Geburtstagsfeier im Landschaftsschutzgebiet 6 11 12 5 - PR ...
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ie Ostersäule in Lauterbach<br />
Zu den innerhalb der Grenzen<br />
er sächsischen Schweiz vorandenen<br />
Denkmälern bezügich<br />
Inschriften aus längst verangener<br />
Zeit, welche ihrer gechichtlichen<br />
oder örtlichen<br />
edeutung wegen in weiteren<br />
reisen bekannt zu werden<br />
erdienen, ist die sogenannte<br />
stersäule in dem Dorf Lauterach<br />
bei Stolpen zu zählen.<br />
Es ist eine ungefähr 2 Meter<br />
ohe Granitsäule mit dem Aufatz<br />
von Sandstein. Sie steht am<br />
ussersten westlichen Ende des<br />
enannten Dorfes auf einem<br />
iesengrundstück dicht an der<br />
trasse von Bischofswerda nach<br />
tolpen. In dem der Strasse zuekehrten<br />
Felde des Aufsatzes<br />
st Christus am Kreuz erhaben<br />
usgearbeitet. Die Arbeit ist<br />
ine saubere und mit Rücksicht<br />
es 300 jährigen Alters der Säue<br />
gut erhalten. In dem angrenenden<br />
südlichen Felde des<br />
ufsatzes findet sich folgende<br />
nschrift in römischen Buchstaen,<br />
die deutlich lesbar sind,<br />
ingegraben:<br />
1584<br />
JAR<br />
DAS IST WAR<br />
ZVENE OSTERN<br />
IN EINEN JAR.<br />
Über die Entstehung dieser<br />
äule werden von den Einwohern<br />
des Dorfes Lauterbach<br />
erschiedenartige Erzählungen<br />
emacht.<br />
Ein Theil der Einwohner behauptet,<br />
dass <strong>im</strong> Jahr 1584 die<br />
Einwohnerschaft von Lauterbach<br />
zum Theil aus Katholiken,<br />
zum Theil aus Lutheranern bestanden<br />
habe und das Osterfest<br />
<strong>im</strong> genannten Jahre von diesen<br />
beiden Confessionen an verschiedenen<br />
Tagen, also zwe<strong>im</strong>al,<br />
<strong>im</strong> Dorfe gefeiert worden<br />
sei. Diese Behauptung ist jedoch<br />
völlig haltlos.<br />
Urkundlich steht fest, dass die<br />
Reformation in dem Stiftsgebiet<br />
Stolpen, zu welchem Lauterbach<br />
gehörte, bereits in den<br />
letzten Tagen des Jahres 1558<br />
und den ersten Tagen des Jahres<br />
1559 - also 25 Jahre vor Errichtung<br />
der Säule - eingeführt<br />
worden ist durch die kurfürstlichen<br />
Visitatoren Daniel Gräser,<br />
kurfürstlicher Rath und Superintendenten<br />
zu Dresden, Anton<br />
Lauterbach, Pfarrer und Superintendenten<br />
zu Pirna und<br />
Hansen Christoph von Bernstein<br />
zu Borthen, kurfürstlicher<br />
Rath.<br />
Die Visitation in Lauterbach<br />
fand am 5. Januar 1559 statt. In<br />
dem Visitationsbericht an den<br />
Kurfürsten ist hierüber Folgendes<br />
gesagt. „Der dasige Pfarrer<br />
Conrad Fabri (Schmidt), ein alter<br />
Papist, nahm die evangelische<br />
Lehre nicht an, sondern<br />
resignirte auf seine Stelle. Als<br />
erster lutherischer Pfarrer wurde<br />
Johannes Kramer aus der<br />
kurfürstlichen Kantorei berufen“.<br />
Von einem Einspruche gegen<br />
Einführung der Reformation<br />
Seitens der Ortseinwohner, wie<br />
dies z. B. in Göda bei der bezeichneten<br />
Visitation der Fall<br />
gewesen, ist nichts erwähnt<br />
und scheinen sonach die Einwohner<br />
in Lauterbach damit<br />
durchweg einverstanden gewesen<br />
zu sein.<br />
Ueber dies feiern Katholiken<br />
und Lutheraner das Osterfest ja<br />
an einem Tage und kann schon<br />
aus diesem Grunde eine getrennte<br />
Feier dieses Festes Seiten<br />
der beiden Confessionen<br />
nicht stattgefunden haben.<br />
Die Erzählung über die Entstehung<br />
der Ostersäule Seiten<br />
des anderen Theiles der Einwohner<br />
in Lauterbach: ein<br />
Fuhrmann aus Lauterbach sei<br />
von einer Fahrt aus Russland,<br />
wo er das Osterfest gefeiert, in<br />
seiner He<strong>im</strong>ath eingetroffen, als<br />
gerade das Osterfest eingeläutet<br />
worden sei; hier habe er das<br />
Osterfest nochmals gefeiert und<br />
zum Andenken an die zwe<strong>im</strong>alige<br />
Feier die Steinsäule auf seinem<br />
Grundstück errichten lassen,<br />
ist dagegen <strong>im</strong> Allgemeinen<br />
als richtig anzunehmen, da<br />
die geschichtlichen Thatsachen<br />
hierüber vollständige Aufklärung<br />
geben. Unwahrscheinlich<br />
dürfte diese Erzählung nur in<br />
15<br />
dem Punkte sein, dass der<br />
Fuhrmann aus Russland zur<br />
zweiten Feier des Osterfestes in<br />
seine He<strong>im</strong>ath Lauterbach eingetroffen<br />
sei, weil die schlechte<br />
Wegbeschaffenheit zur damaligen<br />
Zeit und die sonstigen vielfachen<br />
Reise-Erschwernisse<br />
kaum die Möglichkeit gewährt<br />
haben dürften, in der Zeit, welche<br />
zwischen der Osterfeier<br />
nach dem alten Julianischen<br />
und dem neuen Gregorianischen<br />
Kalender liegt, die Fahrt<br />
aus Russland bis Lauterbach zu<br />
machen.<br />
Aber auch ohne Russland in<br />
Betracht zu ziehen, war in damaliger<br />
Zeit eine zwe<strong>im</strong>alige<br />
Feier des Osterfestes möglich.<br />
Die <strong>im</strong> Jahre 1582 von Papst<br />
Gregor XIII. angeordnete Einführung<br />
des neuen (Gregorianischen)<br />
Kalenders, nach welchem<br />
in dem eben genannten<br />
Jahre die Tage vom 5. bis 14.<br />
October gestrichen und vom 4.<br />
sogleich auf den 15. October<br />
übergerückt wurde, fand nur in<br />
den katholischen Ländern sofortige<br />
Annahmen; die protestantischen<br />
Fürsten dagegen -<br />
darunter auch der Kurfürst von<br />
Sachsen - lehnten die Einführung<br />
desselben aus Erbitterung<br />
gegen Gregor entschieden ab<br />
und führten den neuen Kalender<br />
erst viel später - <strong>im</strong>Jahre<br />
1770 - ein, wogegen Russland<br />
den alten Kalender auch noch<br />
ferner beibehielt.<br />
Hiernach trat schon die Möglichkeit<br />
einer zwe<strong>im</strong>aligen Osterfeier<br />
<strong>im</strong> Jahre ein, wenn der<br />
Lauterbacher Fuhrmann aus einem<br />
benachbarten katholischen<br />
Lande, z.B. Böhmen, Baiern,<br />
etc., zurückkehrte.<br />
Der betreffende Fuhrmann ist<br />
jedenfalls über die Ursache, aus<br />
welcher das Osterfest zu verschiedenen<br />
Zeiten gefeiert<br />
wird, <strong>im</strong> Unklaren gewesen<br />
und hat die doppelte Feier <strong>im</strong><br />
Jahre 1584 für eine so<br />
aussergewöhnliche gehalten,<br />
dass er dies Ereigniss durch Errichtung<br />
eines Denkmals der<br />
Nachwelt mitzutheilen<br />
beschloss.<br />
Stephan, Postsecretär a. D.<br />
(Über Berg und Thal No. <strong>11</strong> /<br />
1881)