Heft 1/2004 - Offene Kirche Württemberg
Heft 1/2004 - Offene Kirche Württemberg
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der Schöpfung. Es geht um eine Wirtschaft,<br />
die dem Leben dient. Besonders<br />
die Jugenddelegierten, für Württemberg<br />
die Theologiestudentin Susanne Haag,<br />
machten eindrucksvoll auf die Pandemie<br />
HIV/AIDS aufmerksam. Die Epidemie<br />
hat in großen Teilen Afrikas und<br />
zunehmend auch Asiens verheerende<br />
Auswirkungen. In manchen Gegenden<br />
ist schon eine Mehrheit der jungen<br />
Menschen mit dem Virus infiziert. Viele<br />
<strong>Kirche</strong>n, so kritisierten sie, finden<br />
keinen angemessenen Umgang mit der<br />
Immunschwäche-Krankheit.<br />
Gelebte Spiritualität<br />
Das gottesdienstliche Leben und die<br />
täglichen Bibelarbeiten waren das<br />
Fundament dieser Vollversammlung.<br />
Jeder Tag begann mit einem Abendmahlsgottesdienst.<br />
Im Anschluss daran<br />
Szene aus der Bibelarbeit: Die JüngerInnenschaft beschwert<br />
sich bei Simon.<br />
gab es Bibelarbeiten. Im Plenum gab es<br />
von jeweils einer Region einen ersten<br />
Impuls, dann wurde die Bibelarbeit in<br />
den Dorfgruppen weitergeführt. Die<br />
Region Mittel- und Westeuropa hatte als<br />
Bibeltext Jesu Salbung durch die Sünderin<br />
(Lukas 7,36-50). Pantomimisch<br />
dargestellt, mit Musik und provozierenden<br />
Frauenbildern untermalt, nimmt<br />
diese intime Begegnung zwischen der<br />
Frau und Jesus, die Fassungslosigkeit<br />
und der Widerstand der Jüngerschaft<br />
um Simon die ganze Versammlung mit<br />
in das Geschehen. Am Schluss tanzen<br />
Jesus und die Frau mit der Jüngerschaft<br />
und manchen Zuschauenden Wiener<br />
Walzer. Sichtbar gewordene Rechtfertigung,<br />
getanzte Versöhnung.<br />
Liturgische Mittags- und Abendgebete<br />
unterbrachen die Plenarsitzungen. An<br />
vier Abenden gab es Heilungsgottesdienste.<br />
Sie machten noch einmal in<br />
besonderer Weise deutlich, dass Heilung<br />
Geist und Körper mit einschließt.<br />
Mit einem Schweigemarsch zum<br />
„Oodeena Circle“ brachte die lutherische<br />
Weltgemeinschaft ihren Protest<br />
gegen die Verweigerung von 50 Visa,<br />
davon allein 27 an InderInnen, und ihre<br />
Solidarität mit den Betroffenen zum<br />
Ausdruck. Bei den „Forks“ teilten die<br />
Versammelten Gebete und Erfahrungen<br />
miteinander. Shalom-Rufe erfüllten das<br />
weite Rund. Eine tiefe gelebte Spiritualität<br />
über manche Grenzen und Gräben<br />
hinweg prägte diese Vollversammlung.<br />
Von Winnipeg nach Württemberg<br />
Seit der Vollversammlung in Winnipeg<br />
ist nun ein halbes Jahr vergangen. Der<br />
Alltag hat die Gemeinschaft wieder<br />
eingeholt. Es gab einige Nachtreffen auf<br />
unterschiedlichen Ebenen. Die einzelnen<br />
Delegierten<br />
bringen ihre<br />
Eindrücke und<br />
Impulse in ihre<br />
Lebenszusammenhänge,<br />
in die Gemeinden<br />
vor Ort ein.<br />
Einig ist man<br />
sich, dass das<br />
Thema<br />
Globalisierung<br />
auf unterschiedlichen<br />
Ebenen<br />
weiter behandelt<br />
werden muss.<br />
Der Gesprächskreis<br />
<strong>Offene</strong><br />
<strong>Kirche</strong> in Oberschwaben hat sich zum<br />
Ziel gesetzt, die Privatisierung von<br />
Wasser zum Schwerpunkt im Jahr <strong>2004</strong><br />
zu machen. Im UN-Jahr des Süßwassers<br />
soll das Menschenrecht Wasser im<br />
Mittelpunkt stehen. Wasser ist<br />
unverzichtbar für Mensch und Natur.<br />
Der Zugang zu diesem lebenswichtigen<br />
Gut wird gerade für arme Menschen in<br />
den Entwicklungsländern durch den<br />
steigenden Verbrauch und die globale<br />
Wirtschaftspolitik weiter erschwert.<br />
Schon heute kann jeder fünfte Mensch<br />
seinen täglichen Wasserbedarf nicht<br />
decken. Täglich sterben 6000 Menschen<br />
an den Folgen verunreinigten<br />
Trinkwassers. Diese Tatsache verpflichtet,<br />
sich einzumischen und zur Heilung<br />
der Welt beizutragen. Dabei lassen wir<br />
uns von dem Sprichwort leiten: „Viele<br />
kleine Leute an vielen kleinen Orten,<br />
die viele kleine Schritte tun, können das<br />
Gesicht der Welt verändern.“<br />
Visionen<br />
Das Christentum<br />
wird im 21.<br />
Jahrhundert die<br />
Welt prägen.<br />
Und es verändert<br />
sich dramatisch<br />
Philip Jenkinsi<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Ein dramatischer Umbruch hat die<br />
christliche Welt ergriffen. Sie<br />
wandelt sich derzeit in einem<br />
Maße, wie es Beobachter aus dem<br />
Westen kaum wahrhaben wollen.<br />
Auch wenn die Nachrichtensendungen<br />
und Zeitungen seit geraumer<br />
Zeit voll sind mit Berichten<br />
über den Einfluss des Islam, wird es<br />
das Christentum sein, das in vielerlei<br />
Hinsicht das 21. Jahrhundert<br />
prägen wird. Heute sehen wir, dass<br />
eine neue christliche Reformation,<br />
wenn nicht eine Revolution, im<br />
Gange ist: Im Süden dieser Welt,<br />
jenen Regionen, die wir oft als die<br />
„Dritte Welt“ abtun, gibt es inzwischen<br />
außerordentlich große<br />
christliche Bevölkerungsgruppen,<br />
die noch weiterwachsen.<br />
Gegenwärtig leben 480 Millionen<br />
Christen in Lateinamerika, 360 Millionen<br />
in Afrika und 313 Millionen in<br />
Asien gegenüber 260 Millionen in<br />
Nordamerika. Sie bilden das, was der<br />
katholische Missionswissenschaftler<br />
Walbert Bühlmann die „Dritte <strong>Kirche</strong>“<br />
nennt. Sie unterscheidet sich nämlich<br />
deutlich von den westlichen Großkirchen<br />
und wird mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
eine Führungsrolle<br />
innerhalb der christlichen Glaubensgemeinschaft<br />
übernehmen. Mit ihr<br />
werden andere Akzente in das christliche<br />
Bekenntnis hineinkommen, Jesus<br />
wird zum Beispiel jene Macht verkörpern,<br />
die böse Kräfte, Unheil und<br />
Krankheit überwindet.<br />
Autorität und Charisma: Sie zählen<br />
in den Ländern der Südkugel viel!<br />
Die Revolution in Afrika, Asien und<br />
Lateinamerika hat drastischere Auswirkungen<br />
als irgendwelche anderen<br />
Verschiebungen innerhalb der nord-<br />
Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />
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