach <strong>der</strong> chirurgischen<br />

Intervention <strong>der</strong> Lebensqualität bei langfristig fortgesetzter<br />

medikamentçser Therapie gegenübergestellt werden.<br />

Traditionell wurden Chirurgie und medikamentçse Therapie<br />

als komplementäre Konzepte bei <strong>der</strong> Behandlung des <strong>Morbus</strong><br />

<strong>Crohn</strong> aufgefasst. Diese Auffassung ist in ¾n<strong>der</strong>ung begriffen,<br />

da sich Medikamente rasch entwickeln und sich Symptomfreiheit<br />

auch durch medikamentçse Sekundär- und Tertiärthera-<br />

Hoffmann JC et al. Diagnostik und Therapie… Z Gastroenterol 2008; 46: 1094–1146

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