Abstractbuch - Deutsche Arbeitsgruppe KMT / SZT der Pflegenden
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Stammzellen aus Nabelschnurblut – klinische Erfahrungen<br />
Dr. Ch.Günther, Bayerische Stammzellbank, Gauting<br />
Nabelschnurblut bzw. plazentares Restblut als hämatopoetische Stammzellquelle ist<br />
inzwischen eine anerkannte Alternative zu peripheren Stammzellen und Knochenmark bei<br />
allogener Transplantation.<br />
Seit 1988 das erste Kind mit Fanconi-Anämie in Paris von E.Gluckman mit<br />
Nabelschnurstammzellen des neugeborenen Geschwisterchens erfolgreich behandelt wurde,<br />
sind ca. 4000 Nabelschnurbluttransplantationen weltweit durchgeführt worden. Allerdings<br />
findet diese Stammzellquelle nur langsam Verbreitung in Deutschland, während in an<strong>der</strong>en<br />
europäischen Län<strong>der</strong>n, den USA und vor allem Japan <strong>der</strong> Anteil an<br />
Nabelschnurstammzelltransplantationen stetig zunimmt.<br />
Weltweit sind ca 150.000 verfügbare Präparate in Stickstoff gelagert, die Bayerische<br />
Stammzellbank in Gauting bei München verfügt über ca 1300 freigegebene Präparate, die<br />
weltweit vermittelt werden können. Diese Präparate sind sofort für den Patienten verfügbar,<br />
da alle arzneimittelrechtlich vorgeschriebenen Testungen auf Infektionserreger bereits aus<br />
kindlichem und mütterlichem Blut durchgeführt wurden und das HLA-Muster vorliegt.<br />
Stammzellen aus Nabelschnurblut sind virusfrei, es gibt keine Gefährdung des Spen<strong>der</strong>s (bei<br />
Ausschluss von Risikogeburten). Die Präparate werden nach hohen Qualitätsstandards<br />
(AMG und GMP) unter Reinraumbedingungen hergestellt.<br />
Die wesentlichen Unterschiede zu an<strong>der</strong>en Stammzellquellen sind <strong>der</strong> um ein log niedrigere<br />
Gehalt an nukleären Zellen (NC) und an Stammzellen (CD34+). Die empfohlene Dosis für<br />
NC liegt bei mindestens > 2x10^7 kg/KG, besser bei >3x10^7. Bei Nabelschnurblut kann<br />
eine HLA-Disparität von 1-2 mismatches akzeptiert werden. Der klinische Verlauf nach<br />
Transplantation ist durch die verzögerte Zeit bis zum take (Neutrophile ca 1 Monat,<br />
Thrombozyten 2-4 Monate) gekennzeichnet. Damit geht eine höhere Infektionsrate bis Tag<br />
100 einher, verbunden mit einer höheren transplantationsassoziierten Mortalität. Die<br />
antileukämische Wirkung ist nach vorliegenden Daten vergleichbar mit PBSZ/ BMT, während<br />
die Rate an akuter und chronischer GvHD niedriger ist. Zu beachten ist, dass natürlich keine<br />
Donor-Lymphozyten-Gabe möglich ist. Absolut unerlässlich ist die Übertragung einer<br />
ausreichend hohen Zellzahl. Die Zellzahl ist noch vor <strong>der</strong> HLA-Identität <strong>der</strong> wichtigste<br />
Parameter für die Überlebensrate!<br />
Klinische Erfahrungen: die allogene verwandte und unverwandte<br />
Nabelschnurbluttransplantation wird bei Kin<strong>der</strong>n und zunehmend auch Erwachsenen bei<br />
hämatologischen Erkrankungen wie akuten Leukämien und schwerer aplastischer Anämie<br />
durchgeführt. Weitere Indikationen vor allem bei Kin<strong>der</strong>n sind Immundefekte,<br />
Hämoglobinopathien und Stoffwechselerkrankungen (z.B. Glykogenosen). Bei Kin<strong>der</strong>n sind<br />
über Eurocord und IBMTR ausreichend Daten bei akuten, fortgeschrittenen Leukämien<br />
verfügbar, die im verwandten und unverwandten Bereich, auch bei HLA-Disparität,<br />
vergleichbare Daten zu an<strong>der</strong>en Stammzellquellen zeigen. Sehr ermutigende Daten liegen<br />
für Thalassämien und Sichelzellanämie vor bei einer kleinen Patientengruppe (n=44,<br />
Eurocord 2003). Auch für die seltene Hurler-Erkankung bei Kin<strong>der</strong>n wurden gute Ergebnisse<br />
berichtet (Kurtzberg 2004). Bei Erwachsenen ist die Datenlage insgesamt etwas geringer.<br />
Hier liegen Ergebnisse hauptsächlich von fortgeschrittenen akuten Leukämien vor, wobei die<br />
Egebnisse im Verlauf von 1997 bis 2005 (Eurocord) besser werden. Die ersten 171 Pat.<br />
(Eurocord 1997-2005) mit meist fortgeschrittener Leukämie wiesen eine TRM von bis zu<br />
50% auf, hauptsächlich wegen infektiöser Komplikationen, die DFS-Rate nach 2 Jahren lag<br />
bei 41% bis 18%, je nach Krankheitsstadium. Die relapse-Rate in diesem Kollektiv lag bei<br />
22%. Der Vergleich von Nabelschnurblut und allogenen Stammzellen im folgenden bei AML<br />
und ALL (Rocha für Eurocord) ergab vergleichbare Ergebnisse bzgl. relapse-Rate und LFS<br />
nach 2 Jahren. Zu beachten ist jedoch, dass bei Nabelschnurblut immer 1-2 HLAmismatches<br />
vorlagen! Die Daten lassen folgende Schlussfolgerungen zu: die Transplantation<br />
von Nabelschnurblut bei Erwachsenen wird ganz wesentlich von <strong>der</strong> übertragenen Zellzahl<br />
bestimmt, HLA-match folgt an zweiter Stelle. Nabelschnurblut bei Erwachsenen wird bei<br />
high-risk Leukämien als Alternative zur Haplo-identen Transplantation gesehen und als<br />
Behandlungsmöglichkeit bei Frührezidiv nach allogener unverwandter Transplantation.<br />
Die internationalen Empfehlungen gehen dahin, bereits bei Einleitung einer<br />
Fremdspen<strong>der</strong>suche die Verfügbarkeit von Nabelschnurpärparaten für den Patienten zu<br />
überprüfen und bei langer Suchdauer das Transplantationszentrum auf die Möglichkeit <strong>der</strong><br />
alternativen Stammzellquelle hinzuweisen.