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alla breve - Sommersemester 2012

Magazin der Hochschule für Musik Saar

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Panorama<br />

<strong>alla</strong>BREVE<br />

Publikationen<br />

Kontrapunkt. Polyphone Musik<br />

im Selbststudium und Unterricht<br />

Das neue Lehrbuch von Thomas Krämer<br />

Thomas Krämers neuer »Kontrapunkt«:<br />

umfassende Satzlehre mit methodisch<br />

durchdachten Arbeitsschritten zum Anfertigen<br />

von Musik<br />

Wozu benötigt man im Jahre <strong>2012</strong> ein<br />

neues Lehrbuch des Kontrapunktes?<br />

Hat nicht die »Berufsrealität« erwiesen,<br />

dass eine »verkopfte und regulative<br />

Handwerkslehre« nicht mehr zeitgemäß und somit weitgehend<br />

verzichtbar ist? Sind nicht Studierende und Lehrende<br />

beglückt, dass diese musiktheoretische Disziplin in den<br />

Hochschulcurricula zu Gunsten anderer Inhalte häufig<br />

minimiert wurde?<br />

Beeindruckende Fülle von Beispielen und Übungen<br />

Seit der musiktheoretischen Innovation von Diether de la<br />

Motte mit seinen Lehrbüchern zur Harmonielehre und<br />

zum Kontrapunkt vor nun mehr als 30 Jahren sind eine<br />

Reihe wichtiger Werke entstanden, die dem Beispiel de la<br />

Mottes folgend analytisch-historisierend einen begrenzten<br />

stilistischen oder gattungsspezifischen Aspekt beleuchteten.<br />

Sie grenzten sich damit ab von den Lehrwerken früherer Zeit,<br />

die vorrangig das kontrapunktische Regelwerk und satztechnische<br />

Übungen im Fokus hatten. In diesen Zeitgeist tritt<br />

nun dieses umfangreiche neue Buch zum Selbststudium und<br />

Unterricht, das durch die Fülle der Beispiele und Übungen,<br />

die Mannigfaltigkeit der erfassten Stile und Gattungen und<br />

den Horizont im Betrachten und Begreifen satztechnischer<br />

Erscheinungsformen von der franko-flämischen Schule bis zu<br />

den »Vollendern der dur-moll-tonalen Epoche« beeindruckt.<br />

Thomas Krämer spannt den Bogen von Josquin Desprez<br />

bis Max Reger, von der Einstimmigkeit bis hin zur Sechzehnstimmigkeit<br />

und beschäftigt sich mit den handwerklichen<br />

Grundlagen ebenso wie mit den stil- und epochenspezifischen<br />

Charakteristika in Vokal- und Instrumentalmusik. Er bietet<br />

satztechnische Übungen in Fuxscher Manier ebenso wie<br />

Lückentexte und Aufgaben zur Selbstkontrolle an. Es finden<br />

sich stilistisch und satztechnisch orientierte Analysebeispiele<br />

und Analyseübungen neben Einblicken in die Personalsprachen<br />

der bedeutendsten Vertreter polyphon orientierter<br />

Kompositionskunst von 1450 bis 1900.<br />

Anregungen zum eigenständigen Forschen und Erfinden<br />

Der Autor bleibt sich hierbei konsequent treu: Die einzelnen<br />

Kapitel sind thematisch abgeschlossen, sie beinhalten – insbesondere<br />

in den Kapiteln zur Zwei- bis zur Vierstimmigkeit –<br />

ausführliche Darstellungen und Übungen zum grundlegenden<br />

Regelwerk, sie berücksichtigen die wesentlichen Kompositionsformen<br />

und Gattungen, sie regen darüber hinaus zum<br />

eigenständigen Forschen und Erfinden, zum Reflektieren und<br />

Kritisieren, zum Vergleichen und Erkennen an.<br />

Der Kontrapunkt wird aus der Tradition heraus als Methode<br />

zur Erstellung mehrstimmiger Musik verstanden, als<br />

gewissermaßen »neutrale Kompositionslehre«, die die vielfältigen<br />

Erscheinungsformen polyphoner Musik hervorbringt.<br />

Polyphonie meint somit Musik, die in den stilistischen<br />

Grenzen eines jeweiligen Zeitraumes Stimmen in einem<br />

gleichberechtigten Nebeneinander selbständig führt und<br />

miteinander verwebt. Dieses Verständnis geht über die tatsächlich<br />

oftmals auf die Musik des 16. Jahrhunderts begrenzte<br />

gelehrte Handwerkslehre hinaus. Gleichwohl legt gerade<br />

dieser Zeitraum Grundlagen zum Verstehen allen linearen<br />

Denkens. Die Betrachtung kontrapunktischer Strukturen<br />

bestimmter Stimmendichten oder bestimmter Zeiträume setzt<br />

jedoch immer auch die Beschäftigung mit Harmonik und<br />

Generalbass, mit der Einstimmigkeit und den Gesetzen der<br />

Textierung voraus.<br />

Die Kunst der didaktischen Reduktion verbindet<br />

sich mit einem weit gespannten Überblick<br />

Doch was ist neben dieser eher allgemeinen Beschreibung<br />

das Charakteristische an dem Lehrwerk von Thomas Krämer?<br />

Es ist aus meiner Sicht die Kunst der didaktischen Reduktion,<br />

die sich mit einem weit gespannten Überblick glückhaft<br />

verbindet. Es sind die für ihn so typischen Zusammenfassungen<br />

von Kernsätzen und Regeln, in die die auf das<br />

Wesentliche beschränkten Erläuterungen münden; es sind<br />

die überschaubaren, daher effektiven Übungen, die teilweise<br />

mit Lösungen versehen sind und daher zum Selbststudium<br />

anregen; es ist auch die Verbindung von analytischer Reflexion<br />

mit satztechnischen Übungen, die, auf unterschiedliche<br />

Gattungen und Formen angewandt, einen größtmöglichen<br />

Einblick gewähren.<br />

Dieses Buch führt in das »Zentrum der Musik«<br />

Dieses Buch ist von einem Lehrer geschrieben, der von<br />

der Einsicht geleitet wird, dass Transfer erst möglich ist, wenn<br />

Grundlagen erfasst worden sind. Daher versteht es sich als<br />

»umfassende Satzlehre mit methodisch durchdachten Arbeitsschritten<br />

zum Anfertigen von Musik«, deren wesentliche<br />

Schwerpunkte die Linearität und polyphone Strukturen sind.<br />

Daher geht es über einen eng verstandenen Kontrapunktbegriff<br />

hinaus und versucht, Zusammenhänge und Vernetzungen<br />

aufzuzeigen. Es bezeugt das Credo eines Lehrers,<br />

dass es einer »methodisch strengen Schulung«, die »Lernen,<br />

Üben, Kontrollieren und Wiederholen« bedarf, damit ein<br />

»gesicherter und freier Blick« möglich wird. Es führt in das<br />

»Zentrum der Musik«, das nach Krämers Verständnis »Lesen,<br />

Verstehen, Analysieren, Empfinden, Nachahmen, Schreiben,<br />

Singen, Kritisieren und Korrigieren« bedeutet.<br />

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