Morbus Crohn der DGVS
Morbus Crohn der DGVS
Morbus Crohn der DGVS
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Leitlinie 1121<br />
teiligten Organen und <strong>der</strong> Krankheitsaktivität. Wegen <strong>der</strong> therapeutischen<br />
Konsequenzen ist eine Unterscheidung in anale Fisteln<br />
und enterische Fisteln notwendig (D).<br />
Statement 9.2<br />
Beim analen Fistelleiden ist die klinische Untersuchung, ggf. in<br />
Narkose, Standard. Ergänzend stehen die anorektale Endosonografie<br />
und das MRT zur Verfügung. In spezialisierten Zentren<br />
wird die Endosonografie zur Festlegung <strong>der</strong> operativen Behandlungsstrategie<br />
bevorzugt (A). Eine Fistulografie wird nicht empfohlen<br />
(C).<br />
Statement 9.3<br />
Da die Ergebnisse <strong>der</strong> Fisteltherapie vom Entzündungsgrad <strong>der</strong><br />
Rektumschleimhaut abhängen, ist zur Festlegung des Therapiekonzepts<br />
eine endoskopische Schleimhautbeurteilung unabdingbar<br />
(C).<br />
Kommentar<br />
Beim perianal fistulierenden <strong>Morbus</strong> <strong>Crohn</strong> kommt <strong>der</strong> Diagnostik<br />
im Hinblick auf die Behandlungsstrategie eine Schlüsselrolle<br />
zu. Zur Verfügung stehen unter an<strong>der</strong>em die Untersuchung<br />
in Narkose, die Endosonografie sowie die MRT. All diese<br />
Methoden sollten durch eine Endoskopie des Ano-Rektums ergänzt<br />
werden, um die lokale Entzündungssituation abzuklären.<br />
Es gibt nämlich Hinweise aus Einzelberichten, dass das Fistelleiden<br />
nur dann erfolgreich therapiert werden kann, wenn<br />
gleichzeitig <strong>der</strong> entzündliche <strong>Crohn</strong>befall des Darmes behandelt<br />
wird. Mit einer Treffersicherheit von ca. 91 % ist die Narkoseuntersuchung<br />
sehr präzise [403]. Darüber hinaus besteht<br />
die Mçglichkeit, in gleicher Narkose therapeutische chirurgische<br />
Maßnahmen durchzuführen. Hierbei kommt <strong>der</strong> umfassenden<br />
präoperativen Aufklärung des Patienten eine beson<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung zu. Perianale Schmerzen deuten fast immer auf<br />
ein Abszessgeschehen hin. Liegt ein Abszess vor o<strong>der</strong> wird ein<br />
solcher vermutet, sollte kurzfristig eine Narkoseuntersuchung<br />
erfolgen, um den septischen Fokus zu lokalisieren und zu drainieren.<br />
Folgekomplikationen eines fortschreitenden Abszessgeschehens<br />
im Schließmuskelbereich kçnnen so vorgebeugt<br />
werden.<br />
Beim fistulierenden <strong>Crohn</strong> hat die MRT-Untersuchung eine<br />
Treffergenauigkeit von 76 –100 % und kann wertvolle Zusatzinformationen<br />
liefern. Die Treffsicherheit <strong>der</strong> Endosonografie<br />
wird mit 56 –100 % angegeben. Sie ist in einem hohen Maß<br />
von <strong>der</strong> Erfahrung des Untersuchers abhängig und kann durch<br />
Instillation von Wasserstoffperoxid verbessert werden<br />
[404–406]. Abhängig von <strong>der</strong> individuellen Expertise und<br />
<strong>der</strong> Verfügbarkeit <strong>der</strong> Untersuchungsmethode würde etwa<br />
die Hälfte <strong>der</strong> Experten eine Narkoseuntersuchung, die an<strong>der</strong>e<br />
Hälfte eine transanale Endosonografie auch zur Primäruntersuchung<br />
bevorzugen. Zur Verlaufskontrolle ist die Endosonografie<br />
nur in erfahrenen Händen zu empfehlen. Zu berücksichtigen<br />
sind ebenso technische Grenzen <strong>der</strong> Methode<br />
aufgrund lokaler Problemsituationen wie Abszesse und Stenosen<br />
[407–410]. In erfahrenen Zentren wird die Endosonografie<br />
zur Operationsplanung bevorzugt. Mçglich ist auch eine<br />
transperineale Sonografie [411, 412]. Zur Primärevaluation<br />
des Analsphinkters kann fakultativ zur Quantifizierung hier<br />
eine anorektale Manometrie erfolgen [413].<br />
Klassifikation von perianalen Fisteln<br />
In <strong>der</strong> Literatur wurden verschiedene Klassifikationen vorgeschlagen.<br />
Entwe<strong>der</strong> wurde die Fistel durch ihre Lage im Bereich<br />
des anorektalen Rings (z. B. kranial o<strong>der</strong> kaudal) o<strong>der</strong> anatomisch<br />
präziser im Bezug auf den äußeren Schließmuskel klassifiziert<br />
(nach Parks) [414]. Darüber hinaus existiert aus Gründen<br />
<strong>der</strong> Praktikabilität eine Einteilung in einfache und komplexe<br />
Fisteln [415]. Aus chirurgischer Sicht wird in <strong>der</strong> Literatur die<br />
Klassifikation nach Parks bevorzugt [416, 417].<br />
Eine Fistelklassifikation in einfache und komplexe Fisteln basierend<br />
auf klinischen und endoskopischen Kriterien wurde von<br />
<strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Experten die Einteilung nach Parks von einigen<br />
Experten bevorzugt. An<strong>der</strong>e Klassifikationssysteme wurden<br />
selten genutzt. Von vielen Experten wurde <strong>der</strong> „perianal disease<br />
activity index“ (PDAI) zur allgemeinen Beurteilung <strong>der</strong> perianalen<br />
Erkrankung als hilfreich erachtet [418].<br />
Behandlung von Fisteln<br />
Prinzipiell sollten nur symptomatische Analfisteln therapiert<br />
werden. Im Vor<strong>der</strong>grund steht hier immer eine interdisziplinäre<br />
Betreuung mit einer Verlaufskontrolle von gastroenterologischer<br />
und chirurgischer Seite [419 –423].<br />
Einfache perianale Fisteln<br />
Statement 9.4<br />
Nur bei symptomatischen perianalen Fisteln besteht eine Therapieindikation.<br />
Die Fisteltherapie ist eine interdisziplinäre Aufgabe.<br />
Dies gilt auch für ano-vaginale Fisteln (D).<br />
Die Spaltung von transsphinktären Fisteln ist in <strong>der</strong> Regel kontraindiziert<br />
(D).<br />
Kommentar<br />
Asymptomatische einfache perianale Fisteln sollten nicht behandelt<br />
werden. Nur wenn diese symptomatisch sind, kçnnen<br />
z.B. nicht schneidende Setons o<strong>der</strong> eine Fistulotomie empfohlen<br />
werden. Fast alle Teilnehmer <strong>der</strong> Konsensuskonferenz benutzen<br />
Antibiotika als erste therapeutische Option [416, 423 – 425]. Metronidazol<br />
(750 – 1500 mg/d) o<strong>der</strong> Ciprofloxacin (1000 mg/d)<br />
sind Mittel <strong>der</strong> Wahl. Azathioprin/6-Mercaptopurin kann als<br />
zweite Option und Infliximab als dritte Option eingesetzt werden<br />
[426–429]. Allerdings favorisieren viele Experten beim Vorliegen<br />
einer symptomatischen einfachen Fistel von Beginn an<br />
eine kombinierte medikamentçse und chirurgische Strategie<br />
[407, 430].<br />
Transsphinktäre Analfisteln sollten in <strong>der</strong> Regel nicht komplett<br />
gespalten werden. Distale (auch transsphinktere) Fisteln ohne<br />
wesentliche Sphinkterbeteiligung kçnnen gespalten werden.<br />
Bei proximalen Fisteln ist ein individuelles Vorgehen (Langzeitfadendrainage,<br />
plast. Verschluss, Spaltung mit primärer<br />
bzw. sekundärer Rekonstruktion) zu wählen. Vollständig extrasphinktär<br />
subkutan verlaufende Fisteln sollten stets gespalten<br />
und exzidiert werden. Komplexe transsphinktäre Fisteln<br />
werden generell zunächst fadendrainiert, um sie in eine einfache<br />
Fistel zu überführen [431, 432]. Plastische Deckungen sind<br />
im Einzelfall mçglich [431, 432]. Eine Ileostomaanlage – bzw.<br />
bei nicht befallenem Kolon eine Sigmoidostomie – sollte bei<br />
Hoffmann JC et al. Diagnostik und Therapie… Z Gastroenterol 2008; 46: 1094–1146