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Maja Baumann, Mietrechtliche Stolpersteine bei der Umnutzung von Liegenschaften, in: Jusletter 25. November 2013<br />

Andererseits kann im gegenseitigen Einvernehmen auch<br />

mit bestehenden Mietern eine entsprechende Vereinbarung<br />

getroffen werden (in der Regel im Gegenzug gegen Zugeständnisse<br />

an den Mieter, z.B. in der Form von gratis Maklerdienstleistungen<br />

für die Suche nach neuen Mietflächen, Umzugs-<br />

oder Neuinvestitionsentschädigungen, und/oder dem<br />

Recht des Mieters, jederzeit entschädigungslos das Mietverhältnis<br />

zu beenden), um so Verzögerungen im Projekt zu<br />

vermeiden. In beiden Fällen kann dies in der Form eines zeitlich<br />

befristeten Mietvertrages oder in der Form eines grundsätzlich<br />

unbefristeten Mietverhältnisses kombiniert mit einer<br />

Befristung (z.B. zwei Monate nach Mitteilung der Rechtskraft<br />

der Baubewilligung) geschehen. 37 Nach bundesgerichtlicher<br />

Praxis stellen solche Vereinbarungen befristete Mietverhältnisse<br />

dar, welche zur Beendigung lediglich einer Information<br />

des Mieters über den Eintritt der Bedingung (Baubeginn bzw.<br />

Bewilligungserteilung) erfordern. 38 Die Lehre ist sich diesbezüglich<br />

nicht einig: Während ein Teil der bundesgerichtlichen<br />

Auffassung folgt, 39 , betrachten andere Autoren solche Verträge<br />

mangels hinreichend bestimmten Endtermins als unbefristete<br />

Verträge, die gekündigt werden müssen. 40 Aufgrund<br />

der bestehenden Rechtsunsicherheit ist daher Vermietern zu<br />

empfehlen, trotz entsprechender Vertragsklausel eine Kündigung<br />

auszusprechen, sobald der genaue Zeitpunkt für den<br />

Baubeginn feststeht.<br />

[Rz 28] Damit ein Erstreckungsausschluss im Mietvertrag<br />

gültig vereinbart werden kann, muss eine konkrete und ernsthafte<br />

Planung des Abbruch- oder Umbauvorhabens vorliegen<br />

und die Erstreckungsausschlussklausel im Mietvertrag<br />

konkrete Angaben zum Vorhaben enthalten. 41 Die erste Voraussetzung<br />

verlangt, dass schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses<br />

ein hinreichend konkretisiertes, der Bewilligungspflicht<br />

unterliegendes Bauvorhaben besteht (Zeithorizont<br />

i.d.R. bis drei Jahre). Ungenügend sind blosse Vorprojekte<br />

und Projektstudien. Nicht erforderlich ist allerdings, dass<br />

der Vermieter bereits ein Bewilligungsverfahren eingeleitet<br />

hat. Aus der zweiten Voraussetzung ergibt sich, dass in den<br />

Vertragsbestimmungen nicht nur das Bauvorhaben selber<br />

festgehalten werden muss, sondern insbesondere auch der<br />

Zeitpunkt, bis zu welchem der Mieter in der Liegenschaft<br />

verbleiben kann. Die Vertragsklausel verliert denn auch ihre<br />

Wirkung, wenn das konkrete Projekt nicht realisiert wird oder<br />

ohne triftige Gründe ungebührlich langsam vorangeht. 42<br />

37<br />

SVIT-Kommentar (Fn. 3), Art. 272a OR, Rz. 15a f.<br />

38<br />

BGE 121 III 260, E.5.a = mp 1996 S. 59 ff.; mit weiteren Ausführungen zu<br />

den unterschiedlichen Lehrmeinungen.<br />

39<br />

SVIT-Kommentar (Fn. 3), Art. 272 OR, Rz. 15a und Art. 255 OR, Rz. 14;<br />

Peter Gauch/ Walter R. Schluep/Jörg Schmid/Susanne Emmenegger, Schweizerisches<br />

Obligationenrecht – Allgemeiner Teil, 9. A., Zürich 2008, Rz. 4039.<br />

40<br />

Roger Weber (Fn. 5), Art. 272a OR, Rz. 6; David L achat/Anita Thanei, in: Das<br />

Mietrecht für die Praxis, 8. A., Zürich 2009, Rz. 24/3.3.<br />

41<br />

David L achat/Irène Spirig (Fn. 21), Rz. 30/3.8.<br />

42<br />

Roger Weber (Fn. 5), Art. 272a OR, Rz. 6.<br />

[Rz 29] Diese Anforderungen können einen Vermieter in<br />

schwierige Situationen bringen, beispielsweise dann, wenn<br />

ein Mieter von sich aus kündigt, das Umbauprojekt sich aber<br />

noch im Vorprojekt-Stadium befindet: Der Vermieter hat diesfalls<br />

nur die Wahl zwischen zwei unbefriedigenden und mit<br />

dem Grundprinzip der Vertragsfreiheit schwer in Einklang zu<br />

bringenden Alternativen. Er kann entweder die Mietflächen<br />

leer stehen lassen oder einen neuen Mietvertrag abschliessen,<br />

mit dem Risiko, dass bei einer Kündigung im Hinblick<br />

auf das Umbauprojekt der Mieter – namentlich aufgrund des<br />

gerade erfolgten Umzugs – Härte geltend macht und Erstreckung<br />

verlangt. Aus Vermietersicht kann es daher sinnvoll<br />

sein, trotzdem eine Erstreckungsausschlussklausel einzufügen<br />

und darin auf die geplanten Umbauarbeiten hinzuweisen<br />

und möglichst auch einen Zeithorizont anzugeben (z.B. «der<br />

Beginn der Sanierungsarbeiten ist auf den 1. Januar 2016 geplant»).<br />

Denn je konkreter der Mieter schon im Zeitpunkt des<br />

Vertragsschlusses über die anstehenden Arbeiten und die<br />

zeitlich begrenzte Mietdauer in Kenntnis gesetzt wird, desto<br />

weniger wird es ihm eher gelingen, im Zeitpunkt der Kündigung<br />

eine Härtesituation geltend zu machen und eine Erstreckung<br />

des Mietverhältnisses gewährt zu bekommen. Zudem<br />

empfiehlt es sich, die Mieter vorzeitig und regelmässig über<br />

die anstehenden Arbeiten zu informieren und die Kündigung<br />

in einem möglichst frühen Zeitpunkt auszusprechen.<br />

4. Hausbesetzer als neue «Mieter»<br />

[Rz 30] Stehen alle oder einzelne Flächen eines Gebäudes<br />

leer und verzögert sich der Beginn des Umbauprojekts –<br />

sei es aufgrund von Erstreckungsverfahren einzelner Mieter<br />

oder aus anderen Gründen wie z.B. Baurekursen – so<br />

besteht namentlich bei städtischen Liegenschaften die Gefahr,<br />

dass Hausbesetzer sich Zutritt verschaffen und in den<br />

Räumlichkeiten häuslich einrichten. So waren in Zürich Ende<br />

2011 rund 30 Häuser besetzt 43 und die Zahl scheint seitdem<br />

nicht merklich geringer geworden zu sein. Ein Grund hierfür<br />

liegt wohl auch in der Praxis der Stadtpolizei Zürich, nach<br />

welcher für Räumungen neben einem gültigen Strafantrag<br />

wegen Hausfriedensbruchs auch eine rechtskräftige Baubewilligung<br />

oder der Beleg über eine rechtmässige Neunutzung<br />

(z.B. Mietvertrag) erforderlich ist. 44<br />

[Rz 31] Vermehrt versuchen Hausbesetzer die Situation zu<br />

legalisieren, allerdings erst nachdem sie die Räumlichkeiten<br />

in Beschlag genommen haben. 45 Sie bieten dem Hausbesitzer<br />

an, einen «Mietvertrag» abzuschliessen, gemäss<br />

43<br />

Vgl. Werner Grundlehner, Hausbesetzer als Faktor im Immobilienmarkt,<br />

www.nzz.ch, 23. November 2011.<br />

44<br />

Vgl. Merkblatt Hausbesetzungen in der Stadt Zürich der Stadtpolizei Zürich<br />

vom September 2006.<br />

45<br />

Dies mit der Argumentation, dass die Verhandlungsposition deutlich<br />

besser sei, wenn man schon im Haus drin ist (vgl. Werner Grundlehner,<br />

Hausbesetzer als Faktor im Immobilienmarkt, www.nzz.ch, 23. November<br />

2011).<br />

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