27.04.2014 Aufrufe

Versuche zur Offenhaltung der Landschaft - Infodienst ...

Versuche zur Offenhaltung der Landschaft - Infodienst ...

Versuche zur Offenhaltung der Landschaft - Infodienst ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Schwerpunktthema Ländlicher Raum/ <strong>Landschaft</strong> Landinfo 4/2007<br />

Prof. Dr. Karl-Friedrich Schreiber, ehemals Institut für <strong>Landschaft</strong>sökologie <strong>der</strong> Uni Münster<br />

<strong>Versuche</strong> <strong>zur</strong> <strong>Offenhaltung</strong> <strong>der</strong> <strong>Landschaft</strong><br />

1975 wurden im Auftrag und mit Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums im Gefolge <strong>der</strong> ersten<br />

großen Brachewelle Ende <strong>der</strong> 60er/Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre vom Taubergrund bis zum Albtrauf, von<br />

<strong>der</strong> Alb über die oberen Gäue bis zum Nordschwarzwald und bis in die Höhen des Südschwarzwaldes<br />

14 Versuchsflächen in Grünlandbrachen fast aller landwirtschaftlichen Problemgebiete eingerichtet.<br />

Sie sollten dazu dienen, verschiedene extensive Pflegemaßnahmen <strong>zur</strong> <strong>Offenhaltung</strong> <strong>der</strong> Kulturlandschaften<br />

Baden-Württembergs im standörtlich-räumlichen Vergleich über einen längeren Zeitraum zu<br />

testen und kostengünstige und zugleich ökologisch sinnvolle Pflegeempfehlungen nicht nur für<br />

Grenzstandorte abzuleiten.<br />

Als Pflegevarianten <strong>zur</strong> <strong>Offenhaltung</strong><br />

wurden verschiedene Mulchtermine<br />

- von Mulchen 2x jährlich<br />

bis Mulchen jedes 3. Jahr - eingeführt,<br />

ferner extensive Beweidung<br />

mit Ziegen, Schafen, Rin<strong>der</strong>n und<br />

Pferden, kontrolliertes Brennen<br />

jährlich und jedes 2. Jahr und Mähen<br />

mit Abräumen; darüber hinaus<br />

wurde in je<strong>der</strong> Versuchsanlage eine<br />

Parzelle mit <strong>der</strong> ungestörten<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Vegetation, die<br />

sog. Sukzession, eingerichtet als<br />

Beispiel für das, was entstehen<br />

kann, wenn man die Fläche sich<br />

selbst überlässt.<br />

Einige weitere Sukzessionsparzellen<br />

wurden in den größeren Versuchsflächen<br />

für einen gezielten<br />

Eingriff in die Gehölzentwicklung<br />

durch Auf-den-Stock-setzen vorgesehen,<br />

wenn Sträucher und/<br />

o<strong>der</strong> Bäume zu stärkeren Störungen<br />

des Aufwuchses <strong>der</strong> Grasnarbe<br />

führen sollten.<br />

Die Vielzahl <strong>der</strong> Versuchsflächen,<br />

<strong>der</strong> Fächer an Pflegemaßnahmen<br />

und insbeson<strong>der</strong>e die Länge <strong>der</strong><br />

Versuchsdurchführung und Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Bestandsentwicklungen<br />

auf verschiedenen Standorten<br />

haben zu erstaunlichen, häufig<br />

erst in den letzten Jahren deutlich<br />

werdenden und vielfach gar nicht<br />

erwarteten Ergebnissen geführt,<br />

über die aus Zeitgründen nur aus<br />

dem vegetationskundlichen Bereich,<br />

nicht aber über Fauna und<br />

Boden berichtet wird.<br />

Gehölzentwicklung bei<br />

unterschiedlichem<br />

Management<br />

Abbildung 1:<br />

14<br />

Sukzession<br />

Grundsätzlich müssen wir davon<br />

ausgehen, dass in dem ehemaligen<br />

Waldland Mitteleuropa alle<br />

sich selbst überlassenen offenen<br />

Flächen sich auch heute – in welchen<br />

Zeiträumen auch immer – mit<br />

Ausnahme von Extremstandorten<br />

wie<strong>der</strong> zum Wald entwickeln.<br />

Noch in den 70er Jahren glaubte<br />

man, dass diese Entwicklung relativ<br />

rasch nach dem Brachfallen<br />

auch auf Grünlandbrachen einsetzen<br />

würde. Aber schon die Parzellen<br />

<strong>der</strong> „ungestörten Sukzession“<br />

zeigten von Anfang an sehr<br />

unterschiedliche Tendenzen. Einige<br />

waren, wie allgemein erwartet,<br />

schon bald, vielfach bereits ein<br />

Jahr nach Versuchsbeginn, mit<br />

den ersten Baum- o<strong>der</strong> Strauch-<br />

Heistern besetzt und haben sich<br />

konsequent in den Folgejahren bis<br />

zu einem ± dichten Waldbestand<br />

von inzwischen 15-20 m Höhe ge-


Landinfo 4/2007<br />

Schwerpunktthema Ländlicher Raum/ <strong>Landschaft</strong><br />

schlossen o<strong>der</strong>, wie an ehemaligen<br />

Rebhängen des Taubergrundes,<br />

bis zu 5 m hohe undurchdringliche<br />

Schlehengebüsche gebildet.<br />

Die Einwan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gehölzsamen<br />

(korrekt = Diasporen) erfolgte<br />

vornehmlich durch Wind o<strong>der</strong> Vögel,<br />

die Ausbreitung in <strong>der</strong> Fläche<br />

vielfach durch Wurzelausläufer,<br />

insbeson<strong>der</strong>e bei den Sträuchern,<br />

die, wie insbeson<strong>der</strong>e die Schlehe,<br />

mit dieser Strategie häufig auch<br />

von außen in die Parzellen eindrangen.<br />

In an<strong>der</strong>en Sukzessionsparzellen<br />

verlief dieser Prozess viel langsamer<br />

und häufig in Schüben, die<br />

von „Stillstandsphasen“ unterbrochen<br />

waren; während dieser Zeiten<br />

fand im wesentlichen nur ein<br />

Höhenwachstum <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Gehölze, aber keine weitere Ansiedlung<br />

statt. Der Zusammenschluss<br />

zu Gehölzgruppen verlief<br />

sehr unregelmäßig und langsam.<br />

Auch heute nach 30 Jahren verfügen<br />

diese Parzellen noch über viel<br />

offenes Grünland. Schließlich gibt<br />

es aber auch Parzellenstücke, in<br />

denen seit 30 Jahren nicht einmal<br />

in Ansätzen eine Gehölzansiedlung<br />

stattgefunden hat. Das heißt,<br />

dass brachgefallenes Grünland<br />

keineswegs immer rasch von Gehölzen<br />

besiedelt wird, son<strong>der</strong>n<br />

Jahrzehnte als Offenland in seinem<br />

Zustand beharren kann. Nur:<br />

Eine solche Entwicklung ist nicht<br />

vorhersagbar! Selbst in <strong>der</strong> gleichen<br />

Versuchsanlage können sich<br />

zwei auf Steinwurf voneinan<strong>der</strong><br />

entfernte und eingezäunte Parzellen<br />

völlig unterschiedlich verhalten.<br />

Dabei scheint <strong>der</strong> Zufall eine<br />

nicht unerhebliche Rolle zu spielen.<br />

Es muss im übrigen unbedingt<br />

darauf hingewiesen werden, dass<br />

ein Keimen von Gehölzsamen<br />

mitnichten an offene Stellen o<strong>der</strong><br />

Maulwurfshaufen im Grünland gebunden<br />

ist, wie man damals<br />

fälschlicherweise prognostizierte.<br />

In unseren <strong>Versuche</strong>n haben die<br />

meisten Keimlinge in einer mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger dichten Grasnarbe<br />

gestanden. Beson<strong>der</strong>s träge verlief<br />

die Gehölzansiedlung in den<br />

Hochlagen des Südschwarzwaldes;<br />

dort hat vielmehr die Blaubeere<br />

inzwischen den größten Teil<br />

<strong>der</strong> Sukzessionsparzelle als<br />

Zwergstrauchheide besetzt.<br />

Eine für den Forstmann wahrscheinlich<br />

nicht überraschende<br />

Entwicklung nahmen die Parzellen<br />

<strong>der</strong> „gelenkten Sukzession“, in<br />

denen die Gehölze auf den Stock<br />

gesetzt werden mussten, weil sie<br />

den Grünlandbestand zu stark zu<br />

beeinflussen begannen. Solange<br />

wir in den ersten Jahren dieses<br />

Eingriffs noch Tormona in einem<br />

Dieselgemisch auf den Stock<br />

streichen konnten, gab es kein<br />

Problem, die Gehölze starben ab.<br />

Als wir Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre diese<br />

Maßnahme einstellten, begannen<br />

sich vor allem bei den Pionierholzarten<br />

wie Esche und Berg-<br />

/Spitzahorn nach dem Absägen<br />

zahlreiche kräftige Stockausschläge<br />

zu bilden, die bereits im ersten<br />

Jahr bis zu 2 m in die Höhe schossen.<br />

Nach wenigen Jahren bildeten sie<br />

3-5 m hohe, häufig von einem<br />

Brombeerverhau durchzogene,<br />

schnell immer dichter werdende,<br />

undurchdringliche und flächendeckende<br />

nie<strong>der</strong>waldartige Gebüsche,<br />

die schließlich jedes 2., spätestens<br />

jedes 3. Jahr wie<strong>der</strong> auf<br />

den Stock gesetzt werden mussten.<br />

Diese immer kostenintensiver<br />

werdende Maßnahme (bis zu über<br />

600 Mann-Arbeitsstunden/ ha!)<br />

stellten wir schließlich in den betroffenen<br />

Parzellen um 2002 ein.<br />

Es wurde im Winterhalbjahr<br />

nochmals aller Gehölzaufwuchs<br />

bodengleich abgesägt und <strong>der</strong> jeweils<br />

noch grüne, unverholzte<br />

Neuwuchs von 60-80 cm Höhe 2x<br />

jährlich problemlos gemulcht. Inzwischen<br />

hat sich auf diesen Flächen<br />

die zumindest in Spuren<br />

noch vorhandene Grünlandvegetation<br />

wie<strong>der</strong> zu einer sich schließenden<br />

Grasnarbe entwickelt. Es<br />

sieht so aus, als würden wir mit<br />

dieser allerdings längerfristigen<br />

Maßnahme eine Rodung <strong>der</strong> Flächen<br />

umgehen können, denn Intensität<br />

und Höhe des Stockausschlags<br />

gehen deutlich <strong>zur</strong>ück,<br />

zahlreiche Stöcke sind inzwischen<br />

schon abgestorben.<br />

Mulchen<br />

Einen durchschlagenden Erfolg in<br />

<strong>der</strong> Gehölzbekämpfung zeigt das<br />

„Mulchen 2x und 1x jährlich“.<br />

Aber schon das größere Intervall<br />

„Mulchen jedes 2. Jahr“, erst<br />

recht „Mulchen jedes 3. Jahr“ erlaubt<br />

z. B. <strong>der</strong> Esche durch die<br />

ungestörte Stoffbildung in einer<br />

o<strong>der</strong> zwei Vegetationsperioden in<br />

Einzelexemplaren ein Überleben,<br />

wenn auch nur als Heister, die<br />

durch Stockausschlag allmählich<br />

breiter werden. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

Sträucher wie die Schlehe verdichten<br />

sich durch erfolgreiche Wurzelbrutbildung<br />

langsam auf <strong>der</strong><br />

Fläche, wenn sie auch nie die<br />

Größe unbehin<strong>der</strong>ter Schlehengebüsche<br />

erreichen. Erfolgreich kann<br />

eine Fläche nur durch einen jährlichen<br />

Mulchschnitt offen gehalten<br />

werden. Das betrifft vor allem gehölzwüchsige<br />

Gebiete wie den<br />

Taubergrund.<br />

Kontrolliertes Brennen<br />

Auch das „kontrollierte Brennen<br />

jährlich“ hält in <strong>der</strong> Regel eine<br />

Fläche frei von Gehölzen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

von Bäumen, aber weitgehend<br />

auch von Sträuchern und<br />

Zwergsträuchern. Nur an den gehölzwüchsigen<br />

Hängen des Taubergebietes<br />

ist die Schlehe im<br />

Laufe <strong>der</strong> Zeit auch in die jährlich<br />

gebrannte Parzelle eingedrungen,<br />

schlägt immer wie<strong>der</strong> aus dem<br />

Stock o<strong>der</strong> dem nur teilweise verbrannten<br />

Stämmchen aus und bildet<br />

Wurzelbrut. Es sind aber bis<br />

jetzt immer nur einzeln stehende<br />

Heister, die kaum höher als 60cm<br />

werden und in dem meist höheren<br />

Grünlandbestand kaum auffallen.<br />

Ähnliches ist auch an den Muschelkalkhängen<br />

<strong>der</strong> Täler <strong>der</strong><br />

Hohenloher Ebene und ihrem Umfeld<br />

zu erwarten. Das „kontrollierte<br />

Brennen jedes 2. Jahr“ hat jedoch<br />

we<strong>der</strong> Schlehen, noch Heckenrosen<br />

o<strong>der</strong> Brombeeren daran<br />

gehin<strong>der</strong>t, bis zu 2 m hohe Gebüsche<br />

auf <strong>der</strong> Brandparzelle auszubilden.<br />

Auch beim kontrollierten<br />

Brennen ist nur <strong>der</strong> jährliche Einsatz<br />

des Feuers hinsichtlich des<br />

Offenhaltens ± Erfolg versprechend<br />

gewesen. In den Hochlagen<br />

des Südschwarzwaldes haben<br />

15


Schwerpunktthema Ländlicher Raum/ <strong>Landschaft</strong> Landinfo 4/2007<br />

sich zwar keine Bäume und Sträucher,<br />

aber Zwergsträucher (Blaubeeren)<br />

ausgebreitet.<br />

Extensive Beweidung<br />

durch verschiedene<br />

Tierarten<br />

We<strong>der</strong> Schafe, noch Rin<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />

Pferde sind in <strong>der</strong> Lage, Grünland<br />

auf Dauer gehölzfrei zu halten.<br />

Vielmehr sind im Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />

Strukturen auf den Weiden entstanden,<br />

wie wir sie von den früheren<br />

Triftweiden her kennen: Hier<br />

und dort eine Baumgruppe o<strong>der</strong><br />

ein Baum, umgeben o<strong>der</strong> durchwachsen<br />

von meist durch Vögel<br />

verbreiteten Sträuchern, oft in wenigen<br />

Jahren von Brombeeren<br />

durchwuchert, die die Weidefläche<br />

immer weiter einengen. Nicht nur<br />

im Südschwarzwald mussten diese<br />

Weideflächen schon mehrmals<br />

„geschwendet“, d.h. wie früher<br />

auch, die vorhandenen Gehölze<br />

mit Säge, Sense und/o<strong>der</strong> Feuer<br />

beseitigt werden. Allein die Ziegen<br />

- auch Burenziegen - sind in <strong>der</strong><br />

Lage gewesen, auch schon bestehenden<br />

Gehölzbestand meist in<br />

Kürze zu vernichten. Ziegen brauchen<br />

neben Gras und Kraut diese<br />

Art von Nahrung, deshalb gehen<br />

sie immer wie<strong>der</strong> an Gehölze und<br />

fressen nicht nur Blätter und Stängel,<br />

son<strong>der</strong>n ringeln auch die Rinde<br />

bis zum Absterben von Baum<br />

und Strauch.<br />

Umwandlung <strong>der</strong> Grünlandgesellschaften<br />

in Saumgesellschaften<br />

erwarten musste. Aber nach kurzer<br />

Zeit wechselte die Entwicklungsrichtung<br />

wie<strong>der</strong> zu den Grünlandgesellschaften,<br />

insbeson<strong>der</strong>e<br />

nährstoffanspruchsvollere Arten,<br />

wie <strong>der</strong> Glatthafer, aber auch<br />

Kräuter, bestimmten standortsbezogen<br />

bald wie<strong>der</strong> das Bild. Eine<br />

gewisse Eutrophierung <strong>der</strong> Bestände<br />

ist durchaus deutlich.<br />

Statt <strong>der</strong> nicht nur in Ansätzen<br />

vorhandenen Johanneskrautflur ist<br />

z. B. bei Melchingen auf <strong>der</strong> Alb<br />

eine über zwei Jahrzehnte recht<br />

stabile, wie<strong>der</strong> sehr stark durch<br />

den Glatthafer dominierte Berg-<br />

Fettwiese geworden, in <strong>der</strong> sich<br />

stellenweise Brennnessel und<br />

Giersch breit gemacht haben. Auf<br />

den Halbtrockenrasen fand teilweise<br />

ein sich wie<strong>der</strong>holen<strong>der</strong><br />

Wechsel in <strong>der</strong> Dominanz zwischen<br />

<strong>der</strong> Aufrechten Trespe und<br />

<strong>der</strong> Fie<strong>der</strong>zwenke statt. Überhaupt<br />

ist eine starke Dynamik in Raum<br />

und Zeit, ein jährlicher Artenwechsel<br />

<strong>der</strong> Dominanzmuster in den<br />

meisten Sukzessionsparzellen die<br />

Regel gewesen. Fast alle Bestände<br />

gehören heute noch zu den<br />

Grünlandgesellschaften i.w.S., ein<br />

grundsätzlicher Wandel hat nicht<br />

stattgefunden, auch wenn die Bestände<br />

artenärmer geworden und<br />

bestimmte Arten, unter ihnen beson<strong>der</strong>s<br />

die Rosettenpflanzen, fast<br />

völlig verschwunden sind! Ähnlich<br />

verhält es sich naturgemäß in den<br />

Offenlandbereichen <strong>der</strong> Parzellen<br />

<strong>der</strong> gelenkten Sukzession, sofern<br />

noch kein Eingriff in den Gehölzbestand<br />

erfolgt ist. Lediglich im<br />

Hochschwarzwald wurden die Flügelginsterweiden<br />

bei ungestörter<br />

Sukzession weitgehend durch<br />

Zwergstrauchheiden ersetzt.<br />

Mulchen in verschiedenen<br />

Intervallen<br />

Die ursprüngliche Sorge, auch das<br />

kleingehäckselte Mulchgut würde<br />

durch das Liegenbleiben die<br />

Grasnarbe verän<strong>der</strong>n, hat sich in<br />

Südwestdeutschland nicht bewahrheitet!<br />

3-4 Wochen nach dem<br />

ersten Schnitt Ende Juni ist auch<br />

eine Mulchmasse von über 60<br />

dt/ha Trockensubstanz weitgehend<br />

durch Regenwürmer und<br />

mikrobielle Aktivität verschwunden.<br />

Die Ursache liegt an <strong>der</strong> kontinentalen<br />

Klimatönung des Gebietes<br />

mit häufigen Durchgängen <strong>der</strong><br />

Bodenfeuchtigkeit durch den Optimalbereich,<br />

auf den die Mikroorganismen<br />

jeweils mit explosionsartiger<br />

Vermehrung und Aktivität reagieren,<br />

ein Ursachenkomplex,<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Gras- und<br />

Krautschicht als Reaktion<br />

auf das Management<br />

Ungestörte Sukzession<br />

Schon bald nach Versuchsbeginn<br />

verän<strong>der</strong>te sich - ohne jeglichen<br />

Einfluss durch Gehölze - die Zusammensetzung<br />

<strong>der</strong> Grasnarbe in<br />

den Sukzessionsparzellen. Auf<br />

den Halbtrockenrasen und trockenen<br />

Glatthaferwiesen nahm, sofern<br />

im Bestand, meist die Fie<strong>der</strong>zwenke<br />

deutlich zu o<strong>der</strong> wan<strong>der</strong>te<br />

ein. Auch an<strong>der</strong>e so genannte<br />

Saumarten - zu denen die Fie<strong>der</strong>zwenke<br />

im weiteren Sinne<br />

auch gehört - vermehrten sich anfänglich<br />

so stark, dass man eine<br />

16<br />

Bild 1:<br />

Ungestörte Sukzession am Standort Oberndorf


Landinfo 4/2007<br />

Schwerpunktthema Ländlicher Raum/ <strong>Landschaft</strong><br />

<strong>der</strong> z. B. auch hinsichtlich des<br />

Wasserhaushaltes zu dem breiten<br />

Fächer an Glatthaferwiesengesellschaften<br />

von <strong>der</strong> trockenen Salbei-<br />

Glatthaferwiese bis <strong>zur</strong> feuchten<br />

Seggen-Glatthaferwiese geführt<br />

hat, während im atlantischen<br />

Nordwesten Deutschlands nur ein<br />

schmaler Ausschnitt davon im<br />

mittleren Bereich vorkommt. Auch<br />

die Mulchschicht bleibt dort trotz<br />

<strong>der</strong> Häckselung beim Mulchen viel<br />

länger auf <strong>der</strong> Grasnarbe liegen,<br />

erst recht natürlich langhalmiges<br />

Material. Ein eindeutiges Zeichen<br />

für den raschen Abbau des<br />

Mulchgutes in Südwestdeutschland<br />

ist neben <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong><br />

bestätigten Beobachtung die deutliche<br />

Zunahme von lichtbedürftigen<br />

Rosettenpflanzen, die unter<br />

einer länger liegen bleibenden<br />

Schicht in <strong>der</strong> Regel absterben.<br />

Diese Zunahme hat bereits in den<br />

ersten Jahren begonnen und sich<br />

stetig fortgesetzt. Auch die meist<br />

lichtbedürftigen Armutszeiger haben<br />

sich in den an Obergräsern<br />

ärmer gewordenen, offeneren Beständen<br />

stark vermehrt, es ist zu<br />

keiner Eutrophierung, son<strong>der</strong>n e-<br />

her zu einer Ausmagerung gekommen!<br />

Die Erträge lassen<br />

trotz starker periodischer<br />

Schwankungen keinen Düngungseffekt<br />

des Mulchens erkennen.<br />

Ein Nährstoffaustrag findet<br />

nicht statt. Das gilt für alle<br />

Mulchvarianten. Mulchen ist also<br />

eine sehr erfolgreiche und<br />

zugleich kostenlose Maßnahme<br />

für das Recycling <strong>der</strong> jährlich<br />

aufwachsenden organischen<br />

Substanz an Ort und Stelle, die<br />

man, wenn sie nicht mehr weiter<br />

verwendet werden kann, auf diesem<br />

Weg ökologisch risikolos entsorgt.<br />

Auch die Behauptung, Mulchen<br />

würde zu einer Abnahme des<br />

Kräuteranteils <strong>der</strong> Grasnarbe und<br />

einer einseitigen För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Gräser führen, kann vielfach wi<strong>der</strong>legt<br />

werden, insbeson<strong>der</strong>e für<br />

das „Mulchen 2x jährlich“ mit<br />

dem ersten Schnitt frühestens Ende<br />

Juni. In den meisten Parzellen<br />

ist das Gegenteil eingetreten.<br />

Zwar kann es in den ersten Jahren<br />

durchaus zu einer Kräuterabnahme<br />

kommen, aber ein Urteil über<br />

diese Zeit ist zu kurz gegriffen!<br />

Erst in den letzten 3-4 Jahren ist<br />

bis auf das ehemalige Weinbergsgrünland<br />

im Taubergrund <strong>der</strong><br />

Kräuteranteil in allen an<strong>der</strong>en 2x<br />

gemulchten Parzellen z.T. extrem<br />

stark angestiegen. Es haben sich<br />

fast überall bunte, arten- und<br />

kräuterreiche Wiesen entwickelt!<br />

Allerdings konnte <strong>der</strong> nur<br />

noch ansatzweise vorhandene<br />

Weide-Halbtrockenrasen auf <strong>der</strong><br />

Schwäbischen Alb, dessen Abgrenzung<br />

zu den Mäh-<br />

Halbtrockrasen ohnehin schwierig<br />

war, durch das Mulchen nicht erhalten<br />

werden, son<strong>der</strong>n ist zu einer<br />

ihm nahe stehenden artenreichen<br />

Trespenwiese geworden. Die<br />

Flügelginsterweiden des Südschwarzwaldes<br />

sind jedoch durch<br />

das Mulchen nicht nur in ihrem<br />

Ausgangszustand erhalten worden,<br />

son<strong>der</strong>n haben sich durch<br />

Zunahme <strong>der</strong> bestimmenden Arten<br />

verbessert; selbst die Arnika hat<br />

sich inzwischen deutlich herdenförmig<br />

ausgebreitet. Die Gefahr<br />

einer Verstrauchung durch Blaubeeren<br />

ist mit dem zweimaligen<br />

Mulchschnitt sehr nachhaltig und<br />

vollständig gebannt worden.<br />

Etwas weniger auffällig ist diese<br />

Entwicklung beim „Mulchen 1x<br />

jährlich“. Den geringsten Zuwachs<br />

an blütenreichen Kräutern<br />

zeigen bisher die Parzellen „Mulchen<br />

jedes 2. Jahr“ und „Mulchen<br />

jedes 3. Jahr“, die im Blütenflor<br />

gegenüber den jährlich gemulchten<br />

Flächen deutlich abfallen.<br />

Aber insgesamt ist auch bei<br />

diesen Intervallen in den meisten<br />

Fällen keine weitere Vergrasung<br />

gegenüber dem Ausgangszustand<br />

eingetreten! Vor allem beim Mulchen<br />

jedes 3. Jahr findet eher zwischen<br />

den Schnitten eine Sukzessionsentwicklung<br />

statt - von <strong>der</strong><br />

auch die eingedrungenen Gehölze<br />

profitieren, wie wir sahen - , aber<br />

nach erfolgtem Schnitt breiten sich<br />

spontan die immer noch vorhandenen<br />

typischen Grünlandpflanzen<br />

wie<strong>der</strong> aus. In den Hochlagen des<br />

Südschwarzwaldes ist bei einer<br />

sehr trägen Entwicklung <strong>der</strong> Unterschied<br />

zwischen den verschiedenen<br />

Mulchintervallen allerdings<br />

nur sehr gering. Die Flügelginsterweiden<br />

haben auch beim Mulchen<br />

jedes 2. und 3. Jahr eine<br />

deutliche Zunahme des Flügelginsters<br />

selbst zu verzeichnen,<br />

Arnika breitet sich ebenfalls aus.<br />

Der Unterschied <strong>zur</strong> Sukzession,<br />

inzwischen weitgehend zu einer<br />

Blaubeer-Zwergstrauchheide geworden,<br />

zeigt deutlich, dass das<br />

Mulchen die befürchtete Ausbreitung<br />

<strong>der</strong> Blaubeeren auch durch<br />

die beiden größeren Mulchintervalle<br />

weitgehend verhin<strong>der</strong>n und den<br />

Verbiss durch Rin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Schafe<br />

auf den Flügelginsterweiden weitgehend<br />

ersetzen kann.<br />

Mähen mit Abräumen<br />

Es besteht kein Zweifel, dass diese<br />

das alte, bis zu den 50er Jahren<br />

des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts praktizierte<br />

Mahdsystem mit Schnittzeitpunkten<br />

um Mitte bis Ende Juni<br />

imitierende Maßnahme im Sinne<br />

des Natur- und <strong>Landschaft</strong>sschutzes<br />

die beste - weil traditionelle -<br />

Wiesenpflege darstellt. Die Bestände<br />

werden nach den Ertragsermittlungen<br />

am schnellsten ausgehagert,<br />

sofern dies möglich ist.<br />

Sie werden obergrasärmer, niedrigwüchsiger<br />

und lichter, wie die<br />

Mulchparzellen. Großenteils haben<br />

sich blütenreiche Bestände<br />

entwickelt, aber auch hier gibt es<br />

grasbetonte „Ausnahmen“. Das<br />

Hauptproblem stellt die aufwändige<br />

Beseitigung des gemähten und<br />

aus <strong>der</strong> Parzelle gebrachten Aufwuchses<br />

dar.<br />

Kontrolliertes Brennen<br />

Der Einfluss des kontrollierten<br />

Brennens (möglichst kaltes Mitwindfeuer<br />

bei tiefen Temperaturen,<br />

hoher relativer Luftfeuchtigkeit<br />

und Feuchte <strong>der</strong> unteren Streulagen,<br />

um außerhalb <strong>der</strong> Vegetationsperiode<br />

ca. 2/3 <strong>der</strong> Streu abzubrennen,<br />

ohne die Grasnarbe<br />

stark zu schädigen) auf die Vegetationsentwicklung<br />

ist mit vielen<br />

Überraschungen verbunden gewesen.<br />

Zunächst hat sich beim<br />

„kontrollierten Brennen jährlich“<br />

meist schnell eine sog. „Pyrophytenflur“<br />

entwickelt mit Arten, die<br />

sich hauptsächlich durch unterirdische<br />

Wurzelausläufer, die <strong>zur</strong><br />

Sprossbildung befähigt sind, ausbreiten<br />

und durch das Feuer kaum<br />

in ihrer Vitalität beeinträchtigt werden.<br />

Dazu zählt auf trockeneren<br />

17


Schwerpunktthema Ländlicher Raum/ <strong>Landschaft</strong> Landinfo 4/2007<br />

Standorten die Fie<strong>der</strong>zwenke, auf<br />

feuchten Standorten das Rohrglanzgras.<br />

Beide Arten neigten auf<br />

den Brandparzellen zu starker Blüten-<br />

und Fruchtbildung, die man<br />

normalerweise sonst nicht beobachten<br />

kann. Anfänglich schien<br />

die Fie<strong>der</strong>zwenke eine beinahe alles<br />

überdeckende Dominanz zu<br />

erreichen. Später setzten sich<br />

auch an<strong>der</strong>e Gräser, wie <strong>der</strong><br />

Rotschwingel und selbst die Aufrechte<br />

Trespe, wie<strong>der</strong> gegenüber<br />

<strong>der</strong> Fie<strong>der</strong>zwenke durch.<br />

Auch verschiedene Kräuter, z. B.<br />

Wiesensalbei, Knolliger und<br />

Scharfer Hahnenfuss, Wiesen-<br />

Flockenblume, Arznei-Schlüsselblume,<br />

Margerite, ja sogar <strong>der</strong><br />

Zwergstrauch Färberginster, aber<br />

auch Teufelsabbiß und Arznei-<br />

Baldrian, dehnten sich immer<br />

mehr aus. Offenbar haben diese<br />

Arten eine Art Gewöhnungsprozess<br />

durchlaufen, denn sie wurden<br />

immer zahlreicher. In den letzten<br />

Jahren sind daraus vielfach, wie<br />

beim Mulchen 2x jährlich, bunte<br />

Blumenwiesen geworden. Auffällig<br />

sind aber in etlichen Parzellen<br />

die starken Schwankungen in <strong>der</strong><br />

Deckung <strong>der</strong> krautigen Leguminosen.<br />

Ursprünglich haben sich die gebrannten<br />

Bestände wegen des erhöhten<br />

Wärmegenusses im Frühjahr<br />

durch Einstrahlung auf die<br />

dunkle Oberfläche früher entwickelt,<br />

in den Anfangsjahren machte<br />

dies fast einen Monat Vorsprung<br />

aus. Inzwischen sind diese<br />

Wiesen trotz <strong>der</strong> geschwärzten<br />

Oberflächen nicht mehr früher,<br />

son<strong>der</strong>n sogar 14 Tage bis 3 Wochen<br />

später in <strong>der</strong> Blüte als die<br />

Mulchparzellen, was den oben genannten<br />

„Gewöhnungsprozess“ offenbar<br />

unterstreicht. Sie bleiben<br />

auch niedriger und noch offener,<br />

die geschätzten Erträge geringer<br />

als auf den Mulchparzellen, eine<br />

Eutrophierung durch die in <strong>der</strong><br />

Asche verbleibenden Nährstoffe<br />

findet nicht statt!. Auch auf den<br />

Feucht- und Nasswiesen- Parzellen<br />

scheint sich <strong>der</strong> dominierende<br />

Rohrglanzgrasbestand in den beiden<br />

letzten Jahren zu lockern und<br />

umzuwandeln. Die Sumpfdotterblume<br />

ist dort bis heute im Frühjahr<br />

aspektbildend vertreten.<br />

Bild 2:<br />

Bracheversuch Oberstetten, Parzelle 1x jährlich Flämmen:<br />

Der auf dem Bild sichtbare Teil <strong>der</strong> Parzelle wurde lange<br />

Zeit nur alle 2 Jahre gebrannt, was aber nicht ausgereicht<br />

hat, um die deutlich sichtbare Schlehe von <strong>der</strong> Fläche fernzuhalten,<br />

so dass diese seit einigen Jahren auch jährlich<br />

gebrannt wird<br />

Beim „kontrollierten Brennen jedes<br />

2. Jahr“ haben sich die Bestände<br />

von Anfang an weniger verän<strong>der</strong>t,<br />

aber auch hier ist es <strong>zur</strong> Etablierung<br />

von Kräutern gekommen. Im<br />

Versuch Oberstetten im Taubergrund<br />

ist die jedes 2. Jahr gebrannte<br />

Fläche die blumenreichste<br />

Parzelle, umrahmt von den dort<br />

gräserbetonten Mulchparzellen.<br />

Der Einfluss extensiver Beweidung<br />

auf die Zusammensetzung<br />

<strong>der</strong> Grasnarbe<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Auswirkung<br />

extensiver Beweidung durch Ziegen,<br />

Schafe, Rin<strong>der</strong> und Pferde<br />

auf die Grasnarbe und ihre Zusammensetzung<br />

halten sich am<br />

meisten im Rahmen des Bekannten.<br />

In den höheren Lagen des Südschwarzwaldes<br />

sind die durch einen<br />

solchen Weidegang entstandenen<br />

Flügelginsterweiden erhalten<br />

geblieben. In den tieferen Lagen<br />

folgten die Rotstraußgrasweiden,<br />

teilweise bei <strong>der</strong> Ziegenbeweidung<br />

mit starker Anreicherung<br />

des Klappertopfes. Lediglich auf<br />

<strong>der</strong> Alb sind die ursprünglich enzianreichen<br />

Weide-Halbtrockenrasen<br />

in St. Johann verarmt, eine<br />

Erneuerung aus <strong>der</strong> Samenbank<br />

im Boden konnte nicht erfolgen,<br />

weil keine entsprechenden Samen<br />

mehr vorhanden waren.<br />

Der fehlende Weidegang <strong>der</strong><br />

betreffenden Schafherde über<br />

noch artenreiche Kalk-<br />

Halbtrockenrasen (z. B. in Naturschutzgebieten)<br />

verhin<strong>der</strong>t zugleich<br />

eine Wie<strong>der</strong>einbringung erwünschter<br />

Arten durch die Schafe<br />

selbst. Auch für die an<strong>der</strong>en von<br />

Schafen beweideten Flächen gilt,<br />

etwas abgemil<strong>der</strong>t, Ähnliches. Erst<br />

recht funktionieren jedoch die alten<br />

Ausbreitungsmechanismen, z.<br />

B. über Verfütterung entsprechenden<br />

Heus und durch Stallmist, auf<br />

den Rin<strong>der</strong>- und Pferdeweiden<br />

nicht mehr, so dass diese Beweidung<br />

nur zu einer Erhaltung des<br />

Ausgangszustandes von 1975<br />

führt.<br />

18


Landinfo 4/2007<br />

Schwerpunktthema Ländlicher Raum/ <strong>Landschaft</strong><br />

Schlussfolgerungen<br />

Erfolgreiches Offenhalten <strong>der</strong><br />

brachfallenden Kulturlandschaften<br />

ist mit nur mit wenigen extensiven,<br />

einigermaßen kostenerträglichen<br />

Maßnahmen möglich, wenn eine<br />

normale landwirtschaftliche Verwendung<br />

durch Ackerbau o<strong>der</strong><br />

Grünlandnutzung und -pflege nicht<br />

mehr lohnt o<strong>der</strong> nicht durchgeführt<br />

werden kann. Aber im Gegensatz<br />

zu den meisten Ackerbrachen<br />

muss ein jahrelanges Brachestadium<br />

von Grünland keineswegs<br />

zwangsläufig bald zu einer Bewaldung<br />

o<strong>der</strong> Verstrauchung führen.<br />

Nur ist eine solche Entwicklung<br />

kaum vorhersagbar. Die Grasnarbe<br />

bzw. Krautschicht von Grünlandbrachen<br />

behält über Jahrzehnte<br />

einen großen Teil ihres<br />

früheren Artenspektrums. Eine<br />

Rückführung in nutzbares Grünland<br />

scheint nach Auf-den-Stocksetzen<br />

durch anschließendes Mulchen<br />

2x jährlich ohne Rodung<br />

möglich zu sein.<br />

Das Mulchen 2x bis 1x jährlich hat<br />

sich für den gesamten süddeutschen<br />

Raum als eine die Bestände<br />

eher aushagernde, sehr erfolgreiche<br />

Maßnahme <strong>zur</strong> Erhaltung und<br />

Verbesserung hinsichtlich des Artenspektrums<br />

früherer Extensiv-<br />

Wiesen und <strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung des<br />

Gehölzwuchses herausgestellt. Es<br />

ist mit Abstand weniger aufwändig<br />

als das Mähen mit Abräumen und<br />

ohne Recycling-Probleme. Der Erfolg<br />

zeigt sich allerdings meist<br />

nicht nach wenigen Jahren. Erst in<br />

den letzten 3-4 Jahren <strong>der</strong> inzwischen<br />

30-jährigen <strong>Versuche</strong> ist <strong>der</strong><br />

„endgültige“ (?) Durchbruch zu<br />

Wiesengesellschaften erfolgt, die<br />

früheren Zuständen in <strong>der</strong> ersten<br />

Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts ähneln,<br />

<strong>der</strong>en Artenspektrum aber<br />

ohne Wie<strong>der</strong>ansiedlungsmaßnahmen<br />

kaum, zumindest vorerst<br />

nicht erreichen!<br />

Das übersteigt zwar den üblichen<br />

Planungshorizont von 25 Jahren,<br />

zeigt aber auch nachdrücklich und<br />

überdeutlich, wie wichtig diese<br />

Langfristversuche sind – in Mitteleuropa<br />

als einziges Beispiel mit ihrer<br />

den Vergleich erlaubenden<br />

Vielzahl sowie <strong>der</strong> standörtlichen<br />

und vegetationskundlichen Vielfalt<br />

in Baden-Württemberg. Ein frühes<br />

Abbrechen <strong>der</strong> <strong>Versuche</strong> hätte -<br />

wie zahlreiche Beispiele aus <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik zeigen - bei allen<br />

Maßnahmen, insbeson<strong>der</strong>e beim<br />

Mulchen wie beim kontrollierten<br />

Brennen, zu einer völlig falschen<br />

landschaftspflegerischen Beurteilung<br />

geführt, die lange genug, verbunden<br />

mit Vorurteilen, das Meinungsbild<br />

im Naturschutz beherrschte.<br />

Dazu gehört das wissenschaftlich<br />

unzulässige Vorgehen, aus den<br />

Ergebnissen nur eines <strong>Versuche</strong>s<br />

gleich allgemeingültige Regeln ableiten<br />

und vertreten zu wollen. Unsere<br />

<strong>Versuche</strong> zeigen deutlich,<br />

dass selbst bei gleichen Standortsbedingen<br />

zwei auf <strong>der</strong>selben<br />

Fläche gelegene Bezugsparzellen<br />

o<strong>der</strong> Dauerquadrate einan<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>sprechende<br />

Ergebnisse liefern<br />

können. Erst recht schlagen dabei<br />

u. U. regionale Differenzierungen<br />

zu Buche, wie z. B. beim Klima<br />

zwischen Nordwest- und Süddeutschland,<br />

das ganz unterschiedliche<br />

Bedingungen für die<br />

Geschwindigkeit <strong>der</strong> Zersetzung<br />

des Mulchgutes schafft. Und diese<br />

hat einen nachhaltigen Einfluss<br />

auf das Artenspektrum.<br />

____________________________________________________________________________________________<br />

<strong>Offenhaltung</strong>sversuche und Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH)<br />

Die <strong>Offenhaltung</strong>sversuche können z. T auch genutzt werden um Fragestellungen die sich aus <strong>der</strong> EU-Flora-<br />

Fauna-Habitat-Richtlinie, <strong>der</strong> Gebietsausweisung und <strong>der</strong> Erstellung von Pflege- und Entwicklungs- bzw. Management-Plänen,<br />

dem Verschlechterungsverbot, <strong>der</strong> Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes etc.<br />

ergeben zu beantworten.<br />

Die Universität Regensburg, Institut für Botanik, hat im Jahr 2006 eine Untersuchung <strong>der</strong> Vegetationsentwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Offenhaltung</strong>sversuche unter Berücksichtigung <strong>der</strong> FFH-Arten und charakteristischen Arten <strong>der</strong> FFH-<br />

Lebensraumtypen durchgeführt. Die Ergebnisse sind in einem Skript nachzulesen.<br />

In Baden-Württemberg kommen 53 <strong>der</strong> FFH-Lebensraumtypen (LRTs) vor, davon sind 13 - darunter die Artenreichen<br />

Borstgrasrasen - als prioritär eingestuft. Die FFH-Richtlinie sieht für die „gemeinten Flächen“ ein<br />

Verschlechterungsverbot vor bzw. verpflichtet das Bundesland <strong>zur</strong> Sicherung eines „günstigen Erhaltungszustandes“<br />

nach Fläche und Qualität <strong>der</strong> ausgewiesenen LRTs, was durchaus auch eine gewisse räumliche Dynamik<br />

beinhalten kann. Eine Wie<strong>der</strong>herstellungspflicht entsteht für das Bundesland, wenn sich eine FFH-Art<br />

o<strong>der</strong> ein FFH-LRT in einem FFH-Gebiet insgesamt in einem schlechten Erhaltungszustand befinden. Mittel<br />

<strong>zur</strong> Umsetzung unter Einbindung <strong>der</strong> FlächenbewirtschafterInnen bieten in Baden-Württemberg die För<strong>der</strong>instrumente<br />

MEKA (Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich) und LPR (<strong>Landschaft</strong>spflegerichtlinie).<br />

Darüber hinaus können weitere (freiwillige) Entwicklungsmaßnahmen z. B. mit Hilfe von LIFE-, LEADER-, IN-<br />

TERREG-Programmen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> naturschutzgesetzlichen Eingriffsregelung finanziert werden.<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!