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Maja Baumann, Mietrechtliche Stolpersteine bei der Umnutzung von Liegenschaften, in: Jusletter 25. November 2013<br />

weil Handwerker anderweitig beschäftigt sind, Mitarbeiter<br />

wechseln oder Regulierungen und Industriestandards ändern),<br />

aber auch das Interesse an einer baldigen Realisierung<br />

der vorgesehenen Ertragssteigerung. In der Literatur<br />

wird teilweise die Ansicht vertreten, dass das Interesse an<br />

einer Ertragssteigerung zwar die Kündigung als solche rechtfertigen<br />

kann, aber nicht einen möglichst frühen Beginn der<br />

notwendigen Umbauarbeiten. 23 Dies erscheint insofern inkonsequent,<br />

als dass mieterseitig wirtschaftliche Interessen,<br />

namentlich Verluste wegen Aufbaus eines neuen Kundenstamms,<br />

für eine längere Erstreckungsdauer sprechen sollen.<br />

24 Es sind daher sowohl mieter- als auch vermieterseitig<br />

alle Interessen, auch solche wirtschaftlicher Natur, mitzuberücksichtigen<br />

und ihnen das im Einzelfall angemessene Gewicht<br />

zukommen zu lassen. 25<br />

[Rz 17] Ein ebenfalls teilweise wirtschaftlich motiviertes Vermieterinteresse<br />

liegt in der Vermeidung von Leerständen in<br />

anderen Räumlichkeiten der umzubauenden Liegenschaft.<br />

Auf der einen Seite bedeutet die Belegung einzelner Mietflächen,<br />

währenddem der Rest des Gebäudes bereits geräumt<br />

ist, dass das Mietobjekt für wenige Mieter weiter unterhalten,<br />

die Allgemeinflächen beleuchtet, beheizt und gereinigt<br />

werden müssen, was zu Kosten ohne entsprechenden Ertrag<br />

führt. Diese Kosten und während dieser Zeit auflaufende<br />

Zinsen können auch die zukünftigen Mietzinse nach dem<br />

Umbau beeinflussen. 26 Auf der anderen Seite ist ein längerer<br />

Leerstand schlecht für die «Reputation» des Gebäudes,<br />

was auch die Vermietbarkeit nach dem Umbau beeinflussen<br />

kann, und führt im schlimmsten Fall dazu, dass sich nicht nur<br />

Verteiler von Werbeplakaten, sondern auch Hausbesetzer<br />

angezogen fühlen (s. hierzu Ziff. 3 unten). Solche Leerstände<br />

können jedoch unter Umständen bei einem geeigneten Mietobjekt<br />

durch im Hinblick auf das Umbauvorhaben befristete<br />

Mietverträge verringert werden (s. hierzu Ziff. 2 unten). 27<br />

[Rz 18] Weitere zu berücksichtigende Interessen des Vermieters<br />

an einer raschen Durchführung können in der Vermeidung<br />

weiterer Klagen und Unannehmlichkeiten durch eine<br />

im Quartier nicht mehr adäquate Tätigkeit des Mieters oder<br />

der zeitlichen Befristung der Baubewilligung oder in (neuen)<br />

Bauvorschriften oder Sicherheitsstandards, die nicht (mehr)<br />

eingehalten sind, bestehen. 28<br />

23<br />

Tobias Kunz, Kündigung wegen Sanierung, mp 2012 S. 237 ff., S. 255 f.<br />

24<br />

David L achat/Irène Spirig (Fn. 21), Rz. 30/6.14.<br />

25<br />

So können Mieteinnahmen für gewisse Vermieter einen gewichtigen Einkommensteil<br />

– bis hin zur Quasi-Rente – ausmachen und der Aufbau des<br />

Kundenstamms für gewisse Mieter sehr einfach bzw. die Verluste gut tragbar<br />

sein. Da es keinen typischen Vermieter und keinen typischen Mieter<br />

gibt, sind auch kategorische Ausschlüsse von Interessen nicht angemessen,<br />

sondern sollte jeder Einzelfall gesondert betrachtet werden.<br />

26<br />

Vgl. SVIT-Kommentar (Fn. 3), Art. 272 OR, Rz. 59.<br />

27<br />

Tobias Kunz (Fn. 23), S. 256.<br />

28<br />

Tobias Kunz (Fn. 23), S. 255 f.; SVIT-Kommentar (Fn. 3), Art. 272 OR,<br />

Rz. 59 f.<br />

[Rz 19] Auch bei der Erstreckung zeigt sich, dass es für den<br />

Vermieter selbst bei sorgfältiger Planung und absolut korrektem<br />

Verhalten gegenüber den Mietern nur möglich ist, die<br />

mietrechtlichen Risiken zu verringern, nicht jedoch diese zu<br />

vermeiden. So hat ein Vermieter, um sich nicht dem Vorwurf<br />

der missbräuchlichen Kündigung auszusetzen, das Projekt<br />

bereits detailliert mit Zeitplan auszuarbeiten und möglichst<br />

die Baubewilligung zu beantragen bevor er die Kündigung<br />

ausspricht (s. hierzu Ziff. 2.2.3 oben), aber muss andererseits<br />

damit rechnen, dass er mit den Arbeiten je nach Dauer der<br />

Erstreckung erst in ca. zwei bis vier Jahren beginnen kann.<br />

2.4. Schadenersatz aufgrund kalter Erstreckung<br />

[Rz 20] Selbst wenn die Klage des Mieters auf Erstreckung<br />

gerichtlich abgewiesen und ihm somit auf diesem Weg keine<br />

Erstreckung des Mietverhältnisses gewährt wird, kann er in<br />

den Genuss einer sogenannten kalten Erstreckung kommen,<br />

durch welche das Mietverhältnis über den Kündigungstermin<br />

hinaus – zumindest de facto – fortbesteht. 29 Die Gründe hierfür<br />

liegen im Aufschub der Wirkungen der Kündigung während<br />

der Dauer des Kündigungsschutz- oder Erstreckungsverfahrens<br />

und der Abhängigkeit einer Ausweisung des<br />

Mieters von der vorgängigen richterlichen Bestätigung der<br />

Beendigung der Miete. 30<br />

[Rz 21] Unter Umständen kann es somit sein, dass ein Mieter<br />

im Erstreckungsverfahren bereits in erster Instanz unterliegt,<br />

danach aber das Urteil durch alle Instanzen weiterzieht bis<br />

schlussendlich durch das Bundesgericht als letzte Instanz<br />

(nochmals) bestätigt wird, dass die Voraussetzungen für eine<br />

Erstreckung nicht gegeben sind. Dieser Instanzenzug kann<br />

relativ viel Zeit in Anspruch nehmen, während der ein geplanter<br />

Um- oder Neubau auf dem entsprechenden Gelände<br />

blockiert ist und evtl. neue Bauvorschriften oder Sicherheitsstandards<br />

erlassen wurden oder andere Änderungen der<br />

Gegebenheiten eintraten. Für Vermieter stellt sich in diesem<br />

Fall die Frage, ob für die entstandene Verzögerung vom unterliegenden<br />

Mieter Schadenersatz gefordert werden kann.<br />

[Rz 22] Grundsätzlich gilt, dass dem Mieter das Erstreckungsbegehren<br />

nicht als schuldhaftes oder widerrechtliches<br />

Verhalten angelastet werden kann, solange er seine<br />

Rechte gutgläubig ausübt. Er wird daher grundsätzlich dem<br />

Vermieter gegenüber auch nicht schadenersatzpflichtig. 31<br />

Das Bundesgericht hat im Urteil 4C.256/2001 vom 14.<br />

29<br />

David L achat/Irène Spirig (Fn. 21), Rz. 30/13.14. Wie unten ausgeführt, hält<br />

Christine Chappuis jedoch fest, dass das Mietverhältnis trotz laufendem Erstreckungsverfahren<br />

am Kündigungstermin endet, die Auswirkungen der<br />

Beendigung jedoch suspendiert sind. Es besteht somit nur faktisch, nicht<br />

jedoch rechtlich weiter.<br />

30<br />

Roger Weber (Fn. 5), Art. 272c OR, Rz. 7; David L achat/Irène Spirig (Fn. 21),<br />

Rz. 30/13.13.<br />

31<br />

David L achat/Irène Spirig (Fn. 21), Rz. 30/13.14.<br />

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