April / Mai 2007 - Lutherisch in Nordhorn
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BETEN<br />
7<br />
täglich satt, hilf den nicht zu vergessen, der nichts<br />
zu essen hat.“ werden beim Mittagessen gebetet.<br />
Den K<strong>in</strong>dern soll die Armut <strong>in</strong> anderen Ländern<br />
bewusst werden.<br />
Außerdem soll ihnen das Gefühl vermittelt werden,<br />
dankbar zu se<strong>in</strong>, dass wir täglich genug zu<br />
essen und zu tr<strong>in</strong>ken haben.<br />
Da wir auch vermehrt K<strong>in</strong>der aus anderen religiösen,<br />
kulturellen Herkunftsländern haben, führten<br />
wir bewusst Erzählste<strong>in</strong>e zum „Freien Erzählen“<br />
e<strong>in</strong>. Die K<strong>in</strong>der haben so die Möglichkeit, ihre Gefühle<br />
durch das Festhalten des Ste<strong>in</strong>es mitzuteilen,<br />
z. B. „Ich b<strong>in</strong> fröhlich, weil Papa aus dem Krankenhaus<br />
gekommen ist.“ oder „Ich b<strong>in</strong> traurig,<br />
weil me<strong>in</strong> Fahrrad kaputt ist.“<br />
Uns hat die Praxis gezeigt, dass die K<strong>in</strong>der durch<br />
das morgendliche Ritual „Freies Erzählen“ freier<br />
und gelöster s<strong>in</strong>d.<br />
S<strong>in</strong>d unsere Gebete<br />
noch zeitgemäß?<br />
Gerhard Roloff<br />
In der Nacht zum 15. November<br />
1940 bombardierten 449<br />
deutsche Flugzeuge Coventry,<br />
e<strong>in</strong>e Industriestadt <strong>in</strong> Mittelengland.<br />
Über 550 Menschen<br />
wurden getötet, 865 verletzt. Die Altstadt<br />
mit der gotischen St.-Michael-Kathedrale g<strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />
Flammen auf. Noch <strong>in</strong> den Trümmern der Kathedrale<br />
wurde der Entschluss gefasst, sie als Stätte der<br />
Mahnung und des Friedens wiedererstehen zu lassen.<br />
Vor dem Altar, der nur von zwei verkohlten<br />
Balken aus dem Kirchengewölbe <strong>in</strong> Kreuzform<br />
zusammengefügt, schlicht und ernst geschmückt<br />
ist, sieht man die e<strong>in</strong>gravierte Vaterunserbitte:<br />
Father forgive ...<br />
Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von<br />
Volk, Klasse von Klasse: Vater, vergib!<br />
Das habsüchtige Streben der Menschen und Völker,<br />
zu besitzen, was nicht ihr eigen ist: Vater, vergib!<br />
Die Besitzgier, welche die Arbeit der Menschen<br />
ausnutzt und die Erde verwüstet: Vater, vergib!<br />
Unseren Neid auf das Glück und das Wohlergehen<br />
der anderen: Vater, vergib!<br />
Unser mangelndes Teilnehmen an der Not der<br />
Heimatlosen und Flüchtl<strong>in</strong>ge: Vater, vergib!<br />
Den Hochmut, auf uns selbst, statt auf die grenzenlose<br />
Menschenfreundlichkeit Jesu zu vertrauen<br />
und unser Tun an ihr zu messen: Vater, vergib!<br />
Sich <strong>in</strong>s Gebet nehmen<br />
– e<strong>in</strong>e persönliche Betrachtung<br />
Udo Sander<br />
Beten, das ist etwas Besonderes,<br />
vielleicht auch Komisches für<br />
den, der mit religiösen Riten<br />
und Gebräuchen nicht viel anfangen kann. Für e<strong>in</strong>en<br />
religiösen Menschen h<strong>in</strong>gegen gehört das Beten<br />
zur Grundausstattung se<strong>in</strong>es Lebens.<br />
Ich komme aus e<strong>in</strong>em Elternhaus, das nichts gegen<br />
die Kirche hatte, aber auch nicht bereit war, sich<br />
kirchlich besonders zu engagieren. Von Haus aus<br />
ist mir also nicht viel religiöses Knowhow mitgegeben<br />
worden. Von daher fand ich betende K<strong>in</strong>der<br />
oder Familien, Schülerkreise oder Erwachsene <strong>in</strong>teressant,<br />
mehr aber auch nicht. Das Anliegen, die<br />
Sprache des Betens blieben mir fremd. Das Vorlesen<br />
vorgegebener Texte, das Aufsagen fester Formeln<br />
lehnte ich sogar ab.<br />
Dann traf ich Menschen <strong>in</strong> Hauskreisen, zu denen<br />
mich Mitschüler e<strong>in</strong>luden, die <strong>in</strong> eigenen Worten<br />
ihre Klage, ihren Dank, ihre Bitte als das, was sie<br />
unmittelbar umtrieb, vor Gott trugen.<br />
Dabei fasz<strong>in</strong>ierte mich zweierlei:<br />
E<strong>in</strong>mal das unbed<strong>in</strong>gte<br />
Vertrauen der betenden<br />
Menschen darauf,<br />
dass da e<strong>in</strong> Gegenüber,<br />
e<strong>in</strong> Gott ist, der es gut<br />
mit ihnen me<strong>in</strong>t.<br />
Und dann das sortierende<br />
Deuten der eigenen<br />
Existenz, das Ordnen<br />
des alltäglichen Lebens auf e<strong>in</strong>en großen S<strong>in</strong>n<br />
h<strong>in</strong>, etwas, was mir bisher nicht nötig erschienen<br />
war.<br />
Als das Tor zum Nachdenken über S<strong>in</strong>n und Richtung<br />
me<strong>in</strong>es Dase<strong>in</strong>s erst e<strong>in</strong>mal aufgestoßen war,<br />
g<strong>in</strong>g es schnell weiter mit me<strong>in</strong>en Glaubenserfahrungen,<br />
die eben immer auch Bet-Erfahrungen waren.<br />
Beten erlebe ich heute als e<strong>in</strong> zur Ruhe und Klarheit<br />
führendes, weil mich sortierendes und orientierendes<br />
Reden zu jemandem, dem ich unendlich<br />
vertrauen kann, weil er mir Gehör schenkt.