PDF Download - Stuttgart Financial
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Privatbanken<br />
Handel und Industrieförderung im Land der Innovationen<br />
Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts gab es im Deutschen<br />
Bund noch kein nennenswertes Finanz- und Kreditwesen im<br />
heutigen Sinne.<br />
Erst im 18. Jahrhundert begannen die privaten Handelshäuser<br />
in Württemberg, wie die Grassellis oder die Calwer-Compagnie,<br />
im Nebenbetrieb Finanzgeschäfte zu betreiben. So betätigten<br />
sie sich neben dem Warenhandel in der Darlehensvergabe<br />
oder dem Wechselankauf. Zur selben Zeit gelangte eine<br />
weitere, dem Finanzgeschäft zuzuordnende Berufsgruppe zu<br />
großer Bedeutung: Im Jahr 1710 wurden die ersten Hoffaktoren,<br />
auch Hofjuden genannt, an die württembergischen Höfe<br />
gerufen. Sie organisierten hier Juwelen- und Warenlieferungen,<br />
Kreditgewährungen und Heereslieferungen. Der berühmteste<br />
Hoffaktor ist bis heute Joseph Süß Oppenheimer (1698-1738),<br />
der mit seinen erfolgreichen Geschäftsstrategien als Berater<br />
des Herzogs von Württemberg ein beträchtliches Millionenvermögen<br />
anhäufte. In späteren Darstellungen, besonders im<br />
Nationalsozialismus, gelangte er unter dem Namen „Jud Süß“<br />
mit einer stark verfälschten Geschichte seines Wirkens zu Bekanntheit.<br />
Auch die folgenden Hoffaktoren-Familien konnten immense<br />
Vermögen erwirtschaften. Als Salzpächter gelangten Joseph<br />
Süß’ Nachfolger, die Brüder Seligmann, Ende des 18. Jahrhunderts<br />
zu Reichtum, die Familie Kaulla, benannt nach dem<br />
Familienoberhaupt Karoline „Madame“ Kaulla (siehe Kasten),<br />
erwarb ihr Vermögen durch Heereslieferungen während<br />
der napoleonischen Kriege. Madame Kaulla galt Anfang des<br />
19. Jahrhunderts als reichste Frau Deutschlands. Die Familie<br />
stand in einer Reihe mit den Rothschilds, Seligmanns und Salomon<br />
Oppenheim.<br />
Die Kaullas waren 1800 durch umfassende finanzielle Unterstützung<br />
maßgeblich an der Gründung der „Königlich Württembergischen<br />
Hofbank“ beteiligt. Diese arbeitete privatwirtschaftlich,<br />
wurde jedoch zusätzlich durch die Landesfürsten<br />
unterstützt. Die Hofbank betätigte sich in den folgenden 100<br />
Karoline „Madame“ Kaulla<br />
Madame Kaulla<br />
Karoline Kaulla wurde als Karoline<br />
„Chaile“ Raphael 1739 in eine Finanz-<br />
Familie geboren: Ihr Vater, Isak Raphael,<br />
war Hoffaktor des Hauses Hohenzollern-Hechingen.<br />
1757 heiratete sie<br />
Kieve Auerbach und trat nach der Heirat<br />
in die Fußstapfen ihres Vaters. Seit<br />
1768 patentierte Hoffaktorin, wurde sie<br />
1770 zur königlich-württembergischen<br />
Hoffaktorin von Herzog Carl-Eugen ernannt.<br />
In den folgenden Jahren baute sie ein großes Vermögen<br />
durch Heereslieferungen während der napoleonischen Kriege<br />
auf und war 1802 gemeinsam mit ihren Brüdern Mitbegründerin<br />
der Württembergischen Hofbank und der Handelsgesellschaft<br />
Bankhaus M&J Kaulla. Der Name „Kaulla“ ist eine Umschreibung<br />
ihres Vornamens und geht auf ihren Erfolg zurück,<br />
aufgrund dessen auch ihre Familienmitglieder und Nachkommen<br />
diesen als Familiennamen übernahmen. Neben ihrem<br />
geschäftlichen Engagement war Madame Kaulla, wie sie<br />
auch genannt wurde, auch für ihren Einsatz für die Armen<br />
und die jüdische Gemeinde in Hechingen bekannt. 1808<br />
erhielt sie für ihr unternehmerisches und wohltätiges Engagement<br />
die Große Kaiserliche Zivilverdienstmedaille durch<br />
Kaiser Franz I.<br />
Sie starb kurz darauf, im Jahre 1809, in Hechingen und wurde<br />
auf dem dortigen jüdischen Friedhof unter einem ihrem<br />
Wohlstand entsprechenden Grabdenkmal begraben.<br />
Madame Kaulla gilt als die erste bedeutende Geschäftsfrau<br />
und Unternehmerin im Südwesten, so steht es auch<br />
(übersetzt) auf ihrem Grabstein: „Hier liegt geborgen ein<br />
seltenes, reines Weib. Als Vorbild ihres Stammes wurde<br />
sie betrachtet. Eine vornehme Frau, die nach Gerechtigkeit<br />
strebte. Unter Königen erwarb sie sich einen guten Namen.<br />
An Weisheit, an Rat war sie bedeutender als jeder Mann. Ihr<br />
Haus zierte sie mit einem guten Namen. Einen guten Namen<br />
für die Ewigkeit hat sie vererbt.“<br />
Werbebroschüre „Der Sparschrank im Einzelhandelsgeschäft“ ca. 1956<br />
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