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JHV 2008 in Magdeburg<br />

„Recht ist Kultur“ – Fachvortrag von Prof. Dr. Heiner Lück auf der JHV<br />

Prof. Dr. Heiner Lück referiert auf der JHV in<br />

Magdeburg<br />

Wieder hatte der <strong>BVGD</strong> einen besonders namhaften<br />

wissenschaftlichen Gast zur JHV geladen<br />

– diesmal einen Spezialisten der Rechtsgeschichte.<br />

Prof. Dr. Heiner Lück ist Professor<br />

für Recht an der Universität Halle-Wittenberg,<br />

Mitglied der sächsischen Akademie der Wissenschaften<br />

und stellvertretender Richter am<br />

Verfassungsgericht Sachsen-Anhalt. In seinem<br />

Referat stellte er die spannende Frage<br />

nach den Wurzeln unseres heute gültigen<br />

Rechts. Sein Thema: „Rechtsarchäologische<br />

Denkmäler in der Heimat des Sachsenspiegels<br />

und des Magdeburger Rechts“. Der CICERONE<br />

fasst einige Kernaussagenzusammen<br />

„Recht ist Kultur!“<br />

und wesentliche<br />

Ausdrucksform<br />

menschlichen<br />

Zusammenlebens.<br />

Durch den<br />

Sachsenspiegel<br />

und das MagdeburgerStadtrecht<br />

steht Magdeburg<br />

seit dem<br />

12. Jahrhundert<br />

im Zentrum einer<br />

bedeutenden<br />

Rechtslandschaft.<br />

Der Sachsenspiegel<br />

ist das bedeutendste<br />

deutsche<br />

Rechtsbuch des<br />

Mittelalters.<br />

Dabei handelt es<br />

sich um eine private<br />

schriftliche<br />

Aufzeichnung<br />

von Gewohnheitsrecht.<br />

Der Verfasser<br />

war Eike von<br />

Repgow. Die Entstehungszeit<br />

des<br />

Sachsenspiegels<br />

kann auf die<br />

Jahre zwischen<br />

10 Cicerone 1/2008<br />

1220 und 1235 eingegrenzt werden, und er war<br />

über 600 Jahre gültig. In Anhalt und Thüringen<br />

galt er noch während des ganzen 19.Jahrhunderts<br />

und wurde dann erst 1900 von dem jetzt<br />

geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch für das<br />

Deutsche Reich abgelöst. Der in mittelhochdeutscher<br />

Sprache verfasste Sachsenspiegel<br />

ist das erste deutsche Prosawerk und entwickelte<br />

einen Einfl uss bis nach Holland, Köln,<br />

Augsburg und Osteuropa. Prof. Lück spannte<br />

einen weiten Bogen in der Rechtsgeschichte<br />

und verfolgt den Einfl uss des Sachsenspiegels<br />

auf das Rechtsdenken bis in unsere Tage.<br />

Doch welche gegenständlichen Zeugnisse der<br />

mittelalterlichen Rechtspraxis sind heute noch<br />

sichtbar? Circa 200 dörfl iche Gerichtsplätze<br />

(Tiel) mit Steinmarkierungen (Gerichtssteine)<br />

fi nden sich in Mitteldeutschland, z.B. in Rossbach<br />

bei Merseburg, Salzmünde bei Halle,<br />

Haldensleben bei Magdeburg. Erst seit dem<br />

14. Jahrhundert kamen feste Gebäude auf,<br />

in denen Gericht gehalten wurde (Gerichtslauben).<br />

Zuvor fanden die Verhandlungen<br />

stets unter freiem Himmel statt, da zwischen<br />

Gott und dem Richter nichts Trennendes sein<br />

sollte. Noch bis ins 19. Jahrhundert öffnete<br />

man beim Urteilsspruch Fenster und Türen, um<br />

diesem alten Anspruch Rechnung zu tragen.<br />

Stets galt die Figur des Roland als Repräsentant<br />

des Rechts. Historisch war Roland der<br />

Amtsträger Karls des Großen und mutierte<br />

zum Symbol des Rechtsträgers, ausgestattet<br />

mit dem Rechtsschwert, entsprechend der<br />

Darstellung bei Eike von Repgow. Doch nur<br />

im Norden und Osten Europas konnten sich<br />

die örtlichen Rechtsvorstellungen, insbesondere<br />

des Sachsenspiegels, länger etablierten.<br />

Europaweit durchgesetzt hat sich auf Dauer<br />

das universitäre Römische Recht entsprechend<br />

dem Decretum Gratiani und bestimmt<br />

bis heute den Großteil unseres BGB. Dennoch<br />

fanden die lokalen Rechtsaufzeichnungen<br />

weite Verbreitung und bestimmten lange<br />

Zeit die Rechtsgewohnheiten. 2007 fasste<br />

der Landtag in Magdeburg den Beschluss,<br />

die Rechtsgeschichte Sachsen-Anhalts<br />

touristisch engagiert zu bewerben. Dies ist<br />

zugleich eine Aufforderung an die Gästeführerschaft,<br />

sich dieses Kulturthemas besonders<br />

zu widmen.<br />

Georg Reichlmayr<br />

reichlmayr@bvgd.org

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