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Swedenborg im Kontext des Leib-Seele-Problems PDF - Orah.ch

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<strong>Swedenborg</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> <strong>des</strong> <strong>Leib</strong>-<strong>Seele</strong>-<strong>Problems</strong> 3<br />

behauptet: »Der systematis<strong>ch</strong>e Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en physis<strong>ch</strong>en und mentalen Zuständen<br />

beruht weder auf einer direkten Kausalbeziehung no<strong>ch</strong> auf einer ›prästabilierten<br />

Harmonie‹, sondern darauf, dass Gott jeweils anlässli<strong>ch</strong> best<strong>im</strong>mter Zustände <strong>im</strong> Körper<br />

die entspre<strong>ch</strong>enden Zustände <strong>im</strong> Geist hervorbringt bzw. anlässli<strong>ch</strong> best<strong>im</strong>mter Zustände<br />

<strong>im</strong> Geist die entspre<strong>ch</strong>enden Zustände <strong>im</strong> Körper verursa<strong>ch</strong>t.« Der Epiphänomenalismus<br />

behauptet: »Zustände <strong>im</strong> Geist einer Person werden zwar dur<strong>ch</strong> Zustände <strong>im</strong> Körper<br />

verursa<strong>ch</strong>t, haben aber selbst niemals Wirkungen auf ihren Körper.« 7 Das Bewusstsein<br />

ist nur eine Begleiters<strong>ch</strong>einung – ein Epiphänomen – der Vorgänge <strong>im</strong> Gehirn.<br />

Au<strong>ch</strong> <strong>Swedenborg</strong> fasste die Diskussion zusammen, indem er seine Publikation von<br />

1769 mit dem Worten beginnen lässt: »Über die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und<br />

Körper, das heißt über die Tätigkeit <strong>des</strong> einen <strong>im</strong> anderen und <strong>des</strong> einen mit dem anderen,<br />

gibt es drei Ansi<strong>ch</strong>ten und Überlieferungen, die Hypothesen sind: den physis<strong>ch</strong>en<br />

Einfluss, den geistigen Einfluss und die prästabilierte Harmonie.« 8 Innerhalb dieser Aufbereitung<br />

und Darstellung der Diskussionslage ents<strong>ch</strong>ied er si<strong>ch</strong> bekanntli<strong>ch</strong> für den<br />

geistigen Einfluss.<br />

Da dieselben Si<strong>ch</strong>tweisen zum Teil unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Namen bei Abi<strong>ch</strong>t, Beckermann<br />

und <strong>Swedenborg</strong> haben, muss zunä<strong>ch</strong>st auf die folgende Beziehung hingewiesen werden:<br />

1. Das »System <strong>des</strong> Einflusses« bei Abi<strong>ch</strong>t, der »Interaktionismus« bei Beckermann<br />

und der »physis<strong>ch</strong>e Einfluss« bei <strong>Swedenborg</strong> sind identis<strong>ch</strong>. 2. Das »System der prästabilierten<br />

Harmonie« bei Abi<strong>ch</strong>t, der »Parallelismus« bei Beckermann und die »prästabilierte<br />

Harmonie« bei <strong>Swedenborg</strong> sind ebenfalls identis<strong>ch</strong>. 3. Und au<strong>ch</strong> das »System der<br />

Gelegenheitsursa<strong>ch</strong>en« bei Abi<strong>ch</strong>t, der »Okkasionalismus« bei Beckermann und der<br />

»geistige Einfluss« bei <strong>Swedenborg</strong>, von dem er selbst sagt, dass er von einigen au<strong>ch</strong><br />

okkasionaler genannt wird 9 , sind identis<strong>ch</strong>.<br />

Diese Beziehungen bestehen ganz offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, glei<strong>ch</strong>wohl gilt die Identität, insbesondere<br />

was <strong>Swedenborg</strong> angeht, nur mit Eins<strong>ch</strong>ränkungen. Denn pr<strong>im</strong>är ist seine Darstellung<br />

ni<strong>ch</strong>t als eine Bes<strong>ch</strong>reibung fremder Ideen anzusehen, sondern als eine eigene<br />

Systematisierung 10 , freili<strong>ch</strong> auf der Grundlage der zeitgenössis<strong>ch</strong>en Diskussion wie sie<br />

etwa von Abi<strong>ch</strong>t zusammengefasst worden ist. Friedemann Stengel hat daher zu Re<strong>ch</strong>t<br />

darauf aufmerksam gema<strong>ch</strong>t, dass bei den von <strong>Swedenborg</strong> genannten Modellen »bereits<br />

Interpretationen und Modifikationen vorliegen. So ist der aristotelis<strong>ch</strong>e influxus physicus<br />

zeitgenössis<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur in einer Ri<strong>ch</strong>tung verstanden worden, sondern als ein we<strong>ch</strong>selseitiger<br />

Einfluss … Ebenso wenig kann <strong>im</strong> cartesianis<strong>ch</strong>en Okkasionalismus ohne weiteres<br />

von einem influxus spiritualis in der von <strong>Swedenborg</strong> dargestellten Weise die Rede<br />

sein. Die beiden Substanzen Körper und Geist liegen vielmehr so weit auseinander, dass<br />

nur der Eingriff Gottes für ihr Zusammenwirken sorgen kann … Aber au<strong>ch</strong> <strong>Leib</strong>niz' prästabilierte<br />

Harmonie wird von <strong>Swedenborg</strong> nur verkürzt wiedergegeben, wenn unerwähnt<br />

bleibt, dass die Einheit von Körper und Geist na<strong>ch</strong> <strong>Leib</strong>niz von Beginn der S<strong>ch</strong>öpfung<br />

an besteht, das <strong>im</strong>mer wieder ges<strong>ch</strong>ehene Wunder bei Descartes also auf den Zeitpunkt<br />

der S<strong>ch</strong>öpfung zurückverlegt worden ist.« 11<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

Ansgar Beckermann, Das <strong>Leib</strong>-<strong>Seele</strong>-Problem: Eine Einführung in die Philosophie <strong>des</strong> Geistes, 2008, Seite 42f.<br />

Die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper 1.<br />

Die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper 1.<br />

Das systematisierende Interesse wird am Ende von We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper 1 deutli<strong>ch</strong>. Dort<br />

heißt es: »Außer diesen drei Meinungen über die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper ist keine vierte<br />

denkbar, denn entweder ist die <strong>Seele</strong> <strong>im</strong> Körper oder der Körper in der <strong>Seele</strong> tätig oder beide sind <strong>im</strong>mer zuglei<strong>ch</strong><br />

tätig.« Diese drei Positionen sind systematis<strong>ch</strong> vollständig, wenn man davon ausgeht, dass der Einfluss<br />

nur in eine Ri<strong>ch</strong>tung gehen kann. Andernfalls wäre au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> die Meinung denkbar, dass sowohl die <strong>Seele</strong> <strong>im</strong><br />

Körper als au<strong>ch</strong> der Körper in der <strong>Seele</strong> tätig ist. Das wäre der Interaktionismus.<br />

Friedemann Stengel, <strong>Swedenborg</strong> als Rationalist, in: Aufklärung und Esoterik: Rezeption – Integration – Konfron-

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