Neues aus der Epileptologie - Ãsterreichische Gesellschaft für ...
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GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
u Epilepsie ist auch heute noch ein Diskriminierungsgrund. Die im Vergleich zur Gesamtbevölkerung<br />
2–3-fach erhöhte Arbeitslosenrate von Menschen mit Epilepsie dürfte mit dem mangelnden Wissen<br />
über die Erkrankung und den damit verbundenen Vorurteilen in Zusammenhang stehen.<br />
u Aufgrund <strong>der</strong> individuell verschiedenen Epilepsieformen ist eine Beurteilung <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
und beruflichen Einsetzbarkeit komplex. Prinzipiell kann es keine generellen Empfehlungen<br />
für o<strong>der</strong> gegen einen Beruf für Menschen mit Epilepsie geben. Für eine Einschätzung<br />
werden die Tätigkeit und das Arbeitsumfeld in Beziehung zum individuellen<br />
Anfallsgeschehen gestellt und so das etwaige Risiko beurteilt.<br />
Epilepsie – Arbeit erlaubt!?<br />
Fakten statt Vorurteile<br />
I<br />
In <strong>der</strong> Bevölkerung ist kaum bekannt, dass<br />
Epilepsie eine <strong>der</strong> häufigsten neurologischen<br />
Erkrankungen ist. Die Häufigkeit aktiver<br />
Epilepsien in Europa wird 2005 von <strong>der</strong> WHO<br />
mit 0,83 % <strong>der</strong> EinwohnerInnen angegeben.<br />
1 Weltweit erkranken vorübergehend<br />
etwa 3 bis 5 % <strong>der</strong> Bevölkerung im Laufe<br />
ihres Lebens. 2, 3 Derzeit befinden sich in <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik etwa 500.000 Menschen<br />
aufgrund einer Epilepsie in ärztlicher Behandlung.<br />
Damit sind in Deutschland gen<strong>aus</strong>o<br />
viele Menschen an einer Epilepsie erkrankt<br />
wie beispielsweise an behandlungsbedürftigem<br />
Diabetes. 4 Die jährliche Inzidenz wird<br />
in entwickelten Län<strong>der</strong>n auf 49 bis 190 Erkrankungen<br />
pro 100.000 EinwohnerInnen<br />
geschätzt. 5 Dies entspricht einer Zahl von<br />
jährlich zwischen 3.920 und 15.200 Neuerkrankungen<br />
in Österreich.<br />
Mit mo<strong>der</strong>nen Medikamenten bzw. durch<br />
einen epilepsiechirurgischen Eingriff können<br />
bei optimaler Therapie ca. 75 % <strong>der</strong> Betroffenen<br />
langfristig anfallsfrei werden. 6 Trotz<br />
<strong>der</strong> prinzipiell guten Prognose ist Epilepsie<br />
<strong>aus</strong> Unwissenheit und Angst auch heute noch<br />
ein Diskriminierungsgrund. Vorurteile verhin<strong>der</strong>n<br />
die Integration Betroffener. Meist macht<br />
den Betroffenen und ihren Familien mehr die<br />
soziale Ausgrenzung als die Krankheit selbst<br />
zu schaffen. Mehr als zwei Drittel aller EpilepsiepatientInnen<br />
fühlen sich durch die<br />
Epilepsie in ihrem täglichen Leben beeinträchtigt.<br />
So ist es nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich,<br />
dass ca. 60 % aller Menschen mit Epilepsie<br />
zumindest vorübergehend an Depressionen<br />
leiden. Am häufigsten werden Stigmatisierung<br />
und Arbeitslosigkeit als<br />
Gründe für die Depression genannt.<br />
Die mangelnde Integration Betroffener<br />
beginnt in <strong>der</strong> Schule<br />
und wirkt sich auch am Arbeitsmarkt<br />
<strong>aus</strong>. Statistiken belegen,<br />
dass Anfallskranke im Durchschnitt<br />
den gleichen IQ 7 haben wie die<br />
Gesamtbevölkerung. Etwa zwei Drittel aller<br />
Kin<strong>der</strong> mit Epilepsie besuchen die Regelschule<br />
8 , ohne auffällig zu werden. Geht man<br />
davon <strong>aus</strong>, dass Epilepsien in <strong>der</strong> Regel nicht<br />
mit kognitiven Einschränkungen einhergehen,<br />
muss man annehmen, dass viele <strong>der</strong> an<br />
Epilepsie Erkrankten aufgrund ihrer Krankheit<br />
benachteiligt werden, d. h. nicht die gleichen<br />
Bildungschancen erhalten 9 , denn Personen<br />
mit Epilepsie erreichen im Vergleich zur<br />
Gesamtbevölkerung nur unterdurchschnittliche<br />
Bildung. Die Schullaufbahn und <strong>der</strong><br />
Schulabschluss sind entscheidende Faktoren<br />
für den Lebens- und Berufsweg von Kin<strong>der</strong>n<br />
und Jugendlichen. Bekanntermaßen hat eine<br />
schlechtere Schulbildung auch schlechtere<br />
Job<strong>aus</strong>sichten zur Folge.<br />
Epilepsie – Erwerbstätigkeit<br />
o<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />
Eine geregelte Arbeit ist die Basis jedes eigenständigen<br />
Lebens. Sie gibt uns nicht nur<br />
die finanziellen Mittel, son<strong>der</strong>n stärkt auch<br />
das Selbstbewusstsein, das Gefühl gebraucht<br />
zu werden und ein wertvolles Mitglied <strong>der</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> zu sein. Der Arbeitsplatz ist auch<br />
Mag. Elisabeth Pless<br />
zertifizierte Epilepsiefachberaterin<br />
Geschäftsführerin <strong>der</strong> Epilepsie<br />
und Arbeit gemeinnützige<br />
Beratungs und Entwicklungs<br />
GmbH<br />
ein wichtiger Ort für soziale Kontakte.<br />
Die Arbeitslosenrate unter Menschen mit<br />
Epilepsie ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung<br />
etwa doppelt bis 3-mal so hoch. 10<br />
Erstaunlicherweise ist diese Arbeitslosigkeit<br />
unabhängig vom Bildungsgrad. AkademikerInnen<br />
und HilfsarbeiterInnen sind gleich<br />
betroffen. Beson<strong>der</strong>s hoch ist auch <strong>der</strong> Anteil<br />
an FrührentnerInnen. Der Anteil an unter<br />
40-jährigen FrührentnerInnen mit Epilepsie<br />
liegt bei 37 % gegenüber 11 % bei allen<br />
FrührentnerInnen. 11<br />
Menschen mit Epilepsie weisen die gleiche<br />
Spannbreite an Intelligenz, Geschicklichkeit<br />
und Belastbarkeit auf wie alle an<strong>der</strong>en Menschen<br />
auch. Viele von ihnen haben ihre<br />
Position im Berufsleben gefunden, auch in<br />
Führungspositionen. Die meisten wagen es<br />
nicht, sich als Betroffene zu outen. Einschränkungen<br />
im Arbeitsleben ergeben sich lediglich<br />
durch Symptome während eines Anfalls<br />
und gegebenenfalls durch zusätzliche Erkrankungen.<br />
Diese Symptome sind individuell sehr<br />
unterschiedlich. Eine individuelle Beratung<br />
bezüglich beruflicher Möglichkeiten ist daher<br />
absolut notwendig. Der hohe Anteil an Arbeitslosen<br />
unter Menschen mit Epilepsie muss<br />
also etwas mit dem mangelnden Wissen über<br />
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