Swedenborg im Kontext des Leib-Seele-Problems PDF - Orah.ch
Swedenborg im Kontext des Leib-Seele-Problems PDF - Orah.ch
Swedenborg im Kontext des Leib-Seele-Problems PDF - Orah.ch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Swedenborg</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> <strong>des</strong> <strong>Leib</strong>-<strong>Seele</strong>-<strong>Problems</strong> 4<br />
<strong>Swedenborg</strong>s Standpunkt <strong>im</strong> Meinungsspektrum <strong>des</strong> <strong>Leib</strong>-<strong>Seele</strong>-<strong>Problems</strong> ist na<strong>ch</strong> alledem<br />
also so zu best<strong>im</strong>men: Er ist ein Vertreter <strong>des</strong> Substanzdualismus, der die Position<br />
eines geistigen Einflusses vertritt.<br />
Dabei empfindet er offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> keinen Widerspru<strong>ch</strong> zum Okkasionalismus, denn er<br />
s<strong>ch</strong>reibt ja, dass der geistige Einfluss »von einigen au<strong>ch</strong> okkasionaler« 12 genannt wird.<br />
Vermutli<strong>ch</strong> denkt er hierbei an das relative Eigenleben <strong>des</strong> physis<strong>ch</strong>en Organismus, das<br />
dem geistigen Einfluss die Gelegenheiten darbietet, um in die äußere Wirkli<strong>ch</strong>keit übergehen<br />
zu können. Bea<strong>ch</strong>tenswert ist eine Aussage in Wahre Christli<strong>ch</strong>e Religion 154.<br />
<strong>Swedenborg</strong> ergänzt dort das »commercium an<strong>im</strong>ae et corporis« um das Adjektiv<br />
»mutuum«, das heißt »we<strong>ch</strong>selseitig«. Und was damit gemeint ist, sagt er glei<strong>ch</strong> ans<strong>ch</strong>ließend:<br />
»Die <strong>Seele</strong> wirkt <strong>im</strong> <strong>Leib</strong> (in corpore) und auf den <strong>Leib</strong> (in corpus), aber<br />
ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> den <strong>Leib</strong> (per corpus). Der <strong>Leib</strong> hingegen wirkt aus si<strong>ch</strong> von der <strong>Seele</strong> her<br />
(ex se ab an<strong>im</strong>a).« Diese Aussage lässt Raum für die organis<strong>ch</strong>e Eigentätigkeit <strong>des</strong> <strong>Leib</strong>es.<br />
Bemerkenswert ist au<strong>ch</strong>, was der ehemalige Gehirnfors<strong>ch</strong>er in We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Seele</strong> und Körper 12 s<strong>ch</strong>reibt: »Dem unversehrten oder krankhaft veränderten Zustand<br />
dieser Gehirnteile gemäß denkt und will der Mens<strong>ch</strong> gesund oder ungesund; vernünftig<br />
und moralis<strong>ch</strong> ist er daher je na<strong>ch</strong> der organis<strong>ch</strong>en Bildung seines Mentalberei<strong>ch</strong>s.«<br />
Das Physis<strong>ch</strong>e übt somit einen sehr ents<strong>ch</strong>eidenden »Einfluss« auf das Ni<strong>ch</strong>t-<br />
Physis<strong>ch</strong>e aus. Diese Feststellung hat Konsequenzen in Bezug auf die Auseinandersetzung<br />
mit den Ergebnissen der Gehirnfors<strong>ch</strong>ung.<br />
Der Begriff »Dualismus« ruft dem Wortsinne entspre<strong>ch</strong>end die Vorstellung einer<br />
Zweiheit hervor. Diese Zweiheit tau<strong>ch</strong>t <strong>im</strong> Titel <strong>des</strong> Werkes in Gestalt von <strong>Seele</strong> und<br />
Körper auf. Wenn man das Werk dann aber liest, dann bemerkt man sehr s<strong>ch</strong>nell, das<br />
wenigstens no<strong>ch</strong> ein drittes Element eine ganz ents<strong>ch</strong>eidende Rolle spielt, es heißt<br />
»Mens«. I<strong>ch</strong> habe es in meiner Übersetzung von »De Commercio« mit »das Mentale« und<br />
»der Mentalberei<strong>ch</strong>«, gelegentli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> mit »der (mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e) Geist« oder »das Gemüt«<br />
wiedergegeben. Das Mentale steht zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper als vermittelnde Instanz.<br />
<strong>Swedenborg</strong> s<strong>ch</strong>reibt: »Jeder Mens<strong>ch</strong> besteht aus <strong>Seele</strong>, Mentalberei<strong>ch</strong> und Körper. Die<br />
<strong>Seele</strong> ist sein Innerstes, das Mentale ist das Mittlere (medium) und der Körper das Äußerste.«<br />
13 Der Einfluss ergießt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t unmittelbar von der <strong>Seele</strong> in den Körper, sondern<br />
nur mittelbar dur<strong>ch</strong> den Mentalberei<strong>ch</strong>. No<strong>ch</strong>mal <strong>Swedenborg</strong>: »Der von Gott kommende<br />
Einfluss ergießt si<strong>ch</strong> zunä<strong>ch</strong>st in die <strong>Seele</strong>, dann dur<strong>ch</strong> sie in das rationale Mentale<br />
und dadur<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> in das, was den Körper bildet.« 14 Das Mentale ist eng mit dem<br />
Gehirn verbunden, das sein Sitz ist, was <strong>Swedenborg</strong> an mehreren Stellen au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />
seines theologis<strong>ch</strong>en Werkes ausdrückli<strong>ch</strong> sagt. 15 Er kann sogar sagen: »Vom Gehirn<br />
leitet si<strong>ch</strong> der Ursprung <strong>des</strong> gesamten Lebens eines Mens<strong>ch</strong>en her« 16 . Die Herausarbeitung<br />
der vermittelnden Funktion <strong>des</strong> Mentalberei<strong>ch</strong>s dürfte daher auf seine überaus<br />
gründli<strong>ch</strong>e Gehirnfors<strong>ch</strong>ung zurückgehen. Es wäre zu untersu<strong>ch</strong>en, inwiefern »Mens«<br />
bereits in den zeitgenössis<strong>ch</strong>en Abhandlungen über das <strong>Leib</strong>-<strong>Seele</strong>-Problem eine Rolle<br />
spielte.<br />
<strong>Swedenborg</strong> s<strong>ch</strong>reibt sein Werk über »die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper«<br />
in seiner Zeit als Visionär und Theologe. Das hebt es weit über ein nur psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>es<br />
oder philosophis<strong>ch</strong>es hinaus. Der Visionär spri<strong>ch</strong>t dort, wo von der geistigen Welt,<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
tation, Herausgegeben von Monika Neugebauer-Wölk, 2008, Seite 150f.<br />
Die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper 1.<br />
Eheli<strong>ch</strong>e Liebe 158.<br />
Die We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Seele</strong> und Körper 8.<br />
H<strong>im</strong>mlis<strong>ch</strong>e Gehe<strong>im</strong>nisse 4054, Göttli<strong>ch</strong>e Liebe und Weisheit 273, Wahre Christli<strong>ch</strong>e Religion 351.<br />
Enthüllte Offenbarung 347.