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Morbus Crohn der DGVS

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1130<br />

Leitlinie<br />

Die Arzneimittel <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Therapierichtung (Phytopharmaka,<br />

Homçopathika und Anthroposophika) waren bisher bei<br />

ihrer Zulassung bzw. beim In-Verkehr-bringen weniger strengen<br />

Regularien als Allopathika unterworfen (meist sog. Registrierungsverfahren).<br />

In den letzten Jahren wurde bei <strong>der</strong> WHO<br />

eine zunehmende Anzahl von unerwünschten Arzneimittelwirkungen<br />

(UAW) von Phythopharmaka registriert. Deshalb hat<br />

die WHO Leitlinien für nationale Gesundheitsbehçrden verçffentlicht,<br />

um kontextspezifische und zuverlässige Informationen<br />

zum Gebrauch von Phytopharmaka und komplementären<br />

Arzneimitteln zu schaffen [621]. In Deutschland müssen für<br />

diese Arzneimittel – analog zu allopathischen Arzneimitteln –<br />

regelmäßig Pharmakovigilanzdaten und Sicherheitsdaten (Periodic<br />

Safety Update Reports, PSUR) erbracht werden.<br />

Das große çffentliche Interesse an Alternativ- und Komplementärmedizin<br />

rechtfertigt eine weitere Evaluation dieser Methoden.<br />

Das schließt die folgenden Methoden ein: Traditionelle Chinesische<br />

Medizin inklusive Akupunktur, Anthroposophische<br />

Medizin, Aromatherapie, Ayurvedische Medizin, Homçopathie,<br />

immunmodulative Therapien, manuelle Therapien (Osteopathie,<br />

Massagen etc.), Mind/Body-Medizin, Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Naturheilkunde, Qi Gong, Reiki.<br />

Definition<br />

Statement 12.1<br />

Unkonventionelle Therapien sind alle Verfahren, die als nicht<br />

anerkannt und/o<strong>der</strong> wissenschaftlich überprüft gelten (dazu gehçren<br />

Verfahren, die mit Begriffen wie Erfahrungsmedizin/Erfahrungsheilkunde,<br />

integrierte Medizin, holistische Medizin umschrieben<br />

werden). Komplementärmedizinische Verfahren (z. B.<br />

Homçopathie, Naturheilverfahren, Traditionelle Chinesische Medizin<br />

[TCM] inklusive Akupunktur, Anthroposophische Therapieverfahren<br />

und Ayurvedische Medizin) werden als Ergänzung zu<br />

konventionellen Standardtherapien angewendet. Verfahren, die<br />

die konventionellen Standardtherapien ausschließen, werden als<br />

alternative Therapieverfahren bezeichnet (D).<br />

Die Definition wurde erstmals auf <strong>der</strong> Konsensuskonferenz 1999<br />

zum Verständnis <strong>der</strong> unterschiedlichen Begriffe verwendet und<br />

wird in <strong>der</strong> Literatur und in Lexika (z. B. Pschyrembel) überwiegend<br />

dementsprechend angewendet. In an<strong>der</strong>en Auslegungen<br />

werden unkonventionelle Therapieverfahren definiert als Methoden,<br />

die nicht in <strong>der</strong> medizinischen Ausbildung an den Universitäten<br />

gelehrt werden o<strong>der</strong> Verfahren, die nicht zur Standardversorgung<br />

in den Krankenhäusern gehçren.<br />

Die angloamerikanische Literatur unterscheidet weniger in alternativ<br />

und komplementär und verwendet den gemeinsamen<br />

Terminus „Complementary and alternative Medicine“ (CAM).<br />

Neuere Literatur spricht bei kombinierter Anwendung von konventioneller<br />

und komplementärer Methoden auch von integrativer<br />

Medizin [619, 622 – 625].<br />

Methodik<br />

Methodik und Fragestellung bestimmen nach EbM-Regeln das<br />

jeweilige Studiendesign und damit die Bewertung für eine EbM-<br />

Hierarchisierung. Dieser Sachverhalt ist bei <strong>der</strong> Bewertung komplementärmedizinischer<br />

Literatur zu berücksichtigen [626].<br />

Einige komplementäre Therapieverfahren beziehen sich auf<br />

das salutogenetische Potenzial des Patienten und schließen<br />

die Arzt-Patienten-Beziehung als Wirkprinzip ein. Eine randomisierte<br />

kontrollierte Studie ist daher nicht immer durchführbar,<br />

dies ist bei einer EbM-Hierarchisierung zu berücksichtigen<br />

[627].<br />

Ferner zeichnen sich komplementär- und alternativmedizinische<br />

Verfahren meist durch komplexe Verfahrensweisen aus,<br />

die durch einfache Wirknachweise eines Einzelfaktors nicht<br />

zu belegen sind, son<strong>der</strong>n systemisch erfasst werden müssen.<br />

Dazu kçnnen Beobachtungsstudien herangezogen werden, die<br />

systemische Wirkungen abbilden kçnnen und als Evaluationsmethode<br />

geeignet wären [627], da ihre Ergebnissen meist zu<br />

RCTs gleichwertig sind [628, 629].<br />

Anwendung und Prävalenz<br />

Statement 12.2<br />

Patienten sollten über die Anwendung komplementärer Heilmethoden<br />

befragt werden. Es wird empfohlen, mit ihnen über ihre<br />

Gründe für die Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren<br />

zu sprechen (D).<br />

Statement 12.3<br />

Aufgrund des hohen Anteils an Patienten, die komplementärmedizinische<br />

Therapien anwenden, sollten ¾rzte sich über diese Verfahren<br />

informieren (D).<br />

Kommentar<br />

In mehreren Studien wurde beschrieben, dass mindestens die<br />

Hälfte (31 bis 78 %) <strong>der</strong> erwachsenen Patienten mit CED komplementäre<br />

Heilmethoden anwendet [611, 616, 617, 630 – 632].<br />

In einer repräsentativen Studie für Deutschland zu dem Thema<br />

lag die Inanspruchnahme bei 52,9 % [615]. Bei Kin<strong>der</strong>n mit CED<br />

ist <strong>der</strong> Gebrauch von CAM nicht geringer als bei Erwachsenen<br />

[619, 620, 633–635].<br />

30 – 70 % <strong>der</strong> Patienten informiert ihre ¾rzte nicht über die<br />

Anwendung komplementärer Heilmethoden [611, 614, 617].<br />

Die Anwendung und das Verschweigen komplementärer Heilmethoden<br />

wird durch die konventionell behandelnden ¾rzte<br />

unterschätzt. Als Gründe für die Anwendung komplementärmedizinischer<br />

Verfahren wurden in den Studien die Suche<br />

nach <strong>der</strong> optimalen Therapie, <strong>der</strong> Wunsch, ohne Kortison auszukommen,<br />

Nebenwirkungen <strong>der</strong> konventionellen Therapie,<br />

<strong>der</strong> Wunsch nach Stärkung <strong>der</strong> Eigenaktivität und <strong>der</strong> Eigenverantwortung,<br />

ein ganzheitlicher Therapieansatz sowie Unzufriedenheit<br />

mit <strong>der</strong> konventionellen Therapie und (relatives)<br />

Therapieversagen genannt [613, 615, 616, 619, 620, 630, 633,<br />

636 – 639]. Über 70 % <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> von CAM ziehen subjektiv<br />

einen Benefit aus diesen Therapien.<br />

Die am häufigsten benutzten komplementären Methoden durch<br />

CED-Patienten sind Homçopathie, Phythotherapie, Traditionelle<br />

Chinesische Medizin einschließlich Akupunktur, Diäten, Vitamine<br />

und Nahrungsergänzungsmittel [611, 614, 615, 617, 619, 620].<br />

Bei Kin<strong>der</strong>n korrelierte <strong>der</strong> Gebrauch von CAM mit <strong>der</strong> Zunahme<br />

von Fehlstunden in <strong>der</strong> Schule, Internetgebrauch und einem<br />

schlechteren Verlauf des <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> [620, 633].<br />

Prädiktoren für den Einsatz komplementärmedizinischer Verfahren<br />

sind ein hçherer Bildungsstand, eine Vollwerternährung<br />

sowie eine kumulative Kortison-Tabletteneinnahme von mehr<br />

als 10 g Gesamtmenge. Ein hçherer Body-Mass-Index (BMI) war<br />

negativ mit dem Einsatz von CAM verbunden [615].<br />

Hoffmann JC et al. Diagnostik und Therapie… Z Gastroenterol 2008; 46: 1094–1146

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