neben - Arbeitsstelle Pastoral für Menschen mit Behinderung
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06 _ <strong>Behinderung</strong> & <strong>Pastoral</strong> / Themenschwerpunkt: <strong>Behinderung</strong> und Sport<br />
Mandeville-Spielen teilzunehmen. Rollstuhlfahrer mussten<br />
aus allen Regionen der Welt nach England transportiert<br />
werden. Die gewonnenen Medaillen erregten öffentliches<br />
Interesse: eine unglaubliche Mission kam in Fahrt.<br />
Die Folgen dieser ersten Maßnahmen sind heute gut<br />
bekannt. Der Rollstuhlsport wurde durch engagierte Ärzte<br />
in aller Welt verbreitet. In vielen Ländern war der<br />
Rollstuhlsport der erste Behindertensport überhaupt und<br />
ermutigte, ähnliche Angebote <strong>für</strong> andere <strong>Behinderung</strong>sgruppen<br />
zu organisieren. Bereits 1952 kamen die ersten<br />
Rollstuhlfahrer anderer Länder nach Stoke Mandeville.<br />
1960 fanden die Spiele im Anschluss an die Olympischen<br />
Spiele in Rom statt. Tokio 1964 ist gleichzeitig der Beginn<br />
der aktiven Rehabilitation von Rollstuhlfahrern in Japan. Es<br />
folgten 1968 Tel Aviv/Israel; 1972 Heidelberg/<br />
Deutschland; 1976 Toronto/Kanada; 1980 Arnheim/<br />
Niederlande; 1984 Stoke Mandeville/England; 1988<br />
Seoul/Korea; 1992 Barcelona/Spanien; 1996 Atlanta/<br />
USA; 2000 Sydney/Australien und 2004 Athen/<br />
Griechenland. Alle Spiele brachten neue Entwicklungen,<br />
ungeahnte Leistungssteigerungen und wachsende öffentliche<br />
Anerkennung. Seit 1976 wurde das Programm<br />
auf andere <strong>Behinderung</strong>sformen erweitert: Amputierte,<br />
Sehbehinderte, Frühkindlich Hirngeschädigte und <strong>Menschen</strong><br />
<strong>mit</strong> intellektuellen <strong>Behinderung</strong>en. 1976 wurde in<br />
Örnskjöldvik/Schweden das Programm um die Winterspiele<br />
erweitert und alle vier Jahre <strong>mit</strong> den Olympischen<br />
Winterspielen in Verbindung gebracht. Die Berichterstattung<br />
von den diesjährigen Spielen in Turin ist noch<br />
in guter Erinnerung.<br />
Normalisierung und Selbstbestimmung von <strong>Menschen</strong><br />
<strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong><br />
Die Leistungen von Guttmann <strong>für</strong> die weltweite<br />
Verbreitung des Behindertensports und die paralympische<br />
Bewegung gebieten höchste Anerkennung. Er handelte in<br />
erster Linie als <strong>für</strong>sorglicher Arzt, dem das leibliche<br />
Wohlergehen seiner Patienten zeitlebens eine Herzenssache<br />
war. Mitbestimmung und Selbstbestimmung als<br />
Mittel der Emanzipation, Persönlichkeitsentwicklung und<br />
Gestaltung eines eigenständigen Lebens waren Guttmann<br />
als Mitglied der ärztlichen Oberschicht und geprägt durch<br />
seine preußische Erziehung als Maßnahmen fremd. Das<br />
pädagogische Komplement zum medizinisch geprägten<br />
Modell in der Rehabilitation von <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>en<br />
entwickelte fast zur gleichen Zeit wie Guttmann<br />
der amerikanische Pädagoge Timothy Nugent. Er wurde<br />
von der amerikanischen Regierung im Jahre 1948 beauftragt,<br />
Studienmöglichkeiten <strong>für</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong>Behinderung</strong>en zu organisieren. Er begann <strong>mit</strong> seinen<br />
Bemühungen an der State University of Illinois in<br />
Champaign/Urbana. Er erkannte als Pädagoge und<br />
Sportler die positiven Wirkungen sportlicher Betätigungen<br />
auf die Persönlichkeitsentwicklung von <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong>Behinderung</strong>en. Seine Erfahrungen revolutionierten die<br />
vom medizinischen Denken dominierte Rehabilitation<br />
durch drei Prinzipien:<br />
Was ein Mensch leisten kann, ist nur daran zu ermessen,<br />
wie weit er gefordert wird.<br />
<strong>Behinderung</strong> ist nicht notwendig ein Desaster, sondern<br />
eine Herausforderung des Lebens. Gelingt es dem<br />
Betroffenen, diese Lebenskrise aktiv zu bewältigen, dann<br />
kann seine/ihre Persönlichkeit reifer und stärker aus dem<br />
Prozess hervorgehen.<br />
Der Mensch <strong>mit</strong> einer <strong>Behinderung</strong> hat Anspruch auf<br />
die Entwicklung seiner eigenen Identität. Da<strong>für</strong> muss ihm<br />
die Bühne bereitet werden, da<strong>mit</strong> er, wie jeder andere<br />
Mensch auch, durch Versuch und Irrtum seine eigene<br />
Identität entwickelt. Die nichtbehinderten Fachkräfte assistieren<br />
in diesem Prozess.<br />
Rollstuhlsportler bei den Paralympics (Foto: DRS-Archiv, Pleßmann)